Die Kassenlage hat sich in den letzten Jahren exzellent ent wickelt. Das Land profitiert noch immer von hohen Steuer einnahmen. Diese sind innerhalb von zehn Jahren von 25 auf 41 Milliarden € im Jahr 2018 gestiegen; das ist ein Zuwachs um 65 %.
Diese Ausnahmesituation, diese gute Situation hat aber auch dazu beigetragen, dass Disziplin auf der Ausgabenseite nicht immer Maßstab des Handelns war. Sprudeln die Einnahmen, zielt die Forderung schlicht auf Mehr vom selben, nämlich nach mehr Stellen und mehr Geld. Die Frage nach Prioritäten rückt vielfach in den Hintergrund.
So konnte die Übergangsregelung zur Schuldenbremse auf grund der guten Einnahmen eingehalten werden. Eine Kon solidierung auf der Ausgabenseite fand nicht statt. Dies zeigt ganz deutlich die Entwicklung der Ausgabereste der zurück liegenden Jahre, die wir in der Denkschrift dargestellt haben.
Dass veranschlagte Mittel im jeweiligen Haushaltsjahr nicht abfließen und Reste übertragen werden, ist nicht zu kritisie ren. Kritisch allerdings ist die Entwicklung seit 2011. Lagen die Ausgabereste im Jahr 2011 noch bei 1,6 Milliarden €, wur den im Jahr 2017 bereits 4,2 Milliarden € in das Folgejahr übertragen. Mittlerweile wissen wir, dass die Ausgabereste 2018 noch mal deutlich gestiegen sind und eine Höhe von 5,6 Milliarden € erreicht haben. Sie machen damit mehr als 10 % des Haushaltsvolumens aus.
Sicher: Manches verzögert sich in der Umsetzung, manches lässt sich nicht so schnell wie gedacht oder geplant realisie ren. Aber die Dimension des Zuwachses zeigt auch: Bedarfs gerechte Veranschlagung sieht anders aus. Hier halten wir vonseiten des Rechnungshofs eine Trendwende für geboten. Die Höhe der Ausgabereste sollte zurückgeführt werden, und zwar dadurch, dass bei der Aufstellung künftiger Haushalte die entsprechenden Etatansätze reduziert und tatsächlich be darfsgerecht veranschlagt werden.
Eine Tendenz zur Großzügigkeit betrifft nicht nur den Haus halt selbst. Auch auf den Betriebsmittelkonten der Landesbe triebe waren zum Jahresende 2017 weitere 900 Millionen € an liquiden Mitteln vorhanden, 2018 sogar 1 Milliarde €.
Bei den landesbeteiligten Unternehmen haben wir ebenfalls an verschiedenen Stellen erhebliche Reserven gefunden. So haben wir beispielsweise bei der Beteiligungsgesellschaft des Landes eine nicht betriebsnotwendige Liquidität von 60 Mil lionen € festgestellt. Nur 24 Millionen € davon waren für ei ne Ausschüttung vorgesehen.
Meine Damen und Herren, die liquiden Mittel sollten auf das notwendige Maß reduziert werden. Ich möchte aber ausdrück lich hinzufügen: Man kann und muss solche Mittel, wenn sie dem Haushalt zufließen, nicht zwingend in weitere Ausgaben ummünzen. Man kann sie auch zur Schuldentilgung einset zen.
Denn, offen gesagt, war eine gewisse Sorglosigkeit bezüglich der finanziellen Situation des Landes, wie sie in den sehr ho hen Anmeldungen zum Doppelhaushalt zum Ausdruck kam, überraschend. Ich will jetzt gar nicht über die Perspektiven der konjunkturellen Entwicklung reden. Aber dass das Steu erplus aus der Herbst-Steuerschätzung von 96 Millionen € für 2019 allein daraus resultiert, dass die Verpflichtungen des Lan des im Finanzausgleich um nahezu 600 Millionen € zurück gegangen sind, müsste Hinweis genug sein. Im Klartext be deutet dies – –
Entschuldigung, Herr Benz, wir haben das Mikrofon schon lauter gestellt, aber Sie sind trotzdem sehr leise. Wenn Sie vielleicht etwas dichter rangehen. – Danke schön.
Danke schön. – Im Klartext bedeutet dies, dass die wirtschaftliche Entwick lung in Baden-Württemberg schwächer ist als in anderen Län dern. Kurzfristig ist das positiv für den Haushalt, perspekti visch aber eher ein Warnsignal.
Auch der Doppelhaushalt selbst enthält aus meiner Sicht deut liche Anzeichen, die zur Vorsicht für die Zukunft mahnen. Ers tens sind bereits jetzt 2,7 Milliarden € Überschüsse aus den Vorjahren etatisiert. In diese Überschüsse sind auch 1,5 Mil liarden € Bußgeldzahlungen aus der Dieselaffäre eingeflos sen. Teilweise wurde damit zwar die Rücklage für Haushalts risiken erhöht, die jetzt für einen wichtigen Zweck erweitert wird – Stichwort: Coronafolgen.
Naheliegend und grundsätzlich angemessen wäre es aber, sol che einmaligen Einnahmen entweder zur Schuldentilgung oder aber zur Erhöhung des Versorgungsfonds zu verwenden, nicht aber um laufende Zwecke damit zu finanzieren.
Die vorläufige Finanzplanung weist für den Doppelhaushalt demzufolge für beide Jahre, 2022 und 2023, eine Deckungs lücke von insgesamt 1,2 Milliarden € auf. Das ist also die Auf gabe für die Zukunft.
Dabei sieht die Finanzplanung ein Wachstum der Steuerein nahmen um 3 % jährlich vor – wie bisher. Allerdings war bis her der Zuwachs auf 3 % gedeckelt. Das heißt, man konnte von mehr Zuwachs ausgehen, und man hatte einen Einnah mepuffer einkalkuliert. Dies ist nun nicht mehr der Fall. Eine stille Reserve ist in der Planung nicht mehr unterstellt.
Meine Damen und Herren, damit wird deutlich: Es besteht für die Zukunft absehbarer Handlungsbedarf. Die Konsolidierung der Ausgabenseite hat sich nicht erledigt. Sie bleibt die Auf gabe für die Zukunft.
So weit zu den Haushaltsthemen. Wir haben uns vom Rech nungshof natürlich auch andere Dinge angeschaut. Lassen Sie mich kurz auf einige davon eingehen.
Das Land als Bauherr führt regelmäßig Planungswettbewer be bei Vorhaben mit hohem architektonischen Anspruch durch. Das halten wir für richtig und für sinnvoll. Wettbewerb heißt aber auch, dass dasjenige Angebot zum Zuge kommen soll, bei dem Qualität, Kosten und Zeit in einem gesunden Verhältnis zueinander stehen.
Das heißt: Das Land als Bauherr muss genauso wie der pri vate Bauherr im Vorfeld und frühzeitig wissen und sagen: Wie viel Geld will und wie viel Geld kann ich investieren? Bei den von uns geprüften Vorhaben war das oft nicht der Fall. Am Ende kostete manches eben das, was es halt kostet, also das Doppelte – wie bei der John Cranko Schule oder der Würt tembergischen Landesbibliothek. Das Kostencontrolling be ginnt aber nicht erst in der Bauphase, wenn die Bagger kom men.
Was kann und was soll ein Vorhaben kosten? Wie lange soll es halten? Welche Kosten entstehen im Betrieb? Diese Fragen müssen schon im Wettbewerbsverfahren relevante Größen sein, und zwar auch für die Auswahlentscheidung relevante Größen. Schon in diesem Stadium entscheidet sich, ob man der Kostenentwicklung ihren Lauf lässt oder ob man sie steu ern will.
An Verbindlichkeit fehlt es nach unseren Feststellungen auch bei den Förderverfahren. Das zeigen beispielsweise die Mo dellprojekte aus dem Ideenwettbewerb „Elektromobilität Ländlicher Raum“, die mit 1,4 Millionen € gefördert wurden. Wir haben bei unseren Prüfungen gravierende formelle und inhaltliche Fehler bei der Abwicklung festgestellt. Folge war, dass die Zuwendungen zu deutlich höheren Förderquoten bis hin zu einer Vollfinanzierung führten.
In einigen Fällen wurden über Jahre hinweg Gelder ausbe zahlt, obwohl noch gar keine Ausgaben entstanden sind. Rück forderungen gab es nicht.
Deshalb ist es aus unserer Sicht notwendig, in den Beschei den die Voraussetzungen der Förderung, die Finanzierungs art, die Finanzierungssätze, die Auszahlungsmodalitäten klar zu regeln und deutlich zu machen sowie Rückzahlungsansprü che auch einzufordern. Das kann der Steuerzahler erwarten. Das sollte die Verwaltung sicherstellen.
Wir haben uns auch unter organisatorischen Gesichtspunkten etwas angesehen, was nicht nur mit Förderung zu tun hat. Wir haben uns die Duale Hochschule angesehen – mit 34 000 Stu dierenden an neun Standorten die größte Hochschule des Lan des. Ergebnis war, dass wir in der Verwaltung der Hochschu le, in der Personalentwicklung und in der Bewirtschaftung der Mittel deutliche Effizienzreserven sehen.
Vor allem aber sehen wir die Notwendigkeit, jetzt zu entschei den: Sollen die Strukturen und Prozesse weiterhin dezentral organisiert und gesteuert werden, oder soll die Entscheidung des Gesetzgebers aus dem Jahr 2009, eine Hochschule mit ei ner zentralen, einer starken Führung zu schaffen, konsequent
zu Ende geführt werden? Dabei ist die Zentralisierung für uns nicht Selbstzweck. Uns geht es darum, Aufgaben und Funk tionen jeweils dort anzusiedeln, wo sie sinnvollerweise hin gehören, und eine klare Zuordnung der Verantwortung und der Kompetenzen sicherzustellen.
Wir haben uns deshalb für die Fortsetzung des Zentralisie rungsprozesses ausgesprochen. Wir haben hierzu konkrete Vorschläge gemacht und auch dadurch mögliche Einsparungs potenziale aufgezeigt. Die Reaktionen auf unsere Empfehlun gen machen uns optimistisch, dass auch einiges davon umge setzt wird.
Fast zum Schluss nenne ich noch einen weiteren wichtigen Punkt, der für die Verwaltung ein zentrales Thema ist und bleibt, nämlich die Digitalisierung. Mit dem neuen Doppel haushalt sollen noch stärker als bisher Digitalisierungsmaß nahmen innerhalb der Verwaltung angegangen werden. Für die Zukunftsfähigkeit der Verwaltung ist das der richtige An satz.
Bei unseren Prüfungen stehen aber immer wieder auch ein zelne Projekte im Mittelpunkt. Dabei zeigt sich regelmäßig, wie wichtig es ist, auch diese Prozesse zielorientiert zu gestal ten. IT-Projekte sind nämlich auch Organisationsprojekte. Ge rade bei großen Vorhaben besteht ein hohes Risiko, mit nicht sachgerechter Planung und Umsetzung den Erfolg zu gefähr den.
Wir haben uns im vergangenen Jahr mit dem Schulverwal tungsprogramm ASV-BW und der digitalen Bildungsplattform „ella“ befasst. Bei allen Unterschieden haben wir dabei Mus ter vorgefunden, die für Projekte dieser Größenordnung nicht untypisch sind. Wir haben festgestellt, dass technisch heraus fordernde, organisatorisch anspruchsvolle und zeitlich ambi tionierte Ziele gesetzt wurden; gleichzeitig aber waren die be teiligten Institutionen organisatorisch und personell nicht im mer ausreichend aufgestellt. Es gab Mängel in der Projektor ganisation und im Management. Die Maßnahmen waren teils nicht gründlich genug vorbereitet, die Ausgangslage war nicht ausreichend analysiert, Alternativen wurden unzureichend be wertet, vor allem aber wurde aus unserer Sicht die Komple xität der Vorhaben unterschätzt.
Gerade bei ressort- und ebenenübergreifenden Projekten spie len Kommunikation und Koordination eine zentrale Rolle. Je breiter das Projekt angelegt ist, je größer die Zahl der Nutzer ist, desto größer sind auch die Herausforderungen. Deshalb ist es aus unserer Sicht umso wichtiger, alle an der Umsetzung beteiligten Akteure, wie beispielsweise Schulleitungen oder Schulträger, frühzeitig in solche Vorhaben einzubeziehen. Auch sollten mögliche Probleme bei den Planungen mit ein kalkuliert werden, sowohl für den Zeit- als auch den Ressour cenaufwand. Probleme in der Projektsteuerung lassen sich nämlich häufig nur mit hohem finanziellen Aufwand korrigie ren.
Mehrjährige Verzögerungen bei wichtigen Projekten sollte das Land zu vermeiden versuchen. Ich weiß, das ist leicht gesagt, aber nicht leicht getan. Unser Anliegen ist es aber, aus den ge machten Erfahrungen Konsequenzen zu ziehen. Eine davon kann auch sein, nicht immer gleich den ganz großen Wurf zu wollen, sondern Projekte gegebenenfalls auch modular Schritt für Schritt verlässlich ins Laufen zu bringen und damit suk zessive Kompetenz und Vertrauen aufzubauen.
Zum Schluss, meine Damen und Herren, möchte ich mich ganz herzlich für die konstruktive und partnerschaftliche Zu sammenarbeit im Finanzausschuss bei allen Mitgliedern be danken, vor allem bei Ihnen, Herr Stickelberger, als Vorsit zendem des Finanzausschusses. Wir wissen, wir können nicht erwarten, dass Sie alle unsere Empfehlungen aufgreifen und auch umsetzen.
Sehr geehrte Frau Präsi dentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielen Dank an Herrn Benz für seine Ausführungen zur Denkschrift 2019 des Rech nungshofs und natürlich Ihnen und Ihrem gesamten Senat für die Erstellung derselben.
Dahinter steht jede Menge Arbeit, weil Millionen von Bu chungen von der Verwaltung ordentlich gemacht werden müs sen und stichprobenartig Tausende von Buchungen vom Rech nungshof kontrolliert werden. Ich möchte an dieser Stelle all den Fleißigen danken, die eigentlich keine Chance haben, er wähnt zu werden, es sei denn, es würde etwas schiefgehen. Wir sind jedes Mal froh, wenn der Satz so kurz bleibt. Vielen Dank.
Mit der Denkschrift selbst – weniger mit den Ausführungen; aber wenn man sie denn liest – bestätigt der Rechnungshof dieser Landesregierung eine in weiten Teilen solide, gute Fi nanzpolitik. Im Gegensatz zur letzten Legislaturperiode, in der in den Jahren 2013 und 2014 Kredite aufgenommen wur den, werden jetzt, 2018 und 2019, in Summe 1,25 Milliarden € getilgt, sodass wir bei 45 Milliarden € Schulden bleiben. Da gleichzeitig die Rücklagen zunehmen, sind faktisch die Schul den, mit denen wir bei Banken und Kreditgebern tatsächlich in der Kreide standen, von 2016 auf 2018 um 5 Milliarden € gesunken und machen nur noch 36,3 Milliarden € aus.
Wir haben natürlich zusätzlich Mittel zur Sanierung verwen det. Das heißt, das, was jetzt als Schuldenbremse bundesweit gilt, haben wir in Baden-Württemberg schon in den letzten Jahren eingehalten. Es heißt halt Landeshaushaltsordnung 2018. Wir haben aber auch damals zusätzliche Steuereinnah men für Sanierung, kommunale Infrastruktur, Landesinfra struktur und Schuldentilgung verwendet.
Natürlich nimmt auch die Höhe der Ausgabereste zu. Herr Benz hat es angesprochen. Das muss man sich kritisch an