Protocol of the Session on December 13, 2012

(Abg. Peter Hauk CDU: Wir haben niemanden ins Feld geführt! Die kommen selbst!)

werden an unserer Seite sein. Denn die neue Bildungspolitik, um die es geht, wird von diesen Verbänden unisono mitgetra gen. Daher können wir uns den Missbrauch der Proteste schen ken. Das ist wirklich nicht mehr als politischer Klamauk.

Ich bitte Sie einfach im Sinne der Kinder in unserem Land und einer nachhaltigen gesellschaftlichen Entwicklung: Kom men Sie auf den Boden der Realität zurück. Lassen Sie uns gemeinsam reden. Ich biete nochmals an: Ein Schulfrieden in Baden-Württemberg würde diesem Land und insbesondere den Kindern guttun.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die Fraktion der FDP/DVP spricht Kollege Dr. Kern.

Herr Präsident! Das, was wir Liberalen an der grün-roten Bildungspolitik in erster Li nie kritisieren, ist, dass Sie, meine Damen und Herren von Grün und Rot, keinen Rahmen haben. Sie haben kein bil dungspolitisches Gesamtkonzept, sondern Sie stolpern von Reform zu Reform. Das merken die Menschen in unserem Land. Erstens.

Zweitens: Das, was Sie machen, ist eine Art Duftmarkenpo litik: hier ein bisschen etwas, da ein bisschen etwas. Sie ha ben im Wahlkampf versprochen, die verbindliche Grundschul empfehlung abzuschaffen. Also wird sie – völlig überstürzt – abgeschafft, ohne dass Sie sich überlegen, welche Konsequen zen das hat. Sie verschärfen dadurch die Not der Kommunen und die Auswirkungen des demografischen Wandels. Zudem nehmen Sie Studien nicht zur Kenntnis, die besagen, dass die soziale Schere nach der Abschaffung der verbindlichen Grundschulempfehlung z. B. in Nordrhein-Westfalen weiter auseinandergegangen ist.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr rich tig!)

Sie machen einfach Reformen, ohne sich zu überlegen: Wel che Konsequenzen hat das für die Schulstandorte?

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Genau!)

Sie, Frau Ministerin, sagen hier dann, die Lehrerinnen und Lehrer, die Schülerinnen und Schüler, die Eltern der Grund schulkinder wären froh, dass aufgrund der Abschaffung der verbindlichen Grundschulempfehlung der Druck aus der Grund schule herausgenommen worden sei. Wer hat denn den Druck jetzt? Der Druck besteht doch jetzt in den weiterführenden Schulen, in den fünften Klassen.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Zuruf des Abg. Peter Hauk CDU)

Wissen Sie, was an manchen Gymnasien in der fünften Klas se mittlerweile gemacht wird? Da werden gleich zu Beginn Orientierungsarbeiten geschrieben, damit man weiß: Was für Schülerinnen und Schüler kommen jetzt? Wie sollen wir auf sie eingehen? Es kann doch nicht der Sinn sein, dass jetzt wie der eine Art Aufnahmeprüfung an den Gymnasien gemacht wird, weil die Lehrerinnen und Lehrer keine andere Chance haben, um zu erfahren: Was für Schülerinnen und Schüler ha ben wir in unseren Klassen?

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Genau diese Praxisferne treibt die Lehrer fast zur Verzweif lung: Sie überlegen sich überhaupt nicht, welche Auswirkun gen Ihre Politik für die Praxis hat.

(Abg. Dieter Hillebrand CDU: Genau! – Abg. Ger hard Kleinböck SPD: Schon einmal etwas von indi vidueller Förderung gehört?)

Nächster Punkt: Eine Duftmarkenpolitik besteht nicht nur in Bezug auf die Abschaffung der verbindlichen Grundschul empfehlung, sondern auch bei dem Modellprojekt G 9 – lach haft! Etwas, was über Jahrzehnte hervorragend funktioniert

hat, führen Sie jetzt als Modellprojekt wieder ein. Ich glaube, dazu wurden über 50 Anträge gestellt.

(Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: 52!)

Gerade einmal 24 wollen Sie genehmigen.

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: 22!)

Duftmarken! Überall ein paar Duftmarken,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Nur Show! Alles Show!)

weil Sie sich in der Koalition nicht einigen können, wie man es tatsächlich macht. Aus der Praxis heraus ist zu sagen, es wäre viel besser gewesen, Sie hätten mit dem Geld die beruf lichen Gymnasien ausgebaut

(Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Haben wir doch auch! – Zuruf: Keine Ahnung!)

und nicht G-9-Züge wieder duftmarkenmäßig eingeführt.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Wir Liberalen wollen auch, dass Aufstieg durch Bildung mög lich ist, natürlich. Aber mit Ihrer Politik verhindern Sie Auf stieg durch Bildung. Denn in Baden-Württemberg erhalten doch fast 60 % derjenigen, die eine Hochschulzugangsberech tigung haben, diese nicht über das allgemeinbildende Gym nasium, sondern über zahlreiche andere Wege.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So ist es!)

Deshalb stimmen die Statistiken, die Sie hier vortragen, ein fach nicht. Es stimmt nicht, dass in Baden-Württemberg der Bildungserfolg in überwiegendem Maß mit der sozialen Her kunft zusammenhängt. Wir können da noch besser werden. Aber die Menschen brauchen genau das Gegenteil von dem, was Sie in Ihrer Regierungspolitik machen.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Die Ministerin hat auch noch den Mut, auf die Bildungspoli tik in Bayern und Sachsen zu verweisen. Natürlich liegen die se Bundesländer, je nachdem, welche Umfrage man heran zieht, auch einmal vor uns. Aber Bayern hat die verbindliche Grundschulempfehlung. Sachsen hat die verbindliche Grund schulempfehlung,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr rich tig!)

und beide Länder haben eben keine Gemeinschaftsschule.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Sehr richtig! – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Die Mittelschule als Gemeinschaftsschule!)

Mit dem Hinweis auf Bayern und auf Sachsen begründen Sie Ihr Vorhaben. Übrigens regieren in diesen beiden Ländern CDU bzw. CSU und FDP. Sie begründen Ihren Murks mit die sen Ländern, die vor uns liegen. Das ist unfassbar.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Heiterkeit des Abg. Dieter Hillebrand CDU)

Zur Gemeinschaftsschule: Was ich Ihnen wirklich vorwerfe, ist, dass Sie immer zwei Dinge miteinander vermischen. Kein Mensch hat etwas dagegen, dass Schülerinnen und Schüler unterschiedlichster Herkunft und mit unterschiedlichsten Ta lenten unter einem gemeinsamen Dach lernen. Das wäre ja die Antwort auf die demografischen Probleme. Kein Mensch hat etwas gegen das Lernen unter einem gemeinsamen Dach.

(Abg. Bärbl Mielich GRÜNE: Aha!)

Aber Sie verschweigen immer, dass mit der Gemeinschafts schule ein ganz bestimmtes pädagogisches Konzept mitgelie fert wird. Da haben die Menschen vor Ort eben nicht die Frei heit, sich dagegen zu entscheiden, sondern sie müssen diese Pädagogik immer einkaufen.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU – Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege Dr. Kern, ich darf Sie bitten, zum Schluss zu kommen.

Ja. – Andere Modelle wie „Realschule plus“ oder Verbundschulen lassen Sie nicht zu.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Skandal!)

Deshalb ist es nicht in Ordnung, wenn Sie immer unterschied liche Dinge miteinander verquicken und sagen: „Die Gemein schaftsschule ist die Antwort auf die demografischen Proble me.“ Nein, geben Sie Freiheit, lassen Sie die Schulen vor Ort und die Menschen selbst entscheiden, was sie machen wol len. Sie zwangsbeglücken die Menschen mit dieser Pädago gik der Gemeinschaftsschulen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP/DVP und der CDU)

Meine Damen und Herren! Mir lie gen keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist Tagesord nungspunkt 1 erledigt.

Ich rufe Punkt 2 der Tagesordnung auf:

Aktuelle Debatte – Vorwärts war gestern – kein Umsteu ern der CDU bei eingetragenen Lebenspartnerschaften – beantragt von der Fraktion GRÜNE