Protocol of the Session on May 16, 2013

Zweitens: Dagegen zu sein bringt mit sich, dass man hierfür gute Argumente haben muss. Die bisher geäußerten Argumen te der Gegner wurden doch durch die Gutachten systematisch widerlegt.

(Zurufe von der CDU und der FDP/DVP – Abg. Tho mas Blenke CDU: Das wird ja immer besser! – Abg. Volker Schebesta CDU: Heißt das, es ist egal, wie abgestimmt wurde? – Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Deshalb die Frage: Bleibt der Anspruch der Gegner unbescha det der Logik bezüglich der Richtigkeit ihrer Argumente trotz dem noch bestehen?

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Deshalb kriegt man mit 16 nun das Wahlrecht! – Weitere Zurufe – Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege Winkler, Sie sollten ge nug Erfahrung haben, um zu wissen, dass bei Wahlen, Abstim mungen und Befragungen, bei Voten, bei Bürgervoten, nicht allein Argumente gelten, sondern auch Emotionen. Das kann doch niemand bezweifeln. Wenn Sie jetzt hergehen und sa gen: „Das Votum kommt nicht von der gesamten Region“, dann antworte ich Ihnen Folgendes: Es haben sich sieben Ge meinden beteiligt, sechs davon im Suchraum. Diese sechs Ge meinden decken 73 % der betroffenen – der unmittelbar be troffenen – Bevölkerung ab,

(Zurufe von der CDU: Hört, hört!)

auf deren Wohngemarkungen sich der Suchraum erstreckt.

(Zuruf von der SPD: Der Fläche, nicht der Bevölke rung!)

Also 73 % der Fläche. – Darunter ist die Stadt Freudenstadt, die nur mit einem kleinen Teil betroffen ist. Ich sage Ihnen ganz offen: Bei Jochen Borg aus Bad Wildbad und Helga Lie pelt aus Baiersbronn beispielsweise geht es nicht um 0,7 % der Waldfläche im Land, sondern da geht es um 100 % ihrer Heimat. Das ist die entscheidende Frage.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Alf red Winkler SPD: Wohnen die im Wald? – Glocke des Präsidenten)

Kollege Hauk, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Böhlen?

Bitte, Frau Kollegin.

(Unruhe)

Herr Hauk, wie bewerten Sie das Abstimmungsverhalten in Bad Herrenalb, das mitten im Suchraum liegt? Dort haben 16 % der Bevölkerung abge stimmt, 84 % haben nicht abgestimmt. Wie bewerten Sie das Abstimmungsverhalten der CDU und der FDP im Gemeinde rat der Stadt Baden-Baden? Dort hat die FDP-Fraktion voll ständig zugestimmt, die CDU mit zwei Dritteln. Wie ist die Bewertung?

Das ist doch in Ordnung. Meine Da men und Herren, es ist doch in Ordnung, wenn kommunale Gremien zu einem solchen Ergebnis kommen. Da habe ich doch gar nichts dagegen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Aha!)

Es spricht doch für die Baden-Badener, wenn man sich mit der Thematik beschäftigt. Wenn sich der Gemeinderat mehr

heitlich dafür ausspricht, ist das doch in Ordnung. Das kann man aber doch nicht gegenseitig aufwiegen. Sie können doch nicht sagen, dass das Abstimmungsvotum des Gemeinderats von Baden-Baden auf einmal viel mehr wert sei als das Bür gervotum in Forbach, nur weil Forbach nur 2 500 Einwohner hat – die aber deutlich stärker betroffen sind.

(Zurufe)

Herr Ministerpräsident, Sie sagen, es gehe nicht, nach Betrof fenheit entscheiden zu lassen. Da haben Sie vollkommen recht. Wenn es um wichtige Infrastrukturprojekte für das Land geht, geht das in der Tat nicht. Herr Kollege Schmiedel, Sie haben vom Verhindern von Autobahnen gesprochen. Ich glau be nicht, dass diese Regierung noch Autobahnen baut;

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Nein, da habe ich gar keine Sorge! – Weitere Zurufe – Unruhe)

die derzeitige Landesregierung wird das jedenfalls nicht tun. Insofern habe ich da keine Sorge, dass es dort Bürgerprotes te gibt, weil diese eben gar nicht notwendig sind.

Wir haben es dort aber mit einem Infrastrukturprojekt zu tun, das man als notwendig oder nicht notwendig erachtet: Pers pektiven, Chancen, Risiken. Wenn die Entscheidung der zu ständigen Gremien lautet, es werde gebaut, dann ist das Inf rastrukturprojekt aber auch fertiggestellt und voll funktions fähig, sobald die Verschleißdecke da ist, die Bordsteinkanten angebracht sind und der Verkehr darauf rollen kann. So ist das Projekt S 21 vollständig funktionsfähig, wenn die Tunnels ge baut, die Gleise verlegt sind und der ICE draufsteht. Dann ver kürzt sich die Fahrtzeit von Stuttgart nach Ulm um eine hal be Stunde. Dann ist das Projekt vollkommen funktionsfähig.

Aber ein Nationalpark ist nicht funktionsfähig, wenn sich die Menschen, die dort wohnen, dagegen aussprechen und die sem Nationalpark mit Obstruktion begegnen. Das ist das Pro blem.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Sie können den Staatswald sperren und die Bannwälder, die es gibt, zu einem Nationalpark mit 10 000 ha umwandeln. Das ist überhaupt kein Problem. Dann haben Sie einen minimalen naturschutzfachlichen Mehrwert, sagt das Gutachten.

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Das ist völlig un strittig!)

Das Gutachten sagt nicht, dass dieses Projekt von so großer nationaler Bedeutung sei, und es sagt, dass es nur einen mini malen naturschutzfachlichen Mehrwert hätte. Dass man dies zwingend machen müsse, steht nicht drin.

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Das ist völlig un strittig!)

Das ist völlig unstrittig, Herr Rösler, genau.

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Es ist unstrittig, dass es einen Mehrwert gibt!)

Das steht da also nicht drin. Und weil es nicht drinsteht, kann man darüber so oder anders entscheiden.

Wenn man die Chancen, die ebenso im Gutachten angeführt sind und die auch ich für den Tourismus etc. sehe, wahrneh men will, braucht man aber Menschen, die investieren. Dann braucht man Hotels und Gastronomie. Dann braucht man die Kommunen hintendran, die sagen: „Wir wollen dafür die nö tige Infrastruktur; hieran wollen wir auch mitwirken.“ Dann braucht man die Ehrenamtlichen im Schwarzwaldverein, die Wege für E-Bikes etc. und für die dort Mitwirkenden. Das heißt, man braucht zwingend die Menschen, die Bevölkerung in dem betroffenen Gebiet und nirgendwo sonst.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Zuruf: Bra vo!)

Das ist der Unterschied zu einer Autobahn: Die Autobahn ist funktionsfähig, wenn die Verschleißdecke drauf ist und der Verkehr rollt. S 21 ist voll funktionsfähig und wird von Geg nern wie Befürwortern genutzt werden, sobald die Schienen verlegt und die Tunnels gebaut sind. Alles ist dann voll funk tionsfähig. Der Nationalpark aber ist nur dann voll funktions fähig, wenn die Chancen, die darin liegen, von den Menschen auch tatsächlich ergriffen werden. Das ist der große Unter schied.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, deshalb war unse re Position immer, dass die Menschen mitmachen müssen. Das hätten wir von einer Bürgerbeteiligung, die jetzt über zwei Jahre läuft, erwartet.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Das ist ganz einfach. Ich sage Ihnen ganz klar: Sie haben die Chance gehabt. Sie haben versagt; Sie haben nichts daraus ge macht. Sie sind gescheitert –

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP)

ganz einfach.

Dann sagen Sie: Die Bürger wussten ja Bescheid; das stand im Wahlprogramm der Grünen. Das stand auch im Wahlpro gramm der CDU – allerdings mit der Einschränkung: „Wenn die Menschen mitmachen“. Zu der Aussage „Die Bürger wuss ten ja Bescheid“ kann ich nur sagen – siehe die Steuerdebat te von letzter Woche –: Die Bürger wissen auch beim Thema Steuern, was auf sie zukommt, weil es im Wahlprogramm der Grünen steht.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE meldet sich. – Glocke des Präsidenten)

Wenn es zutrifft, dass die Bürger Bescheid wissen, weil sie wissen, was in den Programmen steht, und Sie als Minister präsident dieses Landes auf dem Parteitag nicht einmal das ändern, was zu ändern wäre, dann ist das ein Armutszeugnis für diesen Ministerpräsidenten.

(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Glocke des Präsidenten)

Kollege Hauk, gestatten Sie eine Kurzintervention des Kollegen Dr. Rösler?

(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Er hat Angst da vor! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: So viel zum Thema Demokratie! – Unruhe bei Abgeordneten der Grünen)

Herr Ministerpräsident, dann haben Sie gefragt: Was hätte man denn anders machen können?

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Ja, ja!)

Das will ich Ihnen sagen – jedenfalls keine Frontalbeschal lung und keine Frontalveranstaltungen –: Wir hatten – sicher lich nicht in der jetzigen Umstrittenheit – das erste Natur schutzgroßprojekt, nämlich das Biosphärengebiet Schwäbi sche Alb. Ich will Ihnen einfach einmal erläutern, wie das da mals gelaufen ist. Dann werden Sie vielleicht verstehen, was ich meine.