Protocol of the Session on November 6, 2019

Die Herren Abg. Dr. Fiechtner und Dr. Gedeon haben sich zwar für eine persönliche Erklärung angemeldet, aber eine persönliche Erklärung ist nicht möglich. Sie können das gern in § – –

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Doch, natürlich!)

Es gibt keine Debatte, Herr Abg. Dr. Fiechtner.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Doch!)

Nein. Lesen Sie es in Absatz 2 von § 82 b der Geschäftsord nung nach:

Persönliche Erklärungen dürfen nur die Zurückweisung eines persönlichen Angriffs

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Jawohl! Darum geht es! Ich fühle mich persönlich angegrif fen!)

oder die Berichtigung einer unrichtigen Wiedergabe von Ausführungen zum Gegenstand haben.

Es gab keinen persönlichen Angriff.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Doch, den gab es! Von Frau Olschowski gab es einen per sönlichen Angriff!)

Herr Abg. Dr. Fiechtner, es gab keine persönlichen Angrif fe. Sie haben nicht das Wort.

(Abg. Dr. Heinrich Fiechtner [fraktionslos]: Schon wieder ein selbstherrlicher Akt des Präsidiums! – Ge genruf: Oh, halt die Klappe da hinten! – Gegenrufe von der AfD, u. a. Abg. Anton Baron: Hey, das geht ja gar nicht! – Unruhe)

Wir sind am Ende der Debatte angelangt. Die Große Anfrage ist besprochen, und Punkt 1 der Tagesordnung ist erledigt.

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Landesregierung – Gesetz über die Feststellung des Staatshaushaltsplans von Baden-Württemberg für die Haushaltsjahre 2020/21 (Staatshaushaltsgesetz 2020/21 – StHG 2020/21) – Druck sache 16/7171

Haushaltsrede der Ministerin für Finanzen

Zunächst ein Geschäftsordnungsantrag. – Bitte, Herr Abg. Dr. Fiechtner.

Frau Präsident, sehr verehrte Damen, sehr geehrte Herren! Ich beantrage ei ne Unterbrechung der Sitzung, nachdem das Präsidium wie der in selbstherrlicher, geradezu totalitärer Manier die Rech te eines oder mehrerer Abgeordneten zu beschneiden sucht. Ich bitte um eine Unterbrechung, um diesen Sachverhalt im Präsidium zu diskutieren. Das Präsidium möge feststellen, dass Abgeordnete, die in ihren Rechten beschnitten werden, so wie dies vorhin durch Frau Olschowski, eine Vertreterin der Regierung, geschehen ist, die Mitglieder dieses Parlaments offensiv attackiert und sie mit Schimpfworten belegt, hier nicht Stellung nehmen können, um solche Anwürfe wirksam zurückzuweisen. Ich bitte also um Unterbrechung dieser Sit zung.

(Zurufe von den Grünen und der CDU)

Ich lasse über den Antrag ab stimmen. Wer einer Sitzungsunterbrechung und damit dem Antrag von Herrn Abg. Dr. Fiechtner zustimmt, den bitte ich jetzt um das Handzeichen. – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag abgelehnt.

Der nächste Geschäftsordnungsantrag. – Herr Abg. Dr. Gede on, bitte.

Ich stelle den An trag, der Präsidentin vom Plenum aus eine Rüge zu erteilen, weil sie die Rechte einiger Abgeordneter in grundsätzlicher Weise ständig beschneidet.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Einfach weg stimmen!)

Herr Abg. Dr. Gedeon, dieser Antrag ist nicht zulässig.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Gut!)

Deshalb brauchen wir gar nicht über ihn abzustimmen.

Wir fahren fort und kommen zur Haushaltsrede der Frau Fi nanzministerin Sitzmann. Ich erteile ihr das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Der Entwurf des Doppelhaushalts 2020/2021 markiert einen großen Schritt, einen Schritt in ein neues Jahr zehnt und einen Schritt in die Zeit der Schuldenbremse. Er ist der letzte große Haushalt in dieser Legislaturperiode. Wir set zen damit die solide, verlässliche und nachhaltige Finanzpo litik der vergangenen Jahre fort.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU – Abg. Anton Baron AfD: Zwei klatschen von der CDU! – Zuruf des Abg. Rainer Stickelberger SPD)

Die grün-schwarze Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen haben das Land in den vergangenen Jahren erfolg reich gestaltet.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Da kann man un terschiedlicher Auffassung sein!)

Die Haushaltspolitik ist die Basis für alle politischen Entschei dungen. Der Haushalt ist in Zahlen gegossene Politik. An dem umfangreichen Haushaltsplanentwurf, der dem Landtag ges tern zugegangen ist, sehen Sie, dass in ihm viel gute Politik für das Land und seine Bürgerinnen und Bürger steckt.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

Der 1. Januar 2020 markiert also nicht nur ein neues Jahr zehnt, nein, zum ersten Mal gilt die Schuldenbremse des Grundgesetzes und bildet einen festen Rahmen für unsere Fi nanzplanung. Ich kann sagen, meine Damen und Herren: Wir sind gut aufgestellt. Bereits seit 2015 machen wir keine neu en Schulden mehr. Das heißt, wir haben die Vorgabe der Schuldenbremse bereits fünf Jahre früher erfüllt als vorge schrieben.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

U. a. deshalb können wir mit dem vorliegenden Haushaltsplan entwurf mit Zuversicht in das neue Jahrzehnt starten; denn dem Land geht es gut. Wir haben zehn gute Jahre hinter uns, denen eine schwere Wirtschafts- und Finanzkrise vorausge gangen ist. Es waren zehn Jahre, in denen wir viel erreicht ha ben, um den Wohlstand Baden-Württembergs zu mehren und den Landeshaushalt auf eine solide Basis zu stellen.

Wir haben von 2017 bis 2019 mehr als 6,3 Milliarden € ex plizite und implizite Schulden getilgt. Wir haben 1,25 Milli

arden € Schulden am Kreditmarkt getilgt, wir haben die Ver schuldung der landeseigenen Landesbeteiligungen BadenWürttemberg GmbH um 400 Millionen € reduziert, und wir haben Kreditermächtigungen in Höhe von 1,5 Milliarden € abgelöst.

Auch im Jahr 2019 ist Baden-Württemberg Spitzenreiter un ter den Ländern in Sachen Tilgung. Mit 1 Milliarde € tilgen wir in Baden-Württemberg in diesem Jahr etwa so viel wie al le anderen Bundesländer zusammen. Das kann sich sehen las sen.

(Beifall bei den Grünen und der CDU)

Die Schuldenuhr läuft seit dem Jahr 2018 erstmals rückwärts, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das ist ein großer Erfolg, auf den wir, die wir ja in Baden-Württemberg meist sehr bescheiden sind, dennoch sehr stolz sein dürfen.

Wir haben also Schulden am Kreditmarkt getilgt, und wir ha ben in die Infrastruktur investiert. Über den kommunalen Sa nierungsfonds haben wir uns mit 595 Millionen € an den Sa nierungen von Schulgebäuden und Brücken in unseren Kom munen beteiligt. 2,2 Milliarden € sind in den Abbau des Sa nierungsstaus bei unseren landeseigenen Gebäuden, den Lan desstraßen und Brücken geflossen; allein 500 Millionen € sind in die notwendige Sanierung unserer Uniklinika geflossen. Das sind wichtige, das sind umfangreiche Investitionen in un ser Landesvermögen, in die Substanz, in die Bedingungen, unter denen unsere Beschäftigten arbeiten, und – im Bereich der Uniklinika – auch in eine gesundheitsfördernde Umge bung für die Patientinnen und Patienten.

Hinzu kommt: Wir sorgen für zukünftige Pensionsverpflich tungen vor, und zwar deutlich stärker als in der Vergangen heit. Wir haben dem Versorgungsfonds einmalig 120 Millio nen € zusätzlich zugeführt, und darüber hinaus werden ab 2020 auch die monatlichen Zuführungen deutlich erhöht. Ge gen Ende des Jahres 2019 haben wir fast 8 Milliarden € für künftige Pensionen zurückgelegt. Allein schon an dieser Zahl sehen Sie: Wir denken nicht nur an morgen, sondern wir sor gen heute für ein gutes Morgen vor. Das ist praktische Politik für mehr Generationengerechtigkeit.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der CDU)

In den vergangenen zehn guten Jahren sind aber auch die Er wartungen in den Himmel gewachsen. Das haben wir bei der Aufstellung des vorliegenden Haushaltsentwurfs deutlich ge merkt. Arthur Schopenhauer hat dazu einmal passend gesagt:

Das Geld gleicht dem Seewasser. Je mehr davon getrun ken wird, desto durstiger wird man.

Im Vergleich mit der mittelfristigen Finanzplanung hatten die Ressorts Mehranforderungen in Höhe von insgesamt 4,8 Mil liarden € angemeldet. Das waren 1 700 Einzelposten auf rund 200 Seiten in Tabellenformat. Natürlich waren das nicht nur originäre Forderungen der Ressorts; das waren natürlich auch Forderungen aus der Mitte der Gesellschaft, aus Institutionen, von Vereinen und von anderen. Wir haben uns gemeinsam und zum Teil in hartem und auch langem Ringen auf rund 1,35 Milliarden € für politische Schwerpunkte heruntergearbeitet.

Für die konstruktiven Gespräche möchte ich mich an dieser Stelle bei meinen Kolleginnen und Kollegen aus dem Kabi nett herzlich bedanken.

Wenn wir mit Zuversicht in das neue Jahrzehnt starten wol len, müssen wir auf alle Eventualitäten vorbereitet sein. Die veränderten Rahmenbedingungen müssen sich im Haushalt 2020/2021 widerspiegeln. Es ist mir ganz wichtig, an dieser Stelle zu betonen: Es wäre nicht nur kurzsichtig, es wäre auch fahrlässig, wenn wir nur von heute ausgehen würden und nicht auch zukünftige Entwicklungen in den Blick nähmen.

Wo stehen wir also? Mit welchen Veränderungen haben wir zu rechnen? Welche Risiken können auf uns zukommen? Die konjunkturelle Entwicklung, die uns in den vergangenen Jah ren spürbar verwöhnt hat, flaut ab. Die Wirtschaftsleistung im zweiten Quartal dieses Jahres dürfte real um 0,3 % gesunken sein. Mit einer Arbeitslosenquote von 3,2 % im vergangenen Monat haben wir noch immer annähernd Vollbeschäftigung im Land, aber Meldungen über Stellenabbau und Kurzarbeit mehren sich. Im Geschäftsklimaindex der L-Bank ist die Kon junkturstimmung im Südwesten mittlerweile auf den tiefsten Stand seit der Finanzkrise gesunken.

Meine Damen und Herren, das ist alles kein Grund zur Panik; denn bekanntlich verläuft die Konjunktur in Wellen. Aber es ist ein Grund zur Vorsicht und zur Vorsorge. Wenn heute die Wirtschaftsweisen der Bundeskanzlerin ihr neues Gutachten übergeben, dann werden sie auch warnend darauf hinweisen, dass sich die deutsche Volkswirtschaft in einem Abschwung befindet. Allerdings gehen sie nicht von einer breiten und tie fer gehenden Rezession aus. Es gibt also Risiken, aber es gibt keinen Grund zur Panik.