Herr Hauk, Sie haben der Ministerin vorgeworfen, sie hätte andere Zahlen verwenden sollen. Ich sage nur: Schauen Sie doch einmal, von wem diese Prognose kommt. Die Prognose von 6 000 neuen Flüchtlingen in Baden-Württemberg kommt
vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Dieses Bun desamt gehört in den Geschäftsbereich des Bundesinnenmi nisters. Wenn Sie also den Vorwurf der Täuschung in den Raum stellen, dann müssen Sie sagen, der Bundesinnenminis ter habe die Länder getäuscht, indem er ihnen falsche Prog nosedaten gegeben habe. Aber der Vorwurf richtet sich nicht an die Ministerin.
Ich möchte zum zweiten Teil kommen, zum Schienenverkehr. Sie wissen, für uns sind nachhaltige Mobilität und ein hoch wertiger Schienenverkehr wichtige Bausteine. Schienenver kehr reduziert Kosten, die durch Unfälle im Straßenverkehr hervorgerufen werden. Er reduziert den Ausstoß von CO2. Die Schiene ist der umweltverträglichste Verkehrsträger. Deswe gen brauchen wir ein attraktives Angebot im Schienenverkehr, und deshalb werden wir dieses attraktive Angebot im öffent lichen Personennahverkehr schaffen.
Schauen wir uns einmal an, wie viele Fahrzeugkilometer in den letzten Jahren bestellt worden sind. 2011/2012 waren es 82 Millionen km im Schienenpersonennahverkehr in BadenWürttemberg. 2012/2013 ging die Zahl der bestellten Kilo meter sogar noch einmal nach oben, und zwar auf rund 83 Mil lionen km. Das ist ein Rekord. Sie sehen, dass unter Grün-Rot der Schienenpersonennahverkehr in Baden-Württemberg auf einem guten Stand ist.
Durch Wettbewerb hätte in den letzten Jahren ein noch grö ßeres Potenzial erschlossen werden können. Leider müssen wir feststellen, dass die Einleitung des Wettbewerbs im Schie nenpersonennahverkehr und die Erarbeitung der dazu notwen digen Unterlagen sträflich vernachlässigt worden sind. Ich ha be etwas recherchiert und dazu eine Stellungnahme des In nenministeriums vom 13. Juli 2006 gefunden. Der damals für das Verkehrsressort zuständige Kollege Rech hat darin ange kündigt – ich zitiere –:
Ungeachtet dessen wird das Land die Leistungen des Ver kehrsvertrags mit der DB Regio AG bereits im Zeitraum zwischen 2008 und 2012 ausschreiben...
Sie haben im Jahr 2006 angekündigt, innerhalb von zehn Jah ren den gesamten Schienenpersonennahverkehr in den Wett bewerb zu geben.
Wo waren die notwendigen Untersuchungen, die Sie dazu hät ten anstellen müssen? Warum kleben wir heute weiterhin an einem schlechten Verkehrsvertrag,
den der Kollege Müller unterzeichnet hat, bei dem wir mehr bezahlen und der keine Qualitätsmerkmale umfasst?
Ich möchte es einfach noch einmal an Zahlen festmachen. Wir zahlten im Jahr 2012 über 10 € pro Zugkilometer an die DB Regio. Andere Strecken wie die Schwarzwaldbahn – eine der wenigen Strecken, die Sie vergeben haben – werden für weniger als die Hälfte befahren. Die Strecke Tübingen–Pforzheim braucht nur zwei Drittel der Zuschüsse.
Wenn man sich allein diese Zahlen vor Augen führt, stellt man fest: Wir zahlen für den großen Verkehrsvertrag zu viel.
Wir reden über den Nachtragshaushalt. Das Problem liegt hier darin, dass allein die Deutsche Bahn AG und nicht die Lan deskasse von Mehrerlösen aus dem großen Verkehrsvertrag profitiert. Das heißt, dieser große Verkehrsvertrag, den wir von Ihnen übernommen haben, ist eine desolate Baustelle, die wir jetzt aufräumen müssen.
In den nächsten fünf Jahren werden bundesweit 400 Millio nen Zugkilometer in den Wettbewerb gehen. Deswegen ist es wichtig, dass wir die Ausschreibungen für Baden-Württem berg gut vorbereiten. Der Verkehrsminister hat einen Verga bekalender auf den Tisch gelegt. Jetzt besteht Klarheit darü ber, in welchem Jahr welche Strecke in den Wettbewerb geht. Das ist gut so.
Wir müssen nun sehen, wie sich der Eisenbahnmarkt entwi ckelt hat. Die Zahl der Eisenbahnunternehmen, die sich an Wettbewerbsverfahren beteiligen, ist zurückgegangen. Wir re den inzwischen über einen sogenannten Bietermarkt.
Der Wettbewerb, den wir wollen, um aus dem von Ihnen ab geschlossenen schlechten Verkehrsvertrag herauszukommen, funktioniert aber nur, wenn genügend Unternehmen als Bie ter auftreten. Deswegen ist es die Herausforderung, jetzt hier anzusetzen. Der Herr Finanzminister hat bereits ausgeführt, dass wir im Bereich der Fahrzeugfinanzierung die Grundlage dafür bilden. Der Verkehrsminister hat zusammen mit dem Fi nanzminister umfangreiche Untersuchungen angestellt, wie die Fahrzeugfinanzierung aussehen kann. Ich bin ihnen sehr dankbar, dass sie hierzu verschiedene Experten angehört ha ben. Sie haben auch Experten angehört, die ein CDU-Partei buch haben, und diese sagen sehr wohl, dass die Fahrzeugfi nanzierung ein wichtiger Bestandteil für einen attraktiven Schienenpersonennahverkehr ist.
Deswegen schaffen wir hier die Voraussetzungen für die Fahr zeugfinanzierungsinstrumente. Wir reden zum einen über Ka pitaldienstgarantien. Das sind in der Summe 2,3 Milliarden € im Jahr 2013 und 3,3 Milliarden € im Jahr 2014. Erst dadurch wird überhaupt ein effektiver Wettbewerb ermöglicht.
Es geht nicht darum, dass wir Haushaltsmittel zur Verfügung stellen, sondern wir bilden Garantien ab. Es geht also nicht um Subventionen, sondern um die Voraussetzung für mehr Wettbewerb. Diese Kapitaldienstgarantien werden ergänzt durch ein Finanzierungsmodell, wie es der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr erfolgreich praktiziert. Ich würde mir wünschen, dass die Kolleginnen und Kollegen der CDU im Verkehrsaus schuss mit ihren Kollegen in der Verbandsversammlung des Verkehrsverbunds Rhein-Ruhr Rücksprache halten würden. Ihr Kollege Martin Husmann, der dort an federführender Stel le tätig ist, schwärmt geradezu von diesem Finanzierungsmo dell, das der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr anbietet.
Dieses Modell hat für uns den Vorteil, dass wir im Zweifels fall, wenn es wirtschaftlicher ist, durch das Land oder eine Landesgesellschaft Fahrzeuge kaufen können. Dadurch kön nen wir allen Unternehmen Schienenfahrzeuge zur Verfügung stellen. Erst dadurch kommt ein richtiger Wettbewerb in Gang, gerade für die Stuttgarter Netze, in denen sehr viele Erlöse er zielt werden können.
Für diese Netze ist es wichtig, dass Fahrgäste von dem neuen Wagenmaterial profitieren und wir gute Preise bekommen.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Peter Hauk CDU: Deshalb darf der Verkehrs minister Wagen kaufen!)
Die Fahrzeugfinanzierung ist wichtig, um einen funktionie renden Wettbewerb zu bekommen. Die Fahrzeuge sind eines der wichtigsten Qualitätsmerkmale im Schienenpersonennah verkehr. Sie geben dem Wettbewerb und dem Verkehr quasi erst ein Gesicht. Wir stehen für hochwertigen Schienenver kehr. Das Modell, das das Finanzministerium und das Ver kehrsministerium erarbeitet haben, ist in unseren Augen intel ligent. Denn wir setzen unsere Bonität ein, um knappes Geld bei der Angebotserstellung einzusparen und mehr Spielräume für ein besseres Angebot zu haben. Das werden wir machen.
Noch ein Satz zur Südbahn: Der Finanzminister und der Ver kehrsminister haben die Verpflichtungsermächtigung in den Haushalt übertragen. Es liegt nicht an uns, dass es hier nicht vorangeht. Wir wären sehr froh, wenn die Deutsche Bahn AG ihre Planung zur Elektrifizierung der Südbahn zeitnah voran bringen könnte und in Bayern die Entscheidung, welcher Bahnhof in Lindau angesteuert werden soll, ebenfalls zeitnah getroffen würde. Bei uns sind die Weichen für die Südbahn gestellt. Grüne und SPD sind sich einig, dass wir für die Süd bahn eine Lösung finden.
Herr Schwarz, Sie haben heute zum wiederholten Mal gesagt, dass die alte Landesregierung keinerlei Vorbereitungen getroffen habe. Wir hatten dieses Thema schon im Herbst 2011. Dann gab es die Bitte des Abg. Mack an den Minister, den Vergabekalender vorzulegen. Das hat er dann auch getan. Sagen Sie uns doch einmal, ob dieser Vergabekalender, den er vorgelegt hat, der der alten Landes regierung war oder ein neuer. Überlegen Sie gut!
Frau Kollegin, ich kann Ih nen bestätigen, dass die alte Landesregierung wichtige Unter suchungen nicht vorgelegt hat: Untersuchungen zur Erlöswir kung aus den Verkehrsverbünden,
Untersuchungen zur Fahrzeugfinanzierung, Untersuchungen zum Thema „Angebotskonzeption 2020“. Dazu hatte sie kei ne Untersuchungen vorgelegt.
Ich wiederhole meine Frage, die eindeutig war. Welchen Vergabekalender hat der Minister im Herbst 2011 dem Verkehrsausschuss vorgelegt? Das ist eine einfache Frage.
(Abg. Claus Schmiedel SPD: Ein Kalender macht noch keinen Frühling! – Gegenruf des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Das war ein richtiger Schmie del!)