(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Herr Rül ke, Sie sollten sich melden! – Gegenruf des Abg. Reinhold Gall SPD: Sie sind einfach mal ruhig!)
Große Anfrage der Fraktion der CDU und Antwort der Landesregierung – Landwirtschaft in Baden-Württem berg – Drucksache 16/4966
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Ausspra che eine Redezeit von fünf Minuten je Fraktion und für das Schlusswort der die Große Anfrage stellenden Fraktion eine zusätzliche Redezeit von fünf Minuten festgelegt.
(Abg. Nicole Razavi und Abg. Thomas Blenke CDU: Dr. Rapp! – Heiterkeit des Abg. Arnulf Freiherr von Eyb CDU)
Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit Blick auf die Ereignis se in Thüringen am gestrigen Tag und darauf, was wir gerade gehört haben, ist es natürlich nicht einfach, ein Thema sach bezogen zu diskutieren. Aber ich glaube, um solche Situatio nen künftig überflüssig machen zu können, braucht es derar tige Diskussionen und eine gescheite Politik statt der Abson derungen dieser Rechtsausleger, wie wir sie gerade gehört ha ben.
(Beifall bei der CDU, den Grünen und der SPD so wie Abgeordneten der FDP/DVP – Zuruf des Abg. Andreas Stoch SPD)
Nein. – Aus Sicht der CDU hat die Landwirtschaft in den letzten Jahren nicht genügend Auf merksamkeit erhalten, nicht die Aufmerksamkeit, die das The ma tatsächlich verdient. In der Beantwortung der heute zu be ratenden Initiative wird zwar der hohe Stellenwert der Land wirtschaft dargelegt, aber seien wir ehrlich: Dieser hohe Stel lenwert war in der öffentlichen Wahrnehmung bislang nicht genug gegeben.
Die Große Anfrage zeigt, dass wir im Land zukunftweisende Förderprogramme und Beratungsangebote haben und dass die se gut angenommen werden.
Die aktuell in den Fachkreisen stark diskutierte Düngeverord nung trifft Baden-Württemberg zwar nicht so hart, aber auch hier gibt es Proteste. Gestatten Sie mir daher – bevor Kollege Klaus Burger in der zweiten Sequenz einzelne Bereiche ver tieft ansprechen wird –, den Blick auf einige Themen etwas zu öffnen und zu weiten.
In den vergangenen Monaten wurden die Schlaglichter in der Landwirtschaft immer eher auf die negativen Seiten gelegt, z. B. die Skandale in der Tierhaltung, Pflanzenschutzmittel etc. Die Demonstrationen der Landwirtinnen und Landwirte, die in den vergangenen Monaten ausgelöst wurden, haben je doch gezeigt, dass es eine andere Betrachtungsweise braucht. Sie haben auch etwas erreicht, was es schon lange nicht mehr gab: Die Landwirtschaft ist mittlerweile sogar in Berlin zur Chefsache geworden.
Auch wenn die Gründe für die Demonstrationen sehr ernst zu nehmen sind, so gibt diese Diskussion aktuell doch auch An lass dafür, zuversichtlich in die Zukunft zu blicken; denn sie zeigt, dass der Berufsstand für seine Interessen und sein Fort bestehen kämpft. Vor allem die jungen Landwirtinnen und Landwirte sind aktiv.
Wir sind alle gefragt, wenn es darum geht, dass sich der Ein satz, den sie bringen, auch auszahlt. Die Landwirtschaft in Ba den-Württemberg ist nicht vergleichbar – vielleicht auch das noch einmal – mit dem, was in Thüringen, was in Mecklen burg-Vorpommern, was in Niedersachsen oder auch in Nord rhein-Westfalen an Landwirtschaft existiert.
Die Bäuerinnen und Bauern in Baden-Württemberg bewirt schaften ihre Betriebe mit großem Engagement, aber auch mit Verantwortung für Tiere, Umwelt, Grund und Boden, und na türlich mit dem Ziel, ihre Betriebe an die nächste Generation übergeben zu können.
Sie erzeugen nicht nur hochwertige Lebensmittel, nein, sie ge stalten auch unsere Kulturlandschaft in den Wein- und Obst baugebieten und auf den Weideflächen im Land. Sie sichern Arbeitsplätze, und genau deswegen dürfen wir es nicht zulas sen, dass die bäuerlichen Familienbetriebe in Baden-Würt temberg verschwinden. Deswegen müssen wir unterstützen, wenn es um die stetig wachsenden Herausforderungen geht.
Meine Damen und Herren, während ein Bauernhof vor 60 Jah ren rund zehn Menschen ernährt hat, so sind es heute um die 140. Die Gesellschaft stellt heute nicht nur die Frage nach der Nahrungsmittelproduktion, sondern auch nach Belangen des Klimaschutzes, des Gewässerschutzes, der Pflege der Land schaften und dem Erhalt der Biodiversität. Um diese vielfäl tigen Aufgaben erfüllen zu können und gleichzeitig ein ver lässliches Einkommen für die Familien erzielen zu können, braucht es aber auch Planungssicherheit, Stabilität, Anerken nung und Wertschätzung,
und zwar nicht nur seitens der Politik und des Handels, son dern auch seitens der gesamten Gesellschaft, von uns allen, als Konsumenten und Verbraucher.
Ständig neue und zuwiderlaufende Forderungen tragen dazu nicht bei. Ich will ein Beispiel anführen: Wir alle wollen, dass die Tierhaltung entsprechend verändert wird: offene Ställe. Gleichzeitig haben wir aber auch das Problem mit Immissi onsschutzrichtlinien aufgrund des Gestanks, den die Ställe produzieren. Das sind die Fragen, die wir zu lösen haben. Hier müssen wir die Widersprüche aufheben.
Wir brauchen Kontinuität – Kontinuität, die aber – jetzt noch ein Beispiel – nicht mit einem Volksbegehren erzeugt werden kann, wie wir es im letzten Jahr gesehen haben. Zwar ist das Ziel richtig. Die Forderungen sind aber so weit gegangen, dass es katastrophale Folgen für die Landwirtschaft gehabt hätte. Deswegen ist es auch wichtig, dass es gemeinsam getragene und für die Zukunft auch Bestand habende neue Vereinbarun gen, Regelungen geben wird. Dazu gehört auch, dass das, was wir als Verbraucher tun, mit dem in Einklang steht und dass wir hinter unseren Landwirten stehen.
Die bedeutendste Rolle spielt dabei die Ernährung. Denn die Tatsache, dass wir uns dreimal täglich, 365 Tage im Jahr von landwirtschaftlichen Produkten ernähren, sollten wir uns viel häufiger wieder bewusst machen und vor Augen halten.
Dazu zählt auch ein klares Bekenntnis zu hochwertigen, regi onalen und saisonalen Produkten; denn durch den Kauf die
ser Produkte und durch die Ausrichtung der Politik können wir die Weichen richtig stellen. Da ist der Handel gefordert, da ist die Politik gefordert, da sind wir gefordert. Wir können jetzt die Weichen stellen. Das Thema ist präsent in Europa, im Bund, im Land und in der Gesellschaft.
Frau Präsidentin, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Vielen Dank erst einmal an die CDUFraktion für diese umfassende Große Anfrage zur Landwirt schaft
und an das Ministerium für diese umfassende Situationsbe schreibung der Realität. Ich glaube, diese Große Anfrage hat sich gelohnt. Sie ist aber so umfassend, dass man eigentlich mehrere Stunden darüber diskutieren müsste,
dass wir das, was hinter uns liegt, einmal anschauen. Für mich ist es sehr wichtig, was im Herbst passiert ist – das Volksbe gehren, das vor uns lag, welches das Potenzial hatte, unsere Gesellschaft zu spalten:
die Verbraucher, die Naturschützer, die Landbevölkerung ge gen die Stadtbevölkerung; all das war ein riesiges Konflikt potenzial.
Ich muss sagen, Herr Ministerpräsident, ich bin sehr dankbar für Ihre Initiative im September, für die Beauftragung unse rer beiden Minister Hauk und Untersteller, diesen Konflikt zu lösen. Ich finde, diese Lösung ist mehr als gelungen. Herr Mi nisterpräsident, meine Herren Minister, herzlichen Dank für diese tolle Arbeit.
Das ist erst einmal deswegen wichtig, weil man, wenn man sieht, was Bäuerinnen und Bauern beantragen – der Volksan trag, der auf uns zukommt, und das Eckpunktepapier, das vor gelegt wurde –, dann feststellt, dass sich zehn von elf Punk ten überschneiden. Das heißt, das, was wir da veranlagen, ist mittendrin und trifft die Punkte genau im Detail. Das ist das Wichtige. Wir nehmen die Landwirtschaft mit und machen keine Politik gegen die Landwirtschaft.
Dasselbe Bild ergibt sich bei der Verabschiedung des Haus halts. Wir sehen, der Agrarhaushalt zeigt genau das auf, um was es in der Zukunft geht: Die Ökologisierung ist stark ab gebildet, die Regionalisierung und die Zukunftsabsicherung im Schadensfall ebenfalls. Darum ist auch der Agrarhaushalt genau das, was er sein muss: Er hilft und flankiert die Land wirtschaft auf dem Weg in diese etwas veränderte Zukunft.
In Bezug auf diese Parallelität der Entwicklung – man wuss te ja nicht genau, was auf uns zukommt – bin ich sehr froh da rüber, dass die Regierungskoalition diesen Haushalt so auf den Weg gebracht hat und damit die Situation in der Land wirtschaft gut flankiert. Das finde ich sehr bemerkenswert.
Wenn ich in die Themen hineinschaue, dann finde ich vier Stichworte, die für mich sehr wichtig sind. Das eine Stichwort ist die Stabilisierung der bäuerlichen Landwirtschaft in Ba den-Württemberg in all ihren Formen, das zweite ist die Re gionalisierung, das dritte ist die Qualifizierung und das vier te ist die Digitalisierung als Herausforderung für die Land wirtschaft in unserem Land und für alle Beteiligten.