Protocol of the Session on January 30, 2013

Diese Haltung für die jetzt eingetretene Situation

ich weiß nicht, welche gemeint ist –

wurde von der Landesregierung immer klar kommuniziert und ist auch der Deutschen Bahn in aller Deutlichkeit be kannt: Wenn die Kosten, einschließlich der Kosten, die sich aus dem Stresstest und dem Schlichterspruch erge ben, die vereinbarte Kostenobergrenze überschreiten, dann beteiligt sich das Land an diesen Mehrkosten nicht. Das gilt auch für das Risiko später auftretender Kosten steigerungen. Daran ändert auch die sogenannte Sprech klausel aus dem Finanzierungsvertrag zu S 21 nichts, denn sie hat nur die Aufnahme von Gesprächen zum In halt. Meine Landesregierung hat immer klar gesagt: Re den JA, mehr bezahlen NEIN. Die unternehmerische Ver antwortung und das Projektrisiko liegen nun allein bei der Bahn, denn sie ist Bauherrin und Projektträgerin.

(Zuruf von den Grünen: Das ist doch eindeutig!)

Das gilt auch für die Schlichtung, wie der Ministerpräsident schreibt. Das heißt, es gilt auch für Mehrkosten, die aus der Verbesserung der Lösung für den Filderbahnhof entstehen, die Ergebnis des Filderdialogs war. Meine Frage dazu lautet: Wenn der Ministerpräsident von „seiner“ Landesregierung spricht, ist dann diese Haltung auch mit dem Koalitionspart ner abgestimmt, und hat der Koalitionspartner dem so zuge stimmt?

Vielen Dank, Frau Abgeordnete. – Selbstverständlich ist diese Textpassage mit dem Koalitionspartner abgestimmt. Sie ist nämlich wortwörtlich identisch mit dem, was das Ka binett beschlossen hat,

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Eben!)

und zwar schon vor einiger Zeit. Das ist genau in diesem Brief wiederholt.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Ein Schlichtungsergeb nis ist doch nicht beschlossen! – Abg. Wolfgang Drex ler SPD: Über die Schlichtung gibt es nicht einmal ei ne Vereinbarung!)

Sie haben das so vorgetragen, als wäre das eine völlig neue Information. Es ist sozusagen unsere ständige Rede: Der Kos tendeckel gilt – einschließlich der Anbindung des Flughafens und auch einschließlich der Dinge, die im Rahmen des Schlichtungsverfahrens und des Stresstests beschlossen wur den.

Übrigens hat die Bahn während des Verfahrens und nach dem Verfahren immer gesagt – übrigens haben das auch Sie gesagt –, man müsse sich jetzt an die Ergebnisse des Schlichter spruchs halten.

(Abg. Muhterem Aras GRÜNE: Genau!)

Sie sollten sich daran erinnern.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Muh terem Aras GRÜNE: Sehr gut!)

Gibt es eine Wortmel dung von der SPD? – Nein.

(Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: Nein! Die sind baff!)

Dann erteile ich Herrn Abg. Haußmann das Wort.

(Zuruf des Abg. Peter Hauk CDU)

Sehr geehrter Herr Mi nister! Sie haben über die Sitzung des Lenkungskreises be richtet. Es gibt dazu eine Information der Bahn von der Pres sekonferenz im Dezember. Vor dieser Lenkungskreissitzung hatten Sie in der „Stuttgarter Zeitung“ am 19. Januar erklärt, mit etwas Realismus gingen Sie davon aus, dass dieses Pro jekt frühestens 2025 fertig werde. Insofern lautet meine Fra ge: Wie bewerten Sie denn Ihre Aussage im Hinblick auf die Projektförderungspflicht des Landes als Projektpartner, und welche Maßnahmen ergreifen Sie, der Verkehrsminister, oder das Verkehrsministerium, um das Projekt aktiv zu fördern und die Bahn dahin gehend zu unterstützen, dass die Fertigstel lung zu einem früheren Zeitpunkt als geplant erreicht werden kann?

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. – Wie Sie wissen, ist nicht das Land Baden-Württemberg und schon gar nicht das Verkehrsministerium bzw. ich der Bauherr, sondern Bauherr ist die Bahn. Die Bahn hat vor etwa drei Jahren mit großem Aufwand symbolisch einen Prellbock versetzt und den Start schuss für dieses Projekt gegeben. In diesen drei Jahren sind an der Baustelle, am Bahnhof Abräumarbeiten durchgeführt worden, es sind Abrissarbeiten durchgeführt worden, es sind Bäume gefällt worden, aber der eigentliche Bau hat noch nicht begonnen. Es sind nirgendwo Tunnel gebohrt worden oder vorbereitende Maßnahmen hierfür ergriffen worden. Nichts! Das ist über die Arbeiten in den ersten drei Jahren zu berich ten. Wohlgemerkt: Zu Beginn, also vor drei Jahren, ist man davon ausgegangen, 2019 fertig zu werden. Nach drei Jahren sind die Baumaßnahmen immer noch nicht losgegangen.

Wenn Sie einmal schauen, welche Projekte mit vergleichba rer Größe überhaupt in Deutschland je gebaut wurden, dann finden Sie fast keine. Sie finden vielmehr nur Projekte, die deutlich weniger komplex sind. Die Projekte, die in etwa ei ne Milliardendimension haben, haben alle mehr als zehn oder 15 Jahre gedauert. Ein vergleichbares einfaches Tunnelpro jekt wie der Katzenbergtunnel mit 10 km Tunnellänge – so lang ist bei Stuttgart 21 ein Teilstück – hat zehn Jahre gedau ert.

Deswegen ist es offenkundig und für alle Experten, glaube ich, einsichtig, dass dieses Projekt nie und nimmer 2019 fer tig wird. Inzwischen hat die Bahn ja auch ihre Planungen kor rigiert und 2020 als Fertigstellungsdatum genannt. Inzwischen hat Herr Kefer bei der Fraktion GRÜNE gesagt, es könnte noch zehn Jahre oder länger dauern, von heute an gerechnet. Wenn Sie das zusammenzählen, sind Sie schon bald bei dem Datum 2025, das ich genannt habe.

Übrigens: Alle Verzögerungen hat die Bahn selbst zu verant worten. Wir haben hierzu von Ihnen und von anderen immer wieder Vorwürfe bekommen. Wir, das Verkehrsministerium, haben relativ wenig Berührungspunkte, was Genehmigungs

verfahren anbelangt. Das betrifft das Regierungspräsidium oder städtische Ämter. Wir haben das genau überprüft. Alle diese Ämter haben das Beste getan, damit die Verfahren vor ankommen.

Nur: Wenn die Bahn selbst nicht in der Lage ist, die Unterla gen richtig zusammenzustellen, wenn die Bahn bestimmte Re geln missachtet, dann wird sie anschließend dadurch bestraft, dass sie das nachholen muss, weil eben Recht und Gesetz auch für die Deutsche Bahn gelten. Da gibt es halt nicht den schnel len Dienstweg, sondern den formal korrekten Weg. Darauf achten wir, darauf achtet das Regierungspräsidium, und dar auf achtet die Stadt. Deswegen kann man auch nicht sagen, dass die verantwortlich sind, die auf Recht und Gesetz ach ten, sondern es sind die verantwortlich, die es nicht einhalten oder deren Unterlagen unvollständig sind oder die die Pläne ständig korrigieren, sodass es zu neuen Genehmigungsprozes sen kommt. Dann sind die verantwortlich, die das machen, und das ist die Bahn.

(Beifall bei den Grünen)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Herrn Abg. Tschenk das Wort.

Herr Minister, ich finde es interessant, dass die Kollegin Razavi wiederholt eine Antwort verlangt, die die Regierung schon so oft gegeben hat, dass man eigentlich wissen müsste: Der Kostendeckel gilt. Ich glaube, das hat die Regierung wirklich oft genug gesagt und betont. Man kann es schon gar nicht mehr zählen.

Interessanter finde ich doch die Frage: Sind wir bei Kosten von 5,6 Milliarden € oder bei 6,8 Milliarden € am Ende der Fahnenstange angekommen? Gibt es da Ihrerseits Erkenntnis se oder Hinweise, dass das jetzt das Ende der Kostensteige rungen ist, oder kommt da noch mehr auf uns zu?

Vielen Dank. – Es bestand eigentlich die Hoffnung, dass wir darüber mehr erfahren. Aber wir haben im Moment noch nicht die entsprechenden Unterlagen. Wir wissen nicht mehr als das, was in diesen Charts, die die Bahn an die Pres se verteilt hat, steht. Da ist nicht wirklich gut erkennbar, wie sich die Steigerung der Kosten um 1,1 Milliarden € erklärt. Es wird darauf hingewiesen, man hätte bestimmte Dinge ver passt, versäumt, übersehen, u. a. Leitungen, deren Notwen digkeit in Stuttgart wohl neu entdeckt wurde. Aber das erklärt nicht so richtig, warum es 1,1 Milliarden € teurer wird. Wir warten da also noch auf die Erklärung. Denn auch wir wollen das wissen. Von der Erklärung hängt auch ab, ob die Kalku lation überhaupt realistisch ist. Es könnte auch sein, dass es dann noch mehr ist.

Das Gleiche gilt für den zweiten Kostenanteil, nämlich die 1,2 Milliarden €. Die Bahn schlägt ja vor, dass die Projektpartner diesen Betrag übernehmen, die „weiteren Risiken“. Es ist nicht klar, was die „weiteren Risiken“ sind. Vor allem ist es fragwürdig, dass da als Kostenrisiko z. B. „Genehmigungsri siko Eisenbahn-Bundesamt“ drinsteht. Da muss man sagen, das „Genehmigungsrisiko Eisenbahn-Bundesamt“ kann man wohl nicht als Kosten bezeichnen, denn das Eisenbahn-Bun desamt ist die gesetzlich vorgesehene Behörde, die das Ver

fahren begleitet. Schlussendlich ist das die einzige Behörde, die tatsächlich genehmigt oder nicht genehmigt und die be stimmte Ansprüche an formal korrekte Verfahren stellt und deswegen auch Unterlagen zurückgibt oder anerkennt. Das ist ganz klar. Je schlechter das vorbereitet ist, desto länger dau ert das Verfahren.

Ich will durchaus auch deutlich machen: Wir haben sogar – übrigens die Stadt auch – an der einen oder anderen Stelle, bei der wir gemerkt haben, dass die Bahn nicht sauber arbeitet, Hilfestellung angeboten,

(Abg. Peter Hauk CDU: Das ist sogar notwendig!)

weil wir uns auf gar keinen Fall den Vorwurf machen lassen, wir würden da nicht helfen oder wir arbeiteten dagegen. Aber die Bahn hat dieses Angebot nicht einmal angenommen. Da raus schließen wir schon, dass man offenbar auch Probleme hat, solche großen Verfahren rein verfahrenstechnisch abzu wickeln – abgesehen davon, dass sie auch technisch und pla nerisch sehr aufwendig sind.

Jetzt hoffen wir auf die schriftlichen Unterlagen. Vielleicht erklären die dann mehr, als bisher in der Öffentlichkeit be kannt geworden ist.

Für die CDU-Fraktion erteile ich Frau Abg. Razavi das Wort.

Ich komme noch einmal auf den Brief zurück. Darin schreibt der Ministerpräsident, dass das Vertrauen der Landesregierung und der Projektpartner in die Seriosität und Glaubwürdigkeit der Bahn zutiefst erschüttert sei. Sie sprechen gern von einer Vertrauenskrise. Glauben Sie, dass solche Formulierungen gegenüber dem Bauherrn in ei nem öffentlichen Brief an Projektgegner zuträglich sind, um bei dem Projektpartner Vertrauen aufzubauen?

Meine zweite Frage bezieht sich auf das Thema Kosten. Herr Tschenk sagt immer, das sei doch alles erklärt. Aber es ist ein fach immer nur noch mehr Nebel im Raum.

Sie erwähnen die Mehrkosten, die die Bahn benannt hat, von 1,1 Milliarden €. Aber die Bahn hat doch, soweit ich es ver standen habe, klar gesagt, dass sie die Kosten übernehme. Oder kommen dadurch Mehrkosten auf das Land zu, die in ir gendeiner Verbindung zum Kostendeckel stehen könnten?

Vielleicht könnten Sie uns aufklären, was der Unterschied ist zwischen den Kosten von 1,1 Milliarden €, hinsichtlich derer die Bahn signalisiert hat, dass sie diese übernehmen wolle, und den 1,2 Milliarden €, die sich auf Risiken und Chancen beziehen und auf einem ganz anderen Blatt stehen? Vielleicht könnten Sie uns erklären, wie es sich damit verhält.

Gern, Frau Abgeordnete. – Zunächst zum Thema Ver trauen: Ich glaube, bei all denjenigen, die auf dieses Projekt gesetzt haben und der Bahn geglaubt haben, dass dies das am besten geplante Projekt sei und mit 4,5 Milliarden € auf jeden Fall zu bewerkstelligen sei, müsste das Vertrauen in die Deut sche Bahn eigentlich erschüttert sein.

Erst recht gilt dies für diejenigen, die gehofft haben, dass we nigstens die Kostenrechnung stimmt; denn immerhin – ich er innere daran – ist man zu dem Zeitpunkt, als die Finanzie

rungsvereinbarung abgeschlossen worden ist, von Kosten in Höhe von 3 Milliarden € bei einem Risikopuffer von 1,5 Mil liarden € ausgegangen. Man hat also einen Betrag in Höhe der Hälfte der Kosten als Risikopuffer obendrauf gesetzt.

Man hat damals der Öffentlichkeit deutlich gemacht: „Das ist so ein Riesenpuffer, der reicht auf jeden Fall.“ Selbst bei der Volksabstimmung ist die Debatte darüber immer wieder ge führt worden.

Immer wieder haben u. a. Sie und viele Freunde der CDU be tont, dass dieses Projekt gut geplant sei, sicher kalkuliert sei und der Betrag dafür auf jeden Fall reiche. Wir hatten daran immer Zweifel. Aber eigentlich hatten wir auch die Hoffnung, dass man wenigstens das glauben kann, was immer wieder be tont worden ist. Der Glaube daran, dass wir ordentliche Zah len erhalten und diesen trauen können, ist nachhaltig erschüt tert. Insofern glaube ich, dass inzwischen jeder gut beraten ist, hier eher kritisch heranzugehen.

Übrigens hat der Landtag von Baden-Württemberg von An fang an zum Ausdruck gebracht, dass die Landesregierung – egal, wer regiert – dieses Projekt außerordentlich kritisch be gleiten muss und aufpassen muss, dass die vielen Millionen Euro, die das Land investiert, wirklich gut angelegtes Geld sind. Deswegen müssen wir hier kritisch nachfragen. Ich glau be, dass derjenige, der nach dieser Vorgeschichte noch ver trauensselig in den Lenkungskreis geht, schlecht beraten ist.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Beantworten Sie doch einmal meine Frage!)

Sie können jede Frage stellen, aber die Antwort gebe ich.

(Abg. Nicole Razavi CDU: Wenn Sie doch nur ein mal die Antwort geben würden! – Abg. Winfried Mack CDU: Das Parlament hat das Recht auf eine konstruktive Antwort! Das ist eine Unverschämtheit! – Gegenruf des Abg. Nikolaus Tschenk GRÜNE: Er sagt nur nicht das, was Sie hören wollen! – Unruhe – Zuruf: Pst!)