Protocol of the Session on April 11, 2013

Schwerer wiegt in meinen Augen das Argument, dass die Be soldung der Richterinnen und Richter hinter der allgemeinen Preisentwicklung zurückbleibt. Das lässt sich nicht allein mit der Arbeitsplatzsicherheit im öffentlichen Dienst begründen. Angst vor Arbeitslosigkeit haben hoch qualifizierte Juristen in der Regel nicht.

Die Besoldung hängt jedoch letztlich mit unserer schwierigen Haushaltslage zusammen. Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse verpflichtet uns – das wissen Sie –, bis spä testens 2020 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. An gesichts des jährlichen strukturellen Defizits, das wir hier schon häufig diskutiert haben, und der Verschuldung des Lan des steht das Land vor einer gewaltigen Konsolidierungsauf gabe, der sich kein Ressort, auch die Justiz nicht, entziehen kann. Deshalb sind wir hier in einer Pflicht, in einer Gesamt verantwortung dieser Regierung und der sie tragenden Frak tionen. Dieser Verantwortung werden wir auch im Bereich der Besoldung gerecht.

Wenn Sie im Übrigen vorgeschlagen haben, zur Sanierung oder zur Verbesserung des Justizhaushalts darauf hinzuwei sen, dass man doch bestimmte Bereiche wie die Prozesskos tenhilfe oder die Beratungshilfe aus dem Haushalt heraus nimmt, dann gestatten Sie mir zu sagen: Das ist schon eine

Milchmädchenrechnung. Dann wird es halt bei der Kollegin Altpeter im Sozialhaushalt oder sonst in einem anderen Ein zelplan veranschlagt. Das Land gewinnt dadurch keinen Cent.

Für die Richterinnen und Richter sowie die Staatsanwältin nen und Staatsanwälte ist natürlich die Forderung nach einer verfassungsrechtlich vorgeschriebenen angemessenen Besol dung wichtig. Mehr ist auch nicht realistisch. Aber diese amtsangemessene Besoldung müssen und wollen wir sicher stellen. Sie wissen auch, dass es dazu bisher keine höchstrich terlichen Entscheidungen gibt.

(Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU: Warum nicht?)

Diese erwarten wir. Das Bundesverfassungsgericht wird vor aussichtlich im Laufe des Jahres darüber entscheiden. Es gibt Vorlagebeschlüsse des Oberverwaltungsgerichts Münster. Die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts erwarten auch wir mit Spannung. Die von Ihnen zitierte Entscheidung des Gerichts in Halle würde ich jetzt noch nicht als unbedingt wegweisend für die Besoldungspolitik in unserem Land an sehen.

Mir ist wichtig: Die Justiz muss ein attraktiver Arbeitgeber bleiben. Sonst laufen wir Gefahr, dass wir nicht mehr genü gend Spitzenkräfte für die Justiz gewinnen können. Wir un ternehmen daher viel, um die Vorzüge einer Tätigkeit in der Justiz weiter zu stärken. Ich darf an die Novellierung des Lan desrichtergesetzes mit dem Dialog mit den Justizangehörigen erinnern. Wir arbeiten mit neuen Personalentwicklungskon zepten und wollen Hilfestellung geben, dass jeder seinen Weg in der Justiz entsprechend seinen Fähigkeiten findet. Mit zu sätzlichen Kindertagesstätten für die Justiz und Teleheimar beitsplätzen wollen wir die Vereinbarkeit von Familie und Be ruf stärken. Wir werden auch künftig verstärkt Führungsposi tionen aufteilen und insbesondere für Frauen bereitstellen. Da passiert eine ganze Menge.

Eine Zahl möchte ich Ihnen noch nennen, die den Nachwuchs betrifft. Bei einer kürzlich veranstalteten Tagung der Asses soren – das sind diejenigen, die in die Justiz gekommen sind – zeigte sich: Ein Viertel dieser Assessoren kommen aus dem Anwaltsberuf. In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass unsere Arbeitsplätze trotz der ungünstigen Gehaltsentwicklung, wie Sie sie skizziert haben, doch eine äu ßerst geringe Fluktuation haben. Kaum ein Richter oder Staatsanwalt kehrt uns den Rücken und wandert in die Privat wirtschaft ab. Das sind ganz wenige Fälle. Umgekehrt haben wir immer mehr Bewerber in den höheren Justizdienst über nommen, die zuvor ein oder zwei Jahre als Rechtsanwalt ge arbeitet haben. Herausragende Juristen, die auf ein großes Kanzleigehalt verzichten, weil sie erkennen, dass der Beruf, den man für das Leben wählt, mehr bieten muss als Geld und Zinsen, kommen zu uns. Ich sehe das als positives Zeichen, wenngleich ich nicht verkennen will, dass wir natürlich lang fristig die Qualitätssicherung unseres Nachwuchses im Auge behalten müssen. Ich erlebe tagtäglich, wie viele Bewerberin nen und Bewerber sich bei uns im Ministerium vorstellen, Vorstellungsgespräche führen und dann auch sehr zeitnah in die Justiz übernommen werden.

Insgesamt ist meiner Meinung nach die Justiz in Baden-Würt temberg gut aufgestellt. Das verdient, glaube ich, Anerken nung des ganzen Hauses. Ich bin allen dankbar, die am posi

tiven Erscheinungsbild und den Leistungen, die unsere Justiz erbringt, mitarbeiten.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Will Herr Kollege Dr. Löffler noch etwas sagen?

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Wenn er will! – Weite re Zurufe)

Dann erteile ich das Wort für die CDU-Fraktion Herrn Abg. Dr. Löffler.

(Abg. Volker Schebesta CDU: Schlusswort!)

Er muss nicht. Er hat noch zwei Minuten und zwei Sekun den Redezeit.

(Zuruf: Ihre Uhr ist nicht geeicht, Frau Präsidentin!)

Ihre Uhr ist nicht geeicht.

Gleich ist sie geeicht.

Herr Justizminister, man kann mir viel vorwerfen. Das meiste ist wahrscheinlich auch zutreffend. Aber ich kneife nicht. Ich glaube, das wäre jetzt nicht der richtige Ausdruck.

Wertschätzung gibt es, aber sie endet an der Besoldungstabel le. Dass unsere Richter einen guten Job machen, dass wir im Vergleich mit den anderen Bundesländern die wenigsten Rich ter haben, auch das stimmt. Ich weiß nicht, woher Sie die Zah len zum Saarland haben. Ich habe die Information nicht. Ich bekomme nur anonymisierte Daten. Die Erklärung ist unbe friedigend. Ich möchte keine so unbefriedigende Erklärung haben. Ich möchte als Parlamentarier alle Informationen ha ben, die ich abfrage.

Dass Sie sich mit den Gehältern der Richter und Staatsanwäl te beschäftigt haben, nehme ich Ihnen ab. Aber Sie scheinen das sehr im Verborgenen gemacht zu haben. Ich habe es nicht mitbekommen. Sie haben es auch nicht dargestellt. Ich hätte schon erwartet, dass Sie in der Antwort auf unsere Anfrage auch etwas zum Vorschlag im Beschluss des OVG Münster, zum Vorlagebeschluss des VG Halle und zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur W-Besoldung sagen. Das sind doch Indizien dafür, dass die Richtergehälter insgesamt nicht mehr richtig stimmen und dass unsere Richter eigent lich wesentlich mehr verdienen müssten. Wenn Sie die Ent scheidungen nachlesen – sie sind sehr umfangreich –, sehen Sie: Die Tabelle, die das VG Halle aufgezeigt hat, zeigt auch irgendwo, in welchem Spitzenkreis wir uns befinden.

(Abg. Sascha Binder SPD meldet sich.)

Herr Binder, Sie kommen gleich dran, können gleich eine Frage stellen. Ich schreibe es sowieso Ihrer Jugend zu, dass Sie die Richtergehälter für angemessen halten. Das ist einfach nicht wahr. Glauben Sie mir, einem Anwalt, der 35 Jahre im Geschäft ist: Das ist es nicht. Sie leisten eine gigantische Ar beit.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Kollege Dr. Löffler, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Binder?

Ich gestatte sie. Ja, gern.

Wie viel mehr müsste denn ein Richter verdienen, dass es aus Ihrer Sicht eine angemessene Vergütung wäre? Wie würde sich das in absoluten Zahlen auf den Landeshaushalt auswirken?

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Jetzt! Jetzt einmal raus damit! – Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Wie wä re die Gegenfinanzierung?)

Ich habe Ihnen keinen Pro zentsatz vorzuweisen,

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Was denn dann?)

sondern Sie müssen den Algorithmus anlegen, den auch das VG Halle anlegt, und daraus die entsprechende Erhöhung ab leiten. Ich kann doch nicht 10 % oder 20 % sagen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Was wollen Sie denn dann? – Zuruf: Doch!)

Nein. Auch das Bundesverfassungsgericht hat keine klaren Zahlen, sondern hat Vergleichsparameter angelegt; die Zah len muss man dann ermitteln.

(Abg. Helen Heberer SPD: Das ist doch eine Nebel bombe! – Weitere Zurufe)

Ich komme doch nicht aus der Gesamtschule und sage Ihnen etwas von der Mengenlehre.

(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Vereinzelt Heiterkeit – Glocke der Präsidentin)

Nein, das muss man doch tatsächlich darlegen und errechnen. Es geht doch gar nicht anders. Man muss sicherlich darüber nachdenken, welche Kriterien man findet, um die richtige Be zahlung zu errechnen.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Wie kommen Sie dann darauf, dass es jetzt falsch sei, wenn Sie es nicht aus rechnen können?)

Weil das Verwaltungsgericht Halle gesagt hat: „Die Besol dung ist verfassungswidrig.“

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Wir sind nicht in Sach sen-Anhalt! – Zuruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE – Glocke der Präsidentin)

Sie müssen auch einmal diesen Weckruf hören, dass da Ver änderungen stattfinden müssen.

(Zuruf des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Sie müssen sich auch damit beschäftigen, dass diese Zahlen hinsichtlich der Richter nicht mehr stimmen. Die Alimentati on ist einfach nicht mehr verfassungsgemäß.

(Zuruf der Abg. Helen Heberer SPD)

Ich glaube, es ist auch eine Frage der Zeit, darüber nachzu denken. Sie sollten schneller nachdenken, sonst läuft die Zeit ab, die bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts noch bleibt. Ich glaube, wir schulden das unseren Richtern. Sie machen einen guten Job, wie auch alle anderen Mitarbei ter in der Justiz. Das möchte ich jetzt gar nicht hinten anstel len.

Nur: Es geht jetzt nicht um die Frage der Verwaltungsmitar beiter, sondern es geht ausschließlich um die Frage der drit ten Gewalt. Das sind eben nur die Richter und Richterinnen, die Staatsanwältinnen und Staatsanwälte. Nur um die geht es. Nur bei denen stellen sich die Fragen der angemessenen Ali mentation, die Frage der verfassungsgemäßen Besoldung. Die wird problematisiert.

(Glocke der Präsidentin)

Herr Kollege Dr. Löffler, ich bitte Sie, zum Schluss zu kommen.