Protocol of the Session on April 30, 2014

Mir liegen keine wei teren Wortmeldungen vor.

Wir kommen zur geschäftsordnungsmäßigen Behandlung des Antrags Drucksache 15/5131.

Nach § 34 Absatz 1 der Geschäftsordnung kann der Landtag zur Vorbereitung von Entscheidungen über umfangreiche und bedeutsame Sachverhalte eine Enquetekommission einsetzen. Er ist dazu verpflichtet, wenn dies von einem Viertel der Mit glieder des Landtags oder von zwei Fraktionen beantragt wird. Der vorliegende Antrag erfüllt diese Voraussetzung.

Zu diesem Antrag liegen zwei Änderungsanträge vor: der Än derungsantrag der Fraktion der FDP/DVP, Drucksache 15/5132, und der Änderungsantrag der Fraktion der CDU, Drucksache 15/5134.

Ich lasse zuerst über den Änderungsantrag der Fraktion der CDU, Drucksache 15/5134, abstimmen, weil wir diesen An trag als weiter gehend erachten. Ich darf auf einen Punkt, den Zeitpunkt, hinweisen. Die Enquetekommission, die die CDUFraktion einsetzen möchte, umfasst einen um sechs Monate längeren Zeitraum, als er von den anderen Fraktionen ge wünscht wird. Schon deshalb ist der Antrag weiter gehend – unabhängig von inhaltlichen Dingen, in denen er sich eben falls unterscheidet. Das ist die Entscheidung des Präsidiums.

Ich rufe also zuerst den Änderungsantrag der CDU-Fraktion auf. Wer diesem Änderungsantrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt.

Ich rufe jetzt den Änderungsantrag der Fraktion der FDP/DVP, Drucksache 15/5132, zur Abstimmung auf. Wer diesem Än derungsantrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dagegen? – Wer enthält sich? – Damit ist auch die ser Änderungsantrag mehrheitlich abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag der Frak tion GRÜNE und der Fraktion der SPD, Drucksache 15/5131, auf Einsetzung der Enquetekommission. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Wer ist dage gen? – Wer enthält sich? – Damit wurde diesem Antrag mehr heitlich zugestimmt, und die Enquetekommission ist entspre chend diesem Auftrag eingesetzt.

Die Wahl der Mitglieder und stellvertretenden Mitglieder die ser Enquetekommission sowie der ordentlichen und stellver tretenden externen Mitglieder erfolgt in der nächsten Plenar sitzung am 14. Mai 2014.

Damit ist Tagesordnungspunkt 4 erledigt.

Ich rufe Punkt 5 der Tagesordnung auf:

Antrag der Fraktion der SPD und Stellungnahme des Mi nisteriums für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz – Milchwirtschaft in Baden-Württemberg – Drucksache 15/3574

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Präsidium hat folgende Redezeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.

Für die Begründung erteile ich Herrn Abg. Reusch-Frey von der SPD-Fraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsi dent, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Die SPD-Fraktion hat den vorliegenden Antrag gestellt, weil für uns die Milcherzeugung in Baden-Württem berg von großer Bedeutung ist. Milcherzeugung ist wichtig für die bäuerliche Landwirtschaft, für die Versorgung unserer Bevölkerung mit gesunden Nahrungsmitteln, für den Erhalt des Grünlands, für die biologische Vielfalt, für unser Land schaftsbild, für den Tourismus und für die Menschen, die im ländlichen Raum leben und wohnen. Wir wollen eine Vieh haltung, die zukunftsfähig ist. Sie gehört zu uns in BadenWürttemberg, sie gehört zum Allgäu, sie gehört zu den Mit telgebirgen von Schwarzwald, Schwäbischer Alb, Schwäbi schem Wald, und sie gehört zum Odenwald.

Ein Blick auf die Entwicklung der vergangenen Jahre zeigt, wie stark der strukturelle Wandel in diesem Produktionsbe reich war. In den vergangenen zehn Jahren haben 6 000 Be triebe ihre Milchproduktion eingestellt. Das sind 44 % der Be triebe; das ist also ein enormer Rückgang. Trotzdem ist der Umfang der Milchproduktion stabil geblieben, ja, er hat sich in den vergangenen Jahren sogar erhöht.

Wir brauchen uns also aktuell keine Sorgen über die Sicher heit der Versorgung mit Milch und Milchprodukten zu ma chen. Eine gute Versorgungslage ist gegeben, weil die gesun

den Betriebe gewachsen sind und sie ihre Ställe mitsamt dem Viehbestand aufgestockt haben. An einer Zahl wird dies deut lich: Mit 35 Tieren stehen rechnerisch im Durchschnitt elf Kü he mehr in den Ställen als noch vor zehn Jahren. Damit sind wir weit entfernt von den negativen Entwicklungen einer Mas sentierhaltung. Ganz im Gegenteil, wir können von einem deutlichen Plus an Tierschutz, an Tiergesundheit und an art gerechter Tierhaltung sprechen. Vor allem die Laufställe ha ben diese positive Entwicklung vorangebracht.

Das Landwirtschaftliche Zentrum Baden-Württemberg in Au lendorf testet dazu Neuerungen und macht eine sehr gute Fort bildungsarbeit für die Bauern in unserem Land. Unser SPDArbeitskreis für den ländlichen Raum konnte sich kürzlich vor Ort von der wertvollen Arbeit zur Rinderhaltung, zur Grün landwirtschaft und zur Milchwirtschaft überzeugen. Ein Dank geht daher von uns nach Aulendorf.

Ein Aspekt zu den Betrieben: Wenn wir die Lage der milcher zeugenden Betriebe insgesamt analysieren, müssen wir damit rechnen, dass sich der gerade dargestellte Strukturwandel fort setzt und die Zahl der Milchviehbetriebe weiter sinkt. Dieser Trend wird sich sicherlich fortsetzen. Arbeitseffiziente Hal tungsformen und neue technische Möglichkeiten in der Melk technik werden dafür die Motoren sein. Dem wollen wir uns nicht verschließen. Das gehört für uns zur Zukunftsfähigkeit der Milchwirtschaft.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, ein besonderes Interesse der Milchbauern rich tet sich auf die Erzeugerpreise für die Milch. Die spannende Frage ist: Was kommt ab dem 1. April 2015? Wir wissen, dass die langjährige Milchquotenregelung zum 31. März 2015 aus läuft. Wir wissen auch, dass die Preise für Milchprodukte und für die Milch an sich riesigen Schwankungen unterliegen. Wir alle haben die Bilder der Bauern vor Augen, die ihre gemol kene Milch ins Gülleloch schütten mussten, weil der Preis nicht stimmte und sie ein Zeichen setzen wollten.

Dabei muss man sagen, dass der Milchpreis in den vergange nen Jahren nicht nur Sorgenkind, sondern auch Freudenbrin ger war. Genau das spiegelt das Auf und Ab der Preise. Inner halb weniger Monate sanken sie in den Keller – und stiegen nach Monaten dann auf ein historisches Rekordhoch. Die Milchbauern mussten mit einer nie gekannten Berg- und Tal fahrt leben. Das Auf und Ab geht weiter und kann auch in der neuen Förderperiode nicht ausgeschlossen werden. Zu dem Problem der Planbarkeit dessen, was man an Einrichtungen hat, kommt die große, Planungen erschwerende Unwägbar keit beim Wetter und bei den Preisen auf den Märkten hinzu.

Das Augenmerk richtet sich bei diesem Thema nun auf die steuerfreie Risikoausgleichsrücklage. Wir haben als Themen nicht nur den Klimawandel, wir haben nicht nur veränderte Marktsituationen, sondern wir müssen auch dieses Thema heute auf die Tagesordnung nehmen. Bereits am 15. Dezem ber 2009 hatte die SPD eine Kleine Anfrage – ich würde von einer zaghaften Anfrage sprechen – gestellt, und diese zaghaf te Anfrage wurde von dem damaligen Landwirtschaftsminis ter Hauk noch zaghafter beantwortet. Und alles blieb folgen los – sowohl bei der CDU als auch bei der FDP/DVP.

Nach den Frostschäden im Wein- und Obstbau 2011 war für uns, Grüne und SPD – unser Fraktionsvorsitzender Claus

Schmiedel hat sich an dieser Stelle exponiert –, klar, dass wir am Thema der steuerfreien betrieblichen Risikorücklage wei terarbeiten müssen. Wir haben dies getan. Im Landwirtschafts ausschuss haben wir uns einmütig auf eine öffentliche Anhö rung verständigt. Wir von der SPD sind in der Folge auch da für offen, das Thema „Steuerfreie Risikorücklage“ weiter zu behandeln. Wir wollen es zusammen mit dem FDP/DVP-An trag in Richtung Bundesrat und in Richtung Bund weiterge ben.

Wir, die SPD, stehen zu diesem Thema. Wir stehen auch an der Seite der baden-württembergischen Bauern. Wir können diesem Antrag so zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die CDU-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Rombach.

Herr Präsident, meine Damen und Herren Kollegen! Herr Reusch-Frey, zunächst vielen herz lichen Dank nicht nur für die moderate Sprachwahl, sondern auch für die Einbringung des Antrags im vergangenen Jahr. Die Milchwirtschaft ist insbesondere in Baden-Württemberg ein bedeutender Betriebszweig; keine Frage. Der Antrag be stätigt, dass die Milchwirtschaft in Baden-Württemberg seit über 20 Jahren strukturellen Veränderungen unterworfen ist und – das zeigt die ausführliche Stellungnahme von Herrn Mi nister Bonde zum vorliegenden Antrag – dass die Entwick lung bei den Betrieben mit über 50 Kühen ein großes Ausmaß angenommen hat und diese Entwicklung sich fortsetzen wird.

Die Zahlen – Herr Reusch-Frey, Sie haben sie genannt – kann ich bestätigen. Wir haben einen Rückgang der Zahl der Be triebe um 41 % zu verzeichnen, die Zahl der Tiere ging um 15 % zurück. Doch die entscheidende Aussage, was Wirt schaftskraft, Innovation, biologische Entwicklung und die Fä higkeiten der Betriebe angeht, lautet, dass die Milchmenge dadurch nicht geringer geworden ist.

Sehr dankbar, Herr Reusch-Frey, bin ich für Ihre Aussage, dass Sie dem technischen Fortschritt gegenüber aufgeschlos sen sind. Ich erinnere insbesondere an die modernen Ställe. Daran wird seit Jahren fieberhaft gearbeitet. Ich denke an sei nerzeitige Äußerungen von Staatssekretärin Gurr-Hirsch und Minister Hauk – den Sie in einem anderen Zusammenhang zi tiert haben, was das Thema Tierschutz anbelangt – und daran, dass vonseiten des Bauernverbands immer wieder werbend verkündet wird, welchen Einsatz die Bäuerinnen und Bauern vor Ort bringen. Ich bin froh, dass Sie diese positive Entwick lung des Tierschutzes heute gewürdigt haben und zum Aus druck gebracht haben, dass die Zukunftsfähigkeit der Milch wirtschaft in Baden-Württemberg vor der technischen Ent wicklung nicht haltmachen darf. Das ist eine ganz wichtige Aussage. Vielen herzlichen Dank dafür.

Eine Veränderung der Marktausrichtung ist ein entscheidender Punkt. Die Preise können sich – zugegebenermaßen wächst das Risiko – zum Positiven, aber auch zum Negativen entwickeln. Ich danke hier vor allem der SPD. Sie haben hier auf Bundes ebene Ihren Beitrag geleistet – im Rahmen des Koalitionsver trags –, dass gerade zum Thema Wettbewerb ein deutliches

Zeichen gesetzt wurde und dies auch im Koalitionsvertrag sei nen Niederschlag gefunden hat. Herzlichen Dank dafür.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Was die Quote anbelangt, sagten Sie ein kritisches Wort. Da zu darf ich Ihnen als Praktiker und auch als Bauernverbands vertreter sagen: Ich war jahrelang der gleichen Meinung wie der Minister Ihrer Regierung, aber als ich zu einem bestimm ten Zeitpunkt die Realität erkannte, habe ich gesagt: Nein, die se Entwicklung kann ich nicht mittragen, weil wir uns in Ba den-Württemberg selbst einengen. Die an Molkereien in Ba den-Württemberg gelieferte Milchmenge beträgt 2,18 Milli onen t, und – hier im Antrag steht es – bis zu 130 000 t Milch quote sind in andere Länder abgewandert, wodurch sich die Grundstruktur im Land verändert. Ferner entwickelt sich der Markt ebenfalls. Insoweit war es höchste Zeit, bei aller kriti schen Betrachtung im Einzelfall – die schwierigen Schwarz waldlagen kenne ich; deshalb weiß ich, was ich hier sage –, dass die Quote 2015 ausläuft. Die Marktorientierung ist der richtige, der entscheidende und auch der zukunftweisende Weg für Baden-Württemberg und darüber hinaus.

Meine Damen und Herren, die Regionalität und die regiona le Vermarktung – das haben Sie sicherlich aus Zeitgründen nicht ansprechen können – sind beispielhaft. Dafür gab es seit Jahren Unterstützung durch die früheren Landesregierungen. Nehmen Sie das Beispiel Schwarzwaldmilch, und schauen Sie, wie vor Ort die Wertschöpfung so gut wie möglich arti kuliert, erarbeitet und durch viele Unternehmer aufseiten der Milchwirtschaft unterstützt wird.

Das Thema „Steuerfreie betriebliche Risikoausgleichsrückla ge“ – der Entschließungsantrag der Fraktion der FDP/DVP – wird von der CDU-Fraktion – das darf ich Ihnen sagen – nicht nur unterstützt, sondern auch intensiv begleitet. Ich persön lich habe diese Forderung schon lange gestellt. Wir werden diesen Antrag unterstützen, weil witterungsbedingte Ereignis se letzten Endes am Markt zu Einbrüchen führen, die die Wert schöpfung in den Betrieben beeinflussen, und deshalb einzel betrieblich ein Spielraum ermöglicht werden muss. Deshalb unterstützen wir diesen Antrag uneingeschränkt.

Ich kann Ihnen nur klar und deutlich sagen: Milch ist das ein zige legale „Dopingmittel“. Milch stärkt die Konzentration und die Leistungsfähigkeit, und mehr Milch zu trinken wäre im Einzelfall, meine Damen und Herren, auch ein guter Rat für manche hier im Haus. Wir, die CDU-Landtagsfraktion, setzen uns jedenfalls weiterhin für eine sichere, nachhaltige, zukunftsträchtige und starke Milchwirtschaft in Baden-Würt temberg ein.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich das Wort Herrn Abg. Hahn.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Die Milch macht’s! – Gegenruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Milch macht müde Männer munter! – Gegenruf des Abg. Karl Zimmermann CDU: Verursacht auch Harn säure, wie ich gehört habe!)

Auch. – Herr Präsident, meine Damen und Herren! Als Bauer, der über 30 Jahre gemolken hat, ist das Thema Milch für mich ein schönes und ein gutes Thema, aber auch ein Thema, das mit Emotionen belastet ist. Man darf nicht vergessen, dass man, wenn man Milch erzeugt, jeden Morgen und jeden Abend, 365 Tage im Jahr, tätig wer den muss. Deshalb haben alle Menschen, die das täglich tun, meine Hochachtung.

(Beifall bei allen Fraktionen – Dem Redner wird statt eines Glases Wasser ein Glas Milch gereicht. – Hei terkeit und Beifall bei allen Fraktionen – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Vielen Dank. Das ist jetzt besonders nett. Das schaffe ich aber nicht. Das machen wir später.

Frau Gurr-Hirsch, Sie haben es völlig zu Recht gesagt: Milch macht müde Männer munter.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Was zu bewei sen wäre! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Nicht übermütig werden!)

Sie bringt aber auch einen Haufen Nährstoffe. Das ist das Pro blem für Menschen, die sozusagen nur noch im Sitzen schaf fen. In diesem Fall muss man vorsichtig mit guten Lebensmit teln umgehen.

20 Jahre nach Einführung der Milchquote unter Ignaz Kiech le fällt diese Quote, und wir steuern in ein neues Zeitalter. Auch beim neuen Zeitalter ohne Quote werden wir erst hin terher richtig schlau sein und wissen, was es uns gebracht hat. Wir hoffen, dass die Kalkulationen so gut sind, wie wir uns das wünschen, und dass es positive Auswirkungen hat. Es bleibt uns leider nichts anderes übrig; denn die Dinge sind an diesem Punkt so, wie sie sind. Die Quote fällt weg, und es bleibt nur zu hoffen, dass es gut wird.

Vor 40 Jahren hatten wir noch viel mehr Betriebe. Damals gab es im Land noch fast 100 000 Betriebe, die Milch produziert haben. Heute sind es noch 9 000 Betriebe, die Milch produ zieren. Das ist natürlich den schwierigen und ungünstigen Rahmenbedingungen geschuldet. Wir müssen sehen, dass das auch massive Veränderungen zur Folge hat. Die Zahl der Kü he in Baden-Württemberg ist gleichzeitig von 700 000 auf 350 000 reduziert worden, aber unsere Kühe sind Leistungs sportler geworden.