Wer stimmt Kapitel 0208 zu? – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Kapitel 0208 ist damit mehrheitlich zugestimmt.
Wir haben noch über Abschnitt II der Beschlussempfehlung abzustimmen. Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, von der Mit teilung des Ministeriums für Finanzen vom 30. Oktober 2019, Drucksache 16/7174, soweit diese den Einzelplan 02 berührt, Kenntnis zu nehmen. – Sie stimmen zu. Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, damit sind wir am Ende der Bera tung des Einzelplans 02 und treten in die Mittagspause ein. Wir setzen die Sitzung um 16:15 Uhr fort.
Meine Damen und Her ren, ich bitte Sie, die Plätze einzunehmen und die Türen zu schließen; dann bleibt es hier drin nämlich schön warm. Wir haben eine sehr späte Mittagspause gehabt; es kam zu Verzö gerungen im zeitlichen Ablauf.
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Beratung des Einzelplans 03 – Ministerium für Inneres, Digitalisierung und Migration – eine Redezeit von zehn Minuten je Fraktion festgelegt.
Dann kommen wir zur Allgemeinen Aussprache. Zuerst hat das Wort für die Fraktion GRÜNE Herr Abg. Sckerl.
(Minister Thomas Strobl: Gut, dass der Kollege da ist! – Gegenruf des Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Das ist das Highlight der heutigen Debatte!)
Sehr geehrte Frau Präsi dentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Um die innere Si cherheit in Baden-Württemberg muss man sich, Herr Innen minister, wenig Sorgen machen. Das Parlament ist ganz of fensichtlich der Auffassung, es ist alles wohlbestellt. Die Fach kolleginnen und -kollegen sind da. – Aber im Ernst: Es gibt natürlich doch immer noch etwas zu besprechen, auch wenn wir, glaube ich, mit diesem Doppelhaushalt einen guten Haus halt und hinter dem Haushalt eine gute Bilanz – lieber Kolle ge Binder – vorlegen können.
Der Einzelplan ist jedenfalls nach unserer Überzeugung, nach Überzeugung meiner Fraktion, Ausdruck unserer vielfältigen Bemühungen, das Leben der Bürgerinnen und Bürger in un serem Land Baden-Württemberg so sicher wie nur irgend möglich zu gestalten. Das ist unsere DNA; dafür arbeiten wir, dafür überlegen wir uns geeignete Maßnahmen, dafür stärken wir die Polizei, und dafür erarbeiten wir auch neue Konzepte – so, wie wir es dieser Tage mit einer neuen Konzeption für sichere öffentliche Räume tun.
Die Entwicklung der letzten Jahre gibt uns recht: Die Rede vom Sicherheitsland Nummer 1 im bundesdeutschen Ver gleich ist in der Tat keine hohle Phrase, sondern beschreibt die Realität. Es wurde heute Morgen vom Ministerpräsiden ten – zu Recht – schon angesprochen: Die Kriminalitätsrate ist beständig gesunken; sie ist derzeit so niedrig wie seit 30
Jahren nicht mehr. Das schützt uns aber natürlich nicht davor, dass es dennoch viele Menschen in unserem Land gibt, die sich subjektiv durchaus unsicher fühlen können.
Es gibt daher auch immer wieder neue Phänomene und neue Herausforderungen; es gibt tatsächlich auch neue Bedrohun gen, denen wir uns widmen müssen. Ich nenne ein paar Bei spiele, die uns Grünen sehr wichtig sind:
Die Zunahme der Zahl von Sexualstraftaten – ein ganz ele mentarer Erschütterungsresonanzboden im öffentlichen Raum – beschäftigt nicht nur Frauen – die betroffen sind oder be troffen sein könnten –, sondern dies geht uns alle an. Es sind zum Teil Entwicklungen, die wir nicht akzeptieren können; es geht gesellschaftlich nicht, dass solche Taten im öffentlichen Raum wieder vermehrt stattfinden.
Daneben beobachten wir eine Zunahme von häuslicher Ge walt. Auch hier sind in erster Linie Frauen die Opfer, oft ge nug sind es aber auch Kinder.
Daneben gibt es Bedrohungen – auch das ist sehr real – durch neue Formen, neue Organisationsformen, insbesondere des Rechtsextremismus und des Antisemitismus – wobei der An tisemitismus bei Weitem nicht nur rechtsextrem motiviert ist; in vielen Fällen ist er aber tatsächlich rechtsextrem motiviert.
Das heißt, im Mittelpunkt unserer Überlegungen steht immer auch die Frage, wie wir den Aufenthalt im öffentlichen Raum möglichst sicher gestalten können. Das können wir heute noch nicht ausführlich diskutieren, weil die neue Konzeption für si chere öffentliche Räume erst nächste Woche im Kabinett be sprochen wird und dann auch eine größere Öffentlichkeit ha ben wird. Ich glaube, das ist eine gute Konzeption und ein gu tes Angebot an die Zivilgesellschaft, aber auch an die Sicher heitsbehörden, die Sozialämter und alle, die in Baden-Würt temberg mit öffentlichem Raum beschäftigt sind. Wir können das sehr gern im neuen Jahr diskutieren.
Ich glaube, die Zusammenstellung und Komposition von Maß nahmen sowohl der Prävention und der Hilfen als auch des Verfolgens von strafbarem und ordnungswidrigem Verhalten ist in dieser Form einmalig in der Bundesrepublik. Wir sind relativ stolz auf dieses Konzept, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Wir haben in diesem Doppelhaushalt natürlich eine Vielzahl weiterer Maßnahmen, um an dem Ziel festzuhalten, auch wei terhin in einem sehr sicheren Bundesland zu leben. Die größ te Einstellungsoffensive bei der Polizei in der Geschichte des Landes wird fast unvermindert fortgesetzt. Selbstverständlich ist immer noch mehr möglich. Aber unter den haushalteri schen Gegebenheiten ist, glaube ich, die Zahl von 3 000 wei teren Stellen für Anwärter, für Auszubildende, sehr gut. Dies versetzt uns in die Lage, den Aufwuchs bei der Polizei fort zusetzen. Dazu gehört auch die Reform des Bachelorstudi ums, dazu gehört die Aufhebung der Stellenbesetzungssperre im Tarifbereich.
Wenn wir diese beibehalten hätten, meine Damen und Her ren, würden wir die Bemühungen zur „Aufforstung“ der Po lizei im Gegenzug quasi zunichtemachen. Deswegen ist es konsequent, das zu tun. Die Stärkung der Einsatzmittel für die Präsidien und viele weitere Dinge gehören dazu.
Wir sagen den Polizeiangehörigen auch gern zu, dass wir uns in den nächsten zwei Jahren mit den Themen „Lageorientier te Dienste“ und Überstunden auseinandersetzen, Herr Innen minister, und schauen, ob und wo es da Handlungsbedarf in den Reihen der Polizei gibt. Auch das ist für uns ein wichti ges Thema.
Aber auch die Stärkung der Zusammenarbeit der Sicherheits behörden des Bundes und der Länder, für die wir uns in Hö he von 8 Millionen € z. B. beim sogenannten Polizei-IT-Fonds engagieren, ist ein wichtiger Beitrag zu mehr Sicherheit, mei ne Damen und Herren.
Das will ich ganz offen ansprechen. Wir werden das in der Koalition in einer anständigen und fairen Art und Weise zu Ende diskutieren, wie wir das in sicherheitspolitischen Fra gen in den letzten Jahren immer gemacht haben. Wir Grünen haben dazu einen relativ klaren Standpunkt geäußert. Wir sind dort für gesetzliche Veränderungen, wo die Polizei Menschen in Not noch besser helfen kann und klare Regeln für ihr Han deln braucht. Deswegen gibt es in der öffentlichen Diskussi on im Moment die Themen „Erweiterung der Einsatzbereiche für die Bodycam“ oder auch „Durchsuchungen oder Identi tätsfeststellungen bei gefährdeten Großveranstaltungen“.
Über weitere Eingriffsbefugnisse der Polizei und der anderen Sicherheitsbehörden muss nach unserem Verständnis nicht ge redet werden. Wir glauben, dass wir da auch im Bund-Län der-Vergleich sehr, sehr gut aufgestellt sind.
Wir würden uns lieber anderen wichtigen Herausforderungen stellen; Stichworte sind die Cyberkriminalität – eine große Herausforderung – oder die Gefahren des Rechtsextremismus und des Antisemitismus. Wie schon erwähnt, sind der Antise mitismus und der Rechtsextremismus keine Gespenster. Spä testens der Mord an Walter Lübcke, der Anschlag in Halle und die ganzen Erkenntnisse, dass dies erst die Spitze eines Eis bergs über neue Zellen und Netzstrukturen von rechtsextre mistischen Gruppen ist, die bisher nicht auf dem Schirm wa ren und auch nicht in einer der klassischen rechtsextremisti schen Parteien organisiert sind, sind ein Alarmzeichen.
Dass wir uns dem in Baden-Württemberg mit einem neuen Programm, mit 30 zusätzlichen Stellen insbesondere beim Landeskriminalamt, aber auch 25 neuen Stellen für das Lan desamt für Verfassungsschutz sowie Sachmitteln für Technik und weitere Ausstattung widmen, ist eine wichtige Antwort. Denn solche Erkenntnisse gibt es eben auch in Baden-Würt temberg.
Wir erhoffen uns, Herr Innenminister, in den nächsten zwei Jahren natürlich Erfolge beim Aufspüren sowie beim polizei lichen und dann auch strafrechtlichen Vorgehen gegen solche Strukturen. Dem Rechtsextremismus sagen wir in aller Ent schiedenheit den Kampf an.
Wir unternehmen einiges zum Schutz der jüdischen Einrich tungen in Baden-Württemberg – mit insgesamt 3 Millionen € in verschiedenen Programmen. Da geht es um das Thema Si cherheit. Jüdisches Leben in Baden-Württemberg gehört zur DNA dieses Bundeslands. Wir werden alles dafür tun, dass jü disches Leben in Baden-Württemberg möglich bleibt.
Dafür treten wir ein. Dafür kämpfen wir. Wir hoffen, dass wir uns für den Schutz jüdischen Lebens in Baden-Württemberg immer und ewig fraktionsübergreifend gemeinsam einsetzen werden, meine Damen und Herren.
(Beifall bei den Grünen, der CDU und der SPD, Ab geordneten der FDP/DVP sowie des Abg. Daniel Rott mann AfD – Abg. Udo Stein AfD: Heuchler!)
Es ist heute schon viel über die Anstrengungen im Bereich der Cybersicherheit gesagt worden. Die Cybersicherheitsagentur halten wir für eine wichtige Einrichtung. Wir hoffen, dass das Zusammenspiel von Staat, Behörden, Privaten und Wirtschaft auch funktioniert und dass wir im nächsten Jahr da vorankom men.
In der Debatte über den Einzelplan 02 ist auch schon das We sentliche gesagt worden. Die Zahlen für die Grundlage all die ser Tätigkeiten, der Schaffung einer digitalen Infrastruktur im Bereich der Breitbandverkabelung, wurden schon genannt. Die Gelder, die wir dafür in die Hand genommen haben und noch in die Hand nehmen werden, lassen sich tatsächlich se hen. Herr Minister, da stehen wir gemeinsam im Wort, dass im Jahr 2025 auch der letzte Bauernhof im Schwarzwald mit einem Breitbandkabel versehen sein wird. Daran werden wir uns gegenseitig messen lassen.