M ü n d l i c h e A n f r a g e d e s A b g. W a l t e r H e i l e r S P D – S c h l i e ß u n g s a b s i c h t d e r F i r m a N o k i a S i e m e n s N e t w o r k s i n B r u c h s a l
terinnen und Mitarbeiter im Lichte des aktuellen Sach stands, insbesondere auch bezüglich der Zusage der Ge schäftsleitung, die Beschäftigungsgarantie bis zum 31. De zember 2014 zu gewährleisten?
Frau Präsidentin, liebe Kollegin nen und Kollegen! Namens der Landesregierung beantworte ich die Anfrage des Kollegen Heiler wie folgt:
Zu Buchstabe a: Seit dem Joint Venture von Nokia Siemens Networks im Jahr 2007 gab es immer wieder Schwierigkei ten. Im Jahr 2010 wurde die Zahl der Arbeitsplätze von ur sprünglich 900 auf 700 reduziert, gleichzeitig aber wurde ein Beschäftigungsgarantievertrag bis zum Dezember 2014 abge schlossen. Insofern kam der Schließungsbeschluss zum No vember 2012 völlig überraschend. Allerdings waren uns die anhaltenden Probleme bei Nokia Siemens Networks in Bruch sal schon im November 2011 bekannt geworden, als in der Presse von einem weiteren Stellenabbau berichtet wurde.
Wirtschaftsminister Dr. Schmid hat deshalb im Dezember 2011 mit dem Betriebsratsvorsitzenden, Herrn Färber, Kon takt aufgenommen und in den nachfolgenden Monaten in mehreren Schreiben und Telefonaten auf die Geschäftsleitung eingewirkt. Dennoch wurde Ende November 2012 – wieder über die Presse – bekannt, dass der Standort Bruchsal ge schlossen werden soll.
In einem Gespräch, das Minister Dr. Schmid am 27. Novem ber 2012 mit dem Geschäftsführer der Nokia-Siemens-Mut tergesellschaft in München, Herrn Dr. Rodler, führte, hat die ser den Schließungsbeschluss bestätigt und dies im Wesentli chen mit betriebswirtschaftlichen und marktstrategischen Ar gumenten begründet. Seit diesem Zeitpunkt stehen speziell unsere Mitarbeiter, aber auch Minister Dr. Schmid persönlich in engem Kontakt mit dem Betriebsratsvorsitzenden, Herrn Färber, Frau Oberbürgermeisterin Petzold-Schick, der IG Me tall und der Geschäftsleitung von Nokia Siemens Networks. Ich darf die Frau Oberbürgermeisterin und auch Herrn Be triebsratsvorsitzenden Färber heute sehr herzlich unter den Zuhörern begrüßen.
Unzählige Gespräche, Schreiben und Aktivitäten waren die Folge. Am 9. Januar 2013 fand im Werk Bruchsal eine große Runde aller Beteiligten statt, bei der zwar die Schließungsab sicht bestätigt wurde, gleichermaßen aber auch die grundsätz liche Akzeptanz der Beschäftigungsgarantie bis zum 31. De zember 2014.
Außerdem gab es vorhin ein Gespräch, in dem sich Minister Dr. Schmid noch einmal persönlich über die aktuelle Situati on informiert und seine weitere Unterstützung zugesagt hat.
Wir denken, dass diese Gespräche sehr wichtig waren und sind. Das haben auch die Bewertung und die Resonanz in der Presse gezeigt. Dies ist Grundlage der seither laufenden Ver handlungen der Arbeitgeber- und der Arbeitnehmerseite. Der Minister hat zugesagt, dass wir uns dabei weiter einbringen.
Auch wenn wir diese Verhandlungen nicht direkt beeinflus sen können, stehen die Mitarbeiter des Ministeriums für Fi nanzen und Wirtschaft sowie der Minister weiterhin vermit telnd und koordinierend für alle beteiligten Parteien zur Ver fügung. Ich kann Ihnen versichern: Es vergeht bei uns fast kein Tag, an dem wir im Ministerium nicht in dieser Sache tä tig sind.
Zur Frage unter Buchstabe b: Beide Seiten gehen davon aus, dass der Schließungsbeschluss grundsätzlich besteht. Ledig lich 80 Mitarbeiter – diese Zahl steht momentan im Raum – sollen in Bruchsal beschäftigt bleiben, wobei deren Aufgaben noch nicht abschließend geklärt sind. Auch die Personen ste hen noch nicht fest. Vielleicht können noch einige zusätzliche Arbeitsplätze ausgehandelt werden. Für die restlichen rund 570 Mitarbeiter geht es aber um den Zeitpunkt der Beendi gung des Arbeitsverhältnisses, des zwangsweisen Ausschei dens. Hier herrscht noch große Unsicherheit.
In den letzten Wochen haben insgesamt zehn Verhandlungs runden zwischen der Geschäftsleitung und den Vertretern der Arbeitnehmerseite stattgefunden, um eine sozial verträgliche Einigung zu finden. Nach Aussagen beider Seiten ist man aber bisher noch weit auseinander. Andererseits haben aber auch beide Parteien das nachvollziehbare Interesse, eine Einigung zu erzielen. Die Arbeitgeberseite will verhindern, dass ein schon seit Langem wirtschaftlich nicht ausgelastetes Werk bis Ende 2014 weiterbetrieben wird, und die Arbeitnehmer wol len selbstverständlich wissen, wie es danach weitergeht und welche Zukunftsperspektiven es gibt. Es sollte möglich sein, in den nächsten Wochen eine Einigung zu erzielen. Wir haben angeboten, dies weiterhin zu unterstützen.
Zum Thema „Beschäftigungsgarantie bis zum 31. Dezember 2014“ kann ich mich nur auf die am 9. Januar dem Herrn Mi nister persönlich gegebene Zusage der Geschäftsleitung ver lassen. Wir gehen davon aus und erwarten auch, dass sie ein gehalten wird, dass man zu dieser Beschäftigungsgarantie steht.
Die Perspektive der einzelnen betroffenen Mitarbeiter muss man differenziert sehen. Wie gesagt, etwa 80 Arbeitsplätze – vielleicht sind es auch mehr – können eventuell erhalten wer den. Die Auszubildenden – es sind derzeit etwa 45 – können ihre Ausbildung zu Ende bringen. Angesichts der derzeitigen Arbeitsmarktlage haben sie, denke ich, gute Chancen, einen Arbeitsplatz zu finden.
Der Altersdurchschnitt der über 570 Mitarbeiterinnen und Mit arbeiter liegt bei über 50. Ein Teil von ihnen wird vielleicht vorzeitig in Rente gehen. Speziell jüngere, gut qualifizierte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer haben, denke ich, bei der derzeitigen Arbeitsmarktlage gute Chancen, woanders un terzukommen.
Dennoch werden vermutlich 200 bis 300 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zunächst arbeitslos werden. Hier ist beab sichtigt, eine Beschäftigungsgesellschaft zu gründen, was von seiten des MFW ausdrücklich begrüßt würde. Auch da sind wir nicht die entscheidenden Akteure.
Abschließend kann man sagen, dass sich unser Minister per sönlich sehr in dieser Sache eingesetzt hat. Er hat auch ange boten, dieses Engagement fortzuführen. Ich danke an dieser
Stelle auch Kollegen Heiler, der sich ebenfalls von Anfang an aktiv dabei eingebracht hat – wie ich gehört habe, hat er sich sogar während eines Krankenhausaufenthalts über den aktu ellen Stand in dieser Angelegenheit berichten lassen.
Herr Staatssekretär, vielen Dank für Ihre Ausführungen. Ich bin der Betreuungsabgeord nete für Bruchsal und habe mich auch von Anfang an einge schaltet.
Die Firmen Nokia und Siemens haben dort ein Joint Venture gemacht, dessen Vertrag offiziell demnächst auslaufen wird. Man befürchtet danach insgesamt eine Strategieänderung bei Siemens – es geht ja um Nokia Siemens. Man befürchtet in manchen Bereichen auch, dass dadurch für Baden-Württem berg insgesamt Nachteile entstehen. Denn es gibt im Land noch weitere Standorte, etwa einen recht großen Standort in Ulm und einen kleineren Standort in Mannheim.
Ich möchte einfach einmal nach der Einschätzung des Minis teriums dazu fragen, was dort passiert und wie es weiterge hen wird.
Verlässliche Informationen dazu haben wir derzeit nicht. Wenn man aber die Wirtschaftspres se verfolgt, weiß man, wie es dem Joint Venture und wie es in diesem Fall auch den Mutterkonzernen geht. Ich denke, es ist in den nächsten Wochen angesagt – das tun wir auch –, dies sehr aufmerksam zu beobachten.
Ich darf noch einmal an das erinnern, was ich zum bisherigen Hergang geschildert habe: Auch hier haben wir hauptsächlich aus der Presse von den jeweiligen Schwierigkeiten erfahren. Wir würden uns wünschen, dass die Unternehmen etwas früh zeitiger auf uns, also das Wirtschaftsministerium, zukommen. Das machen übrigens viele Unternehmen, und zwar nicht nur die großen – hierüber liest man dann häufig in der Zeitung –, sondern auch viele kleine Unternehmen im Land, die, wenn es Schwierigkeiten gibt, ebenfalls auf uns, auf das Wirtschafts ministerium, zukommen. In solchen Fällen steht hinterher nichts in der Presse; das ist auch gut so. Unser zuständiges Referat kann dort auch wirklich helfen.
Ich möchte dies auch als Signal an die Unternehmen im Land formulieren und betonen, dass wir, das Wirtschaftministeri um, mit den uns zur Verfügung stehenden Instrumenten – ich denke an Garantien oder Bürgschaften; dies hat vielen Unter nehmen über die letzte Wirtschaftskrise hinweggeholfen – un terstützend zur Seite stehen können.
Es muss nicht unbedingt ein schlechtes Zeichen sein, wenn ein Unternehmen frühzeitig an uns herantritt und uns von möglichen Umstrukturierungsprozessen berichtet und fragt, welche Möglichkeiten das Land, welche Möglichkeiten der Staat, vielleicht aber auch die landeseigenen Förderbanken haben, einen solchen Prozess zu begleiten, zu helfen und zu unterstützen.
Wir tun das sehr gern; wie gesagt, wir tun das in vielen Fäl len, und dabei geht es nicht nur um große Unternehmen – et
wa eine Drogeriemarktkette –, bei denen man es dann aus der Zeitung erfahren kann, sondern auch um viele kleine Unter nehmen, für die wir uns tagtäglich einsetzen. Wir tun dies gern; hierzu ist es aber nötig, dass wir frühzeitig informiert sind.
Wir haben zu den konkreten Standorten, die Sie genannt ha ben, bislang noch keine Informationen. Da wir aber mit der Geschäftsleitung im Gespräch sind, hoffe ich und gehe ich da von aus, dass wir in diesem Fall frühzeitiger informiert wer den.
Bei den in Rede stehenden Unternehmen handelt es sich nicht um den klassischen schwäbischen Mittelständler, der viel leicht eher an uns herantreten und uns eher ansprechen wür de, sondern es handelt sich um Weltkonzerne, für die ein Bun desland möglicherweise nicht dieselbe Rolle spielt wie für den klassischen Mittelständler im Land. Deshalb finde ich es auch wichtig, dass wir im Gespräch bleiben; das tun wir. Dass sich der Minister so intensiv eingesetzt hat und weiter einsetzt, zeigt ebenfalls, dass wir in Baden-Württemberg um jeden Ar beitsplatz kämpfen.
Unsere derzeitige Arbeitsmarktsituation darf uns nicht den Blick dafür verstellen, dass jeder Arbeitsplatz in Baden-Würt temberg wichtig ist, auch wenn wir im Moment eher das Pro blem des Fachkräftemangels haben. Ich glaube, angesichts der jetzigen Arbeitsmarktsituation kann man sagen, dass wir noch Glück im Unglück haben. Denn jetzt besteht gerade für die Auszubildenden – sie liegen mir sehr am Herzen – die Chan ce, dass sie auf dem Arbeitsmarkt gute Anschlussarbeitsstel len bekommen. Zumindest berichten mir Unternehmen, wenn ich vor Ort bin, dass sie händeringend nach Arbeitskräften su chen, nach gut ausgebildeten Facharbeitern ebenso wie nach Auszubildenden.
Ich gehe davon aus, dass es sich in diesem Fall um gut ausge bildete Fachkräfte handelt, die schnell Anschluss auf dem Ar beitsmarkt finden können.
Herr Staatssekretär, es liegen noch drei Zusatzfragen vor. Ich möchte darum bitten, die Fragen kurz und knapp zu stellen und entsprechend zu ant worten. – Herr Kollege Heiler.
Herr Staatssekretär, können Sie mir zustimmen, wenn ich behaupte, dass von Anfang an partei übergreifend Einigung bestand, dass wir das Verhalten der ge nannten Firma in dieser Form nicht akzeptieren können? Der Kollege Manfred Kern war damals dabei. Auch der Kollege Heribert Rech hat sich in der Presse sehr frühzeitig entspre chend geäußert.
Können Sie mir insbesondere darin zustimmen, dass ein po litischer Konsens notwendig ist, um der Firma ein deutliches politisches Signal zu senden? Können Sie auch zustimmen, dass der politische Konsens auch zukünftig notwendig sein wird?
(Vereinzelt Heiterkeit – Abg. Claus Schmiedel SPD: Nein! Ruhig ausführlich antworten! – Gegenruf der Abg. Rosa Grünstein SPD: Nein! Es liegen noch zwei weitere Fragen vor!)
Ich kann bestätigen, dass dies hier der Fall war. Ich kann Ihre Äußerungen auch grundsätzlich bestätigen. Ich denke, es sollte daran festgehalten werden, dass bei solchen Themen – vor allem dann, wenn es um mög liche Standortschließungen geht, die es immer wieder einmal gibt – parteiübergreifender Konsens besteht und dass sich al le Abgeordneten, ob im Wahlkreis, ob als Betreuungsabgeord nete oder was es da sonst noch alles gibt
es gibt ja auch wirtschaftspolitische Sprecher, die sich oft für die unternehmerischen Angelegenheiten einsetzen –, ge meinsam dafür einsetzen sollten und nicht versuchen sollten, daraus eine parteipolitische Geschichte zu machen. Das war in diesem Fall nicht so. Das war in vielen anderen Fällen auch nicht so.
Mich freut, dass wir, wenn es um den Wirtschaftsstandort Ba den-Württemberg, um die Unternehmen und die Arbeitsplät ze in Baden-Württemberg geht, parteiübergreifend einer Mei nung sind und alle an einem Strang ziehen. Das freut mich als Wirtschaftsstaatssekretär, und das freut mich auch als Abge ordneten.
Ich kann absolut bestätigen, Herr Kollege Heiler, dass dies hier der Fall war und auch bei vielen anderen Gelegenheiten der Fall ist.
Ich appelliere an die Kolleginnen und Kollegen, ebenfalls so zu handeln. Ich möchte dies mit der Aussage verbinden: Wenn es in Ihrem Wahlkreis ähnliche Fälle gibt, wenn Sie erleben, dass eine Firma in Not gerät oder es möglicherweise schwie rig für sie werden kann, wenn Sie entsprechende Signale aus der Belegschaft oder von den Geschäftsleitungen erhalten, können Sie sich gern vertrauensvoll an uns wenden. Wir be handeln das alles, wie gesagt, streng vertraulich. Wenn eine Firma nicht von sich aus an die Presse geht, tun wir es als Wirtschaftsministerium auch nicht.