dann sprechen wir darüber, dass wir in Bezug auf die Organi sation dieses komplexen Systems Schule selbstverständlich noch immer Nachbesserungsbedarf haben. Denn wenn wir heute an einzelnen Schulen einen krankheitsbedingten Aus fall verzeichnen, müssen wir entsprechend reagieren. Das ist Aufgabe der Schulleitungen; diese müssen, beispielsweise bei kurzfristigen Erkrankungen, Lehrerinnen und Lehrer dazu ein setzen, die entstehenden Lücken über Mehrarbeit auszuglei chen. Das ist in dieser komplexen Organisation etwas Selbst verständliches. Bei länger andauernden Erkrankungen gibt es die Möglichkeit, befristete Arbeitsverhältnisse abzuschließen, und zwar über die sogenannten Schöpfmittel, also über die Mittel, die im Haushalt genau zu diesem Zweck eingestellt sind. Darüber hinaus gibt es die Möglichkeit einer fest instal lierten Krankheitsvertretungsreserve.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn in diesen Be reichen in der Vergangenheit – ich sage es ganz deutlich – ge schlampt wurde und wir uns jetzt bemühen, hier eine mög lichst verlässliche Planungsgröße herzustellen, dann sollten Sie dies nicht kritisieren, sondern sollten es loben.
Wir haben von Ihnen eine fest installierte Krankheitsvertre tungsreserve geerbt, die hier in Baden-Württemberg prozen tual so niedrig war wie in keinem anderen Bundesland. Was heißt das? Das heißt, dass, wenn krankheitsbedingte Ausfälle durch eine Kollegin oder einen Kollegen ausgeglichen wer den mussten, diese Kolleginnen und Kollegen hierzu sehr häu fig nicht nur kurzzeitig, sondern auch längerfristig herange zogen werden mussten; sie mussten also Mehrarbeit leisten. Es ist kein Wunder, dass während Ihrer Regierungszeit, ins besondere seit 2007, die Überstundenbugwelle gerade an Gym nasien und beruflichen Schulen geradezu explosionsartig zu genommen hat.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Karl- Wilhelm Röhm CDU: Hätten wir die Stunden ausfal len lassen sollen?)
(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Im Gegensatz zu heu te ist früher nichts ausgefallen! Heute fällt viel aus!)
Aber man muss Vorsorge dafür treffen, dass dies nicht grund sätzlich oder schwerpunktmäßig über Mehrarbeit abgewickelt werden muss, sondern dass ausreichende Mittel vorhanden sind, um befristete Beschäftigungsverhältnisse zu organisie ren, und dass auch die fest installierte Krankheitsvertretungs reserve zur Verfügung steht. Das sind die Instrumente, die vor
rangig eingesetzt werden müssen, um die Situation zu regu lieren. Andernfalls drohen Krankheitsfälle voll zulasten der an einer Schule tätigen Lehrerinnen und Lehrer zu gehen. Das ist für uns kein Konzept für die Zukunft.
Was den Ergänzungsbereich angeht, so habe ich, Herr Kolle ge Dr. Kern, bereits in der vergangenen Woche im Schulaus schuss versucht, Ihnen Folgendes zu erklären: Es besteht ein großer Unterschied zwischen dem Pflichtbereich, dem Ergän zungsbereich und dem sogenannten Entlastungskontingent mit den Anrechnungsstunden.
Herr Kollege Dr. Kern wirft gern einmal das Entlastungskon tingent und den Ergänzungsbereich durcheinander. Wir haben im Jahr 2011 die von Ihnen bereits geplante Streichung von 711 Lehrerstellen rückgängig gemacht. Im vergangenen Jahr haben wir – obgleich aufgrund des Wegfalls von G 9 eine Re duzierung der Lehrerdeputate möglich gewesen wäre – diese Deputate im System belassen. Als Folge davon haben wir der zeit – Herr Kollege Schebesta, es stimmt einfach nicht, dass sich der Ergänzungsbereich in allen Schularten verschlechtert hat –
(Abg. Volker Schebesta CDU: Stimmen die Zahlen, die ich vorgelesen habe? Die sind von Ihnen, aus dem Schulausschuss!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir müssen auch konstatie ren: Die im letzten Jahr im System belassenen Lehrerdeputa te wurden dazu verwendet, u. a. an den Gymnasien die Über stundenbugwelle zurückzuführen und abzubauen.
Das ist auch aus meiner Sicht etwas sehr Sinnvolles. Es ist während Ihrer Regierungszeit aber nie passiert. In Ihrer Re gierungszeit ist die Überstundenbugwelle vielmehr von Jahr zu Jahr deutlich angewachsen.
Gerade an den beruflichen Schulen stellt dies eine große Be lastung für die Kolleginnen und Kollegen dar.
Herr Minister Stoch, Sie ha ben von der Vorgängerregierung das Erbe übernommen, dass es im Ergänzungsbereich Förderunterricht bei Lese-Recht schreib-Schwäche und Dyskalkulie gab. Im Stadt- und Land kreis Heilbronn, aus dem ich komme, ist in diesem Schuljahr
Sind Sie mit mir der Auffassung, dass dies gerade die Schwächs ten der Schwachen trifft? Sind Sie mit mir der Auffassung, dass jemand, der in der Grundschule nicht richtig Lesen, Schreiben und Rechnen lernt, später keinen Anschluss mehr finden kann, auch nicht in der besten Gemeinschaftsschule?
Ich frage Sie vor diesem Hintergrund: Wird sich daran im nächsten Schuljahr etwas ändern? Gibt es wieder den entspre chenden Förderunterricht bei Lese-Rechtschreib-Schwäche und Dyskalkulie?
Sehr geehrter Herr Kollege Throm, ich bin Ihnen dankbar für diese Frage; denn damit sprechen Sie ein Problem an, das aus meiner Sicht dringend gelöst werden muss. Wenn Schülerin nen und Schüler – insbesondere in der Grundschule – beson deren Förderbedarf haben, müssen wir diesen eine besondere Förderung zukommen lassen. Deshalb sollten – Frau Kolle gin Boser hat es bereits angedeutet – Maßnahmen wie z. B. die Förderung im Bereich der Lese-Rechtschreib-Schwäche nicht in den Ergänzungsbereich gedrängt werden, sondern das sollte originärer Bestandteil der Förderung an den Grundschu len sein.
Deswegen werden wir uns bemühen, für die individuelle, die Stärken und Schwächen berücksichtigende Förderung von Kindern in den nächsten Jahren entsprechende Mittel zur Ver fügung zu stellen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, wenn wir die heu tige Situation und die Gründe für die Protestveranstaltungen analysieren, sollten wir nicht den derzeitigen Zustand an un seren Schulen schlechtreden; denn das entspricht nicht der Re alität.
Natürlich aber müssen wir uns auch mit der Unterrichtsver sorgung in den kommenden Jahren beschäftigen.
Ich möchte jetzt gern meine Rede halten. Am Ende meiner Aus führungen werde ich Herrn Kollegen Wacker dann gern die Möglichkeit geben, eine Frage zu stellen. Wenn man alle ein einhalb Sätze unterbrochen wird, ist das irgendwie schwierig.
Im kommenden Schuljahr werden sich durch bildungspoliti sche Innovationen, durch Veränderungen des Bildungsange bots, durch den Ausbau des Angebots an den beruflichen Gymnasien usw. auch Schülerströme verändern. Auf diese
sich teilweise stark verändernden Schülerströme zu reagieren ist für die gesamte Schulverwaltung eine sehr fordernde und sehr komplexe Aufgabe, der wir auch gerecht werden wollen. Nachdem wir im Mai die Anmeldezahlen für das kommende Schuljahr für die Schulen hatten, war klar, dass wir Bedarf ha ben, bestimmte Veränderungen vorzunehmen, insbesondere im Hinblick auf einen ansonsten drohenden Unterrichtsaus fall an beruflichen Schulen und Gymnasien.
Ich kann Ihnen sagen, dass ich innerhalb weniger Tage darauf reagiert habe. Wir haben veranlasst, dass wir für das kommen de Schuljahr sowohl den beruflichen Schulen als auch den Gymnasien zusätzliche Lehrerstellen zuweisen können. Das Kontingent für Neueinstellungen insgesamt wird im kommen den Schuljahr sogar noch um einige Lehrerstellen größer sein als im vergangenen Jahr. Das heißt, trotz der Streichung von 1 000 Lehrerstellen werden wir mit Blick auf die Neueinstel lungen die Zahlen des vergangenen Jahres erreichen und so gar leicht übertreffen.
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kol legen, wir werden versuchen, auch an den beruflichen Schu len endlich das zu schaffen, was eigentlich eine Selbstver ständlichkeit sein sollte. Sie alle wissen, dass die Unterrichts versorgung an den beruflichen Schulen in den vergangenen Jahren stets von einem strukturellen Defizit gekennzeichnet war. Es stellt mich nicht zufrieden, dass dieses strukturelle Defizit in den vergangenen Jahren immer im Bereich von 4 % bis 7 % lag. Durch eine Umsteuerung haben wir dieses Defi zit im laufenden Schuljahr auf 2,6 % gesenkt. Das ist der nied rigste Stand des Unterrichtsausfalls an beruflichen Schulen seit Jahren.
Es darf uns aber nicht zufriedenstellen, wenn immer noch Un terricht ausfällt. An gewerblichen Schulen haben wir teilwei se eine Situation, die immer noch einen zu hohen Ausfall nach sich zieht.
Deswegen haben wir sehr schnell reagiert. Es gibt deutliche Zeichen vonseiten der beruflichen Schulen und auch der Re ferentinnen und Referenten der Schulverwaltungen, dass die Einstellungssituation im kommenden Schuljahr so gut sein wird wie seit Jahren nicht mehr. Ich glaube, das ist eine Be stätigung unserer Politik, dass wir versuchen, die Lehrerstel len in diese teilweise prekären Bereiche zu lenken, in denen sie dringend benötigt werden, und dass wir gleichzeitig in den Bereichen, in denen wir sinnvolle Angebote im allgemeinbil denden Bereich anbieten müssen, die Voraussetzungen schaf fen, dass dies möglich ist.
Abschließend möchte ich auf einen Sachverhalt eingehen, zu dem sich auch Herr Kollege Dr. Kern geäußert hat. Herr Dr. Kern, die Zahlen, die Sie genannt haben, eignen sich nicht da zu, die Politik der Landesregierung zu skandalisieren. Ganz im Gegenteil: Wenn wir im Haushalt 8 055 k.w.-Stellen, das heißt, Stellen, die Sie nicht auf Dauer finanziell hinterlegt ha ben, und außerdem eine nicht durchfinanzierte Qualitätsoffen sive Bildung antreffen, durch die weitere 3 547 Lehrerstellen nur zeitlich befristet finanziert sind, dann macht das nach Adam Riese insgesamt 11 602 Lehrerstellen. Diese Zahl fällt also nicht vom Himmel und ist nicht willkürlich. Diese Zahl benennt lediglich den Sachverhalt, dass die Finanzierung die
Auch die Senkung des Klassenteilers hätten Sie, wenn Sie es ernst gemeint hätten, finanziell auf Dauer eingeplant und nicht bis zum Stichtag 31. Dezember 2012. Mit Ihrer Politik – schauen wir uns das an – hatten Sie geplant, den Klassentei ler bis zum 31. Dezember 2012 zu senken und danach die Klassen wieder größer zu machen. Gehe ich da recht in mei ner Annahme? Das scheint der Fall zu sein.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Wo bleiben die Zwischenrufe? – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ih re Genossen wollten damals 25!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, deswegen möchte ich Ihnen eines sagen und auch versprechen: In der Bildungspolitik die ser Landesregierung wird die Qualität immer die Hauptrolle spielen.
Wir werden es schaffen und aus meiner Sicht auch schaffen müssen, dass wir die Bildungsangebote in Baden-Württem berg auf die weniger werdenden Schülerinnen und Schüler bestmöglich zuschneiden. Dazu werden in den nächsten Jah ren große Herausforderungen auf uns alle zukommen. Sie al le wissen, dass wegen des starken Rückgangs der Schülerzah len eine Strukturveränderung unausweichlich ist. Ich lade Sie nochmals dazu ein, dass wir diese Strukturveränderung im Bildungssystem im Sinne dessen gemeinsam gestalten, dass wir für alle Kinder und Jugendlichen in Baden-Württemberg in erreichbarer Nähe ein möglichst vielfältiges Bildungsange bot gestalten müssen.