Protocol of the Session on April 18, 2012

Deswegen verstehe ich auch die Kritik an Herrn Minister Her mann nicht. Denn im Grunde genommen geht die Frage, was die Bund-Länder-Kommission macht, tatsächlich in Richtung dessen, was wir dem Bund als Aufgabe geben. Es besteht ei ne Abhängigkeit beim Schienenverkehr, bei den Wasserstra ßen und bei den Straßen, und die Bund-Länder-Kommission will eine faire Behandlung der Bundesländer herausarbeiten.

Ich verstehe nicht, dass, wenn eine solche Kommission ein gerichtet worden ist, dann von Ihnen auf einmal ein Antrag eingebracht wird, mit dem Sie auf Kosten des Ministeriums darstellen wollen, wie unfähig der Minister ist. Es ist nämlich völlig anders: Auf Anregung des Ministers gibt es in der BundLänder-Kommission diese breit gefächerte Diskussion darü ber, wie man die verschiedenen Elemente – Wasserstraßen, Schienenverkehre, aber auch Straßenverkehre – in der Bun desrepublik fair finanzieren soll. Den Ländern ist aufgegan gen, dass sie eine Mobilitätsverlagerung vornehmen müssen. Diese Mobilitätsverlagerung kann nur stattfinden, wenn man alle drei Bereiche, die ich genannt habe, berücksichtigt und aufzeigt, wie man diese finanzieren kann.

Über die verschiedenen Möglichkeiten wurde auch schon frü her immer wieder diskutiert. Deswegen wundere ich mich da rüber, dass man nicht auch einmal diese Analyse eingebracht hat. Es gab ja schon solche privatrechtlichen Straßenbaupro jekte, bei denen man festgestellt hat: Das hat nicht den Erfolg gebracht, den wir uns gewünscht haben.

(Abg. Andreas Schwarz GRÜNE: Ja!)

Deswegen müssen wir uns auch die Frage stellen: Bringt uns eine solche Privatisierungswelle eigentlich weiter? Ich be haupte, dass das im Grunde genommen nicht der richtige Weg ist. Aber wir werden dazu auch von der Kommission noch et was hören, denn das ist eine Sache, die von dieser geprüft wer den soll.

Eines wundert mich natürlich auch kolossal. Warum gehen Sie nicht auf die Sanierung von Straßen ein? Wir haben in Ba den-Württemberg viele Spannbetonbrücken, die in den Sech ziger- und Siebzigerjahren gebaut worden sind und heute ko lossale Sanierungsfälle darstellen. Aber von Ihrer Seite wird nur lapidar gesagt: Wir müssen über Neubauten diskutieren. Doch die Sanierung – das war auch im Zusammenhang mit dem Landeshaushalt für Baden-Württemberg Gegenstand der Diskussion –

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

ist der wesentliche Punkt, den wir angehen müssen. Das ist auf Bundesebene genauso zu sehen wie auf baden-württem bergischer Ebene.

Deswegen wäre es gut gewesen, wenn Sie sich in Ihrem An trag darauf fokussiert hätten, zu fragen, wie diese Sanierung stattfinden kann. Mich würde interessieren, ob es auch von Ih rer Seite eine Priorisierung gibt, wie sie von der Landesregie rung vorgenommen wurde, welche Strecken Sie vom Bund saniert haben möchten und welche Strecken Sie als wichtig empfinden. Nein, hierzu finden wir in Ihrem Antrag keine Fra ge. Stattdessen führen Sie wieder irgendwelche Mautdiskus sionen, bei denen man darüber streiten kann, welche Lösung besser ist. Lassen Sie uns auch hier eine Versachlichung vor nehmen. Es gibt – auch in anderen Ländern – viele Beispiele für solche Mautsysteme. Aber richtig ist auch – das muss man ganz deutlich sagen –, dass der Bund auch Rahmenbedingungen schaffen muss, um solche Mautsysteme einzuführen. Auch diese Frage ist bei der Bund-Länder-Kommission richtig an gesiedelt.

Daher nochmals die Bitte an Sie: Stellen Sie Ihre Anträge nicht immer so, dass wir im Parlament im Grunde genommen die Situation haben, dass Sie vieles wissen wollen, wir dann antworten müssen – der Minister hat auf diese Fragen auch Antworten gegeben – und Sie die Antworten immer wieder infrage stellen.

Richtig wäre nach meiner Meinung, dass Sie das Ergebnis der Arbeit der Bund-Länder-Kommission berücksichtigen; im Herbst sollen Ergebnisse vorliegen. Wir hoffen natürlich, dass dann auch das Land Baden-Württemberg gerade für die Sa nierung – das ist mir ganz wichtig – einen neuen Finanzie rungstopf bekommt. Denn ich glaube – das können Sie be stimmt nachvollziehen –, dass viele Straßen in Baden-Würt temberg große Sanierungsfälle sind, besonders die Brücken; darauf will ich einmal hinweisen.

Wenn Sie sich vergegenwärtigen, dass Kosten von insgesamt 7,5 Milliarden € pro Jahr für die Straßenbauprojekte in der Bundesrepublik anfallen, die erforderlich sind, um nur den Status quo zu erhalten, dann können Sie sich auch vorstellen, welche gewaltige Aufgabe vor uns steht, um diese Strukturen auch weiterhin zu erhalten.

Es stellt sich nun tatsächlich die Frage: Sind die Verbindun gen, die wir in der Bundesrepublik haben, alle in der beste henden Form noch notwendig? Gibt es sogar Verlagerungsef fekte, oder gibt es z. B. einen europäischen Konsens – den dürfen wir nicht unerwähnt lassen – und Möglichkeiten, Gü terverkehre zu verlagern? Sie wissen selbst, dass die Transit strecken in Baden-Württemberg sehr stark belastet sind. Des wegen waren wir und sind wir auch sehr stark daran interes siert, dass die Rheinschiene, die Verbindung Genua–Rotter dam, auch zur Entlastung auf der Straße führt.

Daher will ich noch einmal ganz deutlich erwähnen: Meines Erachtens sind diese Verlagerungseffekte wichtig. Diese soll ten Sie auch noch einmal in den Fokus Ihrer Fragestellung nehmen. Die Antworten des Herrn Ministers sind nach mei nem Dafürhalten nicht wachsweich, sondern sehr detailliert und klar. Ich denke, man sollte sich diese Sachen auch einmal in der Bund-Länder-Kommission zu eigen machen – ich hof fe, das wird auch so sein – und im Herbst noch einmal hierü ber diskutieren.

Danke schön.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Lassen Sie eine Frage der Kollegin Razavi zu?

Ja, gern.

Bitte.

Herr Kollege, vielen Dank. – Das Thema des Tagesordnungspunkts heißt Straßenbaufinanzie rung. Jetzt würde mich doch Ihre Haltung hierzu interessie ren, denn dazu haben Sie eigentlich gar nichts gesagt. Sie ha ben zu vielen Themen geredet, über die man sicherlich weid lich diskutieren kann. Aber zu Ihrer Haltung, wie wir den Stra ßenbau – ob Neubau oder Erhaltungsmaßnahmen – finanzie ren sollen, dazu haben wir von Ihnen noch nichts gehört.

Ich hatte gedacht, dass ich Ihnen klarmachen konnte, dass der Bund einen neuen Fi nanzierungsschlüssel für die Länder erstellen muss, was er jetzt anscheinend auch macht.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Dazu wurde ja ein An trag formuliert!)

Dazu wurde ein Antrag formuliert, wie Herr Schmiedel ge rade richtigerweise sagt. – Wie soll ich es Ihnen noch deutli cher sagen?

(Vereinzelt Heiterkeit)

Ich gehe jetzt davon aus, dass uns der Bund den neuen Schlüs sel vorlegt. Dann werden wir hoffentlich auch mehr Geld be kommen. Sie sind ja in Berlin noch an der Regierung, und da wird dies dann sicher relativ zügig vorangetrieben werden.

Danke schön.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Andre as Schwarz GRÜNE: Genial! – Abg. Nicole Razavi CDU: Der Ministerpräsident sagt etwas ganz ande res!)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Haller das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie haben es angesprochen, Herr Kunzmann: Wir haben ein Kerndilemma in dieser Republik: viel zu wenig Geld für die verschiedenen Verkehre auf Schie ne, Wasser, Straße. Das ist nun einmal Fakt. Sie haben auch zu Recht gesagt: Egal, wer regiert – der Bund wird seiner Ver antwortung nicht gerecht. Das ist nun einmal eine Tatsache.

Die Frage heißt: Wie können wir das Dilemma lösen? Seit ich im Landtag bin, hat die CDU nur eine Antwort: Maut, Maut, Maut.

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Genau! – Abg. Thad däus Kunzmann CDU: Wir haben wenigstens eine!)

Denn sie hat viel zu viel versprochen, kann ihre Versprechen nicht einlösen, und dann kommt wieder: „Maut, Maut, Maut“ – das ist wie bei einem zurückgebliebenen Papagei. Das ist doch keine Lösung, vor allem keine finanzielle Lösung. Denn Sie wollen ja die Kfz-Steuer abschaffen. Damit bringen Sie keinen Cent mehr ins System. Sie verlagern nur das eine ins andere.

Dann möchte ich noch vor einer Lebenslüge warnen. Sie sa gen, Sie wollten eine Nutzerfinanzierung. Hören Sie einmal her: Die Autofahrer zahlen doch eine Unmenge an Kfz-Steu ern und Mineralölsteuern. Der derzeitige Straßenbau ist nut zerfinanziert, und wie!

Herr Kollege Haller, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Köberle?

Das ist mein Freund, natür lich.

(Heiterkeit)

Bitte.

Wusste ich es doch, dass Sie nicht Nein sagen. Deshalb freue ich mich auch auf eine gute Antwort von Ihnen.

Sie sagten gerade, dass die Union viele Versprechen gemacht habe, für deren Umsetzung jetzt das Geld fehle.

Schon immer.

Die Versprechen können sich ja nur auf den Bundesverkehrswegeplan beziehen...

... und auf die Ausweisung des Vordringlichen Bedarfs, was viele als Anspruch verstehen und darum kämpfen, dass diese Projekte dann auch verwirklicht werden. Können Sie mir sagen, wer diesen total aufgeblähten Bundesverkehrswegeplan aufgestellt hat?

(Abg. Claus Schmiedel SPD: Die CDU! – Heiterkeit)

Wer hat im Jahr 2002 oder im Jahr 2003 in Berlin regiert, und wer hat solche Versprechen gemacht?

(Zuruf des Abg. Claus Schmiedel SPD – Unruhe)

Es ist völlig klar: Der Bun desverkehrswegeplan wurde von Rot-Grün aufgestellt, unter gliedert in verschiedene Tranchen, und dieser Plan war im merwährend unterfinanziert. Das habe ich doch vorhin gera de förmlich erklärt.

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Eingangs wurde das schon gesagt! Er hat es schon zugegeben! – Zu ruf: Schon erledigt!)

Das war die Eingangsbemerkung.

Deswegen noch einmal: Wenn Sie die Kfz-Steuer durch eine andere Nutzerfinanzierung ersetzen, haben Sie keinen Cent mehr für den Straßenbau oder für die Schiene. Vielmehr baut man dadurch nur einen neuen Popanz auf, man verunsichert die Leute und jagt sie in eine Sackgasse hinein.