Erstens entscheidet darüber die Bahn. Sie ist Bauherr und An tragsteller. Sie muss sich darauf einlassen. Auf das Mehrheits votum des Filderdialogs haben sich die Bahn und andere Pro jektpartner nicht eingelassen. Darum ist das nicht weiterver folgt worden. Das ist ganz einfach.
Es war vereinbart: Nur im Konsens kann dieser Filderdialog Entscheidungen für das Projekt bringen. Das war vorher klar. Es ist immer wichtig, wenn wir Bürger beteiligen, dass vor her klar ist: Um was geht es? Über was wird hier entschieden und über was nicht?
Zweitens wurde die Frage der Kosten entschieden. Da war auch klar, dass die Kosten im Rahmen bleiben müssen. Auch das ist nicht der Fall gewesen. Herr Kollege Schmid hat dann mit der Bahn verhandelt, ob sie bereit ist, auf die Berufung auf die Sprechklausel zu verzichten. Dann hätten wir uns noch einmal beteiligt. Dazu war die Bahn nicht bereit. Deswegen wird das jetzt so gemacht, wie die Bahn das will. Das ist ein völlig korrektes Verfahren. Das ist völlig korrekt gelaufen.
Herr Präsident, meine sehr verehr ten Damen und Herren! In einem „Zeit“-Interview vom 3. De zember 2010 hat der heutige Ministerpräsident und damalige Grünen-Fraktionschef gesagt – ich zitiere –:
und ihren Widerspruch und ihre Alternativen auf Augen höhe mit den Projektbefürwortern artikulieren zu können. … In Zukunft wird es kein größeres Projekt mehr geben,
bei dem nicht nach der Art der Stuttgarter Schlichtung die Zivilgesellschaft ernst genommen wird, dann aber nicht am Schluss, sondern vor und während des Prozesses.
Herr Ministerpräsident, die Vorlesung über die Kompetenzen und die Verfassungsordnung dieses Landes hätten Sie sich sparen können.
(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Gerade Sie brau chen ab und zu Nachhilfe in Sachen Verfassungsord nung!)
Die Frage ist doch: Wie kommt man zu einer Entscheidung? Wie kommt man zu einer Gesetzesvorlage? Wie kommt man zu weiteren Verordnungen? Das sind doch die entscheidenden Fragen. Die Frage ist dabei weiter: Wie beteiligt man tatsäch lich die Bürgerschaft vor Ort? Dort, im Nordschwarzwald, ha ben Sie – diesen Vorwurf kann man Ihnen nicht ersparen – die Menschen getäuscht.
Dabei hat Herr Bonde nicht als Mitglied der Grünen, sondern in seiner Eigenschaft als grüner Minister für Landwirtschaft, Forst und Naturschutz gesagt – er hat für die Landesregierung gesprochen; es war ein regierungsamtliches Papier mit Wap pen –:
Es wird einen Nationalpark im Nordschwarzwald nur ge ben, wenn die Menschen in dieser Region diesen wün schen.
Das war am 21. Juli. Er hat – nicht als Privatmann oder als Baiersbronner Bürger, sondern regierungsamtlich – gesagt:
Ministerpräsident Kretschmann und die grün-rote Lan desregierung stehen für eine Politik des Gehörtwerdens. Ein Projekt wie der Nationalpark kann nur dann erfolg reich sein, wenn es von der Region getragen wird.
Jetzt kommen Sie, Herr Ministerpräsident, mit Semantik. Sie fragen: Wer ist denn die Region? Wen meint man denn eigent lich?
Sie wussten doch, was passiert. Das war Ihnen doch nicht un bekannt oder verborgen geblieben. Sie haben genau gewusst, was passiert. Denn anfänglich haben die Menschen auf den von Ihnen angekündigten Dialogprozess vertraut. Sie haben darauf vertraut, dass es ein Gutachten gibt. Sie haben darauf vertraut, dass sie mitwirken und dass ihr Votum dabei eine Rolle spielen wird.
Ich kann mich noch gut an die Wanderung erinnern, die ich mit dem Kollegen Norbert Beck im August 2011 in Beglei tung von 140 oder 150 Menschen durch das Mitteltal unter nommen habe. Die Teilnehmer waren – das sage ich ganz of fen – überwiegend Projektgegner oder Nationalparkkritiker; auch ein paar Befürworter waren dabei. Wir haben in den
sechs, sieben Stunden intensiv über den Prozess gesprochen. Ich habe die Menschen damals sogar selbst – heute mache ich mir dies zum Vorwurf – vertröstet und habe gesagt: Schaut auf das, was Herr Bonde gesagt hat. Dieses Votum gilt etwas. Argumentative Kritik kann etwas bringen.
Die Wende kam ein Jahr später. Da sind Sie in einer Nacht- und Nebelaktion an einem Sonntagmorgen aufgetaucht.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Nein, das war ein Diens tagabend auf dem Parkplatz mit der Nacht- und Ne belaktion! Mit dem Müller! – Gegenruf von der CDU: Alte Klamotte!)
Sie haben sich da von Scharen von Befürwortern umringen und in Ihrer Meinung bestätigen lassen, und Sie sagten dann:
Wir diskutieren mit der Bevölkerung vor Ort auf Augen höhe, binden sie in den regionalen Arbeitskreisen zum Projekt ein und lassen ein Gutachten erstellen. Aber ent schieden wird die Sache im Landtag, da muss man nicht lange rummachen, das ist klar sortiert.
Das ist eine Binsenweisheit; es steht in der Verfassung. Das wusste jeder. Aber was Sie deutlich gemacht haben, ist, dass es in der Frage der Entscheidungsfindung auf die Menschen vor Ort gar nicht mehr ankommt, dass sie gar keine Rolle mehr spielen.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Abg. Fried linde Gurr-Hirsch CDU: Es kommt auf die Menschen nicht an! – Glocke des Präsidenten)
Herr Kollege Hauk, wir sind uns sicher einig, dass unter den Begriff „Region“ nicht nur die fal len, die dagegen sind.
(Lachen bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP: Was wollt ihr damit ausdrücken? Ist das Demokratie?)
Die Region umfasst vielmehr unter Umständen auch Bevöl kerungsteile, die dafür sind. Das sehen wir doch.
Zweitens: Dagegen zu sein bringt mit sich, dass man hierfür gute Argumente haben muss. Die bisher geäußerten Argumen te der Gegner wurden doch durch die Gutachten systematisch widerlegt.