Protocol of the Session on March 6, 2013

weil alle gesagt haben: Herr Minister, das ist zwar erst 2016, aber es ist schon richtig eng mit der Zeit, weil wir eigentlich eine Vorlaufzeit von drei bis vier Jahren brauchen. Das war mir – wie gesagt – von Anfang an bewusst, und deshalb sind wir auch von Anfang an in diese Arbeit gegangen und haben dann feststellen müssen, dass Ihre Vorbereitung den Markt, wie er sich entwickelt, völlig ignoriert hat und dass man zwin gend eine Fahrzeugfinanzierung braucht, um in Sachen Wett bewerb überhaupt einen Stich zu machen.

Nun weiß ich ganz genau, weil ich jetzt Chef des Verkehrs ministeriums bin, dass die Fahrzeugfinanzierung für meine Vorgängerin eine Tabufrage war, dass man von der politischen Ebene her nicht wollte, dass man an ein Fahrzeugfinanzie rungsmodell denkt.

(Zuruf: Hört, hört! – Abg. Nicole Razavi CDU: Das stimmt nicht!)

Wenn Sie etwas anderes gewollt hätten, dann hätten Sie – ich will jetzt nicht sagen: 58 Jahre lang – spätestens ab 1996 Zeit gehabt, einen Fahrzeugpool aufzubauen. Sie hatten üppige Re gionalisierungsmittel, Sie hatten über all die Jahre Überschüs se. Sie hätten damit das machen können, was das Land Nie dersachsen gemacht hat, nämlich einen Pool aufzubauen.

(Abg. Peter Hauk CDU: Das ist unwirtschaftlich!)

Wir sind heute in der Situation, dass wir nicht mehr das Geld haben, um eine Poolgesellschaft mit neuen Personalstellen usw. aufzubauen; Herr Haußmann hat das ja angesprochen. Deswegen wählen wir schlanke Leasingkonstruktionen, bei denen kein großer Personalbedarf besteht und die man anders konstruieren kann. Wir haben die Poollösung verwerfen müs sen, weil sie jetzt nicht mehr möglich war.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Zu teuer!)

Noch einmal zu der Aussage, wir hätten die Ausschreibung verschoben. Erstens sind wir nicht schon seit zwei Jahren an der Regierung. Deswegen haben wir das auch nicht seit zwei Jahren verschieben können. Zweitens gilt das Vertragsende 2016 immer noch.

(Zuruf der Abg. Nicole Razavi CDU)

Egal, wie lange wir an der Regierung sind – die Rechnung lautet: Erst ab 2016 beginnt es neu.

Ich habe mit dem zuständigen Regionalbahnchef nicht nur einmal darüber gesprochen. Auch mein Haus hat auf verschie denen Ebenen mit der Bahn darüber gesprochen. Die Ange bote der DB Regio haben immer gelautet: „Wir würden Ihnen gern neueres Zugmaterial zur Verfügung stellen – unter der Bedingung, dass wir einen Übergangsvertrag über zehn, zwölf, 16 Jahre bekommen.“ Dann mussten wir sagen: Über gangsverträge, die so lange laufen, sind nicht zu halten. Das wäre eigentlich die Fortsetzung des alten Monopolvertrags. Das können wir schon aus rechtlichen Gründen nicht mitma chen. Deswegen mussten wir das ablehnen. Übrigens haben auch die höheren Ebenen der DB solche Angebote gar nicht gut gefunden und haben gesagt: „Was haben wir von Verträ gen, die anschließend vor Gericht scheitern?“

(Beifall bei den Grünen)

Eine weitere Zusatzfra ge des Herrn Abg. Raufelder von der Fraktion GRÜNE.

(Abg. Peter Hauk CDU: Jetzt bin ich einmal gespannt, was zur RheinNeckar-S-Bahn kommt, Herr Raufel der!)

Herr Minister, in der Diskussion schwingt unterschwellig die Behauptung mit, dass die Ausschreibung quasi schon von der Vorgängerregierung

vorbereitet gewesen wäre. Meines Wissens – auch nach dem, was wir immer wieder dargestellt bekommen haben – war das nicht der Fall.

(Zuruf des Abg. Peter Hauk CDU)

Würden Sie vielleicht noch einmal deutlicher erklären, dass es tatsächlich keine Grundlagen gab oder ob es Grundlagen gab und dass das Ganze tatsächlich auf falschen Grundlagen basiert hat? Ich würde begrüßen, wenn Sie noch einmal deut lich herausstellen, dass Sie bei diesen Ausschreibungen qua si neu angefangen haben.

(Abg. Thaddäus Kunzmann CDU: Woher wissen Sie das?)

Bitte erläutern Sie noch einmal, ob die Ausschreibung, die uns vorgelegt worden ist, gestaffelt war oder ob man 2016 den ge samten Vertrag wieder aufleben lassen wollte. Es wäre wich tig für uns, aufzuzeigen, dass es da tatsächlich eine Grundla genarbeit gab, die wahrscheinlich Sie geleistet haben. Das würde mich interessieren.

Danke schön.

Bitte, Herr Minister.

Dem Glauben, dass vorher gar nichts gemacht wurde, möchte ich widersprechen. Eine solche Aussage wäre, glau be ich, auch eine Beleidigung gegenüber der Nahverkehrsge sellschaft. Diese hat sich schon vorbereitet. Sie wusste, dass ein großes Geschäft bevorsteht, dass man genau planen muss. Das muss klar sein. Die unterstellte Aussage habe ich so nicht getroffen.

Aber an zwei Stellen hat man etwas ungenügend gemacht. Erstens hat man die Fahrzeugfinanzierung nicht vorbereitet, weil es ein Tabu war, über Fahrzeugfinanzierung nachzuden ken. Zweitens hat man keine aktuelle Marktanalyse durchge führt, die die neuen Bedingungen in der Republik berücksich tigt hat, wegen denen eben eine einfache Ausschreibung nicht mehr gelingt, und es wurde nicht aufgezeigt, was man statt dessen macht. Da ist zu wenig geschehen.

Deswegen haben wir externe Beratung dazugeholt. Diese war notwendig und richtig, und sie hat auch zu einer Veränderung des Konzepts geführt. Wir haben deswegen mit der Nahver kehrsgesellschaft ein neues, gestaffeltes Verfahren eingeführt. Ich will an dieser Stelle schon einmal sagen: Die erste Aus schreibung, die Ausschreibung für die Münstertalbahn, ist ab geschlossen. Zwei Ausschreibungen, nämlich zur Zollernbahn und zu Heilbronn-Nord, laufen gerade. In diesem Jahr kom men noch sechs Ausschreibungen und im nächsten Jahr ver mutlich noch zwei weitere Ausschreibungen dazu.

Das heißt, von all den Ausschreibungen werden wir in diesem und im nächsten Jahr mehr als die Hälfte vornehmen. Wer jetzt noch sagt, wir würden schlafen und wir hätten die letzten ein einhalb Jahre nichts getan, der verkennt die Materie völlig. Denn es ist das Verdienst unserer guten Vorbereitungsarbeit in den letzten anderthalb Jahren, dass wir jetzt mit der Fahr zeugfinanzierungskonzeption herauskommen können, dass wir jetzt – schön aufgeteilt, gestaffelt – sukzessive die Aus schreibungen durchführen. Wir werden sicherlich auch Über

gangsformen finden müssen, weil durch den großen Verkehrs vertrag – das ist das Problem – zwei Drittel aller Schienen verkehre im Nahverkehrsbereich im Jahr 2016 frei werden und zugleich in der ganzen Republik mindestens das gleiche, wenn nicht gar das doppelte Volumen zusätzlich auf den Markt kommt.

Die wenigen Bieter gehen natürlich gern dorthin, wo es ein fach und überschaubar ist. Aber nirgendwo in der Republik gibt es so viele Baustellen wie in Baden-Württemberg. Das ist für Anbieter von Netzen ein Problem, weil sie nicht wis sen: Wann wird die Elektrifizierung der Südbahn wirklich fer tig? Wie ist es mit der Gäubahn? Was passiert am Hochrhein?

(Abg. Winfried Mack CDU: Wann wird Stuttgart 21 fertig?)

Was passiert mit Stuttgart 21? Das sind Überlegungen, die dann eben bei – –

(Abg. Peter Hauk CDU: Reden Sie eigentlich nicht mit der Bahn?)

Wir reden pausenlos mit der Bahn,

(Abg. Peter Hauk CDU: Aber anscheinend ohne Er gebnis!)

sogar mit Vorständen, und dies wahrscheinlich viel öfter, als es früher der Fall war.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Für eine weitere Frage vonseiten der CDU-Fraktion...

Wir können die Regierungsbefragung inzwischen ei gentlich umtaufen in „Stunde für Fragen an Minister Her mann“.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Man muss Sie fordern! Ein bisschen Leistung muss sein! – Abg. Pe ter Hauk CDU: Das ging doch damals von Ihnen, der Fraktion GRÜNE aus!)

... erteile ich Herrn Abg. Mack das Wort.

Herr Minister, Sie können sich bei Ihrer eigenen Fraktion beschweren.

Das ist immer wieder schön zu hören.

Herr Abg. Mack hat das Wort.

Damit wir hier keine Geschichts klitterung betreiben: War es nicht so, dass Sie im Ausschuss für Verkehr und Infrastruktur ein Konzept zur Ausschreibung, einen Ausschreibungskalender vorgelegt haben und dargelegt haben, dass gestaffelt ausgeschrieben werden solle? Wir ha ben dann gefragt, ob wir diesen Kalender haben könnten. Sie haben uns daraufhin einen Kalender zugesandt, der – dankens werterweise, können wir aus heutiger Sicht sagen – noch ein

Kalender der früheren Landesregierung war. Darin wurde ganz genau dargelegt, wann wie ausgeschrieben werden soll.

Übrigens, Herr Kollege Schwarz: Die Remstalbahn wäre nach diesem Kalender viel früher zur Ausschreibung gekommen, als dies nach dem neuen Kalender des Ministers nun der Fall ist.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Zur Ausschreibung oder zur Direktvergabe?)

Sie können den alten und den neuen Kalender nebeneinan derlegen; dann sehen Sie,

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Nein, das ist ein wesentlicher Unterschied!)

dass wir nach einem Wettbewerbsverfahren viel früher zu neu en Fahrzeugen gekommen wären.

Herr Minister, auch die frühere Landesregierung hatte die kla re Absicht, Garantieerklärungen für Wettbewerber zu geben, damit ein Wettbewerb zustande kommt. Sie haben jetzt einen neuen Plan vorgelegt, der zeigt, dass alles nach hinten ver schoben wurde. Aus diesem Kalender geht doch hervor, dass alles um ein Jahr, um zwei oder sogar drei Jahre verzögert wird. Wie kommen Sie dann zu der Auffassung, Sie seien für diese Verzögerungen nicht verantwortlich?

Bitte, Herr Minister.