Wir schaffen es, zum negativen Spitzenreiter zu werden, was die Kostenentwicklung der Ge meinschaftsschule betrifft. Das muss schon von Interesse sein, zumal diese grün-rote Landesregierung offensichtlich die Ab sicht hat, den Haushalt zu konsolidieren. Beispielsweise hat die Gemeinschaftsschule die höchste Kontingentstundentafel im Vergleich zu allen anderen Schularten in Baden-Württem berg – sogar mehr als das Gymnasium –, und das ohne Inklu sion und ohne Ganztagsschule.
Sie weisen in Ihrer Stellungnahme, Herr Minister, darauf hin, dass die Investitionen in die Gemeinschaftsschule in BadenWürttemberg bis zum Jahr 2014 1 838 zusätzliche Deputate umfassen. Wenn man das auf die nächsten Jahre hochrechnet, bedeutet es, es kommen jährlich etwa 1 000 Unterrichtsdepu tate hinzu; es sind 2 800 zusätzliche Deputate in drei Jahren.
Im Gegenzug wollen Sie in den Jahren 2013 und 2014 2 300 Deputate einsparen. Diese Deputate müssen Sie bei allen an deren Schularten einsparen, um die Ressourcen für die Ge meinschaftsschulen zu finanzieren. Das liegt eindeutig auf der Hand. Insofern muss man in aller Deutlichkeit sagen: Es ist nicht die angebliche Erblast, die Sie von der früheren Landes regierung übernommen haben,
sondern die Gemeinschaftsschule – und nur die Gemein schaftsschule – führt zu den Einsparungen an anderer Stelle, die Sie konkret vornehmen.
Das lässt sich auch konkret beziffern. Sie erschweren es den Werkrealschulen, neue Eingangsklassen zu bilden. Sie kürzen beim allgemeinen Entlastungskontingent. Sie streichen die Hausaufgabenbetreuung an den Gymnasien. Sie erhöhen die Arbeitszeit der Referendare. Sie kürzen den Ergänzungsbe reich, und Sie denken konkret darüber nach, die Altersermä ßigung für die älteren Lehrkräfte gänzlich zu streichen.
Um es noch einmal deutlich zu sagen: Die erfolgreichen Schularten des differenzierten Bildungssystems müssen für die Gemeinschaftsschule bluten, meine Damen und Herren.
Herr Kollege Dr. Fulst-Blei, bevor wir in Ihrem Redebeitrag wieder einmal Ihre Litanei zur Erblast hören werden,
möchte ich gleich präventiv in aller Deutlichkeit Folgendes sagen: Es ist richtig, dass 8 055 k.w.-Stellen – zu Recht – nicht eingespart, sondern geschoben wurden – aus gutem Grund. Im Übrigen hatten die damaligen Oppositionsfraktionen nie mals Einwände dagegen formuliert, dass wir die Stellen da mals nicht eingespart haben.
Hätten wir die über 8 000 k.w.-Stellen eingespart, hätten wir riesige Löcher in der Unterrichtsversorgung bekommen, und Sie wären die Ersten gewesen, die massiv gegen diese Ein schnitte protestiert hätten.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Claus Schmiedel SPD: Weil Sie massive Desorganisation hatten!)
Lieber Herr Kollege Schmiedel, zu Ihnen komme ich auch gleich. – Darüber hinaus wollten Sie sogar noch viel mehr. Im Jahr 2006 hatte der damalige Vorsitzende der Fraktion GRÜ NE, Kretschmann, 2 000 zusätzliche Stellen für die Ganztags schulen gefordert und 800 Stellen – man höre – für die Aus stattung der Poolstunden an Realschulen. Ein Jahr später kam die SPD mit einer Forderung von 900 zusätzlichen Stellen. Ein halbes Jahr später kam wieder ein konkreter Antrag der SPD-Landtagsfraktion, mit dem 1 150 Stellen gefordert wur den.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Das war alles durchfi nanziert! – Lachen des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU)
Der liebe Kollege Schmiedel hat sogar damals, in der letzten Legislaturperiode, bei seiner Forderung nach mehr Stellen ge sagt – ich zitiere aus einer Ihrer Plenarreden –:
Nein, ich lasse keine Zwischenfrage zu. Sie haben gleich Gelegenheit, mit Ihrer Rede zu erwidern und Ihre Litanei vor zutragen. – Damit tun Sie genau das Gegenteil von dem, was Sie als Opposition in der letzten Legislaturperiode gepredigt haben.
Die Gemeinschaftsschule wird die teuerste aller Schulen, oh ne dass Sie, Herr Minister, sicher sein können, dass die teu erste überhaupt zur besten Schule werden kann. Sie wissen
noch gar nicht, ob das der Fall sein wird, und investieren in die Gemeinschaftsschule, ohne die Qualität abschätzen zu können. Man sieht das ja an dem Gutachten des Erziehungs wissenschaftlers Bohl, den Sie, Herr Kultusminister, beauf tragt haben, eine Evaluation vorzunehmen. Das ist der einzi ge Evaluator, den ich kenne, der, bevor er mit einer Evaluati on begonnen hat, schon genau das Ergebnis kennt und dieses bereits in einem Buch veröffentlicht hat und die Gemein schaftsschule als erfolgreiche Schulart bezeichnet. So etwas finden Sie deutschlandweit nirgends, aber in Baden-Württem berg ist das offensichtlich möglich.
Meine Damen und Herren, ich darf Sie trösten: Allmählich vernehmen wir auch die ersten kritischen Stimmen an den Ge meinschaftsschulen. Auch die ersten Eltern
äußern sich darüber, dass bei diesem pädagogischen Konzept, das Sie als Heilsbringerkonzept darlegen, offensichtlich nicht alles rundläuft.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Da haben Sie aber lan ge suchen müssen! – Zuruf des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)
Da darf ich aus der „Schwäbischen Zeitung“ vom 19. März dieses Jahres zitieren, Herr Kollege Schmiedel. Eltern, die ge fragt wurden, äußerten, dass sich die schwächeren Schüler of fensichtlich schwertun, ihre Aufgaben selbst zu formulieren und ihren Lernalltag selbst zu organisieren. Die Lehrkräfte ha ben bereits ihre Sorgen formuliert, dass die Gefahr bestehe, dass sowohl die Schwächeren als auch die Stärkeren in die sem Konzept zu kurz kommen könnten, es sei denn, man wür de noch mehr in die Gemeinschaftsschulen investieren.
Nur, Herr Minister: Wenn Sie Einsparauflagen zu erfüllen ha ben, aber gleichzeitig den Weg gehen wollen, der mit sich bringt, dass die Gemeinschaftsschule die teuerste Schulart wird, und Sie im Clinch mit dem Ministerpräsidenten und dem Finanzminister liegen, dass über 11 000 Lehrerstellen einge spart werden müssen, wie wollen Sie dann die Bedürfnisse der Gemeinschaftsschulen befriedigen?
Die Rechnung geht nicht auf. Es handelt sich hier um die Qua dratur des Kreises. Der einzig vernünftige Weg, den Sie ha ben, ist: Gehen Sie auf einen vernünftigen Pfad, stoppen Sie den Ausbau der Gemeinschaftsschulen, und entwickeln Sie das differenzierte Bildungssystem weiter. Dann wären Sie auf einem sicheren Pfad des pädagogischen Erfolgs.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Karl Zimmermann CDU: Sehr gut! – Abg. Claus Schmiedel SPD: Das glauben Sie ja selbst nicht!)
(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Lächeln! – Abg. Sandra Boser SPD lacht. – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Geht doch! – Abg. Volker Schebesta CDU: Sogar ohne Entrüstung!)
Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben bereits bei der Beratung des Antrags, der zuvor behandelt wurde, erörtert, dass es Ver änderungen in der Bildungslandschaft gibt. Diese Verände rungen machen es erforderlich, dass wir über die differenzier te Schulstruktur in Baden-Württemberg nachdenken. Wer dies nicht anerkennt, verschließt die Augen vor der Realität.
Wir haben in der vergangenen Woche über die Lehrerressour cen diskutiert, Herr Wacker. Ich möchte nur einen Punkt rich tigstellen, der in der letzten Woche und auch in dieser Woche angeführt wurde. Wir haben die Hausaufgabenbetreuung an den Gymnasien nicht gestrichen.
Sie wissen selbst, Herr Wacker, dass die Stunden, die für die Hausaufgabenbetreuung mitgegeben wurden, nicht für die Hausaufgabenbetreuung, sondern für die Organisation der Hausaufgabenbetreuung gedacht waren.
Es gibt keine andere Schulart, für die zur Organisation der Hausaufgabenbetreuung Mittel, Stunden zur Verfügung ge stellt wurden.
Das war nur eine gerechte Umverteilung. Wir haben eben auch geschaut: Wie kann man eine gerechtere Ausstattung mit Res sourcen erreichen?