Das will ich Ihnen sagen – jedenfalls keine Frontalbeschal lung und keine Frontalveranstaltungen –: Wir hatten – sicher lich nicht in der jetzigen Umstrittenheit – das erste Natur schutzgroßprojekt, nämlich das Biosphärengebiet Schwäbi sche Alb. Ich will Ihnen einfach einmal erläutern, wie das da mals gelaufen ist. Dann werden Sie vielleicht verstehen, was ich meine.
Es gab einen Truppenübungsplatz Münsingen mit ca. 6 000 ha. Da war zu entscheiden, was mit diesem Truppenübungsplatz passiert. Damals hat der NABU – Sie, Herr Dr. Rösler – den Anstoß dazu gegeben: Da könnte man ein – –
Dann gab es damals einen Fraktionschef, der dann Minister präsident wurde, der das aufgegriffen hatte. Anschließend hat man damit begonnen, zu überlegen: Wie kann ein solches Bio sphärengebiet tatsächlich entstehen? Wir wussten: Es gibt Be denken bei den Bauern, es gibt Bedenken bei den Kommunen – die waren abgeschreckt durch die Diskussionen über die FFH- und die Vogelschutzrichtlinie; es gab Skepsis, ob es noch ein Gebiet, noch eine „Käseglocke“ und noch mehr Ein schränkungen geben soll. Wir wussten genau: Wir brauchen 20 000 ha für die Anerkennung nach IUCN. Das war die Vo raussetzung.
UNESCO, sorry. – 6 000 ha waren da. Da hat die Stadt Münsingen gesagt: „Das könnten wir uns vorstellen, aber wir wollen wissen, woran wir sind.“ Dann kam die Gemeinde Rö merstein – Alb-Donau-Kreis – und hat gesagt: „Das könnten wir uns vorstellen.“
Sorry, Landkreis Reutlingen. – Dann kam noch Bad Urach. Das waren die drei, die gesagt haben: „Wir hätten eigentlich schon Interesse daran.“ Denn sie haben nach intensiven Ge
sprächen auch das Thema Wachstum und das Thema Chan cen betont und nicht die Risiken – die es auch gab – in den Vordergrund gestellt.
Das waren aber immer noch keine 20 000 ha. Dann sind wir in einen iterativen, interaktiven Dialogprozess, wie Sie das so schön nennen, eingetreten, ohne dass wir dies wie eine Mons tranz vor uns hergetragen hätten; vielmehr haben wir einfach mit den Menschen gesprochen.
Dann haben wir zunächst einmal Konzepte entwickelt: ein Tourismuskonzept, ein Finanzierungskonzept – die betroffe nen Gemeinden wussten genau, woran sie sind – und auch ein Schutzkonzept. Die Gemeinden wussten also auch, welche Auflagen sie erhalten.
Erst dann, an diesem Punkt der Wegstrecke, kamen auf ein mal weitere Gemeinden hinzu und haben gesagt: Das könnte auch für uns etwas sein; an dem Thema „Schwäbische Alb“ als Markenzeichen, an diesem Label wollen wir unter Um ständen teilhaben.
Aus den drei Gemeinden plus Truppenübungsplatz wurden 18 und wurde eine Fläche von 85 000 ha. Ziel waren ursprüng lich 20 000 ha gewesen.
85 000 ha waren es am Ende. Herr Ministerpräsident, die Kompetenzordnung war klar. Die Kompetenzordnung sah in diesem Fall eindeutig vor: Es gibt eine Verordnung des Na turschutzministers; damit wird dieses Biosphärenreservat er richtet. Das war die klare Kompetenzordnung.
Danach haben die Gemeinden entschieden, ob sie in dieser Gebietskulisse drin sein wollen oder nicht. In allen 18 Ge meinderäten, in unzähligen Verbandsgesprächen mit den Bau ern, mit den Jägern, mit den Forstwirten, mit den IHKs, mit dem DEHOGA, in unzähligen Gesprächen wurde diese Bio sphärengebietsverordnung Stein für Stein, Baustein für Bau stein gemeinsam erarbeitet. Die Unterschrift war dann der Schlussbaustein und nicht der Anfang. Sie hingegen machen es gerade umgekehrt. Sie machen ein Nationalparkgesetz, bei dem alles zu Beginn unklar ist. Sie stellen das an den Anfang und sagen: Über alles andere reden wir später.
Und dann wundern Sie sich – – Sie nennen das Beteiligung, und das soll dann ernst genommen werden. Entschuldigung, die Leute fühlen sich hochgenommen. Das ist doch die Wahr heit.
Ich sage es noch einmal: Wer soll der Zusage einer Landesre gierung noch trauen? Da werden ein paar Brocken hingewor fen. So wird z. B. den Sägewerksbetreibern zur Beruhigung gesagt: Holz bekommt ihr aus dem Staatswald.
Entschuldigung, wir haben mehr Produktion, Gott sei Dank. Das ist ein Cluster. Wir haben mehr Produktion von Holz, als wir nachwachsende Rohstoffe im Land haben.
(Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Weil Sie mit Lan deszuschüssen zu viel Sägewerkskapazitäten geschaf fen haben! – Gegenruf der Abg. Friedlinde Gurr- Hirsch CDU: Das macht doch die Wirtschaft, Herr Rösler!)
Deshalb müssen wir aus anderen Ländern importieren. Das ist ja in Ordnung. Aber wenn Sie dies bevorzugt bedienen wol len, dann erhöht das den Import, und das führt zu weiteren Transporten. Ich will das nur einmal festhalten; das ist der ökologische Aspekt.
Der zweite Aspekt – Herr Minister Bonde, das wissen Sie als Fachminister auch –: Es gibt kartellrechtlich einfach Beden ken. Es ist kartellrechtlich nicht geklärt, ob das Land BadenWürttemberg als Waldbesitzer dies einfach zusagen kann. Sie wissen auch, dass diese Bedenken vorgetragen wurden. Trotz dem stellen Sie es so dar, als sei die Lage befriedet, gehen in die Kommunen und sagen: Ihr dürft im Nationalparkbeirat mitreden.
Nationalparkrat. – Das sind Entscheidungsfälle. Wo steht das denn? Wer soll Ihnen denn noch trauen nach Ihren Wor ten, dass die Region – – „Region“ ist in der Tat ein unbe stimmter Begriff. Von den Menschen ist das aber so verstan den worden, dass sie gemeint sind. Das wissen Sie doch auch. Wer soll Ihnen denn noch trauen, wenn Sie sagen, die Men schen in der Region wünschten einen solchen Nationalpark und seien bereit, dies mitzutragen?
Warum arbeiten Sie Gesetze und Verordnungen nicht vorher aus und legen sie den Menschen dann tatsächlich mit vor?
Es geht mir um einen iterativ zu erarbeitenden Gesetz- und Verordnungsentwurf – nur darum. Dass der Landtag hierüber abschließend entscheidet, ist doch völlig klar. Aber das hätten wir uns im Sinne einer echten Bürgerbeteiligung gewünscht. Das haben Sie alles nicht gemacht.
Sie haben mit den Befürwortern gesprochen und haben die Gegner ignoriert. Sie haben alle Fragen in den Diskussions runden beantwortet, Herr Ministerpräsident. Das will ich gar nicht bezweifeln. Aber Sie haben sich mit den Fragen nicht auseinandergesetzt. Das ist das eigentliche Problem.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Claus Schmiedel SPD: Das ist doch ein Unsinn! Ein Unsinn hoch drei!)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich sage Ihnen ganz offen: Wir haben gestern – viele Kollegen unserer Fraktion waren dabei – mit den Bürgermeistern und Landräten der Suchregion gesprochen.
Da gibt es keine Möglichkeit mehr, für diesen Suchraum, für diese Gemeinden etwas an einem runden Tisch zu besprechen.
Die Bürgermeister, jedenfalls in dieser Region, und die, die abgestimmt haben, fühlen sich an das Bürgervotum gebun den; das haben sie klar gesagt.
Deshalb sind weitere Gespräche eigentlich obsolet. Sie haben nämlich nicht nur die Bürger nicht hinter sich, Sie haben auch die Institutionen, die Körperschaften, diese sieben Städte und Gemeinden sowie den Landkreis, nicht mehr hinter sich. Ich frage mich, ob eine Abstimmung über den Nationalpark jetzt noch dasselbe Ergebnis hätte wie vor dem Bürgervotum. Das frage ich mich wirklich.