Meine Damen und Herren, was das hochschulpolitische Man dat angeht: Wenn Sie dieses Mandat so breit fassen wollen, ist es nicht mehr als recht und billig, dass die Studierenden selbst darüber entscheiden, ob und inwieweit sie sich an der Verfassten Studierendenschaft beteiligen wollen. Deshalb überlegen Sie sich das noch einmal genau. Wir haben dazu ei nen Antrag formuliert, der ein individuelles Austrittsrecht be gehrt, wonach jeder Student selbst darüber entscheiden kann, wann er möchte – gegebenenfalls nach dem ersten Semester –, ob er aktiv an der Verfassten Studierendenschaft teilnimmt oder ob er nicht teilnehmen möchte. Deshalb fordern wir hier auch klar ein Austrittsrecht. Sachsen-Anhalt hat es vorge macht. Wir in Baden-Württemberg sollten dem folgen.
Es ist sehr schön, dass zumindest der Staatssekretär für Kunst mittlerweile für die Landesregierung an der Debatte teilnimmt. Herr Walter, wir freuen uns, dass Sie den Weg hierher ge schafft haben. Anscheinend ist es der Ministerin nicht mög lich.
Dann würden wir natürlich auch darum bitten, dass die Frage der Rechtsaufsicht nicht auf die Hochschulen abgeschoben wird, sondern dass das Ministerium die Rechtsaufsicht wahr nimmt. Wieso? Wir haben einen Gesetzentwurf vorliegen, der sehr stark interpretierbar ist. Wir müssen davon ausgehen, dass es zu Rechtsfragen und zu Fragen der Rechtsauslegung kommt. Dies überlassen Sie allein den Hochschulen.
Besser wäre es, dies seitens des Wissenschaftsministeriums landeseinheitlich zu regeln. Herr Staatssekretär, kommen Sie dieser Verantwortung nach, und regeln Sie das im Ministeri um landeseinheitlich. Dort sitzt die Expertise für diese Rechts fragen. Nicht jede Hochschule kann dies vorhalten. Auch an dieser Stelle ist das Gesetz gegen die Hochschulleitungen ge richtet. Wir fordern Sie auf, diesen Punkt zu korrigieren.
Ein weiterer Punkt: Es heißt, die Einführung der Verfassten Studierendenschaft sei mit keinen zusätzlichen Kosten ver bunden. Pfeifendeckel! Natürlich sind deutliche Mehrkosten zu erwarten. Das ist schon dadurch der Fall, dass die Beiträ ge für die Verfasste Studierendenschaft von den Hochschulen unentgeltlich eingezogen werden müssen und dass darüber hi naus noch zusätzliche Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden müssen. Selbst der Rechnungshof, selbst die Rekto ren unserer Hochschulen bezweifeln, dass die derzeitigen Fi
nanzmittel auskömmlich sind. Jetzt werden wir im Hinblick auf den Hochschulpakt, auf den Solidarpakt 2014, auf die schwierigen Haushaltsjahre, die uns bevorstehen, den Hoch schulen nochmals Geld abziehen.
Ich kann Sie nur auffordern: Geben Sie den Hochschulen das Geld, das sie benötigen, damit diese Verfassten Studierenden schaften auch eingeführt werden können. Nehmen Sie die Sor gen der Hochschulen im Bereich der Finanzen endlich auf, sodass eine auskömmliche Finanzierung auch in diesen Fra gen da ist. Wenn dies nicht der Fall ist, dann müssten Sie die sen Gesetzentwurf heute eigentlich zurückziehen.
Angesichts der Tatsache, dass die Studierendenvertretungen und Fachschaften derzeit über Flächen bis zu 1 000 m2 verfügen, muss der Anspruch auf bereits über lassene Flächen beschränkt werden. Anderenfalls müss ten zusätzliche Mittel im Haushalt bereitgestellt werden.
Dies ist ein weiterer Beleg: Jetzt haben unsere Hochschulen ohnehin schon zu wenig Platz, und Sie wollen der Verfassten Studierendenschaft noch unentgeltlich ein größeres Rauman gebot zulasten von Forschung und Lehre zur Verfügung stel len. Meine sehr geehrten Damen und Herren, das darf nicht sein. Diese Rechnung geht nicht auf. In diesem Punkt muss der Gesetzentwurf dringend verbessert werden.
Der zweite Teil des Gesetzentwurfs beschäftigt sich mit der Weiterbildung. Studentische, akademische Weiterbildung hal ten wir für wichtig. Meine Damen und Herren, der Arbeits markt in Baden-Württemberg benötigt weiterhin qualifizierte Akademikerinnen und Akademiker. Deshalb stehen wir die sen Punkten des Gesetzentwurfs durchaus positiv gegenüber. Sie wurden bereits unter der Vorgängerregierung eingeleitet.
Erstens geht es darum, dass die bisherigen Qualifikationen, die im Berufsleben erworben wurden, von den Hochschulen besser anerkannt werden. Das heißt, dass es keine Holschuld seitens des Studierenden gibt, sondern eine Bringschuld der Hochschulen im Hinblick auf die Anerkennung dieser Vorleis tungen.
Zweitens soll es zukünftig mehr Möglichkeiten geben, ein Studium etwa in Form eines Teilzeitstudiums zu strecken. Da sind wir durchaus aufgeschlossen.
Aber wogegen wir uns klar wenden, ist: Wenn Sie sich die Studiengänge mit einem Staatsexamen als Abschluss anschau en, beispielsweise Medizin, Lehramt oder Jura, stellen Sie fest, dass dort ein Teilzeitstudium kaum schaffbar ist. Das sa gen Ihnen auch die entsprechenden Experten. Wenn die Re gelstudienzeit bei einem Studium mit Staatsexamen von vier oder fünf Jahren auf zehn Jahre verdoppelt wird, dann kann man doch nicht davon ausgehen, dass ein Studium mit einem solchen Zeitumfang, etwa im Bereich der Medizin, zu absol vieren ist.
Meine Damen und Herren, auch diesbezüglich geben wir Ih nen zu bedenken, diesen Gesetzentwurf zumindest in einigen Punkten nochmals zu überarbeiten.
Abschließend lassen Sie mich Folgendes feststellen: Der Ge setzentwurf der Landesregierung ist, was die Weiterbildung angeht, durchaus ein Gewinn für das Land Baden-Württem berg. Wir werden diesen Punkten auch zustimmen. Wir wer den diesen Gesetzentwurf klar in den Punkten ablehnen, bei denen es um die Verfasste Studierendenschaft geht.
Wir haben Sympathie für den Gesetzentwurf der FDP/DVP, der den Studierenden deutlich mehr Mitbestimmung und deut lich mehr Beteiligung ermöglicht. Ich bin insofern auch froh, dass wir heute Gelegenheit haben, eine Alternative aufzuzei gen. Herr Kollege Dr. Kern, Sie wissen es, wir haben gewis sermaßen eine Miturheberschaft an diesem Gesetzentwurf. Bereits in der letzten Legislaturperiode haben wir uns auf Eck punkte zu solch einem Gesetzentwurf geeinigt.
diesem Gesetzentwurf der FDP/DVP zuzustimmen. Ich kann Sie nur ermuntern und Sie auffordern: Kommen Sie auf den Weg der Vernunft zurück, ermöglichen Sie studentische Be teiligung, ermöglichen Sie eine Teilhabe auf Augenhöhe, neh men Sie Ihren Gesetzentwurf zurück, oder stimmen Sie – noch besser – dem FDP/DVP-Gesetzentwurf heute zu.
In diesem Sinn hoffe ich, dass wir dieses Thema heute zu nächst einmal abschließen können. Es wird uns weiterhin be gleiten. Ich bin mir sicher, dass mit dem Gesetzentwurf, den Grün-Rot vorgelegt hat, für die Studierenden in Baden-Würt temberg überhaupt nichts gewonnen ist. Ich bin mir auch si cher, dass die Studierenden vernünftig genug sind, zu wissen, wo und in welchem Bereich sie mitarbeiten und wo sie solch ein Gesetz der Landesregierung ablehnen.
Sehr geehrte Frau Präsi dentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Studierende, die heute anwesend sind, sehr geehrte Damen und Herren! Ich könnte diese Liste fast unendlich fortführen: Anhörungen, Ge sprächsrunden im Ministerium, Ausschussdebatten und die heutige Debatte, die auch noch hinzukommt – immer und im mer wieder fällt Ihnen, Herr Dr. Birk, zur Verfassten Studie rendenschaft nur Kritik ein. Diese Kritik trägt schon verzwei felte Züge. Sie klammern sich an jeden noch so winzigen Strohhalm, der Ihnen auf Ihrem einsamen Weg begegnet. Das sieht man auch wieder an Ihren Anträgen, die Sie heute ge stellt haben, die wir schon mehrmals in den Ausschüssen, in weiteren Debatten besprochen hatten und die klar abgelehnt worden sind.
(Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Die liegen heute zum ersten Mal vor! Sie kennen sie noch nicht! Sie haben sie doch gar nicht gelesen!)
Wir wissen, dass die CDU die Verfasste Studierendenschaft ablehnt. Aber Sie würden doch auch dann nicht zustimmen, wenn wir den heute eingebrachten Anträgen folgen würden. Für uns ist klar: Eine verwässerte und weichgespülte Verfass te Studierendenschaft wird es mit uns nicht geben.
Mit Ihren durchsichtigen Manövern und der immer gleichen Platte aus längst vergangenen Zeiten wollen Sie die Verfass te Studierendenschaft in Misskredit bringen.
Das wird Ihnen in diesem Leben nicht mehr gelingen, denn Sie befinden sich mit Ihrer Kritik nicht nur auf dem falschen Dampfer, sondern sogar auf dem falschen Meer, auf dem fal schen Planeten.
(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Vereinzelt Heiterkeit – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Alles bloß Plattitüden! Bis jetzt nichts Inhalt liches! – Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)
Nehmen wir doch einmal Ihren Antrag zur Anpassung des po litischen Mandats. Noch nicht einmal der von Ihnen zu die sem Punkt bestellte Sachverständige wollte in unserer Aus schussanhörung letztendlich so weit gehen, wie Sie es hier vorschlagen. Warum nicht? Ganz einfach deswegen, weil die im Gesetz gewählte Formulierung einfach nicht zu beanstan den ist, weil die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Wissen schaftsministerium eine hervorragende Arbeit geleistet haben und das Gesetz rechtlich auf Herz und Nieren geprüft haben. Es ist doch ein Trugschluss, wenn Sie behaupten, dass eine Regelung wie die, die Sie sich wünschen, die von Ihnen als Teufel an die Wand gemalten Prozesse, Einsprüche oder Kla gen verhindern würde. In kaum einem anderen Rechtsgebiet hat sich durch Dutzende von höchstrichterlichen Entscheidun gen eine so klare Linie entwickelt wie in diesem Bereich.
Die im Gesetzentwurf vorgelegte Formulierung des Mandats weist einen aus unserer Sicht guten und – fast noch wichtiger – verfassungsrechtlich einwandfreien Weg auf – das wurde auch durch Ihren Gutachter bestätigt –, der das berechtigte In teresse der Studierenden, sich zu äußern, genauso berücksich tigt wie die verfassungsrechtlichen Schranken.
Auch dem Vorschlag der CDU, die Rechtsaufsicht an das Mi nisterium zu geben, können wir nicht folgen. Es ist doch ein sichtig, dass Konflikte am besten vor Ort bewältigt werden und dass die Hochschule die Rechtsaufsicht über ihre Teilkör perschaft führt. Es wäre doch aus Gründen der Effizienz ab surd, wenn sich jede Verfasste Studierendenschaft bezüglich ihrer Rechtsaufsicht in der Zukunft an das Ministerium in Stuttgart wenden müsste; ich verweise auf die Wege und die Zeit, die investiert werden müssten. Es muss – so ist es auch in anderen Bundesländern geregelt – in der Hochschule ent
Jedes gute Gesetz kann sicherlich noch besser werden. Was im Anhörungsverfahren und in der Anhörung des Ausschus ses vorgetragen wurde, haben wir genau geprüft. Vieles wur de aufgenommen, anderes in Abwägung der unterschiedlichen Interessen nicht berücksichtigt.
Insgesamt haben wir damit jetzt einen wohl austarierten Ge setzentwurf der Landesregierung vorliegen. Aber auf zwei Än derungen möchte ich noch einmal explizit eingehen und sie hervorheben.
Dabei geht es zum einen um die zusätzliche Funktion einer Person als Haushaltsbeauftragter nach der Landeshaushalts ordnung. Damit sollen Studierende darin unterstützt werden, die einschlägigen Verwaltungsvorschriften und Regelungen finanzieller Art einzuhalten. Ob ein solches zusätzliches Netz durch eine externe Person notwendig ist, darüber lässt sich trefflich streiten. Das haben wir auch an mehreren Stellen ge tan.
Die Debatte war auch an einigen Stellen ziemlich hitzig, muss man sagen. Wir haben uns aber letztendlich dafür entschie den, am Haushaltsbeauftragten festzuhalten, aber für begrün dete Ausnahmefälle eine Abweichungsregelung vorzusehen.