Protocol of the Session on March 6, 2013

(Zuruf von der SPD: Sehr gut!)

Um der Debatte außer schönen Reden heute auch etwas Kon kretes hinzuzufügen, haben wir noch einen Entschließungs antrag eingebracht mit dem Ziel, dass wir gemeinsam feststel len, dass wir mit einem Frauenanteil von 22 % in Gemeinde räten und 16 % in Kreistagen nicht zufrieden sind, dass wir alle Parteien auffordern, aktiv an paritätisch besetzten Listen zu arbeiten, und dass wir die Kommunen bitten, Verbesserun gen an den Rahmenbedingungen vorzunehmen.

Auch uns ist eine verstärkte Zusammenarbeit mit Organisati onen, Vereinen, Verbänden und Körperschaften wichtig. Denn gerade im vorpolitischen Raum kann man Frauen aktiv wer ben. Hier sehen wir großes Potenzial.

Wir bitten Sie, dazu beizutragen, dass alle Parteien ihre Wahl listen transparenter gestalten. Das heißt, es sollte erkennbar sein: Wie hoch war der Frauenanteil? Wie hoch war der Frau enanteil unter den anwesenden Delegierten? Auch das gehört zur Transparenz.

Ich bitte Sie: Beschließen Sie heute mit uns diesen Entschlie ßungsantrag, und setzen Sie ein Zeichen, dass wir gemeinsam für Fortschritt bei den Listen sorgen.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die CDU-Fraktion erteile ich Frau Abg. Gurr-Hirsch das Wort.

Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte zunächst einmal der SPD meinen aufrichtigen Dank für diesen wunder baren Antrag aussprechen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Das ist ein Almanach, aus dem man richtig schöpfen kann, insbesondere zur Erfüllung der Aufträge, die sich der Allge meinheit stellen. Er befördert viel Bekanntes, beinhaltet aber auch aussagekräftige Statistiken. Zudem zeigt er eine sehr re alistische Sichtweise.

Die Wissenschaftlerin, bei der Sie diese Studie in Auftrag ge geben haben, sagt ganz klar, dass Baden-Württemberg das Schlusslicht ist. Es führt kein Weg daran vorbei, das zu erken nen.

Besonders deprimierend ist – das haben Sie gerade mit den roten Punkten deutlich gemacht –, dass insbesondere im länd lichen Raum die Frauenbeteiligung in Gemeinde- und Kreis räten sehr schwach ist, obwohl die Landfrauen seit über 20 Jahren vorbildlich – mit eineinhalb Jahren Vorarbeit – daran arbeiten, Frauen zu qualifizieren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU, der Grünen und der SPD)

Seit dem Jahr 1984 hat sich sicherlich eine gewisse Steige rung gezeigt. Das kann uns aber nicht zufriedenstellen.

Die typische Kommunalpolitikerin ist in der zweiten Lebens hälfte und hat das Thema Kinder bereits hinter sich. Zwei Drit tel der Kommunalpolitikerinnen sind erwerbstätig. Außerdem sind viele von ihnen Akademikerinnen.

Die Auftraggeberin, die SPD, wurde auf den Boden der Tat sachen zurückgeholt, als sie erkennen musste, dass der Anteil der aufgestellten Kandidatinnen und der Anteil der tatsächlich gewählten Gemeinderätinnen wie eine Schere auseinanderge hen. Bei Kreistagswahlen zeigt sich eine Differenz von über elf Prozentpunkten. Das heißt, dass in unserem System dem Wähler ein ganz besonderes Gewicht zukommt; denn er kann kumulieren und panaschieren, und er hat eben so entschieden. Das ist die Freiheit des Wählers.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Hinzu kommt, dass es in 16 Kommunen in Baden-Württem berg ein Fossil der basisdemokratischen Beteiligung gibt. Dort gibt es nämlich gar keine Liste. Die Menschen gehen zur Wahl und schreiben einen Namen auf einen Zettel. Das ist beispiels weise in Egenhausen der Fall. Auf diesen Wahlzetteln sieht es besonders schlimm aus.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Da steht „Schmie del“ drauf!)

Jetzt wollen Sie die Leute aus Egenhausen an den Pranger stel len und beschimpfen, denn sie haben eine Frauenquote von gerade einmal 13,6 %.

Wenn wir uns gemeinsam etwas vornehmen, bin ich dabei. Aber ich sagte bereits: Diese Studie hat ihren Wert im Realis mus. Ich bin sehr erfahren. Ich habe fünf Listen aufgestellt.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und der FDP/ DVP – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Bravo!)

Wenn der Blick über Baden-Württemberg, auch über die Bun desrepublik hinaus gerichtet wird, dann wird deutlich: Es sind nicht die Quoten, die Frauen in kommunale Gremien bringen.

Es gibt Länder wie beispielsweise Schweden und Dänemark, in denen es keine Quoten gibt und die vorbildlich sind. Es gibt Länder wie Estland und Lettland mit einer hohen Frauenbe teiligung auch ohne Quoten.

(Zuruf der Abg. Rita Haller-Haid SPD)

Eines möchte ich süffisant bemerken: Prozentzahlen sind ei ne Sache, absolute Zahlen eine andere. Was dominiert denn in Baden-Württemberg? Das ist die Scheu vor den Parteien. Sobald Kommunalwahlen anstehen, gehen wir alle los und su chen Leute. Diese sagen dann: Auf eine Parteiliste will ich nicht; Partei ist „pfui“.

(Zurufe)

Da gibt es die Freien Wähler. Diese stellen 1 784 Gemeinde rätinnen. Die SPD hingegen, die mit 33,2 % gegenüber der CDU prozentual sehr gut dasteht, stellt nur 796 Frauen. Ab solut hat die CDU 851 Gemeinderätinnen.

(Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD)

Wenn wir also den Parteien etwas vorschreiben, wenn wir den Parteien eine Quotierung vorschreiben, dann wirkt sich das nicht auf die Wählerlisten aus.

Es ist aber schon viel passiert. Hierfür muss man den Kom munen, den Frauenbeauftragten, den Volkshochschulen und allen anderen danken. Letztlich hat das aber nicht viel bewirkt.

Jetzt haben wir noch 14 Monate Zeit. Jetzt geht es darum, dass jede Partei erkennt, dass eine gleichmäßige Verteilung von Frauen und Männern in allen Altersgruppen in kommunalen Parlamenten wichtig ist.

(Zuruf der Abg. Rita Haller-Haid SPD)

Klar ist: Wir stehen im Wettbewerb miteinander.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Jawohl!)

Der Wettbewerb weckt ja Kräfte. Deswegen meine ich, dass jeder, der eine Liste aufstellt, dafür sorgen muss, dass an ers ter Stelle eine Frau steht, dass es genügend Frauen gibt.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Wenn die Frauen anführen, die Sitzungen dauerten zu lange, wenn sie auf Bürokratie, Fraktionszwang und wenig Wert schätzung verweisen und erklären, es solle familiäre Unter stützung geben, muss man ihnen aber auch sagen: Das Leben ist kein Ponyhof.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Karl-Wil helm Röhm CDU: Ja, genau! – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Zwischenfrage!)

Wenn Frauen in den Gemeinderat kommen, müssen sie wis sen, dass sie kämpfen müssen.

Zu Ihrem Antrag möchte ich sagen: Wir haben am 22. Mai ei nen Antrag gestellt, in dem wir einen Ausgleich für die Kin derbetreuung und familienfreundliche Sitzungszeiten gefor dert haben. Das haben Sie abgelehnt. Wir lehnen Ihren Antrag ab, und zwar vor allem aus der Sicht der Frauen,

(Abg. Charlotte Schneidewind-Hartnagel GRÜNE: Das kann nicht sein!)

weil er eine Bevormundung derer ist, die Listen aufstellen.

(Zuruf der Abg. Beate Böhlen GRÜNE)

Er ist auch eine Bevormundung der vorpolitischen Gruppen. Sie können der Feuerwehr nicht vorschreiben, wie viele Frau en dort vertreten sind, und Sie können die Jugendpläne nicht davon abhängig machen, ob es beim THW genügend Frauen gibt. Das geht mir zu weit.

(Glocke des Präsidenten)

Frau Kollegin GurrHirsch, kommen Sie bitte zum Schluss. Ich würde Sie noch länger reden lassen, muss aber für Gleichheit sorgen.

Ich bin dabei, für einen höheren Frauenanteil zu kämpfen. Ich werde durch das gan ze Land gehen und mich für dieses Ziel einsetzen, aber ich werde keine zentralistischen Maßnahmen unterstützen.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Frau Abg. Schneidewind-Hartnagel das Wort.