Herr Präsident, liebe Kolle ginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren! Wir haben einige Stichworte gehört, die es lohnen, in der freien Debatte aufgegriffen zu werden.
Herr Kollege Kunzmann, Sie haben, glaube ich, noch einmal ganz gut gesteigert, was Herr Kollege Wald in der ersten Run de vorgelegt hat.
Wenn Sie hier Positionen vertreten, die selbst bei einer Klien tel, die sich traditionell zu Ihnen hingezogen fühlt, nicht mehr mehrheitsfähig sind,
wenn Sie Positionen vertreten, die sich eigentlich nur noch an die Klientel der Senioren-Union wenden, dann sind wir Ihnen hierfür außerordentlich dankbar. Wir können dann nur sagen: Herzlich willkommen, liebe Wählerinnen und Wähler!
(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Abg. Karl Zimmermann CDU: Herr Kollege Kunz mann ist direkt gewählter Abgeordneter! Er wurde direkt gewählt, der Ministerpräsident nicht! – Gegen ruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE)
Die Frauen Union und der Wirtschaftsrat der CDU, die das Betreuungsgeld aus guten Gründen, so wie wir auch, ableh nen, sind, glaube ich, bislang noch innerhalb Ihres Spektrums verortet gewesen. Wenn Sie sie hinausschmeißen wollen, sa ge ich: Herzlich willkommen!
(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Auch die nehmen wir! – Abg. Helmut Walter Rüeck CDU: So ein Let tenkäs!)
Zweiter Punkt – um einen ganz sachlichen Hinweis des Kol legen Dr. Kern aufzugreifen –: Herr Dr. Kern, Sie haben ge sagt, man hätte auch vorschlagen können, den Ländern das Geld zu geben und ihnen freizustellen und selbst zu überlas sen, wie sie es verwenden. Es ist aber Aufgabe des Bundes – wenn so viel Geld eingesetzt wird, ist dies ein wesentlicher Punkt –, für einheitliche Lebensverhältnisse in Deutschland zu sorgen. Wenn Sie dies den Ländern überlassen, werden Sie im Ergebnis Folgendes haben: Es wird Länder geben, in de nen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf hervorragend ist, in denen die Mittel entsprechend eingesetzt werden, und es wird Länder geben, in denen das nicht der Fall ist. Das ist aus meiner Sicht verfassungswidrig.
Ich glaube, es gibt gute Gründe, weshalb dieser Vorschlag, den einige hier sicherlich überraschend fanden, bislang keine große Resonanz gefunden hat. Ich habe von diesem Vorschlag schon früher gehört, und mich hat es gewundert, dass so et was überhaupt ernsthaft in die Debatte eingebracht worden ist.
Kurz und knapp: Wenn wir uns wirklich über Themen wie Ar mutsbekämpfung unterhalten wollen, müssen wir an die Ur sachen gehen. Sie haben sich über viele Jahre hinweg konse quent einem Armuts- und Reichtumsbericht für Baden-Würt temberg verweigert. Wir werden das jetzt in Angriff nehmen. Wir werden sachlich darüber diskutieren können. Aber eines sage ich Ihnen schon jetzt – es gibt ja auch den Armutsbericht der Bundesregierung –: Jemanden von einer Erwerbstätigkeit abzuhalten
oder ihm Anreize dafür zu geben, nicht erwerbstätig zu wer den, obwohl er beruflich noch gar nicht Fuß gefasst hat, ist mit Sicherheit ein Beitrag zu mehr Armut.
In diesem Sinn: Glückauf für die weitere Armutsdebatte! Da bei können wir dann vielleicht wirklich sachlich debattieren, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Sabine Kurtz CDU: Es kann schon passieren, dass unser Land arm wird unter Ihrer Regierung!)
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Herr Dr. Fulst-Blei, Sie haben von der Höhle des Neandertalers gesprochen. Ich gebe Ihnen recht: Wenn die Menschen damals nur in der Höhle geblieben wä
ren, hätten sie sich nicht fortentwickelt. Aber auf der anderen Seite gilt: Wenn wir keine Höhlen gehabt hätten, dann wäre es sehr, sehr kalt um den Hintern geworden. Insofern kommt es auf die richtige Mischung an.
(Heiterkeit und Beifall bei der FDP/DVP und Abge ordneten der CDU – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Da spricht der Geschichtslehrer! – Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Der Redner braucht auch ei ne Höhle, in die er wieder hineingehen kann!)
Was ich heute kritisiere, bezieht sich nicht auf Inhaltliches. Denn auch wir sind keine Fans des Betreuungsgelds.
Aber angesichts der Art und Weise, wie sich die SPD heute hier hinstellt und schwarz-weiß malt und die Backen aufpus tet und sich wahnsinnig über den Bund aufregt, ist es, finde ich, durchaus legitim, daran zu erinnern, was SPD-Vertreter früher gesagt hatten. Ich habe Hubertus Heil schon zitiert. Man kann auch den heutigen Kanzlerkandidaten der SPD, Herrn Steinbrück, anführen. Er hat damals als Bundesfinanz minister gesagt, das Betreuungsgeld sei ein vernünftiger Kom promiss.
Ich habe mich sehr gefreut, dass Sie, Herr Dr. Mentrup, als Vertreter der Regierung gesagt haben, Sie würden sich für ei ne echte Wahlfreiheit einsetzen. Herr Dr. Mentrup, mich wür de interessieren, ob Sie dann bereit wären, sich für liberale Betreuungsgutscheine einzusetzen.
Denn das ermöglicht echte Wahlfreiheit. Es wäre klasse, wenn Sie noch dazu Stellung nehmen würden, wie Sie zu den Be treuungsgutscheinen stehen.
In der Aktuellen Debat te liegen mir keine weiteren Wortmeldungen vor. Damit ist die Aktuelle Debatte beendet.
Aktuelle Debatte – „Filderbahnhof plus“ – Konsens zum Wohle des Landes statt Koalitionskonflikte – beantragt von der Fraktion der FDP/DVP
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Präsidium hat für die Aktuelle Debatte eine Gesamtredezeit von 40 Minuten fest gelegt. Darauf wird die Redezeit der Regierung nicht ange
rechnet. Für die einleitenden Erklärungen der Fraktionen und für die Redner in der zweiten Runde gilt jeweils eine Rede zeit von fünf Minuten.
(Abg. Walter Heiler SPD: Er wird wieder ein Gedicht vortragen! – Gegenruf der Abg. Helen Heberer SPD)
Sehr geehrter Herr Prä sident, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn man das Gebaren der Koalitions partner bei dem Thema „Stuttgart 21, Filderbahnhof plus“ ver folgt, hat man den Eindruck, dass eineinhalb Jahre nach der grün-roten Liebesheirat allmählich Ernüchterung einsetzt, und man bekommt das Gefühl, der Denver-Clan sei ein Kaffee kränzchen dagegen.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Den ken nen die meisten schon gar nicht mehr!)
Schauen wir uns einmal die Positionen bei diesem Thema an. Auf der einen Seite gibt es den Fundamentaloppositionspoli tiker Hermann,
der das Thema „Einhaltung des Kostendeckels“ immer vor antreibt. Immerhin hat der Ministerpräsident erklärt, er sei kein Fundi, er könne sich da durchaus etwas vorstellen.