Protocol of the Session on July 20, 2016

Hinsichtlich der sozialen Berufe und bestimmter Berufsgrup pen – ich denke dabei auch an das Handwerk, an Bäckereien, an Metzgereien, an die Gastronomie – unterstützen wir die Wirtschaftsorganisationen. Wir haben jetzt beispielsweise den DEHOGA mit einem Millionenprogramm unterstützt, um die Qualität der Ausbildung in diesem Bereich zu verbessern und hier aktiv zu werden.

Natürlich werden wir hier aber auch versuchen, ein Bewusst sein zu schaffen; das ist allerdings auch eine gewisse gesell schaftliche Entwicklung. Da erhoffen wir uns natürlich auch, ein gewisses Potenzial in anderen Bereichen zu schöpfen, dass wir mehr junge Menschen, eventuell auch Flüchtlinge, für die se Bereiche gewinnen. In der Gastronomie arbeiten jetzt schon viele Menschen mit Migrationshintergrund. Das müssen wir sehen.

Ich denke, das ist insgesamt eine Aufgabe, die sich schon seit vielen Jahren stellt. Wir gehen das an durch Einzelmaßnah men, durch Unterstützung der Wirtschaftsorganisationen, die natürlich speziell in ihren Branchen das Wissen und die Kenntnis über die Bedingungen haben. Da sind wir, das Wirt schaftsministerium, unterstützend tätig.

Vielen Dank. – Als Nächste erhält Frau Abg. Reich-Gutjahr das Wort.

Vielen Dank für die Ausführungen. – Ich habe noch eine Frage zur Entwick lung des Anteils der jungen Menschen, die sich im dualen Sys tem ausbilden lassen. Sie sprachen eingangs davon, dass die ser rückläufig ist. Haben Sie zufälligerweise auch Zahlen, wie sich der Anteil der dual ausgebildeten jungen Menschen an den Gesamtausbildungszahlen in den letzten Jahren entwi ckelt hat?

Und das Zweite: Gibt es vonseiten der Regierung eine Ziel setzung, wie sich die Anteile entwickeln sollen? Ich frage das auch vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung und dann natürlich der Entwicklung unserer Bildungseinrich tungen.

Das ist für heute vielleicht ein bisschen komplex. Ich wäre aber dankbar, wenn wir dazu eine Antwort bekommen.

Ich habe Sie jetzt so verstanden, dass Sie gern wüssten, wer in einem Jahrgang eine duale Aus bildung eingeht bzw. wer ein Hochschulstudium eingeht.

Genau. Duale Aus bildung würde ich jedoch inklusive der Dualen Hochschule verstehen. Denn das ist im Grunde genommen auch ein Aus bildungsgang, bei dem eine duale Ausbildung stattfindet, bei dem Praxis und Theorie miteinander vereint sind, während al le anderen Ausbildungsgänge den Schwerpunkt auf die The orie legen. Wenn es dazu Zahlen gäbe, wie sich das über die letzten Jahre entwickelt hat, würde ich diese gern kennen.

Was ich heute feststellen kann, ist, dass der Anteil der jungen Menschen, die ein Abitur ha ben und an einer dualen Ausbildung teilnehmen, um 7 % ge stiegen ist. Dieser Anteil fällt dann quasi im Hochschulbereich automatisch weg.

(Abg. Gabriele Reich-Gutjahr FDP/DVP: Klar!)

Das ist eine Tendenz, die derzeit besteht.

Wir haben bei uns im Land einen Fachkräftemangel. Wir ha ben hier einen großen Bedarf bei den beruflich Auszubilden den. Es gilt hier jetzt, große Anstrengungen zu unternehmen, um diesen Fachkräftemangel zu decken.

Auch der demografische Wandel ist natürlich eine Erklärung dafür. Es gibt auch gezielt Maßnahmen, um junge Menschen aus dem Ausland für eine Ausbildung bei uns zu gewinnen. Das ist aber nicht einfach. Hier wurden auch große Bundes programme aufgesetzt. In Baden-Württemberg konnten über vier, fünf Jahre jährlich ungefähr 280 Personen gewonnen werden. Dies waren vor allem junge Spanier und Spanierin nen.

Da gibt es auch große Hürden. Es gibt sprachliche Hürden. Wir haben auch die „Vier Motoren“. Wir haben Kooperatio nen. Es ist aber nicht ganz einfach, weil die jungen Menschen erstens die Sprachbarriere haben und zum Zweiten, wenn sie in jungen Jahren ins Ausland gehen,

(Abg. Winfried Mack CDU: Heimweh!)

auch Heimweh haben. Das ist eine Herausforderung, der wir uns stellen müssen. Es ist nicht ganz trivial. Wir wissen, dass die Jugendarbeitslosigkeit in anderen EU-Ländern sehr hoch ist. Wir können die jungen Menschen aber nicht einfach so zu uns nach Deutschland holen. Aber wir unternehmen da auch Anstrengungen und versuchen hier auch im Rahmen unserer Möglichkeiten weiter voranzukommen.

Das Wort erhält nun Herr Abg. Räpple.

(Abg. Gabriele Reich-Gutjahr FDP/DVP: Wurde sich vonseiten der Regierung eine Zielsetzung gegeben? Das ist die zweite Frage, die noch nicht beantwortet war!)

Einen Moment bitte, Herr Räpple.

Gibt es noch eine weitere Zusatzfrage?

Ich hatte jeden falls noch keine Antwort zu meiner zweiten Frage gehört, ob sich die Regierung eine Zielsetzung gegeben hat, wie sich der Anteil der im dualen System Ausgebildeten an den Schulab gängern entwickeln soll. Da ist eine Ja- oder Nein-Antwort ausreichend. Ich brauche jetzt keine Ausführungen im Detail.

Zahlen wurden hier nicht festge legt, aber wir haben uns eine eindeutige Richtung vorgegeben

(Abg. Gabriele Reich-Gutjahr FDP/DVP: Mehr dua le Ausbildung!)

ja – im Interesse von Baden-Württemberg. Wir benötigen einfach mehr Fachkräftenachwuchs.

Ich versuche, auch Studienabbrecher – da geht es nicht um die Abbrecherquoten, sondern um die jungen Menschen, die sich anders entscheiden – hierfür zu gewinnen. Dies ist auch psy chologisch für die jungen Menschen wichtig. Es handelt sich hierbei um keine leichte Entscheidung, ein Studium abzubre chen, wenn man festgestellt hat, dass es nicht das ist, was man sich für sein Leben vorgestellt hat. Dort sehen wir ein größe res Potenzial, die jungen Menschen direkt beraten zu können und für die duale Ausbildung zu gewinnen. Hier können wir beiden Seiten einen Gefallen tun; das ist also eine Win-winSituation.

(Abg. Gabriele Reich-Gutjahr FDP/DVP: Danke!)

Nun erteile ich das Wort Herrn Abg. Räpple.

Frau Ministerin, eine Frage im Zu sammenhang mit der verbindlichen Grundschulempfehlung, die im Jahr 2012 eingeführt wurde.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD: Abgeschafft!)

Abgeschafft wurde. Entschuldigung! – Welche Risiken für die duale Ausbildung sehen Sie aufgrund des dadurch einge tretenen Riesenansturms auf die Gymnasien? Und wie wol len Sie dem entgegenwirken?

(Abg. Gerhard Kleinböck SPD: Es gibt keinen Rie senansturm!)

Herr Räpple, einen Riesenan sturm gibt es derzeit nicht. Die Quoten sind natürlich gestie gen. Wir haben – das habe ich bereits erwähnt – bewusst In formationen an die Gymnasien gegeben. Es wird das neue Schulfach „Wirtschaft/Berufs- und Studienorientierung“ ein geführt, im Rahmen dessen man den jungen Menschen direkt Informationen zukommen lässt. Es gibt bereits an den Gym nasien die Praktikumswoche, die von den jungen Menschen absolviert werden muss. Sie ist fester Bestandteil im System der Gymnasien.

Ich denke, dass es sich hierbei auch um eine gesellschaftliche Einstellung einer Tendenz hin zu einem Hochschulstudium handelt – ich möchte nicht sagen: weg von der dualen Ausbil dung. Die Eltern beraten ihre Kinder bei deren Entscheidun gen. Sie haben hierbei den größten Einfluss auf die jungen

Menschen. Auch hier haben wir geplant, mehr Aktivitäten zu starten, bzw. wir führen diese bereits durch. So gibt es z. B. die Senior-Ausbildungsbotschafter, bei denen Eltern mit El tern sprechen.

Ich denke, dass man hier auch mit Fakten und Zahlen kom men muss, um aufzuzeigen, welche Möglichkeiten eine dua le Ausbildung bietet. Auch eine duale Ausbildung eröffnet sehr gute Verdienstmöglichkeiten. Das Handwerk hat z. B. eine Marketingkampagne gestartet und hat darin auch Zahlen ge nannt. Der Anteil der Menschen mit einer Berufsausbildung, die in Führungsverantwortungen kommen, ist ähnlich hoch wie bei Hochschulabgängern. Ich denke, man muss auch mit solchen Zahlen überzeugen. Ich sehe hier keinen direkten Zu sammenhang mit dem Wegfall der verbindlichen Grundschul empfehlung. Es handelt sich eher um eine gesellschaftliche Entwicklung.

Ich möchte noch hinzufügen: Wir vergleichen uns immer auch mit anderen Ländern. Diese duale Ausbildung ist sehr deutsch landspezifisch; es gibt sie in anderen Ländern in dieser Form nicht. Es ist eine qualitativ sehr hochwertige Ausbildung mit einem sehr großen Potenzial. In anderen Ländern gibt es die se Möglichkeit nicht. Deswegen gibt es dort auch höhere Ab schlussquoten an den Hochschulen. Das kann man nicht 1 : 1 vergleichen.

Vielen Dank. – Es gibt noch eine Frage von Herrn Abg. Dr. Fulst-Blei.

Frau Ministerin, der Ansatz von Ihnen, auch in den Gymnasien für die duale Ausbildung zu werben, ist richtig.

Ganz kurz ein Beispiel aus Mannheim: Die IHK Rhein-Ne ckar hat berichtet, dass sie ein Angebot gemacht hat, in die Gymnasien in Mannheim zu gehen und die duale Ausbildung vorzustellen. Es gab kein einziges Gymnasium bzw. – so der Präsident – nur durch persönliche Kontakte ein einziges, das das Angebot wahrgenommen hat. Es wurde zurückgemeldet: „Das ist nicht unsere Zielrichtung, das ist nicht unsere Klien tel.“ Wie wollen Sie ein solches Denken bei den Lehrkräften aufbrechen?

Sie haben zu Recht geschildert: Wir setzen viel Hoffnung in das neue Fach. Dies allein wird es allerdings nicht bringen, wenn es eine solch pauschale Denkweise gibt: „Wir bilden für die Universitäten aus und nicht für die duale Ausbildung.“ Was sind Ihre Ansätze dazu?

Bei den Tandems von Berufsbe ratern und Lehrkräften, die hier auch wirken, haben wir schon jetzt eine relativ hohe Abdeckung. Bis 2018 sollen an 100 % der allgemeinbildenden Schulen die jungen Menschen direkt entsprechend beraten werden.

Man kann natürlich niemanden zu etwas zwingen. Aber man kann die entsprechenden Informationen auch in die Schulen hineintragen. Ich habe mich deswegen auch ganz besonders gefreut, dass Frau Eisenmann persönlich bei dem Spitzenge spräch zur Ausbildungssituation dabei war; denn wir arbeiten hier ja auf Landesebene zusammen. Auch das Sozialministe rium und das Wissenschaftsministerium waren vertreten.

Wir sehen diesen Ansatz ganzheitlich. Ich denke, es muss auch ein Prozess sein. Das hängt vielleicht auch von einzelnen Schulleitern ab, möchte ich jetzt sagen.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Richtig! Aufge schlossene Schulleiter!)

Oder Schulleiterinnen. – Allein durch die Praktikumswoche ist diese Information den jungen Menschen schon direkt ge geben. Wir versuchen einfach, hier mehr aufzuklären, und sind auf die Kooperation angewiesen. Das ist ganz klar. Aber wir können niemanden zwingen, etwas zu tun.

Vielen Dank, Frau Ministerin. – Damit sind 30 Minuten der Regierungsbefragung vorbei. Das erste Thema ist somit abgehandelt.

Wir kommen zum zweiten Thema:

Z u k u n f t d e s K o n z e p t s „ s i c h e r e r H e r k u n f t s l ä n d e r “ u n t e r G r ü n S c h w a r z ( v g l. a u c h D r u c k s a c h e 1 6 / 1 5 1 )

Dieses Thema wurde von der Fraktion der FDP/DVP ange meldet.