Dies sind nur einige wenige Beispiele aus dem Einzelplan 14. Sie zeigen aber: Längst wissen wir, dass Kultur ein wesentli cher Entwicklungsmotor jeder Gesellschaft ist. Die Teilhabe am kulturellen Geschehen darf nicht vom Wohnort abhängig sein. Auch auf dem Land wollen die Kinder eine Musikschu le besuchen oder Unterricht an der Jugendkunstschule neh men. Ihre Eltern wollen Konzerte besuchen oder Ausstellun gen genießen. Hochwertige Kultur macht nicht hinter den Stadttoren halt.
Sich immer wieder mit Kunst und Kultur auseinanderzuset zen und selbst schöpferisch zu wirken, gehört zu einem ganz
heitlichen Bildungsansatz. Es muss uns deshalb ein gemein sames Anliegen sein, das kulturelle Bildungsangebot im gan zen Land weiter auszubauen. Einen wichtigen Schritt hat das Ministerium bereits getan, indem es den Fachbeirat Kulturel le Bildung eingerichtet hat.
Wir werden nun mit dem Haushaltsbegleitgesetz die Jugend kunstschulen den Musikschulen im Jugendbildungsgesetz gleichstellen und damit einen lang gehegten Wunsch der auf dem Gebiet der kulturellen Jugendbildung Tätigen endlich er füllen.
Kooperationen zwischen Vereinen, Kindergärten, Schulen und Kultureinrichtungen sind ein wichtiger Baustein, um nieder schwellig und nachhaltig breite Bevölkerungsgruppen zu er reichen. Die Kulturagenten im Land haben ihre Arbeit aufge nommen. Wir sind gespannt auf ihre erste Bilanz.
Unser Ziel muss es sein, Menschen unterschiedlicher gesell schaftlicher Gruppen und Schichten den Zugang zur Kultur und zur kulturellen Bildung zu ermöglichen, und zwar nicht nur dort, wo das Netz an professionellen Kulturorganisatio nen und Kulturpädagogen bereits besonders engmaschig ist, sondern vor allem dort, wo die Pflänzchen gerade erst begin nen zu sprießen.
Ganz klar stehen wir deshalb dafür: Kultur ist für uns Zukunft. Kultur ist dieser Regierung etwas wert, und zwar überall im Land. Sie können auf uns zählen.
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE: Sehr gut, Manfred!)
Sehr geehrter Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, ich kann mit mei nen Ausführungen über Kunst und über Kulturfragen direkt an meinen Kollegen Martin Rivoir oder auch an Manfred Kern anschließen. Denn auch hier werden jetzt und weiterhin sehr viele neue und sehr viele innovative Akzente gesetzt und wird gleichzeitig der Status unserer etablierten hervorragenden Kultureinrichtungen gehalten.
So wurde schon in der Konzeption „Kultur 2020“, die wir konsequent weiterverfolgen und in neu konzipierten Konzep ten und Bereichen konkret umsetzen, Folgendes formuliert – ich zitiere –:
Es ist wichtig, finanzielle Flexibilität für innovative Pro jekte zu behalten.... Spielräume für Innovationsfonds in der Kunst werden geprüft.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Man fragt sich nur, wie! – Gegenruf des Abg. Ulrich Lusche CDU: Und was!)
Deshalb ist es ein wesentlicher Schwerpunkt für uns, im Kunstbereich gute Rahmenbedingungen für Innovationen zu schaffen und ein offenes Kunstverständnis zu fördern. Neu geschaffene Mittel werden aus dem Innovationsfonds weiter fortgeschrieben, und damit werden innovative künstlerische Projekte, also Kunst- und Kulturprojekte aller Sparten, die mit neuen und experimentellen Methoden und Kunstformen ar beiten und dabei auch spartenübergreifende neue Kooperati onen eingehen, gefördert.
Der Aussage, die Hubert Burda traf, nämlich: „Nirgendwo ler nen wir mehr über Innovation als in der Auseinandersetzung mit Kunst“, die er bewusst mit Blick auf die Wirtschaft ge troffen hat, wollen wir damit gezielt und bewusst einen rea listischen Boden bereiten.
Der zweite Schwerpunkt ist die kulturelle Bildung. Mit jeweils 3,1 Millionen € in den Jahren 2013 und 2014 werden Mittel für die flächendeckende kulturelle Grundversorgung bereitgestellt, wobei die bereits 2012 erfolgte Aufstockung für die 2:1-Förde rung der soziokulturellen Zentren fortgesetzt wird – ein längst fälliger Schritt, der auch künftig den Zentren Planungssicher heit verschaffen soll. Auch die Laien- und Amateurtheater – mein Kollege hat es angesprochen –, die einen spürbaren Nach holbedarf haben, sollen hier zusätzliche Mittel erhalten.
Denn genau an diesen Orten, meine Damen und Herren, wer den Angebote gemacht, die eine breite neue Nutzerschaft für die Kunst erschließen, und hier werden soziale Impulse mit vielfältigsten künstlerischen Mitteln umgesetzt oder – umge kehrt – durch künstlerische Projekte soziale Prozesse in Gang gesetzt, die für die gesamtgesellschaftliche Entwicklung von allergrößter Bedeutung sind.
In diesem Sinn werden auch Kooperationen zwischen Kultur einrichtungen und Schulen oder Kindertagesstätten wie auch Theaterprojekte mit Jugendlichen, besonders auch außerhalb der Ballungsräume, in den Fokus genommen. Auch das wur de hier berichtet.
Der dritte Schwerpunkt ist die interkulturelle Kulturarbeit. Auch dies ist ein Novum. In der Debatte am vergangenen Mittwoch zur Notwendigkeit einer sinnvollen Integrationspo litik wurden hier erfolgreiche Beispiele von interkultureller Kulturarbeit, davon auch einige aus Mannheim, genannt; Frau Grünstein hat darüber berichtet. Ich kenne jedes einzelne die ser Projekte, und in jedem dieser Projekte konnte ich eines er leben: Ob es Jugendliche aus allen Nationen dieser Welt sind – in der Stadt Mannheim leben Menschen aus 172 Nationen –, ob es muslimische Frauen, neue Zuwanderer aus Osteuro pa, Asylanten, Sinti und Roma oder Spätaussiedler sind, alle schaffen sich durch die universelle Sprache der Musik, des Tanzes, des Theaters oder der bildenden Kunst einen neuen Blick auf den anderen, und alle erleben etwas kulturell Neu es, etwas anderes, etwas kulturell Interessantes am anderen – dazu gehört sogar oft auch die Kulinarik in einem abschlie ßenden gemeinsamen Fest am Ende eines Projekts –, und al le gehen anders, vertrauter und vertrauensvoller aufeinander zu. Das ist ein wichtiger Prozess in unserer Gesellschaft – mit Mitteln der Kunst einfach und sogar preiswert zu erreichen.
Jugendliche erproben eigene Ausdrucksformen, die sie auch in Sprache umzusetzen lernen, wodurch sich neben der Stär kung des Selbstbewusstseins auch in einem ganz enormen
Maß die Sprechqualität verbessert, und dies wiederum ver bessert die schulische Teilhabe, sodass man nicht selten her vorragende schulische Entwicklungen verfolgen kann. Immer wieder – auch nach der Schule – kehren viele zurück in ihre Mal-, Musik-, Theater- oder Tanzgruppe.
Alles, meine Damen und Herren, was in diesem Bereich mit wenigen Mitteln investiert wird, zahlt sich in vielfacher Wei se gesamtgesellschaftlich und wirtschaftlich aus.
Ich lade Sie alle deshalb sehr gern ein, ein solches Projekt ken nenzulernen oder den großen interkulturellen „Nachtwandel“ zu erleben, in welchem sich in einer langen Nacht alle diese Projekte präsentieren. Wandeln Sie mit mir gern einmal durch eine Nacht in Mannheim.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Grünen – Vereinzelt Heiterkeit – Staatssekretär Jürgen Wal ter: Mannheimer Nächte sind lang!)
Über notwendige Erhöhungen bei den verschiedenen Einrich tungen mit struktureller Unterdeckung, mit Personalkosten steigerungen, notwendigen Bauinvestitionen oder Sanierungs aktivitäten wurde und wird hier berichtet. Dies gilt für die Filmakademie und die Filmförderung, für das Literaturarchiv Marbach, das ZKM, die Popakademie, die Akademie für Dar stellende Kunst, das Badische Staatstheater, die Württember gischen Staatstheater, die kommunalen Theater und Museen und die Kunst- und Musikhochschulen. Alle haben mehr Geld gebraucht – alle haben mehr Mittel bekommen.
Alles in allem verfolgen wir ein ehrgeiziges Programm – das ist wahr –, um trotz Einsparauflagen die richtigen und zu kunftsfähigen Weichenstellungen vorzunehmen, um kulturel les Erbe zu sichern und Neues zu ermöglichen – und das im Sinne Odo Marquards: Herkunft braucht Zukunft – Zukunft braucht Herkunft. Lassen Sie uns vor diesem Hintergrund ge meinsam unsere Kulturpolitik gestalten.
Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn ich die Vertreter von Grünen und SPD über den Kunstbereich reden höre, dann frage ich mich, warum ich mich eigentlich im Stu dium der katholischen Theologie mit dem eschatologischen Vorbehalt herumgeplagt habe. Denn mit Grün-Rot ist das Pa radies unmittelbar auf der Erde erschienen.
(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der CDU – Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Jörg Fritz GRÜNE: Wir arbeiten fleißig daran! – Zurufe von den Grünen und der SPD: Jawohl! – Weiter so!)
Zurück zur Realität. Im Bereich der Kunst fehlt es dem grü nen Staatssekretär leider an einem ordnungspolitischen Kom pass. Vordergründig wird das Schauspiel inszeniert: Bei GrünRot hat die Kunst endlich wieder einen Stellenwert. Festge macht wird dies beispielsweise daran, dass die 2:1-Förderung für Kulturinitiativen und soziokulturelle Zentren, von allen Fraktionen angestrebt, jetzt endlich erreicht wurde.
Schaut man aber hinter den Vorhang, dann ist hier schon wie der ein Deckel eingefügt, das heißt eine Obergrenze für die maximale Förderung. Das trifft vor allem diejenigen, die er folgreich Mittel bzw. kommunale Zuschüsse einwerben. Auch wenn Sie es nicht gern hören: Außerdem haben Sie für die 2:1-Förderung 2 Millionen € aus dem 5 Millionen € umfas senden Innovationsfonds Kunst abgezogen,
hinter dem Rücken des Parlaments, das dafür noch 5 Millio nen € beschlossen hatte. Die Mittel waren eigentlich für inno vative Projekte und nicht für eine Grundförderung gedacht, die eben aus einem anderen Topf hätte kommen müssen. Da wir so etwas ahnten, beantragten wir in den vergangenen Haushaltsberatungen eine konkrete Ausgestaltung des Inno vationsfonds. Ein Teil der Mittel hätte demnach für Koopera tionsprojekte von Schulen und Kunstschaffenden, ein weite rer Teil für einen Wettbewerb mit Jury für innovative Kultur projekte und schließlich ein Teil für eine Koordinierungsstel le zur Provenienzforschung ausgegeben werden sollen. Ziel war ein transparentes Verfahren und ein fairer Zugang zu den bereitgestellten Mitteln. Der Antrag der FDP/DVP-Landtags fraktion wurde als Oppositionsantrag natürlich abgelehnt.
Immerhin, wenn auch sehr spät, hat das Ministerium dann doch noch eine Jury einberufen. Für die Kooperationsprojek te Schule/Kulturschaffende wurden im Haushalt 2013/2014 Mittel an anderer Stelle veranschlagt.
So verstärkt sich die von unserer Seite immer wieder geäu ßerte Befürchtung, dass der Kulturhaushalt zunehmend zu ei ner intransparenten Schatulle wird, aus der der grüne Staats sekretär nach eigenem Gutdünken Wohltaten verteilt.
(Lachen des Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜ NE – Abg. Dr. Kai Schmidt-Eisenlohr GRÜNE: Zäh len Sie doch einmal die Summen zusammen! Das stimmt doch gar nicht! Herr Schmiedel, haben Sie ei nen Taschenrechner dabei?)
Bestätigt wird dies durch eine massive Kürzungsrunde im jetzt vorliegenden Kulturhaushalt 2013/2014, die nahezu aus schließlich zulasten der kleineren und freien Theater geht. Da Sie einen Antrag der FDP/DVP-Fraktion auf Rücknahme die ser einseitigen Kürzungen im Finanz- und Wirtschaftsaus schuss abgelehnt haben,
haben wir für die besonders betroffene Gruppe der kleinen Bühnen diesen Antrag noch einmal gestellt.