Es gibt – das hat Kollege Fulst-Blei bereits angedeutet – ein Kooperationsbudget, mit dem es der Schule möglich sein wird, die Angebote passgenau auf die Nachfrage an der jewei ligen Schule zuzuschneiden. Meine sehr geehrten Damen und Herren, dabei ist es mir wichtig, auch hier eine sehr große Freiheit der Entscheidung vor Ort zu bieten und gleichzeitig auch die finanziellen Ressourcen zur Verfügung zu stellen, da mit diese Freiheit auch genutzt werden kann.
Herr Minister, Sie haben richtigerweise darauf hingewiesen, dass die persönlichkeits bildenden Angebote von großer Bedeutung sind. Sie haben das jetzt im Zusammenhang mit der Ganztagsschule gesagt. Glauben Sie auch, dass auch alle anderen Schulen, wenn sie nicht Ganztagsschulen sind, auf eine Bigband, eine TheaterAG, ein Musical usw. – Sie kennen ja in der Zwischenzeit die Reichhaltigkeit des Schullebens – einen Anspruch haben? Wa rum machen Sie da Unterschiede?
Herr Kollege Röhm, ich mache da keine Unterschiede, son dern ich sage: Diese Angebote sind für alle Schülerinnen und Schüler sehr wichtig. Aber wenn wir über die finanzpolitische Ausstattung unserer Schulen sprechen, dann ringen wir auch immer über eine auskömmliche Ausstattung unserer Schulen. Dann müssen wir auch bei der Frage, wo z. B. jetzt Ganztags schulen ausgebaut werden, aus gutem Grund sagen: Wir müs sen uns jetzt zunächst auf die Grundschulen konzentrieren.
Ich sage Ihnen auch, warum diese Lösung für die Landesre gierung, für das Land Baden-Württemberg die teuerste Lö sung ist.
Ich glaube, das ist Ihnen bekannt. Die Stundentafel in der Grundschule ist relativ gering. Wenn Sie die Zeitstunden z. B. von 8:00 bis 16:00 Uhr – das wäre ja die Maximallösung, was die Ganztagsschule angeht – abdecken, brauchen Sie erhebli che Ressourcen. An den weiterführenden Schulen – nehmen Sie ein Gymnasium, wo teilweise schon an zwei bis drei Ta gen nachmittags Unterricht stattfindet – sind die Lücken da zwischen, die Sie für einen Ganztagsbetrieb füllen müssen, nicht so groß, das heißt, der Ressourcenaufwand für den Aus bau der Ganztagsschulen im Bereich der weiterführenden Schulen ist geringer.
Ich kann Ihnen zusagen, Herr Kollege Röhm, dass wir zukünf tig, wenn das neue Schulgesetz in Kraft getreten ist, nicht nur an den Ganztagsschulen die Ganztagsangebote ausbauen wer den, sondern – leider auf der Basis der alten Systematik – auch für die weiterführenden Schulen den Ausbau der Ganztagsan gebote – natürlich in geringerem Maß, weil die von Ihnen übernommene Systematik eben bestimmte Anforderungen stellt; Thema Brennpunktschulen – fortsetzen werden. Wir werden also dort nichts wegnehmen. Wir werden aber den Ausbau der Ganztagsschulen im Grundschulbereich, wo wir leider nur knapp über 370 Grundschulen von über 2 400 ha ben, mit erheblicher Energie angehen. Das bedeutet, die wei terführenden Schulen werden nicht weniger, aber die Grund schulen werden erheblich mehr bekommen.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, ich möchte als Bei spiel für die Gespräche mit den außerschulischen Partnern noch kurz auf den organisierten Sport, auf den Landessport verband zurückkommen. Sport ist aus meiner Sicht ein ganz wichtiges Element der Bildung von Kindern und Jugendli chen. Regelmäßiger Sport – das ist allgemein anerkannt und wissenschaftlich belegt – wirkt sich positiv auf die motorische Entwicklung, die Entwicklung der Persönlichkeit, die Gesund heit und auch auf die Lernleistung von Schülerinnen und Schülern aus. Der von Lehrkräften erteilte reguläre Bewe gungs-, Spiel- und Sportunterricht ist und bleibt deshalb ein zentrales Element an unseren Schulen. Aber im Bereich der außerunterrichtlichen Sportangebote ist es unser Ziel, dass die Sportvereine im Land erste Ansprechpartner für unsere Schu len sind und bei gegenseitigem Interesse auch eng zusammen arbeiten.
Aktuell arbeiten wir mit dem Landessportverband an einer ge meinsamen Vereinbarung, die den Rahmen für Kooperationen zwischen Schulen und Sportvereinen vorgeben wird. In die ser Rahmenvereinbarung werden konkretisierende Handlungs empfehlungen für Schulen und Sportvereine gegeben.
Wir arbeiten derzeit daran, dass sich Sportvereine zukünftig mit qualifizierten Übungsleitern an den Schulen einbringen. Damit werden wir diese wichtige Anforderung – deren Erfül lung streben wir schon lange an –, diese sogenannte tägliche Stunde Bewegung, im Bereich der Ganztagsschule erfüllen oder sogar übererfüllen.
Wir brauchen Kinder und Jugendliche, die von klein auf an Bewegung, an Sport gewöhnt sind. Das hat für den Lerner folg, die Gesundheit, das Wohlbefinden und auch die Persön lichkeitsentwicklung der Kinder nur positive Auswirkungen.
Lassen Sie mich abschließend noch etwas zur Ressourcenaus stattung sagen: Das Land stellt die notwendigen Ressourcen für den Ausbau hinsichtlich der Ganztagsbetreuung in Form von Lehrerwochenstunden je nach Dauer des Ganztagsbe triebs zur Verfügung. Hinsichtlich der Frage nach der Finan zierung der Mittagspause wurde mit den Kommunen eben falls ein fairer Kompromiss gefunden. Wir gehen davon aus, dass sich bis 2023 – das ist die Zeitschiene, für die wir das er warten – etwa 70 % der bestehenden Grundschulen und der Grundstufen von Förderschulen zur Ganztagsschule weiter entwickeln werden. Konkrete Vorausberechnungen sind we gen der vor Ort bestehenden Wahlmöglichkeiten der Schulträger natürlich schwierig.
Über die Finanzierung und Bereitstellung der notwendigen Ressourcen durch das Land wird im Rahmen des jeweiligen Haushaltsaufstellungsverfahrens entschieden. Dabei ist auch eine weitere Konkretisierung der im Koalitionsvertrag auf Bundesebene zugesagten Entlastung der Länder zu berück sichtigen.
Aber ich kann Ihnen eines ganz sicher zusagen: Diese Regie rung ist – Sie können hierzu den Koalitionsvertrag lesen – mit dem Anspruch angetreten, unser Bildungssystem in den Be reichen, in denen in der Vergangenheit zu wenig passiert ist, deutlich zu verbessern. Der Ausbau der Ganztagsschule ge hört in diesen Bereich.
Deswegen haben wir auch die politische Verpflichtung, dass wir möglichst all diejenigen, die sich auf den Weg zur Ganz tagsschule machen wollen, mit einer entsprechenden Geneh migung bedenken können. Wir wollen, dass die Ganztagsschu le schnell zur schulischen Realität in Baden-Württemberg wird. Das hat pädagogische Gründe, das hat aber auch Grün de mit Blick auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Ich glaube, all diese Interessen zeigen, wie wichtig dieser Be schluss für Baden-Württemberg war.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, lassen Sie mich zu sammenfassen: Die Einigung über den weiteren Ausbau der Ganztagsschulen zwischen Landesregierung und kommuna len Landesverbänden ist aus meiner Sicht ein historischer Er folg. Ich glaube, viele in unserer Gesellschaft in Baden-Würt temberg teilen diese Einschätzung.
Nun können wir in Baden-Württemberg gemeinsam, von der Gesellschaft getragen, Ganztagsschulen mit einem guten pä dagogischen Konzept voranbringen, die die Kinder und El tern so dringend brauchen. Wir müssen diese Ganztagsschu len für die Kinder und Jugendlichen und vor allem für die Zu kunft dieses Landes schnell ausbauen.
wenn Sie eine solche historische Einigung wirklich als „klei nen Erfolg“ bezeichnen, dann wundert es mich überhaupt nicht, dass Sie uns das Land Baden-Württemberg auf einem Abstiegsplatz im Bereich der Ganztagsbetreuung übergeben haben.
Wir haben – im Gegensatz zu Ihnen – an dieser Stelle gerade die Handbremse gelöst. Wir werden hier, denke ich, mit den Kommunen Schritt für Schritt den Ganztagsausbau sehr zu verlässig vorantreiben können.
Ich hätte eine Bitte an Sie. Sie sind vorhin wiederholt eine Li nie gefahren, von der Sie leider immer noch nicht loslassen: Sie spielen nämlich Schularten gegeneinander aus. Sie woll ten vorhin schon wieder Realschulen, die wir weiter finanzi ell unterstützt haben – Sie nicht; Sie haben diese jahrzehnte lang links liegen gelassen –, gegen Gemeinschaftsschulen aus spielen. Ich finde, das gehört nicht in dieses Parlament. Die se Art von Demagogie sollten Sie sich in diesem Haus bitte abgewöhnen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Oh-Rufe von Abgeordneten der CDU – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Sie lassen sie links liegen!)
In diesem Zusammenhang: Sie führen immer Ihre Studie an. Warum sagen Sie eigentlich nicht, dass laut Ihrer Studie 66 % aller Befragten, die hier ihre Meinung geäußert haben, ein gu tes oder sehr gutes Bild von der Gemeinschaftsschule haben? Das steht in Ihrer Studie. Warum sagen Sie das hier an dieser Stelle nicht?
Daher müssen Sie sich den Vorwurf gefallen lassen, im Grun de genommen nur aus politischen Gründen ein Interesse dar an zu haben, die Schullandschaft zu spalten,
während wir viele gute Akzente gesetzt haben; wir arbeiten systematisch eine Baustelle nach der anderen ab. Das ist der Unterschied zwischen uns beiden.