Man kann nach drei Jahren in eine erste Evaluation dieses Mo dells einsteigen. Wir werden diese zeitnah aufsetzen und nicht länger zuwarten, um den Weg der kooperativen Promotions kollegs weitergehen und die Prozesse weiter verbessern zu können.
Auf noch etwas möchte ich hinweisen: Die Debatte um wei ter gehende Möglichkeiten des Zugangs von HAW-Absolven ten zur Promotion ist nicht vom Himmel gefallen; diese Dis kussion wird seit Jahren geführt, und sie wurde in den letzten Monaten auch bundesweit intensiv geführt.
Auch der Wissenschaftsrat hat sich mit dieser Thematik be schäftigt. Er hat sich in seiner Stellungnahme erstens dazu be kannt, dass das Promotionsrecht ein Recht ist, das den Uni versitäten gebührt, hat aber hinzugefügt, dass die Universitä ten gehalten sind, verstärkt und intensiver zusammenzuarbei ten und auch Absolventen der Hochschulen für angewandte Wissenschaften einen fairen Zugang zur Promotion zu ermög lichen. Der Wissenschaftsrat hat in seiner Stellungnahme auch betont: Wenn dieser Weg nicht offensiv und mutig von den Universitäten begleitet und geöffnet wird, dann wird man auch über weitere Maßnahmen nachdenken müssen, wie HAW-Ab solventen zur Promotion gelangen können.
Jenseits der Stellungnahme des Wissenschaftsrats kennen wir die Vorstöße aus dem Land Schleswig-Holstein, aus dem Ko alitionsvertrag in Hessen, aus der Koalitionsvereinbarung in Niedersachsen, sodass man in der Summe sagen kann: Die Debatte darüber, welche Schwächen der bisherige Weg zur Promotion hat und welchen Weg man beschreiten sollte, um die Situation zu verbessern, ist bundesweit im Gang und über rascht wohl niemanden.
Ich möchte noch einmal betonen, dass diese Weiterentwick lungsklausel, die jetzt im Rahmen der Auswertung der Anhö rungsergebnisse aufgenommen wurde, nach Klärung zwischen den Regierungsfraktionen und dem Ministerium umgehend an die Universitäten kommuniziert wurde. Bis heute ist über den Kabinettsentwurf noch nicht entschieden worden.
Die Universitäten wissen von der Absicht, diese Formulierung aufzunehmen, seit es eine Einigung darüber gibt, dass man den Weg beschreiten möchte. Es ist eine Experimentierklau sel; es ist kein fertiges Modell, das aufgesetzt wird. Es bedeu tet nicht das Promotionsrecht für Hochschulen für angewand te Wissenschaften.
Ich halte daran fest und bin mit den Regierungsfraktionen ei nig: Wir stehen zu einer differenzierten Hochschullandschaft. Wir halten es für richtig, die Differenzierung auch in Zukunft zu profilieren und weiter zu unterstützen. Wir stehen aber auch dazu, dass für die Absolventen aller Hochschularten, sofern sie entsprechende Qualifikationen mitbringen, der Weg zur Promotion frei sein muss.
Deswegen bin ich mir sicher, dass wir einen sehr vorsichti gen, an viele Voraussetzungen geknüpften Weg skizziert ha ben. Ihn zu konkretisieren, wird die weitere Debatte erbrin gen. Sie werden Gelegenheit haben, sich an dieser Debatte zu beteiligen. Ich kann Ihnen versichern: Ohne eine gründliche Evaluation dessen, wo wir heute stehen, und dessen, was wir wirklich brauchen, wird diese Weiterentwicklungsklausel nicht weiter konkretisiert werden.
Vielen Dank. – Es liegen keine weiteren Zusatzfragen vor. Damit ist die Behandlung der Mündlichen Anfrage unter Ziffer 4 abgeschlossen und Ta gesordnungspunkt 5 somit erledigt.
Antrag der Fraktion der CDU und Stellungnahme des Mi nisteriums für Kultus, Jugend und Sport – Oberstufe an Gemeinschaftsschulen gefährdet die beruflichen Gymna sien – Drucksache 15/3476 (Geänderte Fassung)
Meine Damen und Herren, das Präsidium hat folgende Rede zeiten festgelegt: für die Begründung fünf Minuten, für die Aussprache fünf Minuten je Fraktion.
Das ist ein Zitat aus der uns vorliegenden Stellungnahme des Kultusministeriums zu dem parlamentarischen Antrag, den wir heute beraten.
In Baden-Württemberg erwarben im Jahr 2010 53,8 % eines Altersjahrgangs eine Hochschulzugangsberechti gung, davon etwa die Hälfte an einer beruflichen Schule...
Weiter ist sinngemäß zu lesen: Insbesondere ausländische Schülerinnen und Schüler machen von diesem Bildungsange bot Gebrauch. Somit sind berufliche Gymnasien ein wichti ger Faktor für gelungene Integration.
Meine Damen und Herren, das unterstreichen wir natürlich 1 : 1, und ich möchte es noch weiter zuspitzen – Zitat –:
Die beruflichen Gymnasien tragen zur Durchlässigkeit des Bildungssystems bei. Über die Realschule, die mit ca. 70 % der Schülerschaft in den Eingangsklassen bislang die wichtigste Zubringerschule für die beruflichen Gym nasien ist...
Meine Damen und Herren, ich füge hinzu: Gemeinsam mit der Realschule sind berufliche Gymnasien Schulen des sozi alen Aufstiegs. Diese Erkenntnis, Herr Minister, die uns of fensichtlich eint, wird noch einmal unterstrichen durch eine Umfrage des renommierten Meinungsforschungsinstituts di map, aus der sehr deutlich hervorgegangen ist, dass die Real schulen gerade gegenüber den Gemeinschaftsschulen bezüg lich der guten Vorbereitung auf das Berufsleben, bezüglich des Eingehens auf Begabungen und Interessen und bezüglich der Vorbereitung auf die weitere schulische Qualifikation – beispielsweise in Richtung Abitur – hervorragende Werte nachweisen.
Meine Damen und Herren, es ist eindeutig so, dass neben dem Hochschulzugang über das allgemeinbildende Gymnasium der andere Zugang über die Realschulen und die beruflichen Gymnasien ein gleichwertiger Weg zum Erwerb der allgemei nen Hochschulreife ist. Deswegen geht es darum – das ist un seres Erachtens Aufgabe der Landesregierung –, genau die sen Weg zu gehen und damit in besonderem Maß auch die Re alschulen exzellent dabei zu unterstützen, dass sie auch in Zu kunft diesen wichtigen Auftrag wahrnehmen können.
Meine Damen und Herren, wir haben folgende Problemsitu ation: Zum einen haben wir erfreulicherweise – das ist aus schließlich das Verdienst der früheren Landesregierung – ei nen umfassenden, flächendeckenden Ausbau beruflicher Gym nasien in Baden-Württemberg. Im Jahr 2006/2007 hatten wir 171 Standorte beruflicher Gymnasien, zum Regierungswech sel waren es 221. Daneben wissen wir aber auch, dass bis zum Jahr 2020/2021 die Schülerzahlen in Baden-Württemberg deutlich zurückgehen werden. Wir müssen mit einem Rück gang der Schülerzahlen um ca. 20 % rechnen.
Das heißt, wir haben die Situation, dass wir bei gleichbleiben der Zahl der Standorte beruflicher Gymnasien immer weniger Schülerinnen und Schüler haben. Trotzdem, Herr Minister, bauen Sie die Gemeinschaftsschulen aus, und Sie wollen den Gemeinschaftsschulen sogar die Möglichkeit eröffnen, eine gymnasiale Oberstufe einzurichten, und wollen damit eine Konkurrenz zu den beruflichen Gymnasien schaffen.
Meine Damen und Herren, Sie steuern damit in der Zukunft auf eine Kannibalisierung der beruflichen Gymnasien zu.
einfach vor dem Hintergrund, dass gerade die beruflichen Gymnasien diesen Bildungsauftrag exzellent wahrnehmen.
Herr Minister, da Sie heute Morgen bereits gesagt haben, dass Sie ein sehr vertrauensvolles Verhältnis zu den kommunalen Landesverbänden pflegen, verwundert uns, dass der Land kreistag Baden-Württemberg auf seinem Bildungskongress im letzten Jahr, am 6. Juni 2013, genau dieses Thema verdeut lichte. Uns liegt die Stellungnahme des Landkreistags BadenWürttemberg vor – ich stelle Ihnen diese Stellungnahme vom damaligen Landkreistagspräsidenten Helmut Jahn gern als Dokument zur Verfügung –, aus der ich zitiere:
Diese Sorge teilen wir als Träger der beruflichen Schu len. Schon mehrfach haben wir unsere Befürchtungen dem Kultusministerium gegenüber zum Ausdruck gebracht und gefordert, dass die Einrichtung der Sekundarstufe II an Gemeinschaftsschulen mit Blick auf das öffentliche Be dürfnis nur dort in Betracht kommt, wo für die Schülerin nen und Schüler in zumutbarer Entfernung keine Mög lichkeit besteht, an allgemeinbildenden oder beruflichen Schulen die allgemeine Hochschulreife zu erwerben.
Meine Damen und Herren, diese Bedenken berücksichtigen Sie überhaupt nicht. Denn Sie installieren überall da Gemein schaftsschulen, wo es ein ortsnahes Angebot an beruflichen Gymnasien gibt. Deswegen steuern Sie, meine Damen und Herren, auf eine Kannibalisierung zu.
Wir sagen in diesem Zusammenhang auch: In der regionalen Schulentwicklungsplanung findet das überhaupt nicht statt. Sie reden lediglich davon, dass Sie die beruflichen Schulen „mitdenken“ wollen; so darf ich Sie zitieren. Außerdem ha ben die Gemeinschaftsschulen längst nicht die Voraussetzun gen dafür geschaffen, dass sie die Jugendlichen auf eine all gemeine Hochschulreife vorbereiten können. Deswegen for dern wir mit unserem Antrag: Seien Sie konsequent, nehmen Sie Abstand davon, und stärken Sie die beruflichen Gymna sien. Installieren Sie nicht ein zusätzliches Angebot, das letzt lich diese wertvollen Bildungseinrichtungen gefährdet.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Wacker, ich glaube, das ist wahr scheinlich eine der letzten Schlachten, die die CDU und die FDP/DVP noch gegen die Gemeinschaftsschule führen wer den.
(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Gegen die Oberstu fe der Gemeinschaftsschule! So viel zum Thema Zu hören!)
Das ist der letzte hilflose Versuch, nachdem Ihre Angstkam pagne gegen die Gemeinschaftsschule in der Fläche wirklich verpufft ist. Wir haben eher das Problem, dass wir zu viele Anträge als zu wenige Anträge haben.
Ich muss Ihnen dabei, Herr Wacker – das ist wirklich der Pa radigmenwechsel, den wir in der Bildungspolitik eingeführt haben –, noch etwas zu Ihrem Interview, das Sie letztens dem „VBE Magazin“ gegeben haben, sagen.
Ja, das habe ich sehr interessiert gelesen. – Es geht um Frei heit und Entscheidungsfreiheit für Eltern und für Jugendliche. Wir haben mit den Reformen, die wir in der Bildungspolitik eingeführt haben, genau das befördert. Das ist auch der Punkt, warum es mich so wundert, dass sich die FDP/DVP, obwohl wir auf Freiwilligkeit der Schule und des Schulträgers aufbau en, so äußert. Wir machen es eben nicht so, wie Sie, Herr Wa cker, es in Ihrem Interview gesagt haben. Sie sehnen sich im mer noch danach, dass der staatliche Durchgriff auf alle Schu len erfolgt. Wir wollen mehr Freiheit.
Sie haben zumindest eines erkannt – das sollte man auch wür digen –: Sie sagen selbst, die verpflichtende Grundschulemp fehlung werde nie wieder kommen. Wie gehen Sie denn dann bildungspolitisch mit der Situation um? Wie wollen Sie das, was an Vielfältigkeit in den Schulen vorhanden ist, anerken nen? Unsere Antwort darauf ist die Gemeinschaftsschule, weil sie die Unterschiedlichkeit anerkennt und auch dem einzel nen Lehrer den Auftrag gibt,