Protocol of the Session on May 15, 2013

Ich stelle fest, dass die Opposition heute die Chance verpasst hat, von ihrer Panikpolitik wegzukommen. Sie haben heute gezeigt: Sie arbeiten mit Lügen, Unterstellungen,

(Widerspruch bei der CDU und der FDP/DVP – Zu rufe von der CDU und der FDP/DVP, u. a.: Jetzt hört es aber auf! – Unverschämt!)

Angst und Schlechtreden. Das sind die vier apokalyptischen Reiter schwarz-gelber Bildungspolitik.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Georg Wacker CDU: Sie mit Ihrer Verheißungsideologie ha ben es gerade nötig! Sie Verheißungsideologe! – Zu ruf von der SPD: Höchststrafe!)

Für die Fraktion der FDP/DVP spricht noch einmal Kollege Dr. Kern.

Herr Präsident, meine lie be Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Dr. FulstBlei, Sie haben uns gerade Lügen unterstellt.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Ja!)

Ich bitte Sie, dafür den konkreten Beweis vorzulegen. Sonst entschuldigen Sie sich bitte dafür.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Wenn Sie in letzter Zeit Schulen besucht haben – davon gehe ich aus – und dort mit Lehrerinnen und Lehrern gesprochen haben, müssten Sie doch auch gemerkt haben, dass die Stim mung in baden-württembergischen Lehrerzimmern verhee rend ist. Ich darf Ihnen zwei Zitate hierzu vorlegen. VBE-Prä sident Gerhard Brand schreibt:

Noch nie sind Lehrkräfte so verunsichert gewesen wie jetzt.

Ich darf zweitens aus einer an mich gerichteten E-Mail zitie ren, in der mir ein Schulleiter schreibt:

Die Stimmung an unserer Schule ist innerbetrieblich bes tens, aber im Hinblick auf die bildungspolitische Zukunft Baden-Württembergs verheerend. Dass so viele Lehrer und Schulleiter sagen: „Gott sei Dank kann ich bald ge hen“, ist ein Alarmsignal ersten Grades!

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Hört, hört!)

Das haben Sie zu verantworten, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es!)

Dass Sie, Herr Dr. Fulst-Blei, ausgerechnet diejenige statisti sche Aussage heranziehen – ich habe am Anfang drei statisti sche Zahlen genannt, die belegen, warum Baden-Württem berg über das beste Bildungssystem in der Bundesrepublik Deutschland verfügt hat –,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Faktum ist das!)

die noch zutrifft, nämlich dass die Jugendarbeitslosenquote bei uns auch heute noch die niedrigste ist, die anderen zwei Statistiken aber unter den Tisch fallen lassen, in denen es um die Schulabbrecher- und die Klassenwiederholerquote geht, das ist doch symptomatisch.

(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Habe ich auch ge nannt! – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Da müssen Sie einmal in sozialdemokratisch regierte Länder gehen!)

Nach Aussagen des Philologenverbands besteht die Gefahr, dass 10 % aller Fünftklässler an baden-württembergischen Gymnasien die Klasse wiederholen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Sie machen schon wie der Angst! Sie sind ein Madigmacher! Sie reden das alles schlecht! Angstmacher! Unglaublich!)

Es waren 0,5 % in der Regierungszeit von CDU und FDP/ DVP. – Ich mache keine Angst, Herr Kollege,

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Natürlich machen Sie Angst! Wo ist der Beleg?)

sondern ich nehme die Ängste ernst.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Sie schüren un begründete Ängste weiter!)

Ich bin nämlich Lehrer gewesen. Mir geht es um jeden ein zelnen Schüler.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Sie treiben die Eltern in die Ängste, sonst nichts!)

Wenn ein Schüler die Klasse wiederholen muss, nur weil Sie eine schlechte Bildungspolitik gemacht haben, finde ich das verheerend, Herr Kollege.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Was ich als den Gipfel erachte: Bildungspolitik ist viel zu ernst, als dass man Witze darüber macht.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Hören Sie auf, Ängste zu schüren! Hören Sie auf damit!)

Wenn der Ministerpräsident höchstpersönlich in einer Presse konferenz sagt, zu seiner Zeit hätten 50 % der Schüler eine Klasse wiederholt, und insofern sei eine Quote von 10 % ei ne dramatische Verbesserung, dann finde ich das unterirdisch, Herr Ministerpräsident.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Eine Verhöhnung ist das!)

Es bleibt dabei: Das heute vorgelegte Konzept ist halbherzig, es ist auch nicht mutig. Gerade Sie hätten es angesichts der zahlreichen Reformen, die Sie gemacht haben, am nötigsten gehabt, zuerst eine Bildungsplanung zu erstellen und dann erst Reformen durchzuführen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Für die CDU-Fraktion spricht Kol lege Wacker.

Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen! Ich möchte einmal den Versuch unterneh men, das genau zu analysieren, was Sie, Herr Minister, in die Eckpunkte geschrieben haben.

Wenn man jetzt einmal Abstand davon nimmt, dass das Land am Ende selbst, wenn die Schülerzahlen unter die Grenze von 16 Schülern pro Jahrgang an einzelnen Schulen sinken, Schu len schließt, dann hat sich eigentlich gegenüber der bisheri gen Verwaltungspraxis im Wesentlichen nichts geändert.

Herr Minister, Sie haben exzellente Experten im Haus. Ich kann Ihnen nur raten, sich da einmal schlauzumachen.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Wenn sie dürften! – Abg. Winfried Mack CDU: Maulkorb!)

Was besagt denn § 30 des Schulgesetzes genau? Es gibt, was Gründungen und was Schulschließungen betrifft, ein gegen seitiges Initiativrecht. Die Initiative kann von der Schule selbst ausgehen, sie kann aber auch vom Ministerium ausge hen. Am Ende muss allerdings der Antrag von der Schule selbst bzw. vom Schulträger erfolgen. Genau dies war der Grundsatz einer dynamischen Standortentwicklung in den letzten 40 Jahren.

(Lachen des Abg. Claus Schmiedel SPD – Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Wir haben aber leider eine Dyna mik nach unten! Wir werden ganze ländliche Räume ohne Schulen kriegen, wenn es so weitergeht!)

Herr Kollege Fulst-Blei, Ihre Aussage ist insofern komplett falsch. Das möchte ich Ihnen an der Begrifflichkeit des öffent lichen Bedürfnisses, die bei diesen Eckpunkten auch eine be sondere Rolle spielt, ganz klar begründen. Was sagte denn das „öffentliche Bedürfnis“ in der Vergangenheit, und was sagt das „öffentliche Bedürfnis“ in der Zukunft? Es können nur dann neue Schulen gegründet werden, wenn das entsprechen de „öffentliche Bedürfnis“ nachgewiesen wird, das heißt, wenn rechnerisch Schüler vorhanden sind, die noch nicht in Schulstandorten „versorgt“ sind. Warum gab es aber in den letzten Jahren so extrem wenig Schulgründungen, Herr FulstBlei? Einfach deswegen, weil das öffentliche Bedürfnis für mögliche Neugründungen in der Vergangenheit nicht nachge wiesen werden konnte, weil wir eine exzellente Versorgung der Schullandschaft in Baden-Württemberg hatten. Das ist doch der Grund.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Was?)

Das heißt: Alle Schülerinnen und Schüler in Baden-Württem berg haben heute und hatten in der Vergangenheit – das war Bestandteil einer dynamischen Standortentwicklung durch die letzte Landesregierung – immer die Möglichkeit, in erreich barer Nähe eine Schule – das gilt bezüglich aller Schularten – zu besuchen.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Und was machen Sie mit der demografischen Entwicklung?)

Das war der Grundsatz, den Sie jetzt betonen, abgesehen von Ihrer neuen ideologischen Ausrichtung – Stichwort Gemein schaftsschule. Genau dieser Grundsatz, den Sie betonen – Er reichbarkeit –, war ein wesentlicher Bestandteil dieser dyna mischen Standortentwicklung. Sonst hätten wir in der Vergan genheit viele entsprechende Anträge gehabt. Insofern ist die Aussage, die Sie hier formulieren, schlicht und einfach falsch.

Insofern: nichts Neues, abgesehen davon, dass Sie am Ende selbst Schulen schließen. Das gehört auch zur Wahrheit. Sie brauchen einen rhetorischen Aufschlag – das verstehe ich –, allerdings ist auch dieser rhetorische Aufschlag zu kurz ge sprungen.