Protocol of the Session on June 27, 2012

(Zuruf des Abg. Dr. Dietrich Birk CDU)

Damit kann flexibel reagiert werden, sollten sich die Befürch tungen, etwa die Befürchtungen der LandesAStenKonferenz, die vorgebracht wurden, bestätigen, dass die Finanzierung kleine Hochschulen überfordert. Das ist, wie ich finde, eine gute und flexible Regelung, die beide Interessen unter einen Hut bringt.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Wischiwaschi!)

Das Zweite ist die engere Verzahnung zwischen Verfasster Studierendenschaft und den Organen der Hochschule, also Se nat und Fakultätsräten. Das ist ein Thema, das wiederholt von studentischer Seite angesprochen wurde und auch wiederholt zu Debatten geführt hat. Hier geben wir der Verfassten Stu dierendenschaft jetzt das Recht, in die Sitzungen des Senats und der Fakultätsräte Vertreterinnen bzw. Vertreter mit bera tender Stimme zu entsenden. So werden der gegenseitige In formationsfluss, der von den Studierenden immer wieder be tont wurde, und eine Einbindung der Verfassten Studierenden schaft gewährleistet.

Abschließend möchte ich noch einmal unterstreichen, dass mit der Rückkehr zur Normalität studentischer Vertretung für mich eine weiter gehende Hoffnung verbunden ist. Dass die grün-rote Regierung von Baden-Württemberg jetzt die Ver fasste Studierendenschaft wieder einführt, ist ein Symbol da für, dass wir die von der CDU aufgebaute Mauer der Abschot tung gegenüber der Bevölkerung immer weiter einreißen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD – Oh-Rufe von der CDU – Abg. Friedlinde Gurr- Hirsch CDU: Oh Gott!)

Das wird Ihnen jeder bestätigen.

(Zuruf der Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU)

Denn gerade auch die Verfasste Studierendenschaft steht für unseren Anspruch der Bürgerregierung.

Mit der Verabschiedung dieses Gesetzes gehen wir einen wichtigen Schritt hin zu einer demokratischen Hochschule und weg vom baden-württembergischen Sonderweg in der Hochschulpolitik. Entsprechend stimmen wir, die Fraktion GRÜNE, diesem Gesetz gern und mit Vorfreude auf die sich entwickelnden unterschiedlichen Strukturen im Land zu.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Das Wort für die SPDFraktion erteile ich Herrn Abg. Stober.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Neben der Wiedereinfüh rung der Verfassten Studierendenschaft geht es hier auch um einige andere Dinge. Das eine sind notwendige Anpassungen, erforderlich z. B. durch neue KMK-Beschlüsse, durch ge meinsame Strukturvorgaben der Länder für Bachelor und Master, aber auch durch die Einführung von G 8. Beispiels weise werden künftig viele Studierende zum Studienbeginn noch keine 18 Jahre alt sein. Da macht es natürlich keinen Sinn, etwas von diesen Studierwilligen nicht selbst entschei den zu lassen, sondern von ihnen noch Einwilligungserklä rungen der Erziehungsberechtigten zu verlangen.

Es geht um viel. Ich möchte jetzt einmal die anderen gewich tigen Punkte, die in dem Gesetz noch mit geregelt werden, die auch der Grund dafür sind, dass wir zu diesem Punkt zehn Mi nuten Redezeit pro Fraktion haben, noch etwas konkreter an sprechen. Herr Birk hat ja schon angesprochen, dass in die sem Punkt im Grundsatz Einigkeit besteht. Ich betone als Ers tes noch einmal die Punkte, die für uns Sozialdemokraten ganz zentral sind.

Das eine ist die Möglichkeit, Hochschullehrerinnen und Hoch schullehrer auch im Bereich der Weiterbildung angemessen zu vergüten. Das Fehlen einer solchen Möglichkeit in diesem Bereich war bisher das Haupthindernis für attraktive Weiter bildungsangebote an unseren staatlichen Hochschulen.

Das Zweite ist die Möglichkeit, ein Kontaktstudium auch öf fentlich-rechtlich und nicht nur privatrechtlich auszugestalten und daraus in Zukunft Leistungspunkte auf ein Hochschulstu dium anrechnen zu lassen.

Das Dritte ist die schon angesprochene Einführung von Teil zeitstudiengängen bzw. die grundsätzliche Teilzeitstudierbar keit aller Studiengänge.

Der nächste Punkt – ein Punkt, der uns Sozialdemokraten be sonders wichtig ist – ist die Umsetzung der Lissabon-Konven tion zur Anerkennung von Studienleistungen und Studienab schlüssen. Da geht es um die Umkehr der Beweislast. Der Stu

dierende muss zwar seine Unterlagen, seine Bescheinigungen vorlegen – das ist klar –, aber die Beweislast hinsichtlich der Gleichwertigkeit soll letzten Endes bei der Hochschule lie gen. Dazu gehört auch – das wurde von Herrn Birk schon an gesprochen – die verpflichtende Anrechnung von außerhalb des Hochschulsystems erworbenen Qualifikationen, sofern sie in Inhalt und Niveau gleichwertig sind.

Ein weiterer Punkt ist, dass der Übergang vom Bachelor zum Master entschlackt wird und das Ganze jetzt komplett in die Kompetenz der Hochschulen fällt, dass es also mehr Dezent ralität gibt. Außer dem ersten Hochschulabschluss als solchem müssen keine weiteren Anforderungen gestellt werden, kön nen aber gestellt werden. Das ist letzten Endes Hochschulau tonomie, wie wir sie wollen.

Kernpunkt dieses Gesetzes, liebe Kolleginnen und Kollegen, bleibt aber die Einführung der Verfassten Studierendenschaft. Es ist gut, dass die Studierenden wieder eine Stimme in Ba den-Württemberg bekommen und sich künftig nicht mehr nur, wie es das Landeshochschulgesetz bislang vorschreibt, zu den geistigen, musischen und sportlichen Belangen äußern kön nen, sondern sich zu allen Dingen äußern können, die mit ih rem Studium zu tun haben.

Dabei geht es auch – das will ich hier klar betonen – um mehr als um Hochschulpolitik. Es geht nicht um Allgemeinpolitik, sondern es geht um diesen Aufgabenkatalog, der in diesem Gesetz definiert ist. Da geht es z. B. bei der Einführung eines Semestertickets um die sozialen und ökologischen Vorteile. Es geht nicht nur um Hochschulpolitik, sondern es betrifft letzten Endes auch andere Bereiche. Es ist klar, dass der Be zug zum Hochschulstudium und zur eigentlichen Aufgabe vor handen sein muss, aber es macht keinen Sinn, Äußerungen zu diesen Bereichen auszuschließen.

Ich glaube, es ist wichtig, dass sich Studierende gerade auch zu diesen Dingen, die im Kontext mit ihrem Studium stehen, äußern können. Das wollen wir. Wir finden es sehr bedauer lich, dass Sie den Studierendenvertretungen Äußerungen zu diesen zentralen Themen nicht erlauben wollen.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Wir hatten in Baden-Württemberg seit der Abschaffung der Verfassten Studierendenschaft im Jahr 1977 insbesondere ei ne Herausbildung von privatrechtlichen Strukturen, weil sich die Studierenden in den offiziellen Strukturen nicht mehr äu ßern konnten. Wir haben die Entwicklung von vielen sehr un terschiedlichen Modellen an vielen Hochschulen erlebt, in Karlsruhe jetzt ein Studierendenparlament, in Tübingen z. B. Fachschaftsmodelle.

Unsere große Aufgabe bei diesem Gesetzentwurf war, das, was sich an Vielfalt an unseren Hochschulen entwickelt hat, letztendlich in den Gesetzentwurf zu übernehmen, damit man es in Baden-Württemberg weiterleben kann. Natürlich gibt es klare rechtliche Vorgaben, die dabei einzuhalten sind. Daran müssen sich jetzt, da sie öffentlich-rechtlich werden, die Stu dierendenvertretungen messen lassen. Dazu gehören insbe sondere freie, gleiche, allgemeine und geheime Wahlen.

Ich glaube, dass wir mit dem vorgeschriebenen Legislativmo dell, das sehr unterschiedlich – z. B. als Studierendenmodell

oder Fachschaftsmodell – ausgestaltet sein kann, wie auch mit dem Exekutivorgan Grundregelungen haben, die – wie gesagt – vielfältig gefüllt werden können.

Wir haben gleichzeitig für diejenigen Studierendenvertretun gen, die sich nicht an den zum Teil komplexen Prozess einer eigenen Satzungsgestaltung machen wollen, ein Reservemo dell, ein Studierendenparlament, das in seiner Grundstruktur dem Vorschlag der FDP/DVP entspricht. Ich glaube, das ist ein richtiger, ein vernünftiger und ein sehr gut abgestimmter Weg.

Ich möchte jetzt noch einmal auf das Thema Quorum einge hen. Wir haben vorhin eine Debatte zur Direktwahl der Land räte gehabt. Ich glaube, wir haben sehr deutlich gesehen, zu welchen Problemen es kommen kann, wenn wir ein Quorum nicht erreichen. Was ist denn, wenn ein vorhandenes Quorum nicht erfüllt wird?

Wir geben mit diesem Gesetz den Studierenden nicht nur Möglichkeiten, sondern wir verlangen von ihnen, dass sie sich mit ihren Möglichkeiten in diese Gesellschaft einbringen. Deswegen glaube ich, dass wir hier eine gesetzliche Aufgabe haben und dass es richtig ist, die Studierenden zu fördern, ih nen Möglichkeiten zu geben, aber auch zu fordern. Zu klären, was passiert, wenn ein bestimmtes Quorum nicht erreicht wird, führt, glaube ich, auch hier wieder zu unsinnigen Rege lungen oder Situationen, wie sie vorhin beschrieben wurden.

Wir haben die Aufgabe, die Voraussetzungen dafür zu schaf fen, dass wir hohe Wahlbeteiligungen bekommen. Wir sind überzeugt, dass wir auch mit der Verfassten Studierenden schaft die Studierenden motivieren, sich im AStA einzubrin gen oder sich zumindest durch die Beteiligung an der Wahl für die politischen Programme der einzelnen Gruppierungen zu interessieren.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: 10 %!)

Davon sind wir überzeugt.

Aber es wäre doch hirnrissig – das muss man ehrlich sagen –, festzulegen: Wenn bei einer Bürgermeisterwahl ein Quorum nicht erreicht wird, dann wird die Gemeinde nicht regiert. So etwas kann nur Unsinn sein. Deswegen lehnen wir an dieser Stelle eindeutig das Quorum ab.

(Beifall bei der SPD und den Grünen – Abg. Dr. Diet rich Birk CDU: Da werden Äpfel mit Birnen vergli chen!)

Ich denke aber, wir können als Parlament stolz sein auf die ses breite parlamentarische Verfahren. Wir haben zwei Ge setzentwürfe gehabt, einen der FDP/DVP-Fraktion und einen der Landesregierung. Meines Wissens haben alle Fraktionen eine Anhörung zu diesem Thema durchgeführt. Hinzu kommt die große Anhörung, die wir – –

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Warum berücksichti gen Sie unsere Anträge und Anregungen nicht?)

Dazu komme ich gleich noch, Herr Birk. Danke für Ihren Zwischenruf. Ich werde auf die Anhörung vom 25. Mai schon noch eingehen; keine Sorge.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Da bin ich gespannt! – Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Wir hören zu, aber er hört nicht zu!)

Zudem gab es bereits im Vorfeld bei der Erarbeitung des Ge setzentwurfs durch die Landesregierung einen breiten Betei ligungsprozess.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Eben nicht!)

Natürlich!

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Das war nur pro for ma!)

Studierende sowie Nichtstudierende haben alle Möglichkei ten gehabt, sich online einzubringen,

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Genau! Aber es wur de nichts berücksichtigt!)

Kritikvorschläge zu machen und eigene Vorstellungen zu äu ßern. Aber eines müssen Sie, Herr Birk, auch zulassen: Sie sind die „großen Vorkämpfer“ für die parlamentarische De mokratie, und Sie haben mit Volksabstimmungen auch oft Ih re Probleme. Deswegen müssen auch Sie, Herr Kollege Birk, akzeptieren und respektieren, dass die Entscheidungen über Gesetze in Baden-Württemberg in diesem Parlament fallen. Heute werden entsprechende Entscheidungen fallen, und zwar nach eingehender Diskussion.

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Genau! Aber Sie ne gieren die Argumente!)

Herr Kollege Birk, es ist aber natürlich nicht so, dass wir je den der Vorschläge, die von Ihrer Seite kommen – einzelne Punkte haben wir aufgegriffen –,

(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Wo?)