Natürlich spielt die Frage der technischen Ausstattung von Schülerinnen und Schülern mit Smartphones, I-Pads und was es da alles gibt immer eine Rolle bei der Frage, ob Schülerin nen und Schüler sich wie früher beim Spickzettel in die Lage versetzen, irgendwelche unlauteren Mittel einzusetzen, um Prüfungsergebnisse zu beeinflussen.
Deswegen, Herr Kollege Röhm, gehe ich davon aus, dass wir in unseren Schulen die Voraussetzungen dafür schaffen, dass alle Geräte, egal, wie sie heißen – ob I-Phone, Smartphone oder wie auch immer –, nicht eingesetzt werden können, um Prüfungsergebnisse zu verfälschen.
Dann würde sich kein Nachteil ergeben zwischen Leuten wie Ihnen, die ein Handy in der Tasche haben, das zum Telefonie ren und zum SMS-Schreiben reicht,
und anderen, die mit ihren Geräten mehr tun. Das muss die Schule gewährleisten. Darum geht es aber gerade auch in die sem Bereich der Vergleichbarkeit. Es geht vor allem um die Prüfung der tatsächlichen Leistungsfähigkeit der Schüler und nicht um die Überprüfung der Leistungsfähigkeit eines tech nischen Geräts. Das zu Ihrer ersten Frage.
Um auf Ihre zweite Frage zurückzukommen: Das Thema Ma nipulation habe ich nicht nur im Zusammenhang mit dem Aus tausch von Daten zwischen Schülern, die im gleichen Prü fungsraum sitzen, angesprochen. Ich traue in der Tat allen Lehrerinnen und Lehrern das Erkennen eines Kabels zu. Ich glaube nicht, dass ein Lehrer das Recht hätte, ein Kabel durch zuschneiden, jedoch würde er sich anderweitig zu behelfen wissen. Aber das kann ja bei Ihnen anders sein.
Sie haben aber offensichtlich den zweiten, den wichtigeren Teil nicht gehört: Manipulation findet auch dann statt, wenn
auf einem Gerät Inhalte gespeichert sind, die dem Schüler als unzulässiges Hilfsmittel, als Hilfe zu dienen können,
womit er sich einen Vorteil gegenüber anderen Schülerinnen und Schülern verschafft. Das ist der Aspekt der Manipulati on, den wir sehr ernst nehmen, nicht das Kabel, das irgendwo herumhängt.
Zur Frage der Datenübertragung: Wir sind heute nicht mehr im Zeitalter, in dem Kabel notwendig sind, um Daten zu über tragen. Das wissen auch Sie. Daten können sehr wohl auch über Funk und über sonstige Möglichkeiten übertragen wer den. Das Argument mit dem Kabel habe ich deshalb als nicht so ganz ernst gemeint wahrgenommen.
Herr Minister, meine erste Fra ge bezieht sich auf die anderen Bundesländer. Wir haben vor hin beispielhaft gehört, wo grafikfähige Taschenrechner ein geführt werden. Können Sie uns denn ein Beispiel für ein Bundesland nennen, in dem wie in Baden-Württemberg der Zug wieder in die entgegengesetzte Richtung fährt? Denn das böte die Möglichkeit, dies mit dem Leistungsanspruch in die sem Bundesland ins Verhältnis zu setzen. Thüringen als eines der Länder, die jüngst CAS eingeführt haben, wird gerade nach den jüngsten Untersuchungen vom Leistungsanspruch her eher im oberen Bereich angesiedelt werden können. Des halb würde uns ein Vergleich interessieren, mit welchem An spruch man da herangeht, wo gegebenenfalls so wie in Ba den-Württemberg verfahren wird.
Zweiter Punkt: Sie sind einem Thema ausgewichen, das Kol lege Dr. Kern angesprochen hatte. Was ist denn jetzt in den Klassen, die schon ab Klasse 7 einen Taschenrechner gekauft haben, GTR oder CAS, und die jetzt in den Abiturprüfungen mit einem anderen Gerät umgehen müssen? Es gibt ja Klas sen, die jetzt schon Geräte haben und die dann im Jahr 2017 mit anderen Voraussetzungen in die Abiturprüfungen gehen. Wie gestalten Sie das? Wie machen Sie das? Denn diese Schü ler haben alle schon ein Gerät, möglicherweise jedoch genau das, das sie in Prüfungen nicht mehr verwenden dürfen.
Dann haben Sie die fachliche Diskussion angesprochen – das ist der letzte Punkt – und haben gesagt, dass wir mehr Pro zesskompetenzen aus dem Mathematikunterricht haben wol len und dass es dafür auch Bedarfsmeldungen aus den Hoch schulen gibt. Wenn ich mich recht erinnere, war es schon mit Beginn der PISA-Diskussion so, dass man gesagt hat: Man muss in Deutschland lernen, besser anwenden zu können, bes ser Bezüge herstellen zu können. Dieser Stand bei den Kom petenzen kann zu der Zeit nichts mit einem grafikfähigen Ta schenrechner zu tun gehabt haben.
Deshalb meine Frage: Würden Sie nicht den Fachleuten recht geben, die an dieser Baustelle vor allem auf den hilfsmittel freien Prüfungsteil setzen und gar nicht so sehr auf den hilfs mittelbegleiteten Prüfungsteil, sodass die Frage, was für ein
Gerät verwendet wird, auf die Frage der Prozesskompetenzen eigentlich gar keine so großen Auswirkungen hat, sondern dass man so steuert, dass man einen hilfsmittelfreien Prü fungsteil vorsieht und man darauf auch in der Schule vorbe reitet?
Zu Ihrer Frage zu den anderen Bundesländern: Vorhin wurde zu Recht gesagt: Wir haben bereits vor einigen Jahren die Um stellung vorgenommen. Wir haben – das habe ich vorhin auch deutlich gemacht – heute eine Abwägung des Für und Wider vorgenommen. Es gibt kein anderes Land, das im Moment diese Taschenrechner abschafft, wenn manche sie erst einfüh ren. Aber ich kann Ihnen sagen: Bei manchen Entscheidun gen ist man vielleicht ganz gut beraten, relativ früh dran zu sein. Erinnern Sie sich an die Debatte, was z. B. den Einsatz oder die Nutzung von Facebook im Verhältnis zwischen Leh rern und Schülern, und zwar bezogen auf schulische Belange, hatte? Wenn Sie die Diskussionen in den Wochen und Mona ten danach verfolgt haben, haben Sie gemerkt: Es waren nur ganz wenige, die diesen Schritt als nicht richtig empfunden haben, obwohl wir da in Baden-Württemberg ebenfalls rela tiv weit vorn mit dabei waren.
In Abwägung des Für und Wider haben wir uns eben dafür entschieden, so vorzugehen. Ein anderes Bundesland mag im Moment eine andere Entscheidung treffen. Wir werden sehen, wie sich die Länder, wenn sie die Entwicklung der nächsten Jahre beobachten, dann entscheiden, wenn sie einmal eine kri tische Würdigung des Einsatzes dieser Hilfsmittel vornehmen. Das zu Ihrer Frage.
Was die Frage der Prozesskompetenzen angeht, die eine Schü lerin oder ein Schüler erwirbt: Ich glaube, es ist gut, wenn wir uns einmal anhören, was Fachleute dazu sagen, und zwar so wohl auf der schulischen als auch auf der Abnehmerseite, al so auf der hochschulischen Seite. Auch da gibt es kein ein heitliches Meinungsbild. Wenn Sie mir genau zugehört haben, haben Sie vorhin gehört, dass ich gesagt habe: Es ist zu leicht, zu sagen, die Leistungsfähigkeit hänge allein von der Frage des Einsatzes technischer Hilfsmittel ab. Aber von denen, die auf der Hochschulseite mit den Studentinnen und Studenten zu tun haben, die von den Schulen kommen, wird als ein Merkmal festgestellt, dass das Arbeiten ohne diese Hilfsmit tel offensichtlich nicht in dem Maß ausgeprägt ist, wie es an den Hochschulen gewünscht wird.
Jetzt können Sie natürlich auch die Diskussionen im Nach gang zur PISA-Studie als Beispiel dafür anführen, dass man, sage ich jetzt einmal, bestimmte Dinge verantwortlich macht, um die Schuld nicht bei sich selbst zu suchen. Aber ich glau be, es hat schon etwas für sich, wenn man in der Hochschul landschaft mit den Fachgruppen, die mit Mathematik zu tun haben, spricht, die deutlich machen, dass es wichtig ist, dass die Grundfertigkeiten besser ausgeprägt sein sollten und dass das Arbeiten ohne Hilfsmittel der zentrale Bestandteil und die Grundlage für alles Arbeiten ist. Ohne Hilfsmittel!
Der Einsatz von Hilfsmitteln im Unterricht und im Lernpro zess, z. B. was den grafikfähigen Taschenrechner angeht – ich habe es vorhin gesagt –, wurde von uns nicht in irgendeiner
Weise reglementiert. Das können wir auch nicht, weil in die sem Bereich die KMK-Standards gelten. Aber wir müssen, was die Prüfungen angeht, natürlich gewährleisten, dass wir ein möglichst objektivierbares Bild über die Leistungsfähig keit eines Schülers bzw. einer Schülerin erhalten. Wir glau ben, dass die Objektivierbarkeit des tatsächlichen Leistungs vermögens durch den Einsatz der grafikfähigen Taschenrech ner negativ beeinträchtigt wird, dass hier die Frage der tech nischen Ausstattung im Vergleich zum individuellen Können eine zu große Rolle spielt. Deswegen war es das Ergebnis der Abwägung – so habe ich es Ihnen vorhin gesagt –, den Ein satz dieses Geräts in den Prüfungen – nicht den Einsatz im Unterricht, nicht das Lernen mit diesem Gerät – zu verbieten.
(Abg. Volker Schebesta CDU: Sollen sie jetzt mit ei nem anderen Gerät lernen als mit dem, mit dem sie die Prüfung schreiben?)
Zur Frage der Umstellung – Sie haben das konkrete Problem angesprochen –: Wir sind derzeit dabei, die entsprechenden Gespräche zu führen, was die Frage der Umsetzung angeht. Am 25. November – das war vorgestern – hatten wir ein Fach gespräch mit den Abiturkommissionen der allgemeinbilden den und der beruflichen Gymnasien. Ziel dieses Arbeitsge sprächs war gerade die Diskussion über die Frage der Umset zungsmöglichkeiten für die Aufgabenstellungen der schriftli chen Abiturprüfungen.
Hinsichtlich der Ausstattung vor Ort wird es natürlich auch eine Rolle spielen, wie wir mit den Schülerinnen und Schü lern umgehen, die heute mit der Ausstattung lernen, die künf tig nicht mehr in den Prüfungen eingesetzt wird, aber sehr wohl im Unterricht eingesetzt werden kann.
Es wird sich auch die Frage stellen, ob diese zusätzliche Aus stattung – WTR – zu irgendwelchen zusätzlichen Kosten führt; Kollege Kern hat es vorhin angesprochen. Der WTR bringt im Vergleich zu den anderen, tatsächlich deutlich teureren Ge räten einen vergleichsweise geringen Kostenaufwand mit sich.
Habe ich Sie jetzt richtig ver standen, Herr Minister, dass Sie für den Unterricht den Ein satz der verschiedenen Taschenrechner nicht reglementieren wollen und die grafikfähigen Taschenrechner im Unterricht weiter verwendet werden sollen, Sie aber für die Abiturprü fungen vorschreiben, welches Gerät verwendet werden soll? Das heißt, dass im Unterricht Geräte eingesetzt werden sol len, die dann in den Prüfungen nicht verwendet werden dür fen? Das ist doch nicht von dieser Welt. Wenn man eine Vor gabe für die Prüfung macht, dann wird dies eine Umstellung für den Unterricht nach sich ziehen, und dann wird das ent sprechende Gerät auch im Unterricht nicht mehr eingesetzt.
Ich glaube, Sie haben mich sehr wohl verstanden. Denn es ist na türlich möglich, Geräte wie den grafikfähigen Taschenrech ner im Rahmen des Lernprozesses im Unterricht einzusetzen. Es ist nach den Bildungsstandards bzw. den Bildungsplänen auch notwendig, sie an geeigneter Stelle einzusetzen.
Aber in der Prüfung, beim Abprüfen der konkreten Leistungs fähigkeit eines Schülers bzw. einer Schülerin im Bereich Ma
thematik werden diese Hilfsmittel nicht mehr eingesetzt. Viel mehr wird dort der wissenschaftliche Taschenrechner, der na türlich vorher ebenfalls im Unterricht eingesetzt werden muss, als Hilfsmittel verwendet. So ist es.
Ich lasse jetzt die Wort meldung von Herrn Abg. Schebesta als letzte Wortmeldung noch zu. Die 30 Minuten für dieses Thema sind abgelaufen. Jetzt müsste eigentlich das dritte Thema aufgerufen werden.
Wie läuft es dann in der Pra xis ab, wenn beide Geräte eingesetzt werden? Sollen die Schü ler beide Geräte kaufen? Stellt die Schule ein Gerät zur Ver fügung, das dann in den fünf Wochenstunden des Mathema tikunterrichts eines Schuljahrs eingesetzt wird? Wie soll das praktisch umgesetzt werden, wenn Sie jetzt anscheinend da von ausgehen, dass beide Geräte eingesetzt werden sollen?
Man muss den wissenschaftlichen Taschenrechner, der in der Prüfung ein Hilfsmittel sein wird, zwangsläufig im Unterricht einführen; das versteht sich von selbst. Die Frage des Einsat zes der weiteren Hilfsmittel wie eines grafikfähigen Taschen rechners ist aus meiner Sicht sinnvoll und notwendig. Dies se hen auch die entsprechenden Standards vor. Im Zweifel müs sen im Unterricht tatsächlich beide Geräte als Hilfsmittel ver wendet werden.
Ob die Schulen entsprechende Geräte vorhalten bzw. wie dies in der Praxis funktionieren soll, ist Gegenstand der entspre chenden Umsetzungen. Die Gespräche dazu werden aufge nommen bzw. laufen. Wir werden das dann entsprechend re geln. Ich glaube, wir werden dies sehr gut auch mit den ent sprechenden Fachleuten aus der schulischen Praxis regeln. Wir werden die Diskussion über die technische Ausstattung natürlich auch mit den Schulen und den Schulträgern führen.