Die Frage, die man sich aber stellen muss, ist: Brauchen wir, wenn es auf Bundesebene ein Gesetz gibt, das gleiche Gesetz noch einmal auf Landesebene? Darüber muss man schon kri tisch nachdenken, meine Damen und Herren.
Ich meine, jeder kann aus solch einem Gutachten, kann aus einer Stellungnahme das herauslesen, was er möchte – von der einen wie von der anderen Seite. Aber schauen wir uns einmal die Ergebnisse der Gutachter an. Dort steht, dass sich – ich zitiere –
Seien wir einmal ehrlich: Jeder von uns, der im Gemeinderat sitzt, weiß doch, wie es ist. Du musst ja fast froh sein, dass du irgendjemanden bekommst, der sich um einen Auftrag be wirbt. Das Thema „Wettbewerb und Verzerrungen“ war viel leicht 2013 ein anderes als nun, 2018, 2019.
... dass das LTMG keine Auswirkungen auf den Einsatz von Nachunternehmen und Verleihunternehmen hat.
Also, die Punkte, die Sie anführen, kann man vielleicht zu Recht ins Feld führen, aber diese Ziele werden mit diesem Ge setz nicht erreicht.
Die Gutachter – noch einmal: Gutachter, die die Landesregie rung beauftragt hat, nicht wir, die FDP – sagen dann:
Da sich aus den dargelegten Befragungsergebnissen kei ne eindeutige Argumentationsbasis in Richtung Fortbe stand des LTMG ablesen lässt, sollte aus Gutachtersicht kritisch überprüft werden, ob der Fortbestand des LTMG vor dem Hintergrund der heutigen Umsetzungspraxis sinnvoll ist.
Angesichts dessen, wie vorsichtig Gutachter sonst mit ihren Empfehlungen sind, muss ich sagen, dass das sehr deutlich ist.
In diesem Kontext ist die Landesregierung also aufgefordert, etwas zu tun, was als Gesetz keine zusätzliche Bürokratie für die Unternehmerinnen und Unternehmer hier in Baden-Würt temberg nach sich zieht. Allerdings müssen wir bezweifeln, dass die, die diesen Gesetzentwurf einbringen, hier den Weg in Richtung eines konsequenten Bürokratieabbaus gehen, und wir müssen auch feststellen, dass man hier auf halbem Weg stehen geblieben ist.
Deswegen freuen wir uns auf die Debatte im Wirtschaftsaus schuss über diese Fragen mit Blick auf das, was an Details in diesem Gutachten steht, und schauen dann, mit welchen Er gebnissen wir hier ins Plenum zurückkommen.
Vielen Dank. – Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Landesta riftreue- und Mindestlohngesetz ist zum 1. Juli 2013 in Kraft getreten. Wir haben es jetzt evaluiert. Der Bericht über das Evaluationsergebnis liegt vor, und wir befinden uns mitten in einem laufenden Beratungsverfahren.
Was waren damals die Beweggründe für die Verabschiedung des Landestariftreue- und Mindestlohngesetzes? Zum einen sollte es einen fairen Wettbewerb bei öffentlichen Ausschrei bungen ermöglichen und dadurch insbesondere die mittelstän dischen Unternehmen und ihre Beschäftigten schützen. Zum anderen sollte durch die Festsetzung eines Mindestentgelts verhindert werden, dass Unternehmen, die sich um öffentli che Aufträge bewerben, in einen Unterbietungswettbewerb zulasten ihrer Beschäftigten eintreten. Und schließlich sollte das Gesetz kein bürokratisches Monster werden, sondern ein schlankes Gesetz, bei dem sich der Aufwand bei der Umset zung in Grenzen hält.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, inwieweit diese Zie le bislang erreicht werden konnten, wurde im Rahmen einer von meinem Ministerium in Auftrag gegebenen Evaluation überprüft. Mit der Untersuchung wurde der im Landestarif treue- und Mindestlohngesetz selbst geregelten Pflicht zur Evaluation Rechnung getragen. Das Gutachten liegt Ihnen vor; im Juli dieses Jahres habe ich es dem Landtag übermit telt. Auch die maßgeblichen Verbände, Wirtschaftsorganisa tionen und Gewerkschaften erhielten das Gutachten und konn ten sich im Rahmen eines dadurch angestoßenen Beteiligungs prozesses, in welchem wir uns noch befinden, dazu äußern. Das ist der aktuelle Sachstand.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, der jetzt von der Fraktion der AfD vorgelegte Gesetzentwurf zur Aufhebung des LTMG wird damit begründet, dass zum einen das zwi schenzeitlich bundesweit in Kraft getretene Mindestlohnge setz das LTMG überflüssig mache und zum anderen die Bei behaltung des Gesetzes einen bürokratischen Mehraufwand bedeute. Diese Argumentation suggeriert, dass das Land auf die Einführung des bundesweiten Mindestlohns nicht reagiert hätte. Das ist nicht der Fall.
Ich möchte Sie daran erinnern – das sage ich für diejenigen, denen das nicht bewusst ist –: Schon mit Wirkung zum 1. De zember 2017 hat das Parlament die Kopplung des vergabe spezifischen Mindestlohns an den bundesgesetzlichen Min destlohn beschlossen und dadurch auch die bürokratischen Anforderungen an die Unternehmen reduziert. Außerdem ha ben wir mit dieser Harmonisierung Rechtssicherheit – das war ein großes Thema – und Transparenz geschaffen.
Tatsache ist allerdings, dass die betroffenen Stakeholder das LTMG höchst unterschiedlich bewerten. Die Stellungnahmen zum Gutachten reichen von der Forderung nach Aufhebung des Gesetzes über ein Plädoyer für die Beibehaltung des Ge setzes mit punktuellen Anpassungen bis hin zum Ruf nach Verschärfung. Es herrscht also zweifellos Gesprächsbedarf.
Ich bin der Überzeugung, dass es die Pflicht der Landesregie rung und auch die Pflicht der Fraktionen ist, dass wir diese Gespräche, die Diskussionen mit den Beteiligten führen – den wesentlichen Verbänden, den Wirtschaftsorganisationen und Gewerkschaften, die für den Entscheidungsprozess wichtige und wertvolle Anregungen bieten – und dass wir das auch um setzen.
Ein umfassender Beteiligungsprozess sorgt für die notwendi ge Transparenz und sorgt vor allem auch für Akzeptanz, auf die ich großen Wert lege. Wir dürfen uns diese Informationen und diese Stimmen nicht entgehen lassen. Sie sind ganz ent scheidend – zumindest nach meiner Vorstellung davon, wie wir mit den Menschen in unserer Gesellschaft umgehen.
Der jetzt von der Fraktion der AfD vorgelegte Gesetzentwurf hingegen würde diesen Beteiligungsprozess ohne Not obso let machen. Er würde über die unterschiedlichen Stimmen der Betroffenen hinweggehen. Ein solcher Schnellschuss kann nicht in unserem Interesse sein. Deswegen nehmen wir uns die Zeit, die Ergebnisse der Untersuchung und die wichtigen Einschätzungen der Verbände, der Wirtschaftsorganisationen und der Gewerkschaften zu bewerten, um daraus dann die richtigen Konsequenzen für das LTMG zu ziehen.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der Grünen – Abg. Anton Baron AfD: Schnelligkeit war noch nie die Stärke der grün-schwarzen Regierung!)
Ich fasse mich kurz. – Ich dan ke Herrn Dr. Schweickert und der Frau Ministerin für ihre Re debeiträge; denn sie waren zum Thema. Der Rest hat seine Zeit wieder einmal nur genutzt, polemisch zu pöbeln und par teipolitische Positionen loszuwerden, hat aber inhaltlich nichts beigetragen. Das muss man wirklich sagen: Sie haben sich selbst disqualifiziert.
(Beifall bei der AfD – Abg. Reinhold Gall SPD: Le sen Sie es einmal nach, vielleicht begreifen Sie es dann! Sie haben ein selektives Aufnahmevermögen! – Gegenruf des Abg. Anton Baron AfD: Herr Gall, das ist peinlich! Mehr kann man dazu nicht sagen!)
Inhaltlich will ich dazu nur noch sagen: Mit dem baden-würt tembergischen Gesetz entstehen doppelte Dokumentations pflichten. Das ist unbestritten. Es ist auch unbestritten, dass das Bundesgesetz bereits die meisten Inhalte unseres badenwürttembergischen Gesetzes abdeckt. Daher ist dieses unnö tig. Man muss wirklich sagen, dass kein Unternehmen durch immer mehr Aufwand und immer mehr Bürokratie einen Mehr wert schafft und dass kein Unternehmen dadurch Geld ver dient. Dieses nicht verdiente Geld kann dann auch nicht für Löhne und Gehälter genutzt werden. Denken Sie darüber nach.
Meine Damen und Herren, mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aus sprache beendet.
Ich schlage vor, den Gesetzentwurf Drucksache 16/6726 zur weiteren Beratung an den Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau zu überweisen. – Es erhebt sich kein Wi derspruch. Dann ist das so beschlossen. Vielen Dank.
Erste Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktion der FDP/ DVP – Gesetz zum Bürokratieabbau für die Unternehmen in Baden-Württemberg – Drucksache 16/6758
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat folgende Rede zeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten und für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.