Protocol of the Session on June 27, 2012

Bitte, Herr Minister.

Zunächst einmal muss man sagen: Mit diesem Verfah ren haben wir nicht die Einteilung außer Kraft gesetzt, dass es einen Vordringlichen Bedarf und einen Weiteren Bedarf gibt. Das ist die Grundlage dieser Entscheidung. Wir haben einfach festzuhalten, dass es weit mehr Projekte gibt, Wunsch projekte des Vordringlichen Bedarfs, von denen alle mit dem selben Etikett „Vordringlicher Bedarf“ versehen sind, obwohl es da riesige Unterschiede gibt.

Unser Verfahren sagt jetzt nicht, die Ortsumfahrung Behla sei völlig unnötig und es sei nicht zu verstehen, weshalb sich die Leute aufregten. Vielmehr anerkennen wir die Notwendigkeit und Wichtigkeit und sehen auch die hohe Belastung für die Anwohner gerade an diesen Straßen. Aber wenn wir in den nächsten Jahren nur eine begrenzte Menge Geld vom Bund bekommen – es ist absehbar, dass es eine begrenzte Menge ist; auch wenn es einen Regierungswechsel gibt, wird es eine begrenzte Menge sein, auf jeden Fall immer sehr viel weni ger, als die Wunschliste ausweist –, müssen wir im Vergleich abwägen.

Man kann nicht sagen, die Straßen, die nach hinten gerutscht sind, seien schlecht oder unnötig. Vielmehr muss man sagen: Diese Straßen sind im Vergleich anders. Nehmen wir ein Bei spiel: Wenn durch einen Ort 25 000 Fahrzeuge fahren und durch die Ortsumfahrung vielleicht 3 000 Einwohner entlas tet werden, hat die Umgehungsstraße natürlich einen größe ren Nutzen, als wenn es nur um 5 000 oder 8 000 Fahrzeuge geht und durch die Ortsumfahrung nur 300 Menschen entlas tet werden. Durch das Verfahren ergibt sich schon, dass ein zelne Maßnahmen im Vergleich zu anderen Maßnahmen trotz des gleichen Etiketts „Vordringlicher Bedarf“ dringlicher als andere sind.

Für die CDU-Fraktion erteile ich Frau Abg. Razavi das Wort.

Herr Minister, Sie haben am letz ten Montag der Öffentlichkeit, den Bürgermeistern und Land räten die Prioritätenliste vorgestellt. Wann hat denn der Bund diese Liste mit diesen drei Gruppen und den Maßnahmen, die in die drei Gruppen aufgenommen wurden, erhalten?

Auch am Montag.

Kurze Frage, kurze Antwort.

Dann darf ich nachfragen: Ist die Liste so, wie sie jetzt ist, mit dem Bund abgestimmt?

Diese Frage habe ich schon einmal beantwortet. Ich kann die Antwort – –

Sie haben über die Kriterien ge sprochen. Mir geht es um die Liste selbst.

Nein. Die Liste ist so nicht abgesprochen. Der Krite rienkatalog und das Verfahren sind abgesprochen. Wir haben dem Bund mitgeteilt, dass er dann die Liste bekommt. Wir ha

ben auch klar gesagt: „Wir veröffentlichen nicht vorab eine Liste“, weil uns auch klar war: Wenn die Liste vor der Ent scheidung herauskommt, dann wird über jeden Einzelfall ge sprochen und das Verfahren nicht mehr akzeptiert.

(Abg. Winfried Mack CDU: Das ist ja wie bei der Konfirmation!)

Der Bund hat sich damit abgefunden, wie übrigens auch der Ministerpräsident, der die Liste auch erst am Tag der Verkün dung bekommen hat. Er wollte das selbst so, weil er deutlich machen wollte: Wir arbeiten entlang von fachlichen Kriteri en und nicht nach irgendwelchen Forderungen von Wahlkreis lobbyisten oder von wem auch immer.

(Beifall bei den Grünen – Abg. Thaddäus Kunzmann CDU: Der Wahlkreis ist doch gar nicht betroffen!)

Frau Abg. Razavi.

Eine kurze Nachfrage: Ist die Lis te für den Bund bindend?

Nein, die Liste ist für den Bund nicht bindend. Das ha be ich auch schon gesagt. Ich sage es auch gern wieder. Aber es wäre außergewöhnlich, wenn der Bund sie nicht akzeptie ren würde, weil wir ihm da eine Arbeit abgenommen haben, die er selbst auch ungern macht. Denn Sie wissen doch – da brauchen wir nicht um den heißen Brei herumzureden –: Es ist eine Schwierigkeit, wenn Sie viele Wünsche haben und wenig Geld. Dann können Sie lange Zeit allen alles verspre chen, aber irgendwann glaubt Ihnen niemand mehr. Oder Sie sagen: „Weil wir wenig Geld haben, sagen wir wenigstens, was wir machen können.“ Dann wissen Sie, dass Sie zehn Kreise oder Kommunen mit der Entscheidung erfreuen und 40, 50 oder 100 verärgern, weil sie nicht dabei sind.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: So viele ha ben wir gar nicht!)

Das haben Sie immer vermieden. Wir haben es nicht vermie den. Wir haben uns einer offenen, ehrlichen und transparen ten Politik verschrieben, und das haben wir damit praktiziert.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Eine weitere Frage der Fraktion GRÜNE, Herr Abg. Schwarz.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Querspange Erbach!)

Herr Minister, in unseren Augen ist das Thema sehr sachgerecht mit objektiven Krite rien bearbeitet worden. Deswegen, denke ich, kann man das auch abschließen. Das ist so weit in Ordnung gewesen.

Ein Thema hat uns beschäftigt. Das ist das Thema Brand schutz im neuen Bahnhof hier in Stuttgart: „Feuerwehr kriti siert Konzept der Bahn“. Da würden wir einfach gern wissen: Wie geht es denn da jetzt weiter?

(Abg. Winfried Mack CDU: Wir sind nicht bei der Feuerwehr! – Abg. Thaddäus Kunzmann CDU: Hängt das mit dem Bundesfernstraßenbau in Ulm zusam men?)

Der Leiter der Stuttgarter Feuerwehr, Herr Knödler, wird in der Presse mit der Aussage zitiert:

Wir werden... uns auf keine riskanten Kompromisse ein lassen.

Uns würde interessieren, wie denn jetzt die Bedenken der Feu erwehr in dieses Konzept einfließen. Kann die Landesregie rung da überhaupt etwas machen? Können wir das berück sichtigen, oder ist das ein Thema, das ausschließlich bei der Bahn liegt? Denn die Bahn ist ja Vorhabenträgerin für das Pro jekt

(Abg. Thaddäus Kunzmann CDU: Kann er einfach das Thema wechseln?)

und muss daher auch die Anregungen der Stuttgarter Feuer wehr berücksichtigen.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU)

Herr Abg. Schwarz, es tut mir ausgesprochen leid, gerade bei diesem Thema eingrei fen zu müssen. Aber ich kann nicht anders.

Das Thema ist durch eine Frage von der CDU-Fraktion vor gegeben. Sie dürfen das Thema nicht wechseln. Wenn Sie nachher noch Zeit haben, können Sie, wie jeder andere auch, noch Fragen an die Regierung stellen. Aber Sie dürfen nicht während der Befragung zu einem Thema, das vorgegeben ist, das Thema wechseln. Das geht nicht.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Man kann es probie ren!)

Sie können es probieren, aber es geht nicht.

(Heiterkeit – Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Ich hatte das so verstanden, dass lediglich von der CDU Fragen an den Verkehrsminister gestellt werden!)

Nein. Die CDU hat bei der Regierungsbefragung, bei der die Regierung das erste Thema vorgibt, als erste Oppositions fraktion danach das Recht, ein Thema zu bestimmen, nämlich jetzt die Fragen an den Verkehrsminister – mit dieser Ein schränkung.

(Abg. Thaddäus Kunzmann CDU zu Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Tu doch nicht so, als ob du das nicht gewusst hättest!)

Jetzt müssen wir das Thema weiter behandeln. Wenn dann noch Zeit bleibt, können auch andere noch Fragen an die Re gierung stellen, nachdem die FDP/DVP auf ihr Fragerecht im Anschluss verzichtet hat –

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Okay!)

außer sie will nachher noch einmal eigene Fragen stellen; aber bisher war das so.

Dann fahren wir fort. – Kollege Haußmann von der FDP/ DVP-Fraktion.

Sehr geehrter Herr Mi nister, ich will es noch einmal präzisieren. Wir haben jetzt konkret für die Ortsumgehung Behla den Wert 2,15. Ich weiß

nicht, wann Sie geplant haben, die nächste Priorisierung vor zunehmen. Nehmen wir einmal an, vielleicht in zwei, drei Jah ren. Dann liegt die Ortsumgehung wieder bei 2,15, weil die Umfeldfaktoren eben gleich geblieben sind. Die Ortsumge hung Behla würde in den nächsten 100 Jahren nie in Angriff genommen, wenn die Projekte, die jetzt solche Bewertungen haben, nicht in weiteren Bewertungsschritten eine andere Pri orisierung bekommen. Ähnlich wie bei einem Studenten, der aufgrund seines Abiturdurchschnitts nicht nach der ersten Be werbung einen Studienplatz erhält, müsste man da im Grun de genommen auch etwas einführen. Deswegen noch einmal die Frage: Ist daran gedacht?

Zweitens: Wenn man die Aufteilung auf die Regierungspräsi dien anschaut, sieht man: Da bestehen natürlich auch sehr er hebliche Unterschiede. Ist das auch ein Faktor, der bei einem weiteren Schritt berücksichtigt wird?

Bitte, Herr Minister.

Zu dem letzten Punkt, den Regierungspräsidien und der Aufteilung der Maßnahmen: Das ist ausdrücklich kein Kri terium gewesen. Deswegen sind die Maßnahmen auch nicht anteilsweise auf die vier Regierungsbezirke verteilt. Das ist früher übrigens häufig der Fall gewesen, was meines Erach tens auch dazu geführt hat, dass man dann z. B. beim Impuls programm aus Proporzgründen Straßenbaumaßnahmen auf genommen hat, die aber nicht vergleichbar wertig waren. Das haben wir ausdrücklich nicht gemacht.

Vielmehr haben wir gesagt: Wir gehen nach Kriterien vor – letztendlich nach dem Bedarf. Es kann gut sein, dass sich im Laufe der Jahre Regionalbedarfe so verschoben haben, dass es z. B. – – Das kann man ja sagen: In der ersten Tranche ist der Bereich Oberschwaben/Bodensee „relativ überproportio nal“ mit Maßnahmen vertreten. Warum? Weil man dort Pro bleme seit Jahren vor sich hergeschoben hat und nicht zu ei ner Lösung gekommen ist. Wir haben sie jetzt einer Lösung zugeführt. Wenn es nach uns geht, kann das dann schneller gehen.

Jetzt noch zu der Frage nach der Bewertung: Wir wollen mit dieser Bewertung weitermachen, und zwar bald, nicht erst in drei, vier Jahren. Ändern wird sich die Situation sicherlich auch dadurch, dass andere Maßnahmen fertig werden, durch die Planfeststellung gehen und dann auch in die Priorisie rungsverfahren kommen.