Protocol of the Session on November 28, 2013

im Koalitionsvertrag in Berlin stehen, dass die GAK-Mittel aufgestockt werden und die Gelder direkt zu uns kommen. Das ist leider nicht der Fall. Es gibt keine Aufstockung der GAK-Mittel. Das heißt, die CDU hat als Regierungsfraktion in Berlin die Mittel für den ländlichen Raum faktisch massiv zurückgefahren.

(Abg. Peter Hauk CDU: Die Rechnung verstehen nicht einmal Ihre Kollegen! – Gegenruf des Abg. Claus Schmiedel SPD: Wieso? Sollen wir das beklat schen? Das war doch negativ! – Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Das verstehen wir schon! Aber da kann man nicht applaudieren, weil das ja nichts Positives ist!)

Das verstehen sie gut. – Die gesamte Grundaufstellung heißt: Wir haben jetzt eine Agrarreform, in der das Greening eingeführt wurde, in der die von uns immer geforderten Zu schläge für die ersten Hektare umgesetzt worden sind. Das heißt, in die kleinen Betriebe kommt mehr Geld.

Wir unterstützen weiterhin massiv die kleinen Strukturen in Baden-Württemberg. Die Junglandwirteförderung ist in die erste Säule übergegangen; das ist wichtig und richtig und führt endlich weg von der direkten Investition. Dann nenne ich auch noch die Übertragung von 4,5 % von der ersten Säule in die zweite Säule, was bei der aktuellen Lage erforderlich war – das alles unter der Überschrift „Öffentliches Geld für öffent liche Leistungen“. Zentrale Botschaft dieser Agrarreform ist, dass dies endlich Wirklichkeit wird und wir mit unserer Ag rarpolitik das unterstützen, was die Gesellschaft am meisten

braucht, nämlich intakte Höfe, eine Landwirtschaft, die die Natur pflegt und hegt und unsere Kulturlandschaft nach wie vor frei hält.

(Beifall bei den Grünen – Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Frau Gurr-Hirsch, natürlich wissen wir, dass nicht wir das „entdeckt“ haben. Aber wir können doch nicht immer über die Entbindung sprechen. Irgendwann werden die Kinder größer.

(Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Ja, das stimmt. Irgendwann ist man einmal geboren worden. Aber die Fort- und die Weiterentwicklung sind entscheidend. Entscheidend ist, dass wir da weitermachen und weiterentwi ckeln. Dafür haben wir an diesem Punkt die Grundlage ge schaffen.

Ich möchte noch zwei Punkte erwähnen, die mir ganz wich tig sind. Das ist zunächst die Linie, in der es weitergeht. Da zu muss man vielleicht noch zwei wichtige Dinge sagen. Wir haben jetzt – die erste Säule ist klar – im Prinzip in der zwei ten Säule eine massive Stärkung. Dazu muss man noch ein mal sagen, dass es hier nicht nur – wie es gern gesagt wird – um Öko- und Kulturlandschaft geht. Vielmehr liegt in der zweiten Säule die Zukunft der bäuerlichen Betriebe in unse rem Land. Dort sind die Betriebsentwicklung, die Beratung, die Marktstrukturverbesserung. Alles das liegt in der zweiten Säule – auch das, was früher einmal MEKA hieß. Das werden wir wahrscheinlich umtaufen müssen, weil MEKA gar nicht mehr das Thema von heute ist. Das war ein tolles und richti ges Programm.

(Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Daher beziehe ich mich nicht mehr auf die Geschichte. Wir haben ein Programm. In Zukunft geht es um die Entwicklung und die Unterstützung der bäuerlichen Familien am Markt und bei dem, was sie für unsere Gesellschaft produzieren. Das Thema Marktentlastung, das, was im Programm MEKA steck te, ist Geschichte.

Wir haben also auf der tollen Grundlage dieser Geschichte die Möglichkeit geschaffen, die Stärkung der bäuerlichen Land wirtschaft im Land voranzutreiben, die Wertschätzung der bäuerlichen Familien für das, was sie machen, auch monetär auszudrücken. Dazu gehören auch die Erhaltung und die Wei terentwicklung der Kulturlandschaft. Dafür sind gute Grund lagen geschaffen worden; das ist eine Kernaufgabe. Nun ha ben wir das Geld, um das voranzutreiben, was angefangen wurde. Das ist die wichtigste Aufgabe in den nächsten sieben Jahren.

Für mich ist das ganz Entscheidende an diesem Punkt, dass wir sehr gute Grundlagen dafür geschaffen haben, die intak ten ländlichen Räume weiter zu unterstützen und dieses Ge samtkunstwerk ländlicher Raum, Landwirtschaft als Grund lage für intakte ländliche Räume, in Baden-Württemberg wei ter nach vorn zu bringen. Das war für uns, die Regierungs fraktionen, ein großes Ziel.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Winkler das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herrn! Die CDU hat den aufmunternden Titel „Jetzt ist GrünRot am Zug“ für diese Aktuelle Debatte gewählt – nach dem Motto: Jetzt macht mal! In der Tat: In Baden-Württemberg ist kein Chaos ausgebrochen, die Felder sind nicht verdorrt, die Landschaft ist grün, und die Tomaten werden immer noch rot.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Die Täler sind noch offen!)

Das ist so.

Paul Locherer hat vorhin z. B. gesagt, die zweite Säule wer de gestärkt. Lieber Paul, das war eine Forderung der Grünen, das war eine Forderung der SPD. Die CDU hat in der Vergan genheit immer abgelehnt, etwas von der ersten in die zweite Säule zu übertragen. Das war so.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. An drea Lindlohr GRÜNE)

Es ist wirklich kein Umbruch in der Landwirtschaftspolitik – es besteht ja auch ein Umbruchverbot –, es ist keine System wende. Es ist eine Neuausrichtung, eine Ausrichtung mit Maß in Richtung Ökologie – mehr Verbraucherschutz, mehr Bio diversität, mehr Natur und Umwelt und ein Mehr an Tierwohl.

Viele Landwirte sagen übrigens, die Entfremdung von ihrer traditionellen Landwirtschaft sei spürbar, gerade wenn der bis herige Weg so fortgesetzt würde.

Baden-Württemberg ist nicht das Land der Tierfabriken, nicht das Land der Großlandwirtschaft. Die Größe der Betriebe in unserem Land beträgt nur die Hälfte des Bundesdurchschnitts. Unser Land hat Höhenlagen und überdurchschnittlich viele Sonderkulturen. Bei uns wächst jedoch alles, was in den üb rigen Teilen Deutschlands auch wächst.

„Grün-Rot ist am Zug“: natürlich. Das Einkommen ist gestie gen, die Produktionswerte sind gestiegen – die Produktion um 6 %, das Betriebseinkommen in der Landwirtschaft um 10 %.

„Grün-Rot ist am Zug“: Wir haben ein Plus bei Getreide so wie ein Plus bei den Erträgen der Ölsaaten und ganz beson ders bei der Milch zu verzeichnen.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Der Markt spielt aber schon noch eine Rolle? – Gegenruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)

Wir sind bei 40 Cent pro Liter Milch. Bei diesem Preis waren wir schon lange nicht mehr; wir waren es nur einmal, und das für kurze Zeit. Aber die Kosten für Dünger, für Futtermittel usw. sind gestiegen.

Die Stimmung in der Landwirtschaft ist überall positiv. Das ist zu spüren, und das hat auch seinen Grund. Baden-Würt temberg profitiert am stärksten von der Veränderung der ers ten Säule. Für Bayern gilt aber dasselbe. Je 50 € mehr gibt es für die ersten 30 ha und je 30 € mehr für weitere 16 ha. Ins gesamt sind dies durchschnittlich fast 2 000 € mehr für den einzelnen Betrieb. Betriebe in genau dieser Größe gibt es in

Baden-Württemberg, und fast alle Betriebe profitieren davon. Wir haben vier Jahre über die GAP-Reform gestritten, jetzt bietet sie uns aber Vorteile.

In den letzten zwölf Jahren verschwanden jedoch 16 500 land wirtschaftliche Betriebe, sodass es jetzt noch 44 500 Betrie be im Land gibt. Nur ein Drittel sind Vollerwerbsbetriebe, zwei Drittel sind Nebenerwerbsbetriebe. Vor zwölf Jahren hat ten wir noch rund 60 000 Betriebe. Dieser Strukturwandel ist so eingetreten.

Die deutschen Landwirte sind die europaweit größten Agrar exporteure. Es war wichtig, dass neue Märkte erschlossen werden konnten. Im Inland ist z. B. der Milchmarkt gesättigt, die Absätze sind rückläufig. Das ist u. a. eine Folge der demo grafischen Entwicklung. Wenn sich die Landwirte jetzt von dieser Entwicklung befreien wollen, müssen sie auf den Ex portmarkt gehen. Die Landwirte gehen diesen Weg sehr er folgreich.

Zu den neuen Märkten für die Landwirte gehören aber auch die Bioprodukte und die Energieerzeugung. Im Bund hat RotGrün die Energiewende eingeleitet, und die Landwirte profi tieren davon. Mit der Energieerzeugung auf dem Dach oder im Fermenter der Biogasanlage sind neue Wirtschaftszweige für die Landwirte entstanden.

„Grün-Rot ist am Zug“: Wir haben neue Aufgaben, mehr Öko landbau. Das wurde in Baden-Württemberg vernachlässigt. Wir waren nicht einmal in der Lage, unsere eigene steigende Nachfrage nach Bioprodukten zu befriedigen. So sind die Im porte von Bioprodukten gestiegen – nicht aus unserer Erzeu gung. Seit 2011 stagniert bei uns der Biolandbau. Das wollen wir ändern. Wir haben die Förderung wieder hochgefahren, wir haben Lehre und Forschung im Bereich Biolandwirtschaft hochgefahren, und wir haben Agrarförderprogramme an Öko logie und Tierschutz ausgerichtet.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Der Aktionsplan „Bio aus Baden-Württemberg“ kommt der Biolandwirtschaft zugute; dadurch wird die Vermarktung der Bioprodukte verbessert. In Bavendorf wurde ein Ökomodell betrieb aufgebaut. Das Kompetenzzentrum Ökologischer Landbau in Emmendingen-Hochburg wurde erweitert.

(Abg. Klaus Burger CDU meldet sich. – Abg. Karl Zimmermann CDU: Drei Leute da oben, und keiner sieht etwas!)

Herr Kollege Zimmer mann, üben Sie diese Kritik bitte außerhalb des Plenarsaals. Das sollte Ihnen klar sein. Sie kennen die Geschäftsordnung: Diese Kritik ist hier nicht gestattet. Wenn Sie sich nicht an die Geschäftsordnung halten, dann müssen Sie den Saal verlas sen.

Herr Abg. Winkler, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Burger?

Herr Winkler, danke, dass Sie mei ne Zwischenfrage zulassen. – Sie haben vorhin ausgeführt, dass das Einkommen der Bäuerinnen und Bauern in Baden

Württemberg gestiegen sei. Ist Ihnen bewusst, dass das ProKopf-Einkommen in der Landwirtschaft in Baden-Württem berg – es sind 18 000 € pro mitarbeitendem Familienmitglied – bundesweit am geringsten ist?

Das ist richtig. Das hat im We sentlichen zwei Gründe: Zum einen liegt das daran, dass in der Landwirtschaft im Bereich Ackerbau – neben dem Anbau von Sonderkulturen – das höchste Einkommen erzielt wird, und Ackerbau wird in Baden-Württemberg weniger betrieben als im bundesweiten Durchschnitt. Der zweite Grund ist, dass die landwirtschaftlichen Betriebe in Baden-Württemberg im Durchschnitt nur halb so groß sind wie die Betriebe bundes weit; Betriebe, die nur halb so groß sind, können nur halb so viel Gewinn erzielen.

(Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Deswegen ist es wichtig, die kleineren Betriebe stärker zu för dern. Die Gewinne sind zwar pro Kopf gerechnet, aber man muss auch feststellen, dass kleine Betriebe nicht dieselbe Ge winnkennziffer wie große Betriebe haben.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ist auch logisch! – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Aber da besteht kein zwingender Zusammenhang!)

„Grün-Rot ist am Zug“: Wir stärken den aktiven Verbraucher schutz. Es gibt nun mehr Futtermittelkontrolleure, es gibt nun 44 zusätzliche Lebensmittelkontrolleure, und Baden-Würt temberg ist dem europäischen Netzwerk gentechnikfreier Re gionen beigetreten.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen)

Wir haben die gentechnikfreie Produktion zum Ziel. Die Lan desregierung unterstützt dies aktiv. Sie hingegen haben das bisher nie aktiv unterstützt. Wir sind der Meinung, dass das für den Verbraucherschutz und zur Stärkung der Durchset zungsfähigkeit dieser Produkte am Markt wichtig ist.

Ich komme zum Ende meiner Ausführungen in der ersten Run de. Es ist keine Sensation eingetreten. Wir sind am Zug. Wir springen nicht auf einen Zug auf, sondern wir lenken ihn in eine Richtung, in die er bisher nicht gefahren ist, und wir be schleunigen. Es ist dringend nötig, diese kleine Richtungsän derung vorzunehmen. Wir holen nach, was verpasst worden ist.