Protocol of the Session on November 6, 2013

Beschlussempfehlung und Bericht des Ständigen Aus schusses – Drucksache 15/4227

Berichterstatter: Abg. Karl Zimmermann

Das Präsidium hat für die Allgemeine Aussprache eine Rede zeit von fünf Minuten je Fraktion festgelegt.

Für die CDU-Fraktion spricht Herr Kollege Zimmermann.

Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! In der ersten Lesung des vorliegenden Gesetzentwurfs haben wir eigentlich bereits das Wesentliche gesagt, Herr Minister Stickelberger. Zwischenzeitlich haben wir uns im Ständigen Ausschuss mit dem Gesetzentwurf be fasst, und der Ausschuss hat seine Beschlussempfehlung ein stimmig verabschiedet.

Mit dem Gesetz über den Vollzug des Therapieunterbrin gungsgesetzes in Baden-Württemberg, dessen Entwurf uns heute vorliegt, können wir die Unterbringung hochgefährli cher Straftäter regeln. Der Bundesgesetzgeber hat uns ermög licht, die entsprechenden Regelungen zu treffen. Wir schaffen hier die Grundlage für die Unterbringung dieser Straftäter in Räumen der Sicherungsverwahrung mit entsprechenden Be handlungsangeboten.

Die CDU-Fraktion stimmt dem vorliegenden Gesetzentwurf zu. Es ist ein gutes Gesetz. Sie haben im Ministerium einen

guten Mann, der den Gesetzentwurf ausgearbeitet hat – dies mal nenne ich seinen Namen richtig –, nämlich Herrn Spieth.

Ich halte heute Nachmittag noch eine Rede; ich komme mir fast vor, Herr Bullinger, als ob ich von der FDP/DVP wäre.

(Vereinzelt Heiterkeit)

Heute Mittag halte ich noch eine Rede zu einem Tagesord nungspunkt, der sich auch mit Justizangelegenheiten beschäf tigt. Dann wird der Tenor jedoch ein anderer sein.

Ich nutze meine weitere Redezeit von zwei Minuten nicht aus und sage nur: Wir stimmen dem Gesetzentwurf zu. Es ist ei gentlich schon alles gesagt worden.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU – Zurufe der Abg. Wolfgang Drexler SPD und Jochen Haußmann FDP/DVP)

Für die Fraktion GRÜNE spricht Herr Kollege Lucha.

(Abg. Wolfgang Drexler SPD zu Abg. Manfred Lucha GRÜNE: Noch kürzer!)

Es geht noch kürzer. – Sehr geehrter Herr Präsident! Der vorliegende Gesetzentwurf heißt: „Gesetz über den Vollzug des Therapieunterbringungsgeset zes in Baden-Württemberg“. Die erste Lesung des vorliegen den Gesetzentwurfs fand am 18. Juli dieses Jahres statt. In der Zwischenzeit war die parlamentarische Sommerpause.

Ich möchte zur Einführung vielleicht noch ganz kurz auf die Hintergründe für diesen Gesetzentwurf eingehen: Der Euro päische Gerichtshof für Menschenrechte hat mit Urteil vom 17. Dezember 2009 entschieden, dass keine ausreichende Ge setzesgrundlage besteht, um eine nachträgliche Sicherungs verwahrung von Gewalttätern anordnen zu können. Entspre chend hat der Bundesgesetzgeber das Therapieunterbrin gungsgesetz verabschiedet. Wir, das Land, sind aufgefordert, den Vollzug zu bestimmen.

Voraussetzung für eine Unterbringung nach dem Therapieun terbringungsgesetz ist, dass die betroffene Person an einer psy chischen Störung leidet und daraus resultierend eine hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass sie weitere schwere Strafta ten begeht. Ziel des Vollzugs nach dem ThUG sind demnach der Schutz der Allgemeinheit vor schweren Straftaten und zu gleich die Minderung der Gefährlichkeit des Untergebrach ten.

Jetzt komme ich auf eine Besonderheit zu sprechen: Der Fo kus im vorliegenden Gesetzentwurf liegt auf der Forderung, dass Vollzug kein reines Wegsperren bedeutet, sondern dass der Vollzug medizinisch-therapeutisch ausgestaltet sein muss. Mithilfe individueller Behandlungen der im Einzelfall vorlie genden psychischen Störungen soll die Gefährlichkeit der un tergebrachten Personen gemindert und ihnen längerfristig ei ne realistische Entlassungsperspektive geboten werden.

Das Gesetz über den Vollzug des Therapieunterbringungsge setzes in Baden-Württemberg soll außerdem regeln, dass die ursprünglich im ThUG verankerte organisatorische Trennung

der nach dem ThUG Untergebrachten und der im regulären Strafvollzug Untergebrachten nicht mehr erforderlich ist.

Eine Abgrenzung soll durch die therapiegerichtete und frei heitsorientierte Ausgestaltung des Gesetzes stattfinden. Der Schwerpunkt liegt auf den tatsächlichen therapeutischen Er fordernissen.

An dieser Stelle muss man es nochmals sagen – heute ist Herr Kollege Klein hier; am 18. Juli war er nicht anwesend –: Ers tens bedanken wir uns heute noch einmal ausdrücklich beim Sozialministerium und beim PZN Wiesloch, dass sie seiner zeit, in der Übergangsphase, die Verantwortung übernommen haben, für den Fall, der theoretisch eintreten konnte, zur Ver fügung zu stehen. Das PZN Wiesloch musste nicht belegt wer den. Aber es wurde gute Arbeit geleistet, und die Aufregung, für die damals in dieser Sache gesorgt wurde, war zum einen nicht besonders schön, zum anderen war sie unnötig. Zum Dritten kann man aber sagen: Das Ergebnis ist gut geworden.

Das zweite große Kompliment gilt dem Justizministerium da für, dass es an der JVA Freiburg bei einer Beteiligung der Bür ger und unter Einbeziehung der Kommune geschafft wurde, Plätze zur Therapieunterbringung – ich glaube, im Moment sind 53 oder 54 davon belegt – anzusiedeln, und dass dies dort geräuschlos vonstattengeht. Das ist, meine ich, ein ganz gro ßer Erfolg, und es zeigt sowohl die Notwendigkeit dieses Ge setzes als auch dessen Qualität.

(Beifall bei den Grünen und der Abg. Rosa Grünstein SPD)

Herr Justizminister, von Ihnen und auch von der Frau Sozial ministerin haben wir gelernt, genau hinzuschauen und darauf zu achten, dass wir die Psychiatrien nicht zu Gefängnissen machen, dass wir uns die Einzelfälle anschauen, sodass wir auch in der Systematik mit Blick auf das Therapieunterbrin gungsgesetz sagen können: In Baden-Württemberg würde und wird es einen Fall Mollath nicht geben.

Noch einmal herzlichen Dank. Sie haben hier gute Arbeit ge leistet.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für die SPD-Fraktion spricht Frau Kollegin Graner.

Herr Präsident, verehrte Kolle ginnen und Kollegen! Zu den Hintergründen und zu den Grundlagen des Gesetzes habe ich bereits in der ersten Le sung umfassende Ausführungen gemacht. Ich möchte mich daher an dieser Stelle nun kurzfassen.

Der vorliegende Gesetzentwurf ist durchdacht und ausgewo gen. Er berücksichtigt, dass die Therapieuntergebrachten die erforderlichen Behandlungsangebote und Resozialisierungs maßnahmen erhalten. Genauso wird aber auch dem Schutz anspruch der Bevölkerung Rechnung getragen.

Dem Gesetz liegt die Musterregelung der Arbeitsgruppe der Bundesländer zugrunde, die weitestgehend im Konsens be schlossen wurde, sodass bundesweit ein einheitlicher Voll zugsstandard gewährleistet ist.

Die SPD-Fraktion unterstützt aus den genannten Gründen den Gesetzentwurf. Ich möchte nicht vergessen, Herrn Spieth für seine Arbeit noch einmal zu danken.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die Fraktion der FDP/DVP spricht Herr Abg. Professor Dr. Goll.

(Zuruf: Kurz!)

Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen! Auch wir werden diesem Gesetz zu stimmen. Auch ich werde hier nicht mehr viel dazu sagen. Lie ber Herr Lucha, die Zusammenhänge sind zwar ein bisschen komplizierter, aber wir machen jetzt keine Rechtsvorlesung, wie wir sie damals gemacht haben.

(Heiterkeit des Abg. Manfred Lucha GRÜNE – Abg. Manfred Lucha GRÜNE: Das ist schon lange her! – Gegenruf des Abg. Dieter Hillebrand CDU: Offenbar ist nichts hängen geblieben!)

Ich möchte aber doch noch einmal kurz erläutern, warum es diesen Gesetzentwurf nun gibt und weshalb wir ihn nun be schließen sollten.

Hier hatte sich eine Lücke aufgetan: Wir haben in den zurück liegenden Jahren die sogenannte Sicherungsverwahrung, die in einem Rechtsstaat äußerste Maßnahme, um gefährliche Tä ter festzuhalten, in der Weise verändert, dass wir die Zehnjah resgrenze aufgehoben haben. Es gab eine Zehnjahresfrist, nach deren Ablauf man jeden freilassen musste. Dies wurde nicht immer als sinnvoll empfunden; denn manche waren nach zehn Jahren immer noch genauso gefährlich wie nach acht Jahren. Diese Maßnahme halte ich in ihrer Zielsetzung zwar bis heute für richtig; allerdings haben wir sie auch auf solche Personen angewandt, die schon in Sicherungsverwahrung wa ren. Wir waren seinerzeit der Meinung, dass dies keine rück wirkende Wirkung hatte.

Später gab es dann ein Urteil des Europäisches Gerichtshofs für Menschenrechte, aus dem – jetzt müssen wir es präzise darstellen – das Oberlandesgericht Karlsruhe den Schluss ge zogen hat, dass eine bestimmte Tätergruppe daraufhin entlas sen werden musste. Das Oberlandesgericht Stuttgart hat einen solchen Schluss interessanterweise nicht daraus gezogen; das darf man hier vielleicht auch noch einmal erwähnen.

Nur auf diesen kleinen Teil jedoch bezieht sich das geplante Gesetz. Es gab keine entsprechenden Fälle, beispielsweise mit Blick auf Wiesloch; denn es geht nur um sehr, sehr wenige Fälle, in denen man gefährliche Straftäter wegen des mögli chen Rückwirkungsverbots entlassen und auf die Straße set zen musste.

Jetzt gibt es aber, wie man sehen muss, andere Entwicklun gen. Das Bundesverfassungsgericht und der Europäische Ge richtshof für Menschenrechte haben uns inzwischen generell ins Stammbuch geschrieben, dass man die Sicherungsverwah rung stärker von der Strafhaft abgrenzt. Das ist in BadenWürttemberg erfolgreich realisiert worden, und es ermöglicht uns jetzt, das Problem relativ einfach zu lösen, indem wir die

Therapieunterbringung für die wenigen geschilderten Fälle praktisch ähnlich durchführen können, wie wir die Siche rungsverwahrung nun generell durchführen. Das Gesetz zur Sicherungsverwahrung haben wir ja schon verabschiedet, und auf dieses Gesetz kann hier an vielen Stellen verwiesen wer den.

In der Tat kann ein Parlament eigentlich nur geschlossen hin ter einem solchen Gesetzesvorhaben stehen, und auch hand werklich ist der Gesetzentwurf einwandfrei gearbeitet.

Danke schön.

(Beifall bei der FDP/DVP sowie Abgeordneten der CDU, der Grünen und der SPD)

Für die Landesregierung spricht Herr Justizminister Stickelberger.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Da ist gut Justiz minister sein!)