Protocol of the Session on March 26, 2014

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Gute Rede! Gu ter Mann!)

Für die SPD-Fraktion er teile ich das Wort Herrn Kollegen Haller.

Frau Präsidentin, meine Da men und Herren!

(Abg. Nicole Razavi CDU: Schicke Brille!)

„Letzter Zug nach Nirgendwo“. Wir befinden uns also gewis sermaßen auf einer Zugfahrt. Zu einer guten Zugfahrt gehö ren die Abfahrtszeit, ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, ein guter Komfort und eine pünktliche Ankunft. Alles zusammen macht auch einen guten SPNV aus.

Bei den Ausschreibungen ist es, was die Abfahrtszeit betrifft – das hat der Minister auch schon mehrfach betont, und ich habe auch schon darauf hingewiesen; ich dachte, Sie hätten mich jetzt wenigstens zitieren können, Frau Razavi; vielleicht macht es Herr Haußmann dann noch –, so: Wir haben gewis se zeitliche Verschiebungen nach hinten. Das hat der Kollege Schwarz schon dargelegt. Ich kann auch noch einmal erklä ren, weshalb.

Klar ist: Wir brauchen Verlässlichkeit in der Verkehrspolitik. Denn die Ausschreibung von 40 Millionen Zugkilometern mit einem Finanzvolumen von etwa 10 Milliarden € ist das größ te Verwaltungsprojekt der gesamten Legislaturperiode. Da gilt das Motto: Gründlichkeit vor Schnelligkeit. Das ist eines der Kernthemen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Lassen Sie mich das noch einmal erklären: Die CDU hat mit dem großen Verkehrsvertrag auch Positives geleistet. Aber dieser Verkehrsvertrag hat eben zwei entscheidende Negativ seiten: Diese 40 Millionen Zugkilometer laufen auf einen Schlag aus. Ein zeitversetzter Verzug ist nicht möglich, und der Preis ist mit 11 € oder 11,50 € pro Zugkilometer zu hoch.

Sie hatten das Thema vorbereitet, aber auf der Basis von – wenn auch nicht ausschließlich – erheblichen Direktvergaben. Bezüglich der Direktvergaben ist der Zug an einem Prellbock gelandet. Das Recht lässt das nicht mehr zu. Insofern musste mit Regierungsantritt der Fahrplan aufgrund von rechtlichen Gründen neu justiert werden, da nun Wettbewerb zwingend vorgeschrieben wird. Im Übrigen – das müssen Sie sich auch einmal klarmachen – sagen die Bahnunternehmen von sich aus: „Wir wollen gar nichts anderes als Wettbewerb, um dann einen rechtssicheren Zuschlag zu erhalten, der nicht in Bezug auf die Streitfrage, ob die Direktvergabe möglich ist, vor ir gendwelchen Gerichten überprüft wird, sodass der Zuschlag wieder infrage steht.“

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Nächster Punkt: Fahrplan 2020 – eine tolle Idee, eine Zielset zung, die wir durchaus begrüßt haben. Es gibt überhaupt kei nen Zweifel, dass es ein tolles Ziel ist, das Angebot des SPNV um ca. 30 % zu erhöhen, also von ca. 65 auf ca. 85 Millionen Zugkilometer. Eine tolle Idee; dem stimmen wir als Zielvor gabe zu.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Von wem stammt die?)

Von der CDU.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Ach, CDU-Plan?)

Ja, ja, das muss man ihnen lassen.

(Heiterkeit)

Aber, Herr Schmiedel, jetzt kommt’s: Die CDU hat manch mal gute Ideen – wie auch in der Bildung –, nur unterlegt sie diese nicht finanziell. Das war wie üblich unsolide finanziert.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Aha! Erblast!)

Also: tolle Ziele ohne entsprechenden finanziellen Unterbau. Deshalb musste dieser Fahrplan 2020 unter dem Gesichts punkt der Finanzierbarkeit noch einmal komplett überprüft werden. Dabei stellte sich heraus, dass zwei Parameter gar nicht mehr gestimmt haben. Das ist zum einen die Menge an Regionalisierungsmitteln. Sie von der CDU konnten noch aus dem Vollen schöpfen – das war ein schöner Zustand –, Sie konnten noch den Verkehrslastenausgleich Stuttgart, die Ver bundförderung etc. aus den Regionalisierungsmitteln bezah len. Das ist aus und vorbei. Die Mittel reichen ja heute schon nicht mehr aus; wir brauchen 80 Millionen € Landesgeld.

Mit diesem Fahrplan 2020 hat sich herausgestellt, dass z. B. allein die drei Netze Breisgau-S-Bahn, S-Bahn RheinNeckar und Stadtbahn Karlsruhe nach dem Fahrplan 2020 Mehrkos ten von ca. 150 Millionen € verursacht hätten.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Wahnsinn!)

Woher sollen wir die Gelder denn nehmen, wenn die Mittel schon heute nicht mehr ausreichen? Nun mag man unter schiedlicher Meinung sein, ob sie künftig ausreichen, aber wir als SPD, als Partei des Realismus

(Beifall bei der SPD – Lachen der Abg. Nicole Raza vi CDU)

und des Pragmatismus, meinen, wir müssen froh sein, wenn künftig die Regionalisierungsmittel ausreichen, um – auch mit Wettbewerbsgewinnen – den derzeitigen Fahrplan dauerhaft aufrechtzuerhalten.

Natürlich freuen wir uns, wenn es gelingt, über Wettbewerb mehr zu akquirieren, aber das wird schwierig sein und blei ben. Wir brauchen also eine landesweite Budgetrechnung – das hat der Herr Minister gemacht –, damit es nicht nach dem Windhundverfahren läuft: Das Netz, das zuerst drankommt, bekommt dann, wenn noch viel Geld da ist, den großen An teil und die Netze, die später drankommen, schauen, weil kein Geld mehr da ist, in die Röhre. Das musste durch diese lan desweite Budgetrechnung überprüft werden – Gott sei Dank. Es war ja auch nicht bequem, im Breisgau oder in Freiburg zu sagen: „Liebe Leute, das einmal Zugesagte werden wir nicht halten können.“ Da waren auch Realismus und Ehrlichkeit ge fragt.

Wir haben – Kollege Schwarz hat es erwähnt – die Fahrzeug finanzierung auf den Weg gebracht, um mehr Wettbewerb zu generieren. Denn es handelt sich um ein sehr kapitalintensi ves Geschäft. Fahrzeuge müssen auf 30 Jahre angeschafft oder – je nachdem – auf 20 Jahre abgeschrieben werden, und da sind die Kapitalmarktbedingungen ein ganz entscheidender Wettbewerbsfaktor. Sie alle wissen natürlich, dass Unterneh men, bei denen der Staat Eigner ist, ganz andere Konditionen haben.

Das sind alles Gründe, warum wir gewisse Verzögerungen ha ben. Aber sie sind darlegbar; die Verzögerungen sind rational erklärbar.

Es bleibt die Frage: Fangen wir pünktlich an? Wir sind durch aus von einem gewissen Optimismus getragen, dass der Mi nister es schaffen wird, den Verzug auf der Strecke noch auf zuholen. Der eine mag dies skeptisch, der andere eher opti mistisch betrachten. Ich habe mich hierbei auch schon skep tisch geäußert; dazu stehe ich auch. Aber lassen wir einmal Optimismus walten. Allerdings sind wir der Meinung – das sage ich deutlich –, dass dies gelingen kann, wenn wir auf die landeseigene Verwaltung, die Kollegen in den Ministerien, die NVBW und die Zweckverbände setzen. Wir brauchen ab jetzt sicherlich nicht mehr viele weitere Gutachter, um alles aufzu arbeiten. Jetzt geht es an die Arbeit, und zwar mit Pragmatis mus.

Wir dürfen also nicht den Fehler wiederholen, den Sie, mei ne Damen und Herren von der Opposition, in der Straßenbau verwaltung machen, und viel zu viel privatisieren. Nein, wir haben Vertrauen in das eigene Personal, dass es diese Aus schreibungen sachlich korrekt auf den Weg bringt.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Dazu gehört natürlich auch, dass man mit einem gewissen Pragmatismus herangeht. Ein solches Verfahren hat ständig neue Parameter. Irgendwann muss man es einmal gut sein las sen und sagen: So, jetzt wird ausgeschrieben. Perfektion ist gut, Pragmatismus ist besser – ab sofort.

Ein Letztes noch: Wir sind schon der Meinung, dass wir ab sofort möglichst schnell nicht nur in Gespräche, sondern auch in formal korrekte Verfahren zu Übergangsverträgen einstei gen müssen. Es gibt neben dem klassischen Wettbewerbsver fahren mit Ausschreibung und darauffolgender Abgabe per Briefkuvert auch andere Möglichkeiten, Verhandlungsverfah ren mit Teilnahmewettbewerb. Mit solchen Möglichkeiten, die uns der Gesetzgeber eröffnet, haben wir ausreichend Fle xibilität, um noch – so hoffen wir und sind jetzt einmal opti mistisch – zur Ankunftszeit ohne große Verspätung ans Ziel zu gelangen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die Fraktion der FDP/ DVP erteile ich das Wort Herrn Abg. Haußmann.

Sehr geehrte Frau Prä sidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehr ten Damen und Herren! Ja, Herr Haller, es ist gar nicht so ein fach, sich bei etwas, was man eigentlich kritisieren will, mög lichst diplomatisch auszudrücken. Aber ich muss Ihnen wirk lich ein Kompliment machen: Es gelingt nur Ihnen so gut, das charmant zu formulieren und trotzdem die Kritik zum Aus druck zu bringen. Herzlichen Dank, Herr Haller, dass Sie uns darin unterstützen.

(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bravo!)

Die Aktuelle Debatte passt zum heutigen Streik im ÖPNV. Sie lenkt den Blick auf den öffentlichen Schienenpersonennah verkehr, auf Busse und Bahnen, auf die Notwendigkeit des Regionalverkehrs und auf den öffentlichen Verkehr. Viele Menschen haben ein Stück weit Verständnis, für viele Men

schen ist es natürlich aber auch ein Reizthema. Genauso ist es für viele Menschen inzwischen ein Reizthema, wenn es um den Regionalverkehr, wenn es um den Schienenpersonennah verkehr geht.

Blicken wir zurück auf die letzten 20 Jahre, sehen wir jedoch: Der öffentliche Schienenpersonennahverkehr in Baden-Würt temberg ist eine Erfolgsgeschichte. In den letzten 20 Jahren haben die Verkehrsleistungen um über 50 % zugenommen. Ich glaube, allein diese Zahl drückt schon aus, was in BadenWürttemberg im Schienenpersonennahverkehr in den letzten 20 Jahren an Leistungen erbracht wurde.

Die Situation, die wir jetzt haben – ich spreche hier einmal mit Blick auf die Stuttgarter Netze –, wird natürlich von den Bahnkunden und Bahnkundinnen sehr deutlich kritisiert. Die Deutsche Bahn schickt inzwischen ein rollendes Antiquariat auf die Schiene – ich spreche von den Silberlingen, die sogar noch einmal renoviert werden.

(Vereinzelt Beifall)

Wahrscheinlich hat man bei der Formulierung „Zug nach Nir gendwo“ den Euro-Express im Hinterkopf gehabt. Ich bin selbst schon einmal damit gefahren: Man ist wirklich froh, wenn man mit dem Euro-Express ans Ziel kommt. Mit die sem Zugmaterial wird, wie mir eine Bahnkundin sagte, die Toleranzgrenze deutlich überschritten. Ich glaube, die Bahn kunden wollen entsprechende Lösungen. Das ist sicherlich ein Anspruch, den die Bahn und das Land gemeinsam haben und an dem wir gemeinsam arbeiten.

Das war einer der Gründe, dass wir am 19. April 2012 hier im Landtag den gemeinsamen Beschluss gefasst haben – ich darf zitieren –,

die Vergabeverfahren zügigst zu beginnen und durch zeit liche Entzerrung so zu gestalten, dass die Fahrgäste im Regionalverkehr von verbessertem, möglichst neuem Wa genmaterial profitieren.

Das ist ein gemeinsamer Beschluss aller vier Fraktionen, der schon damals den Handlungsdruck gezeigt hat.

Ein knappes Jahr später, im März 2013, spricht auch das Ver kehrsministerium in dem Bericht zur Neuvergabe von Leis tungen des Schienenpersonennahverkehrs ab 2016 hinsichtlich der Ausschreibung der SPNV-Leistungen von einem Hand lungsdruck. In diesem Bericht wurde auch beschrieben, dass dies eine große Herausforderung vor dem Hintergrund des großen Verkehrsvertrags darstelle, der etwa 60 % des SPNV in Baden-Württemberg umfasst.

Fakt ist – das wissen wir; das wurde bereits angesprochen –: Wir brauchen einen Übergangsvertrag. Denn klar ist: Bis Sep tember 2016 werden wir mit einem neuen Vertrag nicht so weit in die Puschen gekommen sein, dass das funktioniert. Kollege Haller hat hier von Optimismus gesprochen.

Vom 11. bis 13. März 2013 hat der 6. ÖPNV-Innovationskon gress in Freiburg stattgefunden. Dort wurde seitens des MVI berichtet, dass man für das Netz 1 – es wurden alle Netze be schrieben, aber auf Netz 1, das durch den großen Verkehrs vertrag abgedeckt wird, möchte ich eingehen – im vierten Quartal 2013 die Ausschreibungen vornehme und mit einer