Protocol of the Session on March 28, 2012

Neben seiner klassischen Aufgabe bewährt sich der Landes rechnungshof auch als unabhängiger Gutachter unserer Fi nanzinfrastruktur. Vielleicht machen wir davon zu wenig Ge brauch. Wer nicht nur davon redet, sondern eine dauerhafte Haushaltskonsolidierung will und die Schuldenbremse heute statt übermorgen in der Landesverfassung verankern will, für den ist der Rechnungshof der richtige Ansprechpartner.

Seit die Schuldenbremse in das Grundgesetz aufgenommen wurde, was wir Günther Oettinger und Peter Struck verdan ken, mahnt der Rechnungshof, die Schuldenbremse auch in unsere Landesverfassung aufzunehmen. Obwohl unser Land schneller und besser aus der Krise kam, als alle erwartet hat ten, obwohl die Steuereinnahmen so sprudeln, dass der Fi nanzminister unter einem Einnahmeschock steht, zeigt die Re gierung ein hamletsches Zaudern und Zögern. Warum eigent lich? Staatssekretär Rust redet sich mit „strukturellen Defizi ten“ heraus. Der Finanzminister ist nicht da. Er ist der Richard Kimble des Landes: immer auf der Flucht.

(Heiterkeit bei der CDU – Beifall des Abg. Konrad Epple CDU)

Der Finanzminister suhlt sich in Kassensturzfantasien. Kolle ge Sckerl von den Grünen meint, die Zeit sei „noch nicht reif“. Das alles sind nette Umschreibungen für finanzpolitische Kraftlosigkeit. Das Land hat im Jahr 2011 26 Milliarden € Steuern eingenommen. Auch in den Folgejahren ist mit Mehr einnahmen zu rechnen. Es ist ein finanzpolitischer Offenba rungseid, dass für 2013 2 Milliarden € neue Schulden avisiert werden. Jetzt ist die Zeit für eine nachhaltige Finanzpolitik. Sie ist genauso wichtig wie der nachhaltige Umgang mit na türlichen Ressourcen.

Im nächsten Jahr feiern wir 60 Jahre Landesrechnungshof. Dem Land hat die Finanzkontrolle gutgetan. Schon am An fang des 18. Jahrhunderts gab es in der Markgrafschaft Ba den-Durlach eine Rechenkammer. Finanzkontrolle ist bei uns also fast 300 Jahre alt. Es ist Zeit, neben der klassischen Fi nanzkontrolle auch die partnerschaftliche Seite des Rech nungshofs stärker zu forcieren.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und des Abg. Dr. Hans-Ulrich Rülke FDP/DVP – Abg. Manfred Groh CDU: Son derapplaus!)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich Frau Abg. Aras das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsiden tin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Rechnungshof weist immer wieder darauf hin, wie die Aufgabenerfüllung des Lan des wirtschaftlicher und sparsamer werden kann.

Da die grün-rote Landesregierung auch mit dem Ziel angetre ten ist, die Landesaufgaben wirtschaftlicher und sparsamer als Schwarz-Gelb zu erfüllen, sind die Anregungen des Rech nungshofs sehr wertvoll. Nicht nur, als wir in der Opposition waren, war seine Arbeit für uns wertvoll, sondern auch als Re gierungsfraktion schätzen wir ihn außerordentlich und neh men ihn sehr ernst.

Lieber Kollege Löffler, Sie haben in Ihrem Beitrag jetzt ge sagt: Die CDU und der Rechnungshof ziehen an einem Strang – jetzt, nachdem Sie in der Opposition sind. Wir haben schon bisher an einem Strang gezogen und werden auch zukünftig an einem Strang ziehen, auch in der Regierungskoalition.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Dr. Reinhard Löffler CDU: In die falsche Richtung!)

Ich möchte nur einige wenige Punkte aufgreifen, die für die Politik der Regierungskoalition eine besondere Bedeutung ha ben. Da ist zunächst das Thema Energieeinsparung. Die Bei träge Nummern 20 und 21 zeigen auf, dass es einen enormen Rückstau bei der Sanierung, insbesondere auch bei der ener getischen Sanierung der Universitätsgebäude gibt. Dieser Sa nierungsstau hat sich über Jahre und Jahrzehnte aufgebaut. Es ist sozusagen ein Schattenhaushalt, in dem nur versteckte Schulden aufgebaut wurden. Diese bauen wir schrittweise ab. Dazu hat die neue Landesregierung aus der Sanierungsrück lage 50 Millionen € für die Sanierung von Landesgebäuden eingesetzt.

Zum anderen hat der Rechnungshof auf die Bedeutung des zweiten Themas, nämlich des Energiespar-Contractings, schon

sehr früh hingewiesen, weil der Energieverbrauch natürlich nicht nur ein Umweltproblem ist, sondern wegen der steigen den Kosten auch zu einem Finanzierungsproblem geworden ist. Contracting bietet in diesem Fall – weil Umweltfreund lichkeit und Wirtschaftlichkeit Hand in Hand gehen – neue Möglichkeiten.

Ich freue mich deshalb, dass das Finanzministerium auch das interne Contracting, nämlich den vorübergehenden Einsatz von Mitteln aus dem Grundstock und die Refinanzierung aus den Einsparungen, ausweiten und intensivieren wird.

Ein zweites wichtiges Thema ist der Bereich „Datenverarbei tung, Information und Kommunikation“. Der Rechnungshof hat in den vergangenen Jahren immer wieder auf die Proble matik in diesem Bereich hingewiesen – zu Recht, wenn man genau hinschaut. Die Organisation der Datenverarbeitung ist zersplittert, nicht gebündelt und daher sowohl unwirtschaft lich als auch für die zukünftigen Themen nicht optimal auf gestellt. Der Rechnungshof macht dies am Beispiel der Ser verlandschaft deutlich, die weniger eine Landschaft als ein Sammelsurium darstellt.

Bei der Datenverarbeitung sehe ich ein wichtiges – und zwar ein wichtiges strukturelles – Einsparpotenzial. Der Rech nungshof hatte schon in der letzten Denkschrift ein Potenzial von 50 Millionen € ermittelt. Das müssen wir jetzt anpacken. Das ist ein Thema, das wir auch in der Haushaltsstrukturkom mission konsequent angehen werden. Es kann durchaus sein, dass dann der eine oder andere Besitzstand wackelt. Wirt schaftliche Datenverarbeitung entsteht nicht dadurch, dass je der einen möglichst großen Server hat, sondern dadurch, dass für jeden Arbeitsplatz die optimale Dienstleistung „einge kauft“ werden kann. Datenverarbeitung ist eine Querschnitts aufgabe und muss als Querschnittsaufgabe und in einem Kun den-Lieferanten-Verhältnis optimiert werden.

Zum Thema Gehörtwerden und zur Anhörung des Ausschus ses für Finanzen und Wirtschaft zum vollzuglichen Arbeits wesen. Für mich persönlich war ein Highlight der Ausschuss beratung die Anhörung von Betriebsleitungen und Einrich tungsleitern des vollzuglichen Arbeitswesens. Das ist ein Lan desbetrieb mit über 4 000 Beschäftigten, der weitgehend au ßerhalb der öffentlichen Wahrnehmung arbeitet, weil die Be schäftigten eine Freiheitsstrafe verbüßen.

Zuvor hatte der Rechnungshof eine profunde Untersuchung der wirtschaftlichen Situation durchgeführt und zur Grundla ge seines Denkschriftbeitrags Nummer 13 zum Geschäftsbe reich des Justizministeriums gemacht. Die Anhörung hat sehr interessante weitere Gesichtspunkte ins Blickfeld gerückt. Es wurde deutlich, dass das Unternehmensziel des vollzuglichen Arbeitswesens eigentlich im Bereich der Qualifikation, des sozialen Lernens, der Teamfähigkeit der Gefangenen und ins gesamt darauf liegt, die Gefangenen für das Leben nach der Entlassung fit zu machen.

Es war nach meiner Kenntnis das erste Mal, dass der Finanz ausschuss eine solche Anhörung von direkt Betroffenen durch geführt hat. Die Idee hatten Ausschussmitglieder ursprünglich von einer Informationsreise nach Kanada im Jahr 2007 mit gebracht, wo dies eine lange Tradition hat.

Für mich passt das nun sehr gut in die Politik des Gehörtwer dens der grün-roten Landesregierung. Ich finde es gut, dass

hier die Belange einer Gruppe angehört wurden, die eher im Schatten der Gesellschaft steht.

Ich möchte nun Ihnen, Herr Präsident Munding, den Mitglie dern des Senats und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Rechnungshofs sehr herzlich für die wertvolle Arbeit dan ken. Wir schätzen sie, wir nutzen sie. Nehmen Sie es als sicht bares Zeichen dieser Wertschätzung auch seitens des Minis terpräsidenten, dass er Sie eingeladen hat, in der Strukturkom mission mitzuwirken, die gerade die Arbeit aufgenommen hat.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Ich erteile Herrn Abg. Maier für die SPD-Fraktion das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, lie be Kolleginnen und Kollegen! „Wann, wenn nicht jetzt?“ So beginnt das Vorwort zur Denkschrift 2011 des Rechnungshofs. Ich zitiere mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsidentin und Herr Prä sident Munding, weiter:

Deutschland und auch Baden-Württemberg sind schnel ler und besser aus der Krise gekommen, als selbst kühns te Optimisten erwartet haben. Dies bietet jetzt die einma lige Chance, den Landeshaushalt früher und nachhalti ger zu konsolidieren als bislang geplant.... Der Haushalt 2012 ist daher die Bewährungsprobe für eine nachhalti ge Finanzpolitik. Wann, wenn nicht jetzt?

Diese Bewährungsprobe, meine Damen und Herren, der Haus halt 2012, ist bestanden. Nach 2011 konnten wir kürzlich den Haushalt 2012 ohne neue Kredite verabschieden. Darüber hi naus gingen wir mit der Schaffung einer Sanierungsrücklage einen weiteren Schritt der Konsolidierung. Diesen Schritt hat uns übrigens auch der Rechnungshof empfohlen. Er hat dar auf hingewiesen, dass wir besser nach unserem Landesver mögen, z. B. den Universitätsgebäuden oder den Landesstra ßen, schauen müssen. Mit dieser Rücklage können wir einen Sanierungsstau auflösen.

Ich verkenne aber nicht, dass das nur erste Schritte bei der Konsolidierung der Staatsfinanzen sind. Wir haben ein struk turelles Defizit von 2,5 Milliarden € jährlich vor uns. Es ist eine Riesenaufgabe, dieses Defizit abzubauen. Wir brauchen sicherlich Zeit, bis wir die uns vom Grundgesetz vorgeschrie bene Nullverschuldung erreichen. Dieser weite Weg wird schwere Entscheidungen für Regierung und Parlament sowie harte Einschnitte für unsere Bürgerinnen und Bürger bringen.

Mit der Beratung der Denkschrift 2011 des Rechnungshofs im Landtag schließen wir heute eine intensive Vorarbeit des Ausschusses für Finanzen und Wirtschaft ab. In insgesamt 29 Beiträgen setzte sich der Rechnungshof mit der Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes auseinander und lieferte viele konstruktive Verbesserungsvorschläge. Die betroffenen Ressorts haben Stellung genommen und vieles aufgegriffen. Konsens herrscht aktuell bei 20 Beschlussempfehlungen.

Es liegt aber auch in der Natur der Sache, dass es Dissens gibt. Bestes Beispiel sind die Studiengebühren. Bei den Studien gebühren sieht der Rechnungshof natürlich die Einnahmebe schaffung. Die Koalition sieht das Thema Bildungsgerechtig

keit. Wir haben uns demokratisch für die Abschaffung der Stu diengebühren und damit für die Bildungsgerechtigkeit ent schieden. Wir wollen aber natürlich, falls es hier Missbrauch gibt,

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Fördern!)

Langzeitstudenten im Auge behalten. Das haben wir dem Rechnungshof auch zugesagt.

Es ist ebenfalls nicht unser politischer Wille, z. B. die Päda gogische Hochschule in Karlsruhe in das KIT einzugliedern oder den Bereich der Luftsicherheit zu privatisieren. Sehr wertvoll sind die Beiträge zum E-Government in der Landes verwaltung, zu den IuK-Ausgaben für Dienstleistungen Drit ter und zur IuK-Serverlandschaft Baden-Württemberg. Diese Beiträge werden aufgenommen und umgesetzt. Die grün-ro te Regierung ist dabei, dieses Aufgabenfeld zu organisieren, die Verantwortung zu bündeln, Erfahrungen der privaten Wirt schaft zu nutzen und den Rückstand von etwa zehn Jahren, den das Land auf diesem Gebiet gegenüber großen Unterneh men hat, schnell aufzuholen.

Das Gleiche gilt für den Beitrag Nummer 21 „EnergiesparContracting bei Landesimmobilien“. Hier sieht der Rech nungshof ein großes Einsparpotential von etwa 5 Millionen € jährlich. Die Verbesserungsvorschläge sind aus unserer Sicht nachvollziehbar. Im Zeichen der Energiewende werden wir bei diesem Thema einen politischen Schwerpunkt setzen. An träge sind gestellt. Wir werden diese Dinge nach und nach um setzen, z. B. auch mit Inhouse-Contracting.

Bei den Beratungen der Denkschrift haben der Ausschuss und die einzelnen Fraktionen den Betroffenen Gelegenheit gege ben, sich zu äußern. Unsere Fraktion hat sich sehr viel Mühe gemacht. Beispiele sind das vollzugliche Arbeitswesen – da zu gab es ein großes Hearing im Ausschuss –, die Staatliche Toto-Lotto GmbH und deren Betriebsrat, Besuche bei Finanz ämtern, die LEL oder das Landesarchiv. Damit haben wir die Politik des Gehörtwerdens erfolgreich praktiziert. Die vorge brachten Argumente z. B. beim vollzuglichen Arbeitswesen, bei dem neben der Wirtschaftlichkeit die Resozialisierung und die Sicherheit eine wichtige Rolle spielen, sind vollumfäng lich in unsere Beschlüsse übernommen worden.

Sehr sorgfältig müssen wir die Anregungen im Bereich TotoLotto abwägen. Man kann natürlich durch die Absenkung der vergleichbar guten Gehälter und Tantiemen oder durch orga nisatorische Änderungen Geld einsparen. Das schlägt der Rechnungshof vor. Sinkt aber die Motivation der Mitarbeite rinnen und Mitarbeiter, dann finden wir keine qualifizierten Fachleute mehr, dann wird dieser Betrieb weniger Geld an das Land abliefern, und der Schaden kann größer sein als der Nut zen. Die Lösung wird hier bei einem Mittelweg liegen. Auf keinen Fall aber sollten wir Landesbetriebe als Versorgungs posten missbrauchen.

Die Konsolidierung des Landeshaushalts wird in den nächs ten Jahren eine zentrale Aufgabe der grün-roten Landesregie rung sein. Mit der Einsetzung einer Kommission für Haus halts- und Verwaltungsstruktur, einer langfristigen Finanzpla nung 2020 – auch das ist eine Idee des Rechnungshofs – und einem Haushaltscontrolling sind die ersten Schritte eingelei tet, um das in der Vergangenheit aufgebaute strukturelle De

fizit des Landeshaushalts von über 2 Milliarden € bis zur Gel tung der Schuldenbremse im Jahr 2020 abzubauen.

Für diese Herkulesaufgabe brauchen wir auch den Rechnungs hof. Wir werden uns dabei nicht nur auf die aktuellen Beiträ ge beschränken, sondern die schon zu den Akten gelegten An regungen der vergangenen Jahre noch einmal herausholen und genau anschauen.

Die Haushaltsrechnung des Landes Baden-Württemberg ist auch Gegenstand dieser Denkschrift. Hier wird bei einem Haushaltsvolumen von 35,9 Milliarden € eine ordentliche Haushaltsführung vom Rechnungshof attestiert. Wir werden hier Entlastung erteilen.

(Abg. Manfred Groh CDU: Von welchem Jahr?)

Thema des Tagesordnungspunkts ist auch die Prüfung des Rechnungshofs für das Haushaltsjahr 2009 durch den Land tag. Sie hat keine Beanstandungen ergeben. Wir stimmen der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Ausschusses zu.

Ich bedanke mich im Namen der SPD-Fraktion bei Ihnen, Herr Präsident Munding, und allen Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für Ihre gute Arbeit.

(Beifall bei der SPD und den Grünen)

Das Wort für die Frakti on der FDP/DVP erteile ich Herrn Abg. Dr. Rülke.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Denkschrift des Rechnungs hofs einschließlich der vom Rechnungshof selbst vorbereite ten Beschlussempfehlungen zu den einzelnen Beiträgen der Denkschrift trifft bei den Fraktionen des Landtags meist auf grundsätzliche Zustimmung und damit verbunden auch auf ein hohes Maß an Konsens zwischen den Fraktionen des Landtags, zumindest in der Theorie.