Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau – Drucksache 16/226
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat für die Allge meine Aussprache eine Redezeit von fünf Minuten je Frakti on und eine Redezeit von fünf Minuten für den Zusammen schluss fraktionsloser Abgeordneter festgelegt.
(Minister Franz Untersteller: Das ist doch ein FDP/ DVP-Gesetzentwurf! – Gegenruf des Abg. Dr. Hans- Ulrich Rülke FDP/DVP: In der zweiten und dritten Lesung geht es nach der Fraktionsstärke, Herr Minis ter! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Ich schicke Ihnen mal eine Geschäftsordnung, Herr Minister!)
Wenn gerade der Fraktions vorsitzende Dr. Rülke ein Anliegen hat, muss ich diesem ja auch entsprechen.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind hier bei der Zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der FDP/ DVP-Fraktion, die heute noch Änderungsanträge vorgelegt hat. Wir haben in der ersten Lesung und im Ausschuss dazu beraten. Der Inhalt des Gesetzentwurfs der FDP/DVP-Frak tion ist weiterhin, die politische Bildung aus dem Katalog der Bildungszeit zu streichen und die Qualifizierung zum Ehren amt als Zweck der Bildungszeit zu beschränken. Der Gesetz entwurf war etwas unglücklich formuliert. Die Kolleginnen und Kollegen haben jetzt Nachbesserungen vorgelegt. Das ist auch in Ordnung.
Weiterhin gilt, wie wir hier schon bei der ersten Lesung be sprochen haben, dass dieser Gesetzentwurf nicht die eigentli che Meinung der FDP darlegt. Bei der ersten Lesung hatten wir hier kurz auf das Wahlprogramm hingewiesen. Aber es hat sich jetzt – und darum geht es ja hier – auch bei der par lamentarischen Beratung des vorliegenden Gesetzentwurfs gezeigt. So sagte der Kollege Schweickert in der ersten Le sung, man wolle diesem Spuk ein Ende bereiten.
Sie können dem Bericht, der Ihnen heute zu den Ausschuss beratungen vorliegt, auch entnehmen, dass die FDP/DVPFraktion sich dort geäußert hat, dass sie vom Grundsatz her
gegen die Bildungszeit an sich gewesen sei. So kennen wir Sie auch; das ist auch in Ordnung. Es ist weiterhin so, dass Sie einen taktischen Gesetzentwurf vorlegen. Das können Sie gern machen. Der Meinung der FDP entspricht dies nicht, und daran ändern auch die jetzt vorliegenden Änderungsanträge nichts.
Es ist Ergebnis der Anhörung, dass Verbände aller Seiten mit dem Gesetzentwurf der FDP/DVP-Fraktion nicht zufrieden sind. Diejenigen, die für die Bildungszeit waren, sind dies weiterhin, und diejenigen, die dagegen waren, sind dies auch weiterhin.
Liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP/DVP-Fraktion, den ken Sie einfach noch einmal über das Bildungszeitgesetz nach. Sie haben, glaube ich, Ihre Position dazu noch nicht gefun den. Denn eigentlich möchten Sie es abschaffen.
Ich nehme an, dass Sie dazu im Lauf der Legislaturperiode noch einmal tätig werden. Hier haben Sie einfach nur eine tak tische Variante vorgelegt, die uns in den Beratungen leider nicht weiterbringt.
Auch wir denken darüber nach. Das ist in der Sache fair. Das Bildungszeitgesetz gilt erst seit einem Jahr, und die Verord nung zur Qualifizierung im Ehrenamt ist erst zum 1. Januar dieses Jahres in Kraft getreten. Das Land – so ist es festgelegt – wird das Gesetz zur Gänze nach zwei Jahren evaluieren. Ich erhoffe mir von dieser Evaluation verschiedene Erkenntnisse, z. B. über die Nutzung der Bildungszeit, verteilt über die drei Felder, und über die Wirkung der Kataloge, die wir, das Par lament, in der letzten Legislaturperiode beschlossen haben, um die Qualität der Maßnahmen in der Bildungszeit sicher zustellen. Das sind im Bereich der politischen Bildung der Ne gativkatalog und im Bereich der ehrenamtlichen Qualifizie rung der Positivkatalog.
Das Bildungszeitgesetz enthält auch ein Verfahren, das regelt, welche Trägerinnen und Träger überhaupt Bildungszeit anbie ten dürfen. Dazu hat das Regierungspräsidium Karlsruhe ei ne Zertifizierung entwickelt. Sicherlich wird auch Gegenstand der Evaluation sein, ob das ein vernünftiges Verfahren ist und wie wir dabei weiterkommen.
Daraus folgen dann Ideen aus der Koalition, die mit den Be troffenen und im Parlament diskutiert werden. Das Ergebnis kann jetzt noch nicht vorliegen.
Das, was Sie jetzt in der Liste der Nebenabreden vorgefunden haben, eine mögliche Eigenbeteiligung der Arbeitnehmerin nen und Arbeitnehmer in Form von Urlaubstagen, ist ein mög licher Vorschlag, der hieraus hervorgehen kann. Aber die Eva luation hat noch gar nicht begonnen. Dazu muss das Bildungs zeitgesetz erst zwei Jahre gelten. Welche Themen die Evalu ation haben kann, habe ich Ihnen vorhin aufgeführt.
Uns, der grün-schwarzen Koalition, ist es wichtig, die Weiter bildung im Land Baden-Württemberg voranzubringen. Es gibt hier viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die zwar be rufstätig, aber formal gering qualifiziert sind. Der große tech nologische Wandel macht es zu einer besonderen Aufgabe im Land Baden-Württemberg, zu mehr Weiterbildung bei den Ar
beitnehmerinnen und Arbeitnehmern beizutragen. Das ist ei ne gemeinsame Aufgabe der Sozialpartner und der öffentli chen Hand, die wir mit der Allianz für Fachkräfte unterstüt zen und voranbringen.
Vielen Dank. – Liebe Kolle ginnen und Kollegen, nur zur Klarstellung: Wir sind in der Zweiten Beratung des Gesetzentwurfs. Deshalb richtet sich die Reihenfolge der Rednerinnen und Redner nach der Frak tionsstärke und beginnt nicht automatisch mit der Fraktion, die den Gesetzentwurf eingebracht hat. Insofern war die Rei henfolge richtig.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute findet die Zweite Beratung des Gesetz entwurfs der FDP/DVP zum Bildungszeitgesetz statt. In der ersten Lesung hatte ich schon ausgeführt, was die Meinung der CDU dazu ist.
Zwischenzeitlich fand die Ausschussberatung zu dem Gesetz entwurf statt. Diese hat unserer Ansicht nach nichts wesent lich Neues ergeben. Wir haben dort vor allem – Kollegin Lind lohr hat es gerade erwähnt – die schriftlich durchgeführte An hörung analysiert und besprochen. Das Ergebnis war eigent lich eindeutig. Wie sich die Verbände und Organisationen ge äußert haben, war auch nicht überraschend. Etwa die Hälfte war klar gegen das Bildungszeitgesetz, die andere Hälfte woll te es so belassen, wie es ist; relativ wenig Begeisterung war im Grunde für den Gesetzentwurf der FDP/DVP vorhanden, wenn ich das so zusammenfassen darf.
Die Haltung der CDU zum Bildungszeitgesetz habe ich in der ersten Lesung dargestellt. Ich möchte hier nur noch kurz da rauf eingehen. Wir haben dieses Gesetz immer für unnötig ge halten. Das Gesetz gibt es jetzt nun einmal, und wir gehen da mit um. Wir sehen es vor allem ordnungspolitisch kritisch. Fakt ist auch: Die Unternehmen im Land sind beim Thema Weiterbildung hier in Baden-Württemberg mit an der Spitze, wenn nicht sogar die Spitze. Das heißt aber, dass „Freiwillig keit vor Zwang“ immer erfolgreicher ist. Die Unternehmen in Baden-Württemberg tun beim Thema Weiterbildung schon heute sehr viel freiwillig. Vor allem muss man immer auch die Belastungen der Unternehmen im Blick haben; denn – ich glaube, das wissen wir alle – Sünden begeht man in guten Zei ten.
Mein Tipp an die Tarifpartner von dieser Stelle aus ist des halb: Sie sollten das im Grunde selbst lösen. Dafür haben wir die Tarifpartnerschaft. Wenn das von ihnen geregelt werden sollte, ist wichtig, dass in der Tat beim Thema Weiterbildung die Digitalisierung ins Auge gefasst werden muss. Wir alle ha
ben hier Weiterbildungs- und Nachschulungsbedarf. Die Di gitalisierung ist ein Megathema, um das niemand herumkom men wird.
Wie geht es weiter? Grün-Schwarz hat die Evaluierung und Novellierung – wie der Ministerpräsident heute Morgen zu Recht gesagt hat – im Koalitionsvertrag vereinbart. In der De tailvereinbarung, die Sie alle jetzt auch kennen, steht auch ein möglicher Novellierungsweg. Aber jetzt geht es erst einmal darum, Daten zu sammeln und diese dann auszuwerten.
Die FDP ist im Grunde nicht bekannt für Schnellschüsse, und das im Gesetzentwurf enthaltene Vorgehen wäre ein Schnell schuss. Deshalb verwundert es mich, dass Sie dieses Gesetz so eingebracht haben, zumal Sie im Wahlkampf dessen Ab schaffung gefordert haben – die CDU übrigens nicht. Wir ma chen das, was wir im Wahlkampf zugesagt haben. Wir gehen eine Evaluierung und dann eine Novellierung an.
Von dieser Stelle noch ein Aufruf an die Landfrauen, die sich immer noch melden; wir haben dafür auch Verständnis. Ba den-Württemberg hat das Ehrenamtsgesetz, und genau für die Landfrauen ist es auch da; es wurde für sie geschaffen.
Fazit: Es bleibt beim beschlossenen Verfahren, nicht nur weil es im Koalitionsvertrag steht, sondern weil es richtig ist und Sinn macht. Der Ausschuss empfiehlt Ablehnung. Die CDUFraktion wird dieser Empfehlung folgen und natürlich in letz ter Konsequenz die Änderungsanträge der FDP/DVP ableh nen.
Sehr geehrte Frau Präsiden tin, Kolleginnen und Kollegen! Es wird heute klar und seit heute Morgen wissen wir: Nicht nur in Abgrenzung zur CDU, sondern auch in Abgrenzung zu den Grünen halten wir Sozi aldemokratinnen und Sozialdemokraten das Bildungszeitge setz Baden-Württemberg für eine echte Errungenschaft in un serem Land.
Denn es geht gerade in diesen Zeiten um nichts anderes – wer will das bestreiten? – als um die Förderung von lebenslangem Lernen und um einen Push, wie man neudeutsch sagt, für die berufliche und für die persönliche Bildung und sicherlich auch um die lang geforderte Unterstützung ehrenamtlichen Enga gements.
Ich habe es schon in der ersten Lesung gesagt: Dass ausge rechnet die FDP/DVP gleich am Anfang der Legislaturperio de mit einem solchen Gesetzesvorschlag ins Haus fällt, ist nicht überraschend gewesen. Überraschend ist vielleicht das Ausmaß, dass man die ehrenamtliche Qualifikation gleich um 40 % zusammenstreichen will. Wie es sich mit der Tradition einer liberalen Partei verträgt, dass man in solchen Zeiten von „Brexit“, von Rechtspopulismus in ganz Europa dann ausge rechnet die politische Bildung zur Disposition stellt, das muss die Partei für sich selbst diskutieren.
Für mich ist im Rahmen der Debatte auch die Frage aufge kommen, welche Rolle Sie, liebe Frau Ministerin, hier selbst einnehmen wollen. Sie haben auf meine ausdrückliche Frage hin, wie Sie denn zu einer Streichung der ehrenamtlichen Qua lifikation stehen, ob Sie sich eine Streichung der politischen Bildung vorstellen können, geantwortet, Sie ließen dies aus drücklich offen. Seit dem Wochenende wissen wir: Nichts ist offen. Es ist im Grunde der Hammer der Nebenabrede. Das Ergebnis ist klar vorweggenommen dort definiert.
Auch Ihnen gestehe ich die Schonfrist der ersten hundert Ta ge zu. Deswegen halte ich mich mit meiner Kritik noch im Rahmen. Allerdings muss man schon sagen: Aufpassen in Sa chen Glaubwürdigkeit, in Sachen Stil! Das betrifft jetzt nicht Sie, aber wer Mauscheln als Stilprinzip nennt, macht auch je de Evaluation zur Witznummer. Denn das beschädigt die Grundlage jeder Evaluation. Ich war in dem Beruf lange ge nug tätig, habe sechs Jahre lang die Fremdevaluation und die Eigenevaluation einer Schule gesteuert. Wenn Sie mit einer Nebenabrede hineingehen, die öffentlich wird, sodass bekannt wird, dass es schon ein vorweggenommenes Ziel gibt, dann beschädigen Sie alles.
Wie wollen Sie es mir bzw. wie wollen Sie es sich übrigens selbst darstellen, wenn Sie in zwei Jahren zu einem Ergebnis kommen, das sich dann zufälligerweise oder nach Ihren me thodischen Ausführungen auch tatsächlich mit dem Ergebnis deckt? Wie wollen Sie denn in zwei Jahren den Verbänden er klären, dass das dann nun einmal so ist und man genau den Weg gehen muss, den Sie in der Nebenabrede vereinbart ha ben? Sie beschädigen das Prinzip der Evaluation. Das ist heu te Morgen sehr deutlich geworden. Damit beschädigen Sie hier auch einen parlamentarischen Prozess.
Kollege Paal, zu den Äußerungen der Landfrauen – sie sind keine sozialdemokratische Vorfeldorganisation; das dürfte Ih nen bekannt sein –: Die Mails, die mich in den letzten Tagen erreicht haben – sie sind nicht bestellt –, sprechen schon Bän de. So hat beispielsweise Frau Sonja Leyghdt, die stellvertre tende Vorsitzende, wörtlich geschrieben – ich darf es zitie ren –: