Protocol of the Session on February 8, 2012

ben eine verstärkte Sensibilisierung der Gesellschaft einschließ lich Wirtschaft und Verwaltung an. Wir setzen uns für eine weitere Verbreitung der Aktion „Schule ohne Rassismus“ ein.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Glocke des Präsidenten)

Frau Ministerin, gestat ten Sie eine Zwischenfrage des Herrn Abg. Dr. Bullinger?

Ja, sehr gern.

Frau Ministerin, Sie haben jetzt sehr viele Querschnittsaufgaben – –

(Abg. Peter Hauk CDU: Herr Dr. Bullinger, nehmen Sie doch die Hand aus der Tasche!)

Danke schön, aber es ist hier heute Morgen kalt gewesen.

Ich habe eine Frage. Sie haben sehr viele Querschnittsaufga ben richtig dargestellt. Mir fehlt eines. Vielleicht gehen Sie noch darauf ein. Ich bin auch Vorsitzender von 136 Sportver einen, nämlich Vorsitzender des Turngaus Hohenlohe. Ich wünsche mir ein paar Ausführungen von Ihnen in Bezug auf die Querschnittsaufgaben in Richtung Kultusministerium und Vereinsförderung. Dieses Thema halte ich für unheimlich wichtig. Dazu sollten Sie vielleicht ein paar Ausführungen machen. Dafür wäre ich Ihnen dankbar.

Okay. Vielleicht warten Sie ab, bis ich meine Rede zu Ende gesprochen habe.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Bis Sie alles vorge lesen haben! Jawohl!)

Vielleicht kommen wir am Ende noch einmal dazu.

Meine Damen und Herren, das Thema Einbürgerung wird ein weiterer Schwerpunkt unserer Arbeit sein. Hier sehen wir gro ßen Nachholbedarf und folgen dabei eigentlich nur den Emp fehlungen der Bundesregierung.

(Unruhe – Glocke des Präsidenten)

Einen Moment, bitte. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, vorhin ist sehr viel Kritik auf die Integrationspolitik heruntergeprasselt. Da kann die Mi nisterin auch erwarten, dass man jetzt zuhört, wenn sie etwas Inhaltliches sagt. – Vielen Dank. Es war eine große Unruhe.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Volker Schebesta CDU: Wenn sie etwas Inhaltliches sagt! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Wir sind vorbild lich, Herr Präsident!)

Bitte, Frau Ministerin.

(Zuruf des Abg. Karl Zimmermann CDU – Gegenruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Das war nicht der Auftakt zum Brüllen, Herr Zimmer mann!)

Ruhe! – Bitte, Frau Ministerin.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Ich bemängle nicht die Lesekompetenz der Ministerin! – Gegenruf des Abg. Daniel Andreas Lede Abal GRÜNE: Sie müs sen lauter schreien, ich höre Sie nicht!)

Vielen Dank. – Ich war beim Thema Einbürgerung. Ich war gerade dabei, zu be richten, dass wir dabei den Empfehlungen der Bundesregie rung folgen und dabei trotzdem von der CDU-Landesgruppe kritisiert werden. Leider sank die Zahl der Einbürgerungen in Baden-Württemberg von ca. 28 000 im Jahr 2001 auf etwa 11 000 im Jahr 2008 und nahm in den beiden Folgejahren nur zaghaft auf 12 700 zu. Das wollen wir ändern, weil wir die politische Teilhabe von Migranten ernst nehmen und fördern wollen.

(Beifall bei den Grünen und der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Klare Linie! – Gegenruf des Abg. Dr. Dietrich Birk CDU)

Die restriktive Verwaltungspraxis im Einbürgerungsrecht ha ben wir ein wenig entstaubt. Dabei geht es z. B. um rechtli che Spielräume für die Hinnahme von Mehrstaatigkeit, wenn eine Entlassung aus der Staatsangehörigkeit nicht möglich oder nicht zumutbar ist.

(Abg. Karl Zimmermann CDU: Was heißt das?)

Insgesamt wollen wir unsere Einbürgerungspraxis liberalisie ren und die Verfahren beschleunigen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Gemeinsam mit Frau Staatsrätin Erler wollen wir noch in die sem Frühjahr eine Einbürgerungskampagne starten, um Mig ranten für die deutsche Staatsbürgerschaft zu gewinnen. Auch das verstehen wir unter mehr Bürgerbeteiligung.

Meine Damen und Herren, ich darf zur Flüchtlingspolitik kommen. Wir hatten in Baden-Württemberg in den vergange nen Jahren eine sehr einseitig ausgerichtete Flüchtlingspoli tik.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Edith Sitzmann GRÜNE: Traurig, aber wahr!)

Das ist eigentlich sehr traurig und deshalb kein Grund zum Klatschen.

(Abg. Volker Schebesta CDU zu Grünen und SPD: Falsche Stelle, Kollegen! – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Erst einmal zuhören, dann klatschen!)

Denn bestehende Spielräume wurden vor allem in eine Rich tung genutzt, nämlich so restriktiv wie möglich.

Wir, die grün-rote Landesregierung, wollen eine humane Flücht lingspolitik, bei der auch die berechtigten Interessen der Flücht linge berücksichtigt werden. Ich glaube, hier können Sie klat schen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Handlungs anweisung! – Abg. Dr. Dietrich Birk CDU: Das war jetzt sympathisch!)

Besonderes Augenmerk legen wir dabei auf diejenigen, die in ihrer Heimat oder auf der Flucht seelische Verletzungen da vongetragen haben. Die Psychosozialen Zentren in BadenWürttemberg leisten hier wertvolle Arbeit. Ich bin der Frak tion GRÜNE und der Fraktion der SPD sehr dankbar, dass sie

sich über einen Änderungsantrag für zusätzliche Haushalts mittel zur Unterstützung dieser Einrichtungen einsetzen. Vie len Dank.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Eine zentrale Baustelle im Flüchtlingsrecht sind Flüchtlings aufnahme und -unterbringung. Eine Arbeitsgruppe unter der Leitung meines Hauses ist dabei, die Spielräume des Landes auszuloten. Im Mittelpunkt stehen Unterbringung, Versorgung und Betreuung der Flüchtlinge. Ich habe einige Unterkünfte besucht und kann die Unzufriedenheit mancherorts gut nach vollziehen. Klar ist: Wir wollen die Unterbringungsstandards verbessern. Das wird allerdings nur schrittweise erfolgen kön nen. Wir werden Übergangszeiten für bestehende Unterkünf te benötigen und müssen uns mit den Kommunen in der Kos tenfrage verständigen. Das ist klar.

Auch die starre Praxis des Sachleistungsprinzips, das aller dings im Bundesrecht verankert ist, wollen wir ändern. Wir werden diesen Grundsatz – sofern er nicht ganz aufgegeben werden kann – auf Landesebene pragmatischer und flexibler gestalten, wie es andere Länder auch tun. Ich kann mir vor stellen, dass das auch mancher Kommune entgegenkäme. Es ist keineswegs ausgemachte Sache, dass z. B. Essenspakete oder die Abrechnung von Gutscheinen in bestimmten Läden immer günstiger sind als die Auszahlung von Bargeld.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Auf Bundesebene setzen wir uns dafür ein, dass die Leistun gen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz endlich auf ein menschenwürdiges Existenzminimum angehoben werden.

(Beifall der Abg. Andrea Lindlohr GRÜNE)

Im Augenblick spielt die Bundesregierung noch auf Zeit. Spä testens mit der zu erwartenden Entscheidung des Bundesver fassungsgerichts muss sie aber tätig werden.

Meine Damen und Herren, abschließend darf ich noch einen Bereich hervorheben, nämlich die kommunale Integrations arbeit. Integration findet vor Ort in den Städten, Gemeinden und Landkreisen statt. Dieser besonderen Rolle der Kommu nen tragen wir Rechnung. Wir wollen die Zuweisung von Lan desmitteln für Integrationsmaßnahmen an die Kommunen von etwa 1,8 Millionen € im Jahr 2011 auf 2 Millionen € in die sem Jahr erhöhen. Damit können wir den Stadt- und Land kreisen statt bisher je 11 000 € künftig je 15 000 € für die so ziale Beratung und Betreuung von Migranten zur Verfügung stellen.

Ferner stellen wir den Kreisen Landesmittel für Integrations projekte zur Verfügung. Wir arbeiten gerade an neuen Förder richtlinien. Dabei setzen wir ganz gezielt Schwerpunkte. So wird den integrationspolitischen Zielsetzungen des Landes Rechnung getragen. Außerdem sollen so passgenaue und ab gestimmte Ansätze vor Ort realisiert werden. Schwerpunkte können die Handlungsfelder Sprachförderung und Elternar beit, Antidiskriminierung oder Zusammenarbeit mit Migran tenorganisationen und meinetwegen auch mit Sportvereinen sein. Daneben fördern wir die Entwicklung bzw. Stärkung kommunaler Integrationsnetzwerke.

Ziel ist eine bessere Verknüpfung der Integrationsangebote von Europäischer Union, Bund und Land mit den Angeboten

von Kommunen und freien Trägern. Ziel ist auch eine mög lichst transparente Darstellung der Integrationsangebote vor Ort.

Meine Damen und Herren, Sie sehen, es geht um gesellschaft liche, rechtliche und wirtschaftliche Verbesserungen für die Menschen mit ausländischen Wurzeln. Diesem Ziel dienen unsere Projekte. Genau darum geht es der Landesregierung. Darum geht es auch den Mitgliedern des Integrationsausschus ses – abgesehen vielleicht von einer Ausnahme, Herr Lasot ta.

(Beifall bei den Grünen und der SPD)

Ich bedanke mich sehr für die konstruktiven Beratungen im Vorfeld im Ausschuss für Finanzen und Wirtschaft. Mein Dank gilt auch dem Minister für Finanzen und Wirtschaft so wie seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Besonders be danken möchte ich mich bei den Städten, Gemeinden und Landkreisen, den Stiftungen und Vereinen, den Kirchen, den sozialen Einrichtungen und vor allem bei den vielen ehren amtlichen Helferinnen und Helfern, die sich tagtäglich in der Integrationsarbeit engagieren. Ohne sie könnten wir die vor uns liegenden Aufgaben und Herausforderungen nicht bewäl tigen.

Vielen Dank.

(Anhaltender Beifall bei den Grünen und der SPD)