Protocol of the Session on September 25, 2013

Ich möchte an dieser Stelle nicht nur meinen Dank zum Aus druck bringen, sondern auch diejenigen Landkreise dazu auf fordern, die noch nicht so weit sind. Wenn ich mir die neues te Karte anschaue, dann sage ich: Das ist wichtig. Beispiels weise wurde in Offenburg ein solcher Verband gegründet; aber viel zu wenige Gemeinden machen mit, und wenn, dann nicht intensiv. Die Kreise Hohenlohe, Göppingen, Esslingen, Stutt gart, Ludwigsburg, Enzkreis, Calw, Rastatt, Teile vom RheinNeckar-Kreis, Biberach, Ravensburg, Sigmaringen, Zollernalbkreis – Herr Pauli – sind nicht dabei. Ich finde, es ist höchs te Zeit, dass man bei diesem Programm flächendeckend mit macht.

(Beifall bei der FDP/DVP und Abgeordneten der CDU)

Für die Landesregierung erteile ich das Wort Herrn Minister Bonde.

Verehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Erhalt der Biodiversität, die Bewahrung der Schöpfung und der Stopp des Artensterbens sind zentrale po litische Themen, auch für uns hier in der Landespolitik. Die Landesregierung hat kurz vor der Sommerpause die Natur schutzstrategie für Baden-Württemberg verabschiedet,

(Zuruf von der CDU: Nach zwei Jahren, prima!)

eine Naturschutzstrategie, die auf viel Lob und Unterstützung gestoßen ist, weil sie das wichtige Thema Naturschutz ins Zentrum der Landespolitik rückt und weil sie sich offensiv der Verantwortung stellt, die wir für die Natur- und Kulturland schaften in Baden-Württemberg haben.

Der Erhalt der Kulturlandschaften ist neben unserer Verant wortung für die Natur, für den Prozessschutz – wozu wir in diesem Herbst andere Debatten miteinander führen werden – eine ganz zentrale Aufgabenstellung für uns, auch vor dem Hintergrund unserer europäischen Verpflichtungen. Wir alle erinnern uns: Die Umsetzung des europäischen Rechts, die Ausweisung der Natura-2000-Schutzgebiete, lief hier in Ba den-Württemberg holprig. Sie lief insbesondere deshalb holp rig, weil man lange versucht hat, sich aus der Verantwortung zu stehlen, und kurz vor Ende in eine überhastete Ausweisung gegangen ist mit wenig Kommunikation mit denjenigen, die zum Schluss in der Fläche auch Verantwortung übernehmen müssen. Das sind nämlich diejenigen, die über die Bewirt schaftung der Fläche die zentralen Akteure beim Erhalt der Kulturlandschaft sind und die gleichzeitig ihre wirtschaftli che Basis in der Fläche behalten müssen.

Eine Antwort darauf sind Landschaftserhaltungsverbände, nämlich Vereinigungen, die vor Ort die Probleme angehen, die mit Kommunen in Drittelparität Strategien für Landbe wirtschaftung und Naturschutz entwickeln. Es wird bei den Managementplänen für Natura 2000 zentral sein, ein solches Instrument zu haben, mit dem man in partnerschaftlichem Miteinander – Landwirtschaft, Forstwirtschaft, Naturschutz und Kommunen – diese Pläne umsetzt.

Insofern war es uns von Anfang an wichtig, diesen zentralen Bestandteil der Naturschutzstrategie anzugehen. Wir haben beim Regierungswechsel sechs Landschaftserhaltungsverbän de in Baden-Württemberg vorgefunden. Wir liegen nach un serer Initiative – auf die Landkreise zugehen und die Mög lichkeiten der Landschaftserhaltungsverbände verbessern – heute bei einer Zahl von 24. In sieben weiteren Kreisen wird intensiv über die Gründung eines Verbands diskutiert,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: In sechs!)

sodass wir die Hoffnung haben, nächstes Jahr bereits in der Größenordnung von 30 zu liegen.

Wenn man sich die Landkarte anschaut, gibt es guten Grund, stolz auf das zu sein, was in kurzer Zeit entstanden ist. In Süd baden, im Regierungsbezirk Freiburg, haben wir inzwischen flächendeckend Landschaftserhaltungsverbände, aber auch im restlichen Land sind wir erkennbar vorangekommen. Wir freu en uns über Nachrichten wie die von gestern im „Alb Bote Münsingen“:

Gemeinsam für die Natur: Neuer Landschaftserhaltungs verband Alb-Donau-Kreis mit 49 Gemeinden.

Das sind positive Nachrichten für den Naturschutz, wo wir mit der Initiative dieser Landesregierung in der Fläche ent scheidende Fortschritte machen.

Ich will mich ganz ausdrücklich bei den Koalitionsfraktionen bedanken für die Ausweitung der Landschaftserhaltungsver bände und damit für die Schaffung von zentralen Instrumen tarien, um in der Fläche Landbewirtschaftung und Naturschutz gemeinsam voranzubringen. Das war nur möglich, weil in den vergangenen Haushalten der Etat für den Naturschutz trotz der Sparsituation aufgewachsen ist. Ich will mich dafür ganz herzlich bedanken. Dieser Sachstand bei den Landschaftser haltungsverbänden zeigt: Die Haushaltsentscheidungen des Landtags kommen in der Fläche an und bringen uns beim Er

halt unserer Naturlandschaften voran, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei den Grünen und des Abg. Alfred Wink ler SPD)

Wir brauchen diese Instrumentarien auch, um den Naturschutz in der Fläche zu stärken, um die Akteure im Naturschutz, auch die ehrenamtlich Tätigen, in der Land- und Fortwirtschaft zu unterstützen, um die Umsetzung von Programmen wie der Landschaftspflegerichtlinie, aber auch unterschiedliche Maß nahmen im Bereich der Programme der zweiten Säule im ME KA und anderen zu koordinieren, um in die Planungen einzu führen, aber vielfach eben auch, um die notwendige Beratung bei der Umsetzung zu machen.

Wir sind überzeugt: Mit dem Ausbau der Landschaftserhal tungsverbände haben wir bereits einen wichtigen Schritt zur Erreichung unserer Ziele in der Naturschutzstrategie getan. Ich freue mich über die Diskussion und die Absicht, in weite ren Gemeinden und Kreisen diese Initiative aufzugreifen und zu unterstützen. Ich freue mich darüber, wenn der Landtag ge meinsam, auch vor Ort, in den Wahlkreisen, darauf hinwirkt, dass wir weiter vorankommen. Wir haben ein Naturerbe zu wahren. Die Verpflichtung, die Artenvielfalt zu erhalten, gilt gerade auch für ein Industrieland mit viel Fläche, wie wir es sind. Insofern geht es darum, konkret in die Umsetzung zu ge hen.

Ich habe mich sehr gefreut, Herr Abg. Bullinger, dass Sie den Kollegen Eisenmann aus Bayern ausdrücklich gewürdigt ha ben. Er ist tatsächlich der Erfinder der Landschaftserhaltungs verbände, und er ist der Erfinder der Nationalparkbewegung in Deutschland, und er hat zwei Nationalparks in Bayern mit begründet.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Ich glaube, es gibt tatsächlich viele Gründe, das Erbe des bay erischen Kollegen Eisenmann auch in Baden-Württemberg zu bewahren und die Maßnahmen ernsthaft umzusetzen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Herrn Abg. Dr. Rösler das Wort.

Frau Präsidentin, werte Kolleginnen und Kollegen! Es freut mich, dass dieses Thema hier im Landtag auch weiterhin in sehr großem Konsens bera ten wird. Selbstverständlich nehmen wir gern unterschiedli che Anregungen für die Weiterentwicklung entgegen.

Kollege Bullinger, ich bin völlig einverstanden: Es ist natür lich wichtig, hier immer möglichst viele Kommunen mitzu nehmen. Ich möchte die Fragestellung aber ausdrücklich auch noch einmal in die Naturschutzstrategie des Landes einbetten, die der Minister gerade erwähnt hat. Wir könnten wichtige Ziele und eben auch wichtige Pflichtaufgaben – das ist ein ganz zentraler Aspekt: wichtige Pflichtaufgaben, die wir nach EU-Recht erfüllen müssen und bei denen wir im Fall der Nichterfüllung mit hohen Strafen rechnen müssten – dadurch besonders gut erfüllen, dass wir die Partnerschaften vor Ort stärken.

Kollege Rapp, Sie sagten – hierauf sei mir schon noch ein Hinweis erlaubt –, man müsse die sich im Laufe der Zeit er gebenden Veränderungen berücksichtigen. Jeder ist natürlich verantwortlich für das, was er tut. Von Dante gibt es einen schönen Satz, der lautet: „Der eine wartet, bis die Zeit sich wandelt, der andere packt sie an und handelt.“ Die eine Vari ante wurde seinerzeit eher von der CDU verkörpert, die ge wartet hat, bis die Welt sich wandelt. Wir von Grün-Rot hin gegen haben die Dinge angepackt und haben gehandelt. Hier in liegt meines Erachtens ein nicht unwesentlicher Unter schied. Denn sonst wären wir heute nicht so weit.

Des Weiteren sei mir erlaubt, Kollege Rapp, darauf hinzuwei sen, dass Sie in einem Teil Ihrer Fraktion noch Überzeugungs arbeit leisten müssen. In einem Kreis in Baden-Württemberg, nämlich im Kreis Ludwigsburg, der von gleich drei Landtags abgeordneten der CDU vertreten wird, ist mit Stimmen aus der CDU die Gründung eines Landschaftserhaltungsverbands verhindert worden.

(Abg. Klaus Herrmann CDU: Wir haben halt eine ei gene Meinung! – Glocke der Präsidentin)

Herr Abg. Dr. Rösler, ge statten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Gurr-Hirsch?

Selbstverständlich gern.

Bitte, Frau Abg. GurrHirsch.

Herr Abg. Dr. Rösler, wenn Sie schon Dante zitieren mit dem Satz: „Der eine war tet, bis die Zeit sich wandelt, der andere packt sie an und han delt“, sind Sie dann mit mir der Meinung, dass sich die Zeit läufe tatsächlich verändern, dass sich die Menschen verän dern, dass sich das Verhältnis der Menschen zu ihrem Eigen tum verändert und dass speziell Eigentümer, sogenannte wei chende Erben, die Ungunstlagen bekommen haben, heute nicht mehr im selben Maß bereit sind, eine solche mehr oder weniger unproduktive Fläche zu bewirtschaften?

Als Staat könnte man dies unter Rückgriff auf Artikel 14 des Grundgesetzes zwar durchsetzen; das wird jedoch nicht ge macht. Deswegen verbuschen die sogenannten Stückle zuneh mend. Sie sind ja, wie Sie sagen, Protagonist für Streuobst wiesen. Es verbuschen auch ungünstige Reblagen, die nicht leicht zu bewirtschaften sind.

Diese Entwicklung, die während der letzten 20 Jahre stattge funden hat, wäre sicherlich anders verlaufen, wären die Men schen noch so wie früher. Früher nämlich haben die Menschen am Samstag und manchmal auch noch am Sonntag ihre Stück le bewirtschaftet.

(Zuruf von der SPD: Wo bleibt die Frage? – Glocke der Präsidentin)

Frau Abgeordnete, bitte stellen Sie Ihre Frage.

Ich möchte Sie bitten, darauf einzugehen, ob unbedingt durchgesetzt werden muss, dass Kreise, die keinen Bedarf sehen – –

(Zurufe: Frage! – Unruhe – Glocke der Präsidentin)

Frau Abgeordnete, wür den Sie Ihre Frage stellen?

(Anhaltende Unruhe)

Ich möchte wissen, ob Sie es für sinnvoll halten, dass Kreise, die keinen Bedarf se hen, jetzt vonseiten der Landespolitik aufgefordert werden sollen, sich zu bewerben.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Herr Rös ler ist noch zu jung! Er weiß nicht, wie es früher war!)

Herr Abg. Dr. Rösler.

Kollegin Gurr-Hirsch, ich gebe Ihnen in Ihrer Analyse völlig recht. Es gab in den letz ten Jahren einen Wandel. Selbstverständlich beobachten wir, dass die Verbrachung von bestimmten Grundstücken voran schreitet.

Aber dies macht nur einen Teil des Problems aus, Kollege Rapp. In anderen Bundesländern gab es ähnliche Entwicklun gen; dies zeigte sich bereits in den Achtziger- und Neunziger jahren. In anderen Bundesländern hat man Landschaftserhal tungsverbände oder Landschaftspflegeverbände bereits in den Achtziger- und Neunzigerjahren gegründet. Man hat diese Entwicklung früher erkannt und hat früher darauf reagiert. Man hat also, wie Dante es formuliert hat, angepackt und ge handelt. Das hat die damalige baden-württembergische Lan desregierung sehr spät erkannt, und zwar 20 Jahre später als andere Landesregierungen oder Bundesländer.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Das kostet auch Geld!)

In Baden-Württemberg wurde diese Entwicklung unter den CDU-geführten Landesregierungen lange verschlafen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)