Protocol of the Session on July 10, 2013

Wir werden es schaffen und aus meiner Sicht auch schaffen müssen, dass wir die Bildungsangebote in Baden-Württem berg auf die weniger werdenden Schülerinnen und Schüler bestmöglich zuschneiden. Dazu werden in den nächsten Jah ren große Herausforderungen auf uns alle zukommen. Sie al le wissen, dass wegen des starken Rückgangs der Schülerzah len eine Strukturveränderung unausweichlich ist. Ich lade Sie nochmals dazu ein, dass wir diese Strukturveränderung im Bildungssystem im Sinne dessen gemeinsam gestalten, dass wir für alle Kinder und Jugendlichen in Baden-Württemberg in erreichbarer Nähe ein möglichst vielfältiges Bildungsange bot gestalten müssen.

(Zuruf des Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP)

Verweigern Sie sich dem nicht, sondern unterstützen Sie uns in dieser riesengroßen Aufgabe, die in Baden-Württemberg, glaube ich, in der Bildungspolitik der letzten Jahrzehnte kein Beispiel kennt.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Zuruf des Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP)

Darüber hinaus, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen, ist es bit ter notwendig, dass wir uns auch über weitere bildungspoli tisch drängende Fragen insgesamt unterhalten und, so hoffe ich, auch einigen werden. Wir müssen gemeinsam das Thema Inklusion – ein Thema, das für unsere Schullandschaft bisher noch ein fremdes Thema ist – in unserer Bildungslandschaft verankern. Das werden die Bundesländer allein nicht schaf fen. Deswegen hat die Kultusministerkonferenz auch ganz deutlich in Richtung Bund formuliert, dass wir hier zusätzli che Mittel brauchen, denn die Umsetzung der Inklusion ist ei ne gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Inklusion gibt es nicht nur an den Schulen, aber an den Schulen wird das zu großen organisatorischen Herausforderungen führen, die wir gemein sam schultern müssen.

(Abg. Peter Hauk CDU: Sie haben doch nicht einmal ein Konzept!)

Gleiches gilt im Übrigen auch für den Ausbau der Ganztags schulen. Ich bin übrigens sehr dankbar, dass wir uns in der Analyse, dass der Ausbau der Ganztagsbetreuung ein sehr

wichtiges bildungspolitisches Instrument ist, einig sind und Sie da unsere Auffassung teilen. Ich lade Sie ein, dass wir auch diese Herausforderung gemeinsam meistern. Aber das wer den wir nur dann schaffen, wenn wir auch die entsprechenden Mittel dafür zur Verfügung haben.

(Abg. Peter Hauk CDU: Sie haben doch alle Gesprä che abgelehnt!)

Da ist es von zentraler Bedeutung, auch den Bund an seine Verantwortung zu erinnern. Das heißt, wir wollen gemeinsam dafür sorgen, dass genügend Bundesmittel nach Baden-Würt temberg gelangen, um diese Herausforderung gemeinsam be wältigen zu können.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Peter Hauk CDU meldet sich. – Abg. Peter Hauk CDU: Herr Präsident! – Glocke des Präsiden ten)

Herr Minister, es liegen drei Fragen vor: Herr Kollege Wacker, Herr Kollege Glück und Herr Kol lege Hauk wollen Fragen stellen.

Bitte schön, Herr Kollege Wacker.

Herr Minister, ich habe eine Kurz intervention. Ich möchte darauf hinweisen, dass heute die Pro teste der Lehrerverbände stattfinden. Die Lehrerverbände, Herr Minister, beschweren sich nicht nur über die mangelnde Unterrichtsversorgung, wie heute zu Recht thematisiert wird, sondern auch über das nicht mehr bestehende Vertrauensver hältnis zwischen dem Kultusministerium und den Lehrerver bänden, was ja mehrfach bewiesen wurde.

Im Kultusministerium gibt es ein sehr bewährtes System ei nes Beteiligungsverfahrens: Bei wichtigen Einschnitten kön nen sich die Vertreter der Hauptpersonalvertretung äußern. Der Hauptpersonalrat hat sich zum allgemeinen Entlastungs kontingent ganz klar positioniert, indem er die Streichung des allgemeinen Entlastungskontingents abgelehnt hat.

Dies hat dann bekanntermaßen zu einem Dissens geführt. Die Einigungsstelle – das wissen Sie – hat darüber einen abschlie ßenden Spruch abgegeben, in welchem wiederum die Strei chung des allgemeinen Entlastungskontingents

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Kürzung, wenn schon, nicht Streichung!)

scharf kritisiert und abgelehnt wurde.

Herr Minister, ich frage Sie in aller Deutlichkeit: Wenn die Lehrerverbände protestieren und das mangelnde Vertrauens verhältnis zwischen Kultusministerium und ihren Beschäftig ten ansprechen, wie kommen Sie dann dazu, diesen Beschluss der Einigungsstelle zurückzuweisen, ohne dass Ihnen persön lich eine schriftliche Begründung der Einigungsstelle vorge legen hätte? Das ist meines Erachtens eine Ohrfeige für die Lehrerverbände. Deswegen braucht man sich nicht zu wun dern, dass die Lehrerverbände am heutigen Tag in einer deut lichen Form diesen Unmut zur Geltung bringen.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Herr Kollege Wacker, die Proteste, die Sie ansprechen, haben ganz unterschiedliche Motive. Wenn Sie die Ankündigungen lesen, sehen Sie: Dieser Punkt spielt möglicherweise auch ei ne Rolle; da spielen aber auch ganz andere Punkte eine Rol le. Wenn der Beamtenbund mobilisiert, dann spielt z. B. die Frage der Verschiebung der Besoldungserhöhung eine große Rolle – das haben Sie auch mitbekommen –, dann spielt die Frage der Eingangsbesoldung eine Rolle, dann spielen viele Punkte eine Rolle.

(Zuruf des Abg. Volker Schebesta CDU – Abg. Win fried Mack CDU: Dazu kommen wir gleich noch!)

Was das Vertrauen der Lehrerverbände anbelangt, kann ich Ihnen jede Sorge nehmen. Ich bin mit den Lehrerverbänden in gutem Kontakt. Ich werde Doro Moritz nachher fragen, ob das Vertrauen in irgendeiner Weise eingetrübt ist. Ich glaube, ich kann Ihnen dann mitteilen, dass dies nicht der Fall ist. Wir haben ein sehr gutes persönliches Verhältnis.

(Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: „Heulsu se“!)

Aber bei der Entscheidung über die Frage, ob dem Spruch der Einigungsstelle gefolgt wird oder nicht, hatte ich mich unter Abwägung aller Argumente dafür entschieden, es bei der Streichung zu belassen. Das habe ich vorhin bereits begrün det. Es geht nicht um eine Streichung des Entlastungskontin gents, sondern um eine Kürzung des Entlastungskontingents. Das ist mir – das habe ich hier auch schon gesagt – nicht leichtgefallen.

Herr Kollege Dr. Kern, ich habe auch nie gesagt, dass der Ent lastungsbereich „nice to have“ sei. Ich habe lediglich gesagt, dass im Bereich des Entlastungskontingents, also in einem Budget, Dinge umgesetzt werden, die auch berücksichtigt werden müssen, wenn wir über die Frage der Haushaltskon solidierung oder über Sparmaßnahmen sprechen, und dass ge prüft werden muss, ob es dabei nicht Punkte gibt, die zwar er freulich sind, wenn man sie machen kann, die also „nice to have“ sind – –

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Welche?)

Ich habe von Anrechnungsstunden für die Ausgabe von Ta schenrechnern gehört. Brauchen wir dafür Anrechnungsstun den?

(Zurufe von der SPD: Nein!)

Es gibt bestimmte Dinge, die als Teil der Kernbeschäftigung angesehen werden sollten.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Zurufe von der CDU)

Ich möchte mich abschließend noch kurz zur Frage des Kol legen Wacker äußern. Ich möchte es im Verhältnis einmal ver deutlichen: Die Kürzung im Entlastungskontingent hat einen Gegenwert von ca. 230 Deputaten. Vorhin bin ich auf die all gemeine Krankheitsvertretungsreserve eingegangen. Was bringt Ihnen ein fiktiv auf dem Papier stehendes Entlastungskontin gent, wenn derselbe Kollege, der vom Entlastungskontingent profitiert, gleichzeitig – so, wie es bei Ihnen der Fall war –

seine Überstundenbugwelle weiter ausbaut? Ist es da nicht sinnvoller, erst einmal die Grundversorgung und damit die Unterrichtsversorgung zu sichern? Aus meiner Sicht ist das viel sinnvoller.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Herr Kollege Glück.

Herr Minister, vorhin haben Sie von Lehrerstellen mit k.w.-Vermerk und von dem Auto matismus, dass diese Stellen später auf jeden Fall wegfallen, gesprochen. Das hat Sie zu dem irrigen Gedanken verleitet, dass diese Stellen tatsächlich wegfallen würden und somit der Klassenteiler wieder nach oben gehen würde. Ist Ihnen be wusst, dass dieser Automatismus nicht besteht und dass eine Stelle, die mit einem k.w.-Vermerk versehen ist, nicht unbe dingt eine Stelle ist, die tatsächlich gestrichen wird?

Herr Kollege Glück, da müssen Sie besser zuhören. Ich habe von 8 055 k.w.-Stellen gesprochen, und anschließend habe ich von der Qualitätsoffensive Bildung gesprochen. Die Klassen teilersenkung wurde im Rahmen der Qualitätsoffensive Bil dung entschieden. Das sind weitere 3 547 bis zum 31. Dezem ber 2012 finanzierte Stellen gewesen. Das heißt, ich habe die Klassenteilersenkung entgegen Ihrer Frage gerade nicht im Zusammenhang mit den k.w.-Stellen gebracht. Es tut mir leid, da haben Sie nicht aufgepasst.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Vielen Dank. – Für die CDU-Frakti on spricht Kollege Schebesta.

Herr Minister, Sie haben zwi schen dem Status quo, dem jetzigen Schuljahr, und dem kom menden Schuljahr unterschieden. Zunächst einmal möchte ich auf das jetzige Schuljahr eingehen. Sie haben gesagt, die Si tuation, die ich beschrieben habe, habe mit der Schulwirklich keit nichts zu tun. Der Kollege Dr. Fulst-Blei hat sogar eine Schulleiterin zitiert: „Noch nie war die Unterrichtsversorgung so gut wie in diesem Schuljahr.“

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: An beruflichen Schu len!)

Ich führe das jetzt nur an, weil Sie damit angefangen haben. Bei jeder zweiten Veranstaltung steht ein Schulleiter oder ein Lehrer auf und sagt: „Eigentlich habe ich mit der CDU nicht so viel am Hut.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Das ist wahr!)

Ich bin für die SPD, für die Grünen, die GEW ist mein Ver band – aber so schlecht wie in diesem Schuljahr ist es in den letzten 15 Schuljahren nicht gewesen.“

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Jetzt schütteln Sie den Kopf. Es gibt nicht nur Veranstaltun gen, bei denen Sie nicht dabei sind. Wir waren bei einer Po diumsdiskussion der Volkshochschule in Stuttgart, bei der ge nau das passiert ist, dass nämlich einer der Ihrigen uns gegen

über diese Aussage gemacht hat. Sie ist – das behaupte ich jetzt einfach aus den Rückmeldungen – bei Weitem nicht so singulär wie die Aussage aus Mannheim, die Sie, Herr Dr. Fulst-Blei, zitiert haben.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP)

Nun zum kommenden Schuljahr: Da ist es schon interessant, dass Sie, Herr Minister, wortreich von den Umschichtungen, die Sie bewerkstelligt haben, gesprochen haben. Sie haben es allerdings nicht für nötig befunden, etwas zu den 1 000 Stel len zu sagen, die im nächsten Schuljahr abgebaut werden. Was soll das heißen? Soll ich den Grundschulen, bei denen, damit die Betroffenen dem Unterricht folgen können, eine frühe För derung, eine Förderung bei Lese-Rechtschreib-Schwäche ei ne möglichst gute Grundlage für Bildung bedeutet, sagen: „Der Minister gibt euch den Rat: Haltet durch bis zu den be ruflichen Schulen. Dann gibt er die Stunden, und es wird re pariert, was vorher in die Binsen gegangen ist“? So kann es ja wohl nicht sein.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Glocke des Präsidenten)