Protocol of the Session on March 12, 2020

Ist Ihnen das bekannt? Was würden Sie dagegen unternehmen, wenn nicht den Schülern eine Möglichkeit geben, das zu mel den?

Herr Dr. Merz, die Neutra litätspflicht für Lehrerinnen und Lehrer ist mir natürlich be kannt. Allerdings gibt Ihnen das noch lange nicht das Recht, hier irgendwelche Denunziationsplattformen ins Leben zu ru fen,

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der CDU und der SPD – Abg. Sabine Wölfle SPD: Ge nau!)

um Beurteilungen vorzunehmen, was nach Ihrer Weltanschau ung korrekt und was nicht korrekt ist. Das geht so nicht.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP – Zuruf: Ja! – Zuruf des Abg. Tobias Wald CDU)

Danke, Herr Wald, für den Zwischenruf. – Ich komme zu rück zum Zensus. Ich hatte gerade davon gesprochen, dass die Niederlande ihre Aufgaben im Rahmen des Zensus zu deut lich günstigeren Kosten erledigt haben. Man hat von einem Faktor von 105 gesprochen, wenn es in Relation zur Einwoh nerzahl berechnet wird. Das funktioniert, weil man in den Nie derlanden eine rein registerbasierte Abfrage durchführt; die Niederlande haben eben ordentliche Register, wie es sie in Ba den-Württemberg, in Deutschland nicht gibt.

Das ist ein großes Problem, insbesondere weil der Normen kontrollrat bereits 2017 gefordert hat, man solle doch bitte auf eine rein registerbasierte Abfrage zurückgreifen. Laut Schät zung des Normenkontrollrats gibt es dadurch bei den entste henden Kosten ein Einsparpotenzial von ca. 87 %. Das wäre doch ein Wort, meine Damen und Herren.

Wir werden deshalb neben der Tatsache, dass wir zu diesem Thema auch eine Beratung im Innenausschuss beantragt ha ben – er ist aufgrund seines Einflusses auf die Kommunen auch zuständig –, einen Entschließungsantrag einbringen, der begehrt, dass sich die Landesregierung zumindest für den Zen sus 2031 auf Bundesebene dafür einsetzt, dass es dort endlich eine rein registerbasierte Abfrage gibt. Das halten wir für drin gend erforderlich.

Die Möglichkeiten sind da; man muss sie nur endlich mal nut zen. Vielleicht ist das nun ein Ansatz, um eine konsequente Digitalisierung der Verwaltung zu erreichen. Denn dringend erforderlich wäre es.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Wir werden im Verlauf der Beratung außerdem Möglichkei ten prüfen – und einen entsprechenden Bericht auch einfor dern –, wie mit Gemeinden mit weniger als 20 000 Einwoh nern verfahren wird. Denn es gibt gerade bei Kommunen im ländlichen Raum erhebliche Probleme bei der Finanzierung, wenn Mängel bei der Erhebung die Grundlagen verfälschen.

Abschließend bleibt mir nur noch der Satz: Im Übrigen bin ich der Meinung, dass wir ein Digitalisierungsministerium im Land Baden-Württemberg und auf Bundesebene brauchen.

(Beifall bei der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Klaus Dürr AfD)

Meine Damen und Her ren, ich sehe keine weiteren Wortmeldungen. Damit ist die Aussprache beendet.

Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 16/7823 zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Inneres, Digitalisie rung und Migration und federführend an den Ausschuss für Finanzen zu überweisen. – Dagegen erhebt sich kein Wider spruch. Dann ist es so beschlossen.

Punkt 4 der Tagesordnung ist damit erledigt.

Erklärung zu Protokoll

Sehr geehrte Frau Präsi dentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Gern hätte ich Ihnen meine Rede persönlich vorgetragen. Leider war dies nicht möglich, da die Landtagsopposition im Landtagspräsidium in Abwesenheit der Grünen beschloss, die Plenardebatte trotz Fehlens der kompletten Fraktion GRÜNE durchzuführen.

2021 wird der nächste Zensus stattfinden. Zensus, das bedeu tet kurz und knapp: eine EU-weite Volks-, Gebäude- und Woh nungszählung alle zehn Jahre. Mit dem Zensus werden dabei die amtliche Einwohnerzahl sowie Daten zur Bevölkerung, zur Erwerbstätigkeit und zu Gebäuden und Wohnungen erho ben.

Land und Kreise wird die Durchführung dieses Zensus rund 100 Millionen € kosten. Die Städte, Gemeinden und Kreise erhalten dabei vom Land 43,8 Millionen € zur Deckung ihrer Kosten.

Im Detail bedeutet das:

Erstens: 1,6 Millionen Menschen werden in ihren privaten Haushalten in Baden-Württemberg persönlich um Auskunft gebeten. Dabei wird beispielsweise das Bildungsniveau er fasst.

Zweitens: Rund drei Millionen Eigentümerinnen und Verwal ter werden im Rahmen der Gebäude- und Wohnungszählung beispielsweise zu der Anzahl der vorhandenen Wohnungen und der Art der Nutzung befragt.

Drittens: Für etwa 10 000 Wohnheime und Gemeinschaftsun terkünfte gibt es eine Vollerhebung, bei der alle Bewohner er fasst und u. a. zu ihrem Familienstand und ihrer Staatsange hörigkeit befragt werden.

Und viertens: Ca. 1 700 sogenannte Großeigentümer, wie z. B. Wohnungsunternehmen und Wohnungsgenossenschaften, wer den schriftlich um Auskünfte beispielsweise zu Heizungsart und Baujahr für die Gebäude- und Wohnungserhebung gebe ten.

Alles in allem ein ganz schön großer Kraftakt, der wie auch der Zensus 2011 eine lange Vorlaufzeit mit sogenannten Pre tests benötigt.

Nichts ist übrigens beständiger als der Wandel – oder „panta rhei“, wie schon Heraklit vor 2 500 Jahren sagte. Der schon 2011 im Grundsatz reibungslose Verlauf zeigt uns einen ganz grundsätzlichen gesellschaftlichen Wandel, wahrhaft einen Paradigmenwechsel: Wem stellen wir unsere Daten zur Ver fügung? Früher gab es halbe Volksaufstände wegen Volkszäh lungen. Heute gibt es ganze Selbstentblößungen für Selbst darstellungen in den sozialen Medien.

Wozu treiben wir nun in der ganzen EU und damit auch in Ba den-Württemberg diesen Aufwand?

Die Informationen sind die Grundlage für die Verkehrspla nung, für die Bürgermeisterbesoldung, für die Definition der Stimmenzahl von Baden-Württemberg im Bundesrat, für den Länderfinanzausgleich bis hin zur Entscheidungsgrundlage für Gelder der EU-Strukturfonds.

Auch die Kommunen haben ein großes Interesse daran, dass diese Zahlen belastbar sind. Der Dezernent des Städtetags, Norbert Brugger, rechnete schon 2018 vor:

Jeder Einwohner, der im Zensus versehentlich nicht er hoben wird, führt jährlich zu Verlusten der Kommune im Finanzausgleich von etwa 10 000 €.

Eine konkrete Folge: Die Stadt Mannheim muss seit dem Zen sus 2011 bis zum nächsten Zensus mit jährlich rund 20 Milli onen € weniger an Einnahmen planen, da die Einwohnerzahl um 23 500 nach unten korrigiert wurde.

Ich bitte daher – übrigens auch als Anerkennung für diejeni gen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Statistischen Äm tern des Bundes und der Länder, die schon seit vielen Mona ten mit der Vorbereitung des Zensus 2021 beschäftigt sind – um Zustimmung zu diesem Gesetzentwurf.

Vielen Dank.

Ich rufe Punkt 5 der Ta gesordnung auf:

a) Beschlussempfehlungen und Berichte des Ausschusses

für Finanzen zu der Mitteilung des Rechnungshofs vom 18. Juli 2019 – Denkschrift 2019 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes Baden-Württemberg – Drucksachen 16/6600, 16/6601 bis 16/6624, 16/7101 bis 16/7124

Berichterstatter: Abg. Dr. Rainer Podeswa

b) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für

Finanzen zu dem Antrag des Rechnungshofs vom 20. November 2019 – Prüfung der Rechnung des Rech nungshofs (Epl. 11) für das Haushaltsjahr 2017 durch den Landtag – Drucksachen 16/7311, 16/7609

Berichterstatter: Abg. Rainer Stickelberger

c) Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für

Finanzen zu dem Antrag des Ministeriums für Finan zen vom 19. Dezember 2018 – Haushaltsrechnung des Landes Baden-Württemberg für das Haushaltsjahr 2017 – Vermögensrechnung des Landes Baden-Würt temberg zum 31. Dezember 2017 – Drucksachen 16/5432, 16/7608

Berichterstatter: Abg. Tobias Wald

Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Ausspra che eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion festgelegt.

Zuerst darf ich jedoch Herrn Rechnungshofpräsident Günther Benz das Wort erteilen. – Herr Benz, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeord nete! Die jährliche Denkschrift des Rechnungshofs ist das Er gebnis unserer Prüfungen der Haushalts- und Wirtschaftsfüh rung des Landes. Sie ist Grundlage dafür, dass die Landesre gierung entlastet werden kann. Sie stellt aber nicht nur fest,

inwieweit Landesmittel ordnungsgemäß verwendet wurden; sie nimmt auch Stellung dazu, ob diese zweckmäßig verwen det wurden.

Uns, dem Rechnungshof, geht es dabei darum, Vorschläge und Anregungen zu geben, die zu wirtschaftlichen Lösungen, zu effizienten Verfahren und damit auch zu Einsparungen für den Haushalt führen. Darin besteht unsere Motivation. Darin se hen wir unsere Aufgabe – nicht nur dann, wenn das Geld knapp ist, sondern auch dann, wenn die Kassen gut gefüllt sind.

Die Kassenlage hat sich in den letzten Jahren exzellent ent wickelt. Das Land profitiert noch immer von hohen Steuer einnahmen. Diese sind innerhalb von zehn Jahren von 25 auf 41 Milliarden € im Jahr 2018 gestiegen; das ist ein Zuwachs um 65 %.