Wenn ich in die Themen hineinschaue, dann finde ich vier Stichworte, die für mich sehr wichtig sind. Das eine Stichwort ist die Stabilisierung der bäuerlichen Landwirtschaft in Ba den-Württemberg in all ihren Formen, das zweite ist die Re gionalisierung, das dritte ist die Qualifizierung und das vier te ist die Digitalisierung als Herausforderung für die Land wirtschaft in unserem Land und für alle Beteiligten.
Wir müssen die Stabilisierung der bäuerlichen Landwirtschaft ernst nehmen; denn darum geht es. Das hat auch die Debatte während des Volksbegehrens gezeigt. Eine wesentliche Grund lage für funktionierende Ökosysteme sind bäuerliche Struk turen, die das ermöglichen, was wir brauchen, um Artenviel falt und hohe biologische Qualität in der Natur zu gewährleis ten. Ohne Bäuerinnen und Bauern ist das so nicht möglich.
Der Weg der Qualifizierung ist fortgeschritten. Im Land ist Qualität im Maschinenbau selbstverständlich. Aber haben wir auch die besten Lebensmittel, sowohl ökologisch als auch konventionell, die sich sehen lassen können? Das zeigt uns das Monitoring, das zeigt all das, was unsere Lebensmittel wirtschaft hervorbringt. Wenn wir das ernst nehmen, dann wissen wir: Wir sind auf einem guten Weg und müssen jetzt dafür sorgen, dass Bäuerinnen und Bauern an dieser Wert schöpfung mehr partizipieren. Denn nur über mehr Wert schöpfung können sie ihre Betriebe auch in die Zukunft brin gen; ohne das ist alles nichts.
Es gehört natürlich auch eine Grunddemut dazu. Denn wir wissen natürlich genau, dass wir im Land nicht allein die Ag rarpolitik richten. Das, was aus Europa und aus dem Bund auf uns zukommt, wird uns stark tangieren. All unsere Aufmerk samkeit muss darauf gerichtet sein, die Agrarmittel aus der EU und aus dem Bund so auszurichten, dass sie mit unseren agrarpolitischen Zielen einhergehen und wir es in einem ge meinsamen Weg schaffen, diese Mittel so zu konzentrieren, dass sie dazu beitragen, bäuerliche Strukturen zu stützen und nicht industrielle Formen von Landwirtschaft zu forcieren.
In dieser Situation ist auch die Frage der Digitalisierung we sentlich. Die Antwort auf die Große Anfrage bietet bei 29 Fra gen natürlich viele Informationen.
Aber ich will die Digitalisierung zum Schluss noch einmal he rausgreifen, weil sie zwei große Potenziale hat. Eine bessere Bewirtschaftung auf den Feldern – das ist die eine Seite –, dass Bäuerinnen und Bauern noch präziser ihre Arbeit tun können mit unterstützenden Systemen, die wir heute parat ha ben. Die zweite Seite der Digitalisierung ist, dass Bäuerinnen und Bauern separierte, differenzierte Märkte über das Inter net bedienen können, wie es seither nicht möglich war. Das sind große Chancen, die auf uns zukommen. Diese zu nutzen ist unsere Pflicht und Aufgabe. Dass wir die Bäuerinnen und Bauern auf diesem Weg unterstützen, zeigt die Aufteilung der Fördermittel in Baden-Württemberg.
Sehr verehrte Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen! Aktionspreise, Superknüller, XXL-Aktionen – so bewirbt der Handel Woche für Woche Fleisch in seinen Prospekten.
Da wird schon einmal ein Schnitzel für 79 Cent angeboten. Verbraucherinnen und Verbrauchern wird so jede Woche vor Augen geführt, dass der Preis für Fleisch nur eine Richtung kennt, und zwar nach unten. Unsere Landwirte zahlen dafür einen hohen Preis.
Dies und immer neue Anforderungen führen zu einem großen Druck. Es ist nachvollziehbar, dass die Landwirte in Stuttgart und Berlin auf die Straße gehen. Verändertes Klima, Arten sterben, Düngeverordnung – dies sind die Themen, die die Landwirtschaft beschäftigen. Allerorts sieht man grüne Kreu ze und große Demos, die auf die Sorgen und Nöte der Land wirtschaft aufmerksam machen. Die Gesellschaft will immer mehr Umweltschutz, besseren Tierschutz und gute Lebens mittel. Aber ist sie auch bereit, den Preis dafür zu zahlen?
Von einem Euro, den der Verbraucher bezahlt, bleiben dem Landwirt heute im Schnitt knapp 21 Cent. Vor 20 Jahren wa ren es noch 25 Cent. Gleichzeitig sind die Erwartungen an die Erzeuger gestiegen. Wer Veränderungen in der Landwirtschaft will, muss sie nicht nur fordern, sondern begleiten und unter stützen. Dafür braucht es aktives staatliches Handeln.
Sie, die CDU-Fraktion, haben dieses Thema auf die Tagesord nung gesetzt, und das ist insofern schon besonders, als Poli tiker der Union seit 15 Jahren die Verantwortung im Bund für Landwirtschaft tragen. Nach 15 Jahren Ihrer Landwirtschafts politik erleben wir grüne Kreuze und Demonstrationen land auf, landab, sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen. Ihre
Bundeskanzlerin geht in solchen Fällen immer nach dem glei chen Muster vor: Sie lädt zu einem Gipfel. Heute, wenige Ta ge nach dem sogenannten Agrargipfel von Merkel, Klöckner und Altmaier – alles übrigens Mitglieder Ihrer Partei –, gibt es nichts Konkretes.
Frau Klöckner hat im Vorfeld dieses Gipfels durchaus den Eindruck erweckt, dass sie sich Mindestpreise etwa für Fleisch und Milch vorstellen könnte.
Auf dem Gipfel erklärt dann aber die Bundeskanzlerin, dass es mit ihr keine Mindestpreise geben wird. So im Regen ste hend erklärt Frau Klöckner daraufhin, man könne ja einen Prozess starten, der zu einer Selbstverpflichtung führe. Dar auf haben die Bäuerinnen und Bauern sicherlich gewartet, dass sie mal in einen Prozess starten können, liebe Kollegin nen und Kollegen.
Ich weiß ja nicht, in welcher Welt Ihre Parteifreunde in Ber lin leben, aber wir erleben hier eine andere Realität. Frau Klöckner kündigt eine Selbstverpflichtung nach der anderen an, und am Ende passiert nichts. Nur mit aktivem Handeln wird es uns gelingen, eine Agrarwende zu starten und dabei Partner der Betriebe zu sein und deren Existenz zu sichern.
Dabei wollen wir ein Tierwohllabel, ein Ende des Preisdum pings und einen Neustart in der Agrarförderpolitik. – Sie bei der CDU brauchen nicht so aufgeregt zu sein.
Wir wollen die Vermarktung regionaler Produkte stärken, da mit Verbraucherinnen und Verbraucher bewusster einkaufen können.
Sehr verehrter Kollege Hahn, seit der Vorlage des Eckpunk tepapiers erwarten wir einen Gesetzentwurf zum Thema Ar tenvielfalt, den wir gern konstruktiv begleiten. Aber, lieber Kollege Hahn, der Konflikt ist dann gelöst, wenn der Land tag hier ein gutes Gesetz verabschiedet hat.
Bislang kennt, wie gesagt, niemand – offensichtlich außer den Koalitionsfraktionen – diesen Gesetzentwurf. Aber, liebe Kol leginnen und Kollegen von der CDU, Sie haben in Ihrem Schlusswort zur Debatte noch eine gute Gelegenheit, uns zu sagen, was Sie vorhaben, um die konkreten Dinge in der Land wirtschaftspolitik zu ändern. Denn statt Gipfel und Selbstver pflichtungen ist konkretes Handeln gefragt.
Als kleinen Tipp am Rande sage ich in Anlehnung an unsere Bundesfamilienministerin Franziska Giffey: „Machen ist wie reden, nur krasser.“ Also machen Sie bitte!
(Beifall bei der SPD – Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Das war der Vertreter des kleinen Man nes!)
Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! So sehen Große Anfragen von den Regierungsfraktionen aus: Gefälligkeitsfragen, um sich und seinem Minister auf die Schulter klopfen zu können – wir ha ben es gerade erlebt –, um den Beamten Fleißnoten vergeben zu können, um die Bürger zu beruhigen und die eigene Kli entel nicht aufzuwecken.
Nicht nur vom Datum her scheint diese Große Anfrage vom Oktober 2018 wie aus der Zeit gefallen. Sie stammt aus der Zeit vor dem Volksbegehren und vor den großen Traktorde mos von „Land schafft Verbindung“. Also können auch die Antworten zu dieser Anfrage keine Antworten auf aktuelle Themen sein. Möchten Sie Zeit schinden, um sich bis in den März nächsten Jahres zu retten? Die Bürger möchten Antwor ten, die Bauern möchten Antworten zu ihrer aktuellen Situa tion. Kann die Diskussion dieser Anfrage das leisten?
Die Landwirtschaft in Baden-Württemberg besteht zu ei nem großen Teil aus kleineren bis mittleren Familienbe trieben.
Diesen Satz haben Sie wahrscheinlich vor zehn, 20, 30 und 40 Jahren auch schon so geschrieben und gepredigt.