Protocol of the Session on November 14, 2019

(Beifall bei den Grünen – Abg. Rüdiger Klos AfD: Speziell bei den Grünen! – Abg. Klaus Dürr AfD: Ganz speziell bei den Grünen!)

Deswegen muss dieses Recht hier auch mit ausgiebiger Sorg falt und viel Pflichtbewusstsein versehen werden.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Die Grü nen nutzen gern die Polizeigewalt!)

Leider sehen das hier in diesem Haus nicht alle so. – Ich hö re Herrn Fiechtner schon wieder reinrufen. Sie haben im Ja nuar dieses Jahres im Innenausschuss beispielsweise gesagt, dass Sie gern die Bewaffnung der Bürgerinnen und Bürger nach dem Vorbild der USA möchten.

(Lachen bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Wie in Tschechi en! Wie in der Schweiz! Wie in Israel!)

Ich muss sagen, ich halte es für keine besonders gute Idee, das so zu machen. Gerade die USA sind hier ein abschreckendes Beispiel. Wir haben doch alle noch die furchtbaren Bilder von El Paso oder Dayton im Kopf.

Auch der Blick in die Statistik macht es nicht besser. Das Gra duate Institute of International and Development Studies in Genf veröffentlicht z. B. seit einigen Jahren den sogenannten Small Arms Survey, in dem weltweit die Daten zu sogenann

ten kleinen Schusswaffen zusammengetragen werden. Dieser Aufstellung zufolge sind die USA interessanterweise weltweit das einzige Land, in dem die Zahl der Waffen in Privatbesitz die der Einwohner übersteigt: Es sind 120,5 Schusswaffen pro 100 Einwohner.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Wie sieht es in der Schweiz aus?)

Zum Vergleich: Auf den zweiten Platz kommt der Jemen mit 52,8 Waffen – also nicht einmal halb so viel – in Privatbesitz. Deutschland liegt dabei auf Platz 23 mit 19,6 Schusswaffen auf 100 Einwohner.

Setzt man diese Zahlen ins Verhältnis zur Zahl von Todesfäl len durch Schusswaffen, dann zeigt sich im internationalen Vergleich, dass mehr Waffen in der Bevölkerung – natürlich – auch zu mehr Toten führen und nicht, wie die Waffenlobby gern propagiert, zu mehr Sicherheit, also zu weniger Toten.

(Lachen bei Abgeordneten der AfD)

In den USA sind auch im Jahr 2017 im Vergleich laut der Plattform Gun Policy 12,1 von 100 000 Einwohnern durch Schusswaffengebrauch getötet worden.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Aha!)

Das sind insgesamt knapp 40 000 Menschen in einem Jahr. Zum Vergleich: In Deutschland – wo wir Gott sei Dank ein relativ strenges Waffenrecht haben – starben im selben Zeit raum 900 Menschen durch Schusswaffen;

(Unruhe bei der AfD – Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Fake News!)

das sind 0,9 Menschen pro 100 000 Einwohner.

(Unruhe)

Es gibt also sehr wohl einen kausalen Zusammenhang zwi schen dem Besitz und dem Missbrauch von Schusswaffen.

Moment! Meine Damen und Herren, ich bitte Sie um etwas mehr Ruhe. – Danke.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Hans- Ulrich Sckerl GRÜNE: Aber jetzt klatschen wir erst mal! Denn der Abgeordnete hat völlig recht! – Zuru fe von der AfD und des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos])

Das liegt, wenn man beim Beispiel USA bleibt, natürlich auch daran, dass man Waffen dort in Supermärkten, quasi im Walmart kaufen kann.

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

Man stelle sich einmal vor, hier bei Rewe oder Edeka um die Ecke gäbe es zwischen der Gemüse- und der Süßwarenabtei lung Waffenregale.

(Abg. Bernd Gögel AfD: Wer hat denn das gefor dert?)

Manche von Ihnen wollen das offensichtlich. Ich muss zuge ben: Mir wird es ganz anders, wenn ich mir das vorstelle.

(Abg. Bernd Gögel AfD: Sie haben gar nicht zuge hört! – Gegenruf der Abg. Carola Wolle AfD: Er liest nur eine vorbereitete Rede vor!)

Deshalb sind wir mit dem strengen Waffengesetz absolut auf dem richtigen Weg und werden auf diesem hoffentlich auch bleiben.

(Beifall bei den Grünen – Zuruf von der AfD)

Die jetzt auf Bundesebene geplante Novelle des Waffengeset zes geht in erster Linie – Sie haben es erwähnt – auf die EUFeuerwaffenrichtlinie zurück, die auf starke Kontrollen und einen erschwerten Zugang zu Waffen drängt.

Dabei steht – auch das haben wir gehört – die angepeilte waf fenrechtliche Bedürfnisprüfung besonders in der Kritik. Sie ist aber nun einmal zentraler Bestandteil des deutschen Waf fenrechts und unverzichtbar, um die ordnungsrechtliche Funk tion ausüben zu können – so wenige Waffen wie möglich und so viele wie nötig in Privatbesitz.

Der Vorschlag des Deutschen Schützenbunds, nach zehnjäh riger regelmäßiger Schießsportausübung völlig auf einen Be dürfnisnachweis zu verzichten, ist aus unserer Sicht nicht praktikabel, weil dadurch die Gefahr besteht, soziale Kontrol le einzubüßen. Personen könnten damit völlig vom Radar ver schwinden. Natürlich ist das Problem nicht die übergroße Mehrheit, aber das Risiko besteht und wird damit erhöht. Da mit droht die Aushöhlung des Bedürfnisprinzips. Gerade mit Blick auf die große Problematik ist das meiner Meinung nach höchst fragwürdig.

Noch einen anderen Aspekt sollten wir im Auge behalten; auch er wurde bereits angesprochen – zu Recht. Der Vorsit zende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter, Sebastian Fiedler, hält den Komplex verschwundener und illegal erwor bener Waffen für eine der größten Baustellen. Wenn man sich die Zahlen anschaut, weiß man auch, warum.

(Zuruf des Abg. Klaus Dürr AfD)

Anfang des Jahres wurden bundesweit fast 29 000 Waffen ge zählt, die als nicht auffindbar gelten. Es besteht also massiver Handlungsbedarf. Mit dem nun dem Bundestag vorliegenden Gesetzentwurf soll die Nachvollziehbarkeit von Waffenver läufen verbessert werden.

Deshalb sind das gute Ansätze, aber es wird weiterhin Lücken geben – leider –, zumal die europäische Harmonisierung an gesichts internationaler Kriminalität noch immer zu wünschen übrig lässt. Aber das ist zumindest ein Schritt in die richtige Richtung,

(Zuruf des Abg. Klaus Dürr AfD)

den wir ergänzen müssen – auch hier im Land – durch eine stärkere Qualifizierung von Sicherheitsbehörden, um illegale Vertriebswege aufzudecken. So geht man damit um, und so löst man diese Probleme, sehr geehrte Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Thomas Blen ke CDU)

Trotz dieser guten Schritte, die im Bund gegangen werden sol len, ist der aktuelle Trend durchaus beunruhigend. So ist z. B. seit 2014 die Zahl der registrierten kleinen Waffenscheine in Deutschland um über 140 % angestiegen. Einige rüsten an scheinend auf.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Das hat ja Gründe! – Abg. Anton Baron AfD: Was sind die Gründe dafür?)

Ich muss sagen, die rechtsextremen Anschläge der letzten Zeit machen mehr als deutlich, dass es weiteren Handlungsbedarf gibt. Wir haben nach wie vor offene Fragen, z. B. bei den NSU-Morden, bei denen noch nicht vollständig geklärt ist, woher die Waffen kamen. Tödliche Schüsse eines Reichsbür gers in Bayern

(Zuruf des Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktions los])

oder auch ein Mord wie der an Regierungspräsident Walter Lübcke verleihen dem Thema immer wieder Brisanz.

(Abg. Udo Stein AfD: Das waren illegal erworbene Waffen!)

An diesem Beispiel wird deutlich, dass es beim Thema Waf fen mitnichten darum geht, einfache Sportschützen oder Jä ger zu gängeln. Der Rechtsextremismusexperte Andreas Speit bescheinigt der rechtsextremen Szene insgesamt ein starkes Interesse an industriellen Waffen.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Legal oder illegal?)

Laut der Bundesregierung verfügen bundesweit 792 Rechts extremisten über waffenrechtliche Erlaubnisse – über Erlaub nisse; wir haben hier also noch eine riesige Grauzone.

Wenn man sich das vor Augen führt, wird ganz schnell klar, welche Intention die AfD hat, eine solche Debatte hier anzu bringen: Sie versuchen einfach nur, die eigene Klientel zu be dienen, und Sie versuchen, das Vertrauen in die Schutzfähig keit staatlicher Behörden zu erschüttern.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Bernd Gögel AfD: Beschämend! – Zuruf des Abg. Udo Stein AfD)

Das wird Ihnen nicht gelingen, zumal Sie mit Ihrem Gerede eben auch unbescholtene Bürgerinnen und Bürger in Verruf bringen.