Man muss doch ganz klar sehen: Wenn Sie das dreigliedrige Schulsystem weiterhin vorhalten wollen, wenn Sie keinerlei Schulzusammenschlüsse und Schulschließungen im ländli chen Raum vornehmen möchten, dann werden Sie auch in den nächsten Jahren das Problem haben, dass Sie die vorhande nen Lehrerstellen im System nicht ressourcenmäßig verteilen können, dass der Umfang des Ergänzungsbereichs in den kommenden Jahren weiter abnimmt – Sie wollen es ja nicht in den Pflichtbereich hineinnehmen; Sie sagen, es bleibe im Ergänzungsbereich der Grundschulen – und die Situation ge nau so fortgeführt wird, wie wir sie in diesem Jahr haben.
Die Eltern und Lehrer, die heute protestieren, protestieren auf grund von Einsparmaßnahmen und aufgrund der Beamtenbe soldung. Diese Einsparmaßnahmen – da wiederhole ich mich gern – haben wir nicht beschlossen, weil wir sie toll fänden. Ich wäre wahnsinnig gern nur Bildungspolitikerin und hätte am liebsten gar nichts mit Finanzen am Hut; aber leider ist das nicht möglich,
(Abg. Willi Stächele CDU: Weil Sie das Geld an der falschen Stelle ausgeben! Dann haben Sie für Bildung nichts mehr!)
denn wir haben die Schulden, die Sie uns hinterlassen haben – nicht nur im Bildungshaushalt; wir haben jetzt ein struktu relles Defizit von 1,7 Milliarden €; ich weise gern noch ein mal darauf hin –, und wir können es uns nicht leisten, etwas weiter auf Pump zu finanzieren, sondern wir müssen nachhal tig finanzieren, meine Damen und Herren. Ich erinnere Sie auch daran, dass Sie die Schuldenbremse schon 2016 einfüh ren wollen.
Wenn ich dann hier im Parlament von der Kollegin GurrHirsch höre, Bildungspolitik sei Landesaufgabe, dann sage ich: Jawohl. Ich bin auch gern bereit, die Landespolitik zu ge stalten. Aber es kann nicht sein, dass wir Bildungspolitik aus schließlich als Landesaufgabe sehen.
(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Ach ja! – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Aber den Haushalt nicht hin kriegen!)
Wir brauchen Bund, Land und Kommunen, um notwendige Ausbaumaßnahmen im Ganztagsschulbereich, im Inklusions bereich durchzuführen. Da sind alle Kräfte gefragt; da kann man sich nicht zurücklehnen und sagen, das sei einzig und al lein Länderaufgabe.
Ich stehe sehr gern zu unserer Regierungsverantwortung, Herr Schebesta, aber ich hätte diese Verantwortung gern auch in
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Zurufe von der CDU, u. a. Abg. Friedlinde Gurr- Hirsch: Das ist ganz neu!)
Herr Kollege Schebesta, der Unterschied zwischen Ihnen und dem Kollegen Wacker ist, dass Sie Mitglied im Finanzausschuss sind.
(Abg. Volker Schebesta CDU: Trotzdem muss man das Ganze sehen! Egal, in welchem Ausschuss man sitzt! – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Noch einmal zu rückspulen! – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Alles auf Anfang!)
Dann muss ich noch einmal zurückspulen. Als Kollege und Parlamentarischer Geschäftsführer erwarte ich, dass Sie in den Zahlen drin sind.
(Heiterkeit bei der SPD – Lachen bei der CDU – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Was? – Abg. Friedlinde Gurr- Hirsch CDU: Wer?)
Sie haben genau das beschrieben, was ich vorhin mit LehmanBrothers-Mentalität der CDU gemeint habe: „Wir finanzieren nicht durch, sondern schieben über k.w.-Vermerke alles in die Zukunft, was wir an unbequemen Entscheidungen treffen müssen.“
Was sind k.w.-Vermerke? K.w.-Vermerke sind nichts anderes als ungedeckte Schecks, die Sie uns als faule Eier im Bil dungshaushalt hinterlassen haben. Das ist das Problem.
(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Dr. Diet rich Birk CDU: Ihnen ist klar, dass Ihr ehemaliger Kollege einer der führenden Leute bei Lehman war?)
Wenn Sie dann in diesem Zusammenhang z. B. fragen, war um nicht mehr Steuereinnahmen aus dem Jahr 2012 genutzt wurden, um diese Löcher zu stopfen, vergessen Sie völlig, dass wir erst 2012 auf dem Niveau angekommen sind, wo wir 2008, vor der Finanzkrise,
bei den Einnahmen waren, während sich übrigens gleichzei tig die Ausgaben im Haushalt nicht an der Finanzkrise orien tiert haben und nicht zurückgegangen, sondern weiter gestie gen sind. Wir haben von Ihnen allein eine Deckungslücke von 68 Milliarden € in den Pensionsbereichen übernommen.
(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Sie haben draufsatteln wollen! – Abg. Willi Stächele CDU: Das ist doch kei ne Deckungslücke! – Zuruf des Abg. Peter Hauk CDU – Unruhe)
Wir können aber im Gegensatz zu Ihnen nicht mehr alle Schul den in die Zukunft schieben, weil wir nämlich 2020 die Schul denbremse, die im Grundgesetz verankert ist, einhalten wol len. Das ist doch unser Problem. Sie haben nur auf Pump ge lebt. Wir müssen jetzt aufräumen, was Sie hinterlassen haben.
(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Volker Schebesta CDU: Wir haben doch 2008 und 2009 kei ne Schulden gemacht! Wir haben es ohne Schulden hinbekommen! – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Pen sionslasten sind doch keine Deckungslücke! – Abg. Willi Stächele CDU: Schwachsinn!)
Sie haben vorhin zu Recht darauf hingewiesen: Das Zitat zur Unterrichtsversorgung, das ich verwendet habe, stammt aus dem berufsbildenden Bereich. Da sind wir wirklich deutlich vorangekommen, gerade weil wir auch unbequeme Themen wie Kleinklassen angepackt haben. Ich gebe Ihnen völlig recht, dass wir in anderen Bereichen noch Baustellen haben,
die wir übrigens auch von Ihnen übernommen haben. Da neh me ich Sie übrigens auch regelmäßig in Schutz. Die Ressour censteuerung im Kultusbereich ist immer noch eine sehr schwie rige, eine zum Teil sehr intransparente Angelegenheit. Ich ha be auch immer wieder gewarnt und gesagt: Das kann man nicht einfach einmal mit einem neuen EDV-System erledigen; daran haben die Kolleginnen und Kollegen der CDU 57 Jah re lang herumgebastelt und herumgedoktert und haben diese Probleme nicht lösen können.
Ich möchte gern noch einen Hinweis an das Haus geben. Die Entlastungsstunden werden – der Minister hat es ausgeführt – nicht gestrichen, sondern sie werden gekürzt. Über Kürzun gen in welchem Umfang reden wir? Es sind 14 %. Das sage ich auch immer meinen Kolleginnen und Kollegen bei der GEW oder den Verbänden: Bitte wahren Sie die Verhältnis mäßigkeit. 14 % sind kein Weltuntergang.
Letzte Woche habe ich z. B. eine E-Mail einer Kollegin be kommen. Sie hat mir eine Auflistung geschickt; in ihrem Gymnasium würden 22 Stunden mit verwandt. Sie hat ge schrieben: „Von diesen 22 Stunden können wir drei nicht mehr anbieten. Was sollen wir machen? Wo sollen wir streichen?“ Glauben Sie mir: Ich bin fast ein bisschen vom Stuhl gefal len. Ich habe das mit meiner Schule verglichen und habe fest gestellt, dass an der Schule meiner Kollegin zehn bis zwölf Stunden mehr vergeben werden können, als es bei uns üblich ist.
Ich war Fachvertreter für Gemeinschaftskunde. Ich habe da für keine Anrechnungsstunde bekommen. Eine Anrechnungs
stunde sind nicht nur umgerechnet 200 € im Monat, sondern 80 Zeitstunden im gesamten Jahr. Natürlich kann man eine Funktion so oder so ausüben. Aber ich sehe die Verhältnismä ßigkeit nicht verletzt.
Deswegen meine Bitte: Schauen Sie wirklich hin. Ich bin mit Ihnen völlig d’accord: Es kann nicht sein, dass wir im Bereich Rechnen oder im Bereich der Leseförderung streichen. Aber bei dem, was gerade läuft von wegen Skandalisierung – wir müssen dort streichen –, fordere ich wirklich auch die Schu len auf, verantwortlich mit der Situation umzugehen,
übrigens gemeinsam mit Schülern und Elternbeiräten, die uns jetzt gerade sozusagen die Protestbriefe schreiben,
(Abg. Volker Schebesta CDU: Aber wenn sie gar nichts mehr im Ergänzungsbereich haben, wo sollen sie es dann hernehmen?)
Wenn Sie das Beispiel, in das ich Sie – aber nicht offiziell – gern einmal hineinschauen lasse, anschauen – – Übrigens gibt es gerade am Gymnasium, im berufsbildenden und gymnasi alen Bereich, wo man die Option hat, sich auf A 14 zu profi lieren – deswegen habe ich doch die Funktion „Fachsprecher für Gemeinschaftskunde“ ausgeübt –, die Möglichkeit, sich – etwa bei der Verwaltung der Lehrerbibliothek – zu profilieren. Ich bin der Meinung, dass dort diese eine Stunde wirklich nicht notwendig ist und dass wir dort Einsparpotenzial haben. Das kritisiere ich auch bei den Verbänden ganz massiv. Es gilt, wirklich hinzuschauen: Die Streichung von 14 % ist kein Weltuntergang. Das macht uns keine Freude, aber es geht wei ter.
Aber es darf nicht passieren, die Keule jetzt bei den Schwächs ten anzusetzen. Da sehen wir Sie und übrigens auch die El tern und die Schülervertretungen in den Schulen in der Pflicht.