Protocol of the Session on November 13, 2019

Then you better start swimmin’ or you’ll sink like a stone for the times they are a-changin’

(Abg. Thomas Poreski GRÜNE: Guter Text für die SPD!)

Frau Kollegin Lösch singt bereits. – Rücklagen schaffen kei ne Arbeitsplätze. Die Menschen im Land sind in Sorge um un seren Planeten und sein Klima, aber eben auch um ihre Ar beitsplätze und ihre eigene Zukunft. Die Menschen machen sich Sorgen, weil sie nicht mehr dort wohnen, wo es sinnvoll wäre, sondern nur noch dort, wo sie es bezahlen können. Die Bürger sehen sich all dem ausgeliefert. Aber die Summe der Bürger ist eben der Staat, dieses Land, und dessen Regierung hat es in der Hand, mitzugestalten, den Wandel positiv zu ge stalten, vor allem sozial und gerecht.

Unser Staat ist – ich möchte das deutlich sagen – stark genug. Die Mittel sind in der Kasse, um etwas zu bewegen. Aber die jetzt Regierenden haben den Staat offensichtlich über Jahr zehnte nicht nur kleingeredet, sondern das, was sie sagten, auch wirklich geglaubt. Damit trauen wir uns zu wenig zu und vergessen, dass gerade das Duo aus einem starken Staat und einer starken Wirtschaft dieses Land nach dem Krieg und nach den großen Veränderungen groß gemacht hat.

Unser Land muss endlich vorankommen, unsere Wirtschaft muss die Veränderungen meistern. Wir brauchen einen neuen Schub beim Wohnungsbau und Fortschritte bei der Bildung. Deswegen braucht dieses Land eine Regierung, die mehr tut, als zuzuschauen und in ihren Taschen mit dem Geld zu klim pern.

(Lachen des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Nehmen Sie die Hände endlich aus den Taschen, krempeln Sie die Ärmel hoch, und gestalten Sie endlich! Die Menschen in diesem Land haben es verdient, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen.

(Anhaltender Beifall bei der SPD)

Jetzt hat für die FDP/ DVP-Fraktion Herr Kollege Dr. Rülke das Wort.

Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Dem Redner fällt ein Blatt Papier herunter. – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Ihnen ist etwas herunter gefallen!)

Danke, ich kann mich noch bücken.

Frau Finanzministerin, Anlass dieser Debatte sind ja die Ein bringung Ihres Haushalts und die Rede, die Sie in der vergan genen Woche zur Haushaltseinbringung hier gehalten haben. Ich habe genau zugehört, habe mir diese Rede auch genau an geschaut. Bei einigem von dem, was Sie gesagt haben, ist mir ein Satz aus Nepal eingefallen: „Seichte Bäche rauschen am meisten.“

(Heiterkeit des Abg. Bernd Gögel AfD)

Sie haben erklärt – ich zitiere wörtlich –: Geld ausgeben ist keine Kunst, sondern mit wenigen Mitteln auskommen. „Mit wenigen Mitteln auskommen“, Frau Kollegin Sitzmann.

Schauen wir uns also einmal die Entwicklung des Landes haushalts an, beginnend mit dem Jahr 1996, zur Zeit der schwarz-gelben Koalition. Das wird ja gern zitiert. Damals haben wir – natürlich noch in D-Mark – umgerechnet mit ei nem Haushaltsvolumen in Höhe von 31,8 Milliarden € ange fangen.

(Der Redner hält ein Schaubild hoch.)

Nach 15 Jahren – die Regierungszeit Kretschmann war also deutlich kürzer – haben wir im Jahr 2011 bei 35,1 Milliarden € übergeben. Daraus hat die grün-rote Landesregierung dann 37,6 Milliarden € gemacht.

An dieser Kurve sehen Sie nun die Entwicklung bis 2021.

(Der Redner deutet auf das Schaubild. – Abg. Klaus Dürr AfD: Ist das inflationsbereinigt? – Zuruf von der AfD: Ist das eine Trauerweide?)

Bei dieser inflationären Steigerung wollen Sie, Frau Ministe rin, uns ernsthaft erklären, Geld auszugeben sei keine Kunst, sondern die Kunst sei, mit wenig Mitteln auszukommen? Sie haben ja noch das Glück, dass der Länderfinanzausgleich auf neue Füße gestellt wird; sonst wären wir auch ohne das Volu men, über das wir noch reden werden – es geht um die knapp 2 Milliarden €, die noch zur Verfügung stehen –, bei 55,3 Mil liarden €.

Frau Ministerin, dieser seichte Bach rauscht also schon ziem lich heftig bei dieser Entwicklung. Wir stellen fest: Sie haben in den letzten Jahren eine massive Einnahmesteigerung ver buchen können. Kollege Reinhart hat die 23 Milliarden € ge nannt, die wir in Zeiten der Finanzkrise zur Verfügung hatten; im Jahr 2013 waren wir dann bei 42,8 Milliarden € Einnah men – was schon eine heftige Steigerung war –, und jetzt sind für das Jahr 2021 52,2 Milliarden € geplant.

(Zuruf des Abg. Dr. Wolfgang Reinhart CDU)

Das ist eine Steigerung um 9,4 Milliarden € allein in acht Jah ren.

Was geschieht nun mit diesem Geld? Es wird 1 : 1 ausgege ben. Da können Sie, Frau Ministerin Sitzmann, doch nicht sa gen, Sie kämen mit wenig Geld aus. Nein, Sie vervespern al les. Für Sie und für diese Landesregierung gilt aber jene Bau ernweisheit, die da lautet:

Wer ausgibt und nicht Rechnung führt, er wird bald arm, ohn’ dass er’s spürt.

Das wird die Folge Ihrer Regierungspolitik sein –

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Da gibt es keinen Applaus! – Gegenruf des Abg. Dr. Timm Kern FDP/ DVP)

natürlich noch nicht gleich; das ist klar. Im Moment ist es ja möglich – aufgrund der enorm hohen Steuereinnahmen, auf grund der konjunkturellen Lage. Aber wir haben am heutigen Tag schon darüber gesprochen, wie sich am Horizont bereits die Bremsspuren abzeichnen, in welcher Weise mit Konjunk tureinbrüchen zu rechnen ist. Das Problem ist, dass Sie kei nen Haushalt vorlegen, der auf Krisensituationen reagieren könnte. Sie schaffen vielmehr überwiegend strukturelle Be lastungen, die eben nicht so einfach zurückzudrehen sind.

Wir werden daher als künftiger Landtag von Baden-Württem berg die Zeche für den Haushalt, den Sie heute vorlegen, im nächsten Jahrzehnt zu bezahlen haben – und zwar unabhän gig davon, wer im nächsten Jahrzehnt in Baden-Württemberg regiert.

(Beifall bei der FDP/DVP – Abg. Nico Weinmann FDP/DVP: Sehr richtig!)

Die Tilgung beträgt gerade einmal 1,25 Milliarden € – bei den Möglichkeiten, die Sie hatten. Vom Jahr 2018 zum Jahr 2019 schleppen Sie jedoch 5,6 Milliarden € an Ausgaberesten ein fach mit hinüber. Bei der Tilgung könnte man also deutlich mehr tun; man könnte auch ehrlichere Haushalte vorlegen.

Es ist nicht nur die Opposition, Frau Ministerin, es sind auch Neutrale, die die Seichtheit des rauschenden Baches erken nen. Ich zitiere aus der „Stuttgarter Zeitung“ vom 9. Oktober dieses Jahres:

... der Etat für die Jahre 2020 und 2021 enthält die trau rige Kunde, dass Grün-Schwarz das Prinzip der Schul denbremse immer noch nicht verstanden hat.

In der „Rhein-Neckar-Zeitung“ vom selben Tag heißt es:

Es bleibt das Grundproblem des grün-schwarzen Zweck bündnisses: In komfortablen Zeiten für Haushälter feh len Mut, Visionen und vor allem eine gemeinsame Linie. So wird ein Stillstand fortgeschrieben, der auch künftige Regierungen binden wird.

(Beifall bei der FDP/DVP)

So ist es: ein Stillstand, der künftige Regierungen binden wird.

Nicht einmal mit der Zinsentwicklung können Sie umgehen. Für das Jahr 2020 rechnen Sie mit 1,3 Milliarden € Zinsbe lastung, für das Jahr 2021 mit fast 1,7 Milliarden € – und das bei der Politik der Europäischen Zentralbank. Meine Damen

und Herren, da stimmt irgendetwas nicht; da ist offensichtlich wenig Professionalität am Werk.

Was sind nun die Gründe für die Schieflage dieses Haushalts? Was sind die Gründe dafür, dass dieser Haushaltsentwurf nicht zukunftsfest ist? Welche Gründe hat es, dass Sie künftige Ge nerationen mit diesem Haushalt strukturell belasten? Das Stichwort heißt: Konsumption statt Investition, insbesondere im Stellenbereich. Was in diesem Haushaltsentwurf fehlt, sind nachhaltige Investitionen. Sie legen den Schwerpunkt auf das Konsumieren, insbesondere auf Personalstellen, die das Land Baden-Württemberg auf Jahrzehnte binden.

(Beifall bei der FDP/DVP)

Dabei spreche ich nicht von Stellen, die Sinn ergeben – Stel len in den Bereichen Sicherheit und Bildung. Ich rede davon, dass wir seit 2017 fast 7 600 zusätzliche Personalstellen im Haushalt ausgebracht haben; in den Landesbetrieben sind es im selben Zeitraum fast 3 400 Stellen. Wenn Sie das addie ren, sind Sie bei 11 000 Stellen. Neben den sinnvollen Stellen für Bildung und innere Sicherheit sind es aktuell 730 Stellen für die Landesbetriebe, 150 Stellen im Bereich Forst und na türlich zehn Stellen für Ihr Lieblingskind, den Nationalpark, der sich sozusagen zum grünen Hauptstadtflughafen entwi ckelt.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der FDP/ DVP – Heiterkeit des Abg. Peter Hofelich SPD)

Das Besucherzentrum des Nationalparks verzeichnet mittler weile eine Kostenexplosion von rund 50 %. Gleichzeitig stel len wir fest, dass die Besucherzahlen etwa 15 % dessen aus machen, was Sie prognostiziert haben. Da ist diese Kosten steigerung doch in keiner Weise gerechtfertigt. Mit diesem Besucherzentrum Nationalpark haben Sie es ja auch schon ins Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler geschafft.

Es sind 150 Stellen im Bereich der Finanzverwaltung; heute habe ich irgendwo etwas von 500 Stellen gelesen

(Abg. Peter Hofelich SPD: Sollen es mal werden!)

sollen es werden, aufgrund der Grundsteuerreform. Das ist auch kein Wunder angesichts dessen, was Ihnen da offensicht lich vorschwebt: eine Mischung aus den Vorstellungen von Olaf Scholz und dem, was Bayern vernünftigerweise tut, näm lich ein bürokratisches Modell, das am Ende wahrscheinlich doch wieder dazu führt, dass der Bürger noch stärker abkas siert wird.

Ich sage Ihnen eindeutig: Nehmen Sie ein unbürokratisches Modell, ein Flächenmodell, wie es die Bayern haben. In der Ver gangenheit war es nie ganz schlecht, nach Bayern zu schau en; manches kann man durchaus übernehmen. Dieses Flächen modell ist unbürokratischer und bürgerfreundlicher. Dann brauchen Sie auch nicht 500 zusätzliche Finanzbeamte, mei ne Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP)