Sie hat sie zur Niederlegung eines ihrer Mandate aufgefor dert. – Die FDP/DVP-Fraktion hat sich zurückgehalten, um die Arbeit der Integrationsministerin und des Integrationsmi nisteriums im weiteren Verlauf zu bewerten.
Alles in allem muss man doch sagen: Das Ergebnis ist enttäu schend. Sie versuchen, die erfolgreiche Integrationsarbeit der Vorgängerregierung fortzuführen, aber benötigen hierzu einen aufgeblähten Regierungsapparat. Meine sehr geehrten Damen und Herren, Erfolg sieht anders aus.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dem Haushalt 2012 wird erstmals in der Geschichte unseres Landes für ein komplettes Jahr der Etat eines Integrationsministeriums dem Landtag vorgelegt. Er ist die finanzielle Grundlage für unse re integrationspolitische Arbeit.
Baden-Württemberg ist das Flächenland mit dem höchsten Migrantenanteil. Mit dem neuen Ministerium tragen wir die ser Tatsache Rechnung. Wir sind aber keineswegs die Speer spitze der Bewegung. Armin Laschet, den ich sehr schätze, wurde schon im Jahr 2005 im Kabinett Rüttgers Integrations minister. Hessen, Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz – in vielen Ländern gibt es mittlerweile Integrationsministerien. Staatsministerin Böhmer fordert auch auf Bundesebene ein eigenes Ministerium. Das ist notwendig, denn Integration ist
eine zentrale Zukunftsaufgabe. Integration sichert Wohlstand und sozialen Zusammenhalt. Integration ist für ein weiterhin erfolgreiches Baden-Württemberg unerlässlich. Aus wirtschaft lichen, demografischen, vor allem aber aus gesellschaftspoli tischen Gründen müssen wir Migrantinnen und Migranten mehr als bisher einbeziehen.
Daran orientieren sich die Integrationsprojekte und -maßnah men meines Hauses. Wir untergliedern das nach Teilhabe bei Bildung und Ausbildung, weil Bildung ein ganz entscheiden der Schlüsselfaktor für eine gelingende Integration ist, nach Teilhabe in Arbeit und Wirtschaft, gesellschaftlicher Teilhabe und politischer Teilhabe. Weitere Handlungsfelder sind eine humane Flüchtlingspolitik und die kommunale Integrations arbeit.
Zunächst zum Bereich von mehr Teilhabe, mehr Chancenge rechtigkeit bei Bildung und Ausbildung. Wenn wir hier Erfol ge erzielen wollen, müssen wir die Eltern erreichen. Wir müs sen versuchen, sie noch besser zu beraten und einzubinden. Wir müssen ihre Hemmschwelle gegenüber der Schule abbau en und sie für die schulischen Belange ihrer Kinder sensibili sieren. Deshalb werden wir ein besonderes Augenmerk auf die Elternarbeit im Umfeld von Kindergarten und Schule le gen.
Die Projekte wollen wir an bestehende Einrichtungen wie Fa milienzentren, Elterncafés, Stadtteilzentren oder andere loka le Strukturen andocken. Ein gutes Projektbeispiel ist „Mama lernt Deutsch“.
Zusammen mit der Robert Bosch Stiftung und der Breunin ger Stiftung führen wir das Projekt „Integration gemeinsam schaffen“ für eine erfolgreiche Bildungspartnerschaft mit El tern mit Migrationshintergrund fort. Es werden Bildungspart nerschaften zwischen Eltern und Bildungseinrichtungen ge schaffen und verankert. Es gibt einen landesweiten Berater pool. Die Berater sind Ansprechpartner der örtlichen Akteu re, begleiten Netzwerke oder unterstützen deren Aufbau.
Die Aufklärung über Zwangsheirat und die Bekämpfung von Zwangsheirat stellen einen weiteren Schwerpunkt im Jahr 2012 dar.
Wir werden gewährleisten, dass die erfolgreiche Arbeit der Beratungsstelle YASEMIN fortgeführt werden kann.
Dort können sich von Zwangsheirat Bedrohte und ihre Ange hörigen persönlich beraten lassen. Wir prüfen, ob trotz unse res bescheidenen Etats dieses Beratungsnetz flächendeckend verankert werden kann.
Ferner wollen wir die Onlineberatungseinrichtung SIBEL för dern. Wir werden eine landesweite Aufklärungskampagne an Schulen starten. Wir wollen zusammen mit Terre des Femmes Multiplikatorinnen für die Arbeit gegen Zwangsheirat gewin nen.
Ein weiteres Thema, das mir am Herzen liegt, ist die interkul turelle Öffnung der Verwaltung. Ich freue mich, dass sich die Bundeskanzlerin beim letzten Integrationsgipfel ganz eindeu tig zu diesem Thema positioniert hat. Auch die Bundesregie rung will den Anteil von Migranten im öffentlichen Dienst er höhen. Der Bevölkerungsanteil von Menschen mit Migrati onshintergrund spiegelt sich in unserer Verwaltung derzeit nicht wider. Hier besteht Nachholbedarf. Wir wollen deshalb den Anteil der Migranten bei Azubis und Beschäftigten in der Landesverwaltung erhöhen. Interkulturelle Öffnung ist auch ein Beitrag zu einer modernen, kundenorientierten und effizi enten Verwaltung. Das Land muss in diesem Bereich Vorbild, Impulsgeber und Ansprechpartner zugleich sein.
Gemeinsam mit dem Innenministerium starten wir ein Pilot projekt zur Erhöhung des Migrantenanteils in der baden-würt tembergischen Polizei. Wir sind bei der Erarbeitung der Ge samtkonzeption. Dabei achten wir darauf, dass die Übertrag barkeit auf andere Einrichtungen des öffentlichen Dienstes ge sichert ist. Ein erwünschter Begleiteffekt ist die Vorbildwir kung, die von jungen Migranten im Polizeidienst auf andere junge Migranten ausgeht.
Erforderlich ist auch mehr interkulturelle Kompetenz in der Verwaltung. Wir werden deshalb insbesondere Personalver antwortliche und Führungskräfte über die Notwendigkeit der interkulturellen Öffnung und der Vermittlung interkultureller Kompetenzen informieren und sensibilisieren.
Meine Damen und Herren, auch bei der Anerkennung auslän discher Abschlüsse geht es um Teilhabe, um eine Teilhabe am Erwerbsleben entsprechend den mitgebrachten Qualifikatio nen. Schon allein vor dem Hintergrund des Fachkräfteman gels müssen wir im Land aktiv werden.
Das Anerkennungsgesetz des Bundes tritt am 1. April in Kraft. Damit gibt es erstmals einen Rechtsanspruch auf Prüfung der Gleichwertigkeit ausländischer Abschlüsse. Das Bundesge setz gilt aber nur für die bundesrechtlich geregelten Berufe. Für die landesrechtlich geregelten Berufe sind in allen Län dern Landesanerkennungsgesetze erforderlich. Im Land wer den wir wohl mehr als 200 Berufe zu regeln haben.
In einer Länderarbeitsgruppe arbeiten wir an der Erstellung eines Musterentwurfs eines Landesanerkennungsgesetzes. In Abstimmung mit den beteiligten Ressorts werden wir so schnell wie möglich einen Gesetzentwurf erstellen und in die parla mentarische Beratung einbringen.
Leider hat der Bund die Beratung und die Nachqualifizierung als wichtige Bedingung eines erfolgreichen Anerkennungs verfahrens nicht geregelt. Ein deutlich höherer Informations- und Beratungsbedarf ist aber schon jetzt absehbar. Deshalb wollen wir eine ausreichende Beratungsstruktur in BadenWürttemberg schaffen. Außerdem planen wir eine Informati onskampagne zur neuen Rechtslage.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, Integrationspolitik kann nur gelingen, wenn wir die einheimische Bevölkerung, also Menschen ohne Migrationshintergrund, mitnehmen. Zu diesem Zweck haben wir eine Bevölkerungsumfrage in Auf trag gegeben. Sie soll Ansichten und Einstellungen der Auf nahmegesellschaft ergründen – nicht nur, weil wir uns als Bür gerregierung verstehen, sondern auch, weil wir uns weitere Erkenntnisse versprechen, die wir in unsere politische Arbeit einbeziehen wollen. Hierzu haben wir bisher kaum landesspe zifische Daten. Diese Umfrage kostet nicht 500 000 €, Herr Lasotta, sondern sie war mit 150 000 € veranschlagt, und die tatsächlichen Kosten werden vermutlich darunter liegen.
Eine Gruppe, die häufig im Fokus der Integrationsdebatte steht, sind die Muslime. Deshalb war es wichtig und richtig, dass Herr Schäuble die Deutsche Islam Konferenz ins Leben gerufen hat. Der damalige Innenminister Schäuble hatte ein sehr gutes Gespür für dieses Thema.
Mit dem halbjährlich tagenden runden Tisch „Islam“ habe ich in Baden-Württemberg ein Arbeitsgremium ins Leben geru fen, in dem Muslime gemeinsam mit uns und mit den betei ligten Ministerien an der Lösung konkreter Fragestellungen arbeiten.
Wie sieht es mit dem Religionsunterricht aus? Was ist eigent lich mit dem Schwimmunterricht, mit dem Schächten, mit muslimischen Bestattungen? Wir beschäftigen uns mit ganz realen und lebensnahen Fragen. Im Mittelpunkt des ersten Treffens im vergangenen November stand das Thema „Der Islam in der gesellschaftlichen Wahrnehmung“. Die neonazis tischen Morde standen dabei im Vordergrund – leider. Ein ers tes sichtbares Zeichen haben wir bereits gesetzt.
Gemeinsam mit den evangelischen Landeskirchen und den katholischen Diözesen sowie den jüdischen Gemeinden in Ba den-Württemberg unterzeichneten die Teilnehmer des runden Tisches „Islam“ eine gemeinsame Erklärung gegen Men schenfeindlichkeit.
Wir werden Konzepte zur Bekämpfung von Rassismus, Frem denfeindlichkeit und Diskriminierung entwickeln. Wir stre
ben eine verstärkte Sensibilisierung der Gesellschaft einschließ lich Wirtschaft und Verwaltung an. Wir setzen uns für eine weitere Verbreitung der Aktion „Schule ohne Rassismus“ ein.