Überwindung dieser Krise erfreulicherweise die Steuerein nahmen bei den Kommunen auch wieder stärker als beim Land.
Dennoch brauchen die Kommunen, insbesondere in ihren Fi nanzbeziehungen zum Land, Planungssicherheit.
Die dürre Pressemitteilung des Ministeriums für Finanzen und Wirtschaft vom 25. Oktober über die Gespräche mit den kom munalen Landesverbänden enthält nicht einmal Andeutungen zu der Frage, in welche Richtung die Reise künftig geht.
Da ist das Regierungsprogramm der SPD zur Landtagswahl schon konkreter. Darin wird die Entnahme von 405 Millio nen € aus der Finanzausgleichsmasse als „ungerechtfertigtes finanzielles Sonderopfer der Kommunen“ gegeißelt, das man ändern werde.
Wie so vieles lesen sich die Dinge nach einer Wahl ganz an ders als vor der Wahl. Denn in der Stellungnahme zu dem heu te zu beratenden Antrag heißt es, dass man auf der Grundla ge des von der früheren Landesregierung mit den Kommunen geschlossenen Pakts weiterarbeiten wolle. Eine Besserstel lung um knapp 10 % wird in Aussicht gestellt – also nicht die Rücknahme, die man vor der Wahl versprochen hat –, aber man hält eine – ich zitiere – „darüber hinausgehende Ände rung der Finanzverteilung nicht für geboten“.
Im krassen Gegensatz zu dieser Bescheidenheit gegenüber den Kommunen stehen die gewaltigen Versprechen vor der Wahl und die gewaltigen Herausforderungen, vor die die Kommu nen offensichtlich gestellt werden sollen – Stichwort „Ausbau der Kinderbetreuung“, Stichwort Schulsozialarbeit, Stichwort „Umsetzung des Orientierungsplans“, Stichwort „Mittages sen an Ganztagsschulen“.
Nach Angaben der kommunalen Landesverbände summieren sich diese Forderungen auf ein Gesamtvolumen von rund 1,5 Milliarden €. Das, meine Damen und Herren, werden Sie nicht alles aus der Erhöhung des Grunderwerbsteuersatzes bestrei ten können, zumal Sie noch immer nicht konkret geworden sind, wie die Kommunen in den Genuss dieser Erhöhung kom men sollen. Das einzig Konkrete, was bisher angekündigt wur de, ist, dass eben nicht die Kommunen und nicht die Kinder betreuung, sondern die Wohnraumförderung in einem Volu men von 25 Millionen € von dieser Erhöhung des Grunder werbsteuersatzes profitieren soll.
Insofern drängen sich eine Reihe von Fragen auf, die den kommunalen Landesverbänden offensichtlich noch nicht be antwortet worden sind, bei denen sich das Finanz- und Wirt schaftsministerium auch in der Stellungnahme zu unserem Antrag ausschweigt. Deshalb möchte ich sie an dieser Stelle formulieren und hoffe, anschließend etwas Konkretes vonsei ten der Hausspitze des Finanzministeriums zu erfahren.
Wie soll das Programm zur integrierten Sprachförderung im Unterschied zur heutigen Regelung ausgestaltet werden? Wel
Zweitens: Welche Beiträge will die Landesregierung über die seitherigen, bis 2013 und darüber hinaus geltenden Zusagen und Verabredungen hinaus im Bereich der Kleinkindbetreu ung bereitstellen? Welche strukturellen Veränderungen sind vorgesehen?
Drittens: Was wird mit der Schulsozialarbeit, und wie will die Landesregierung das Mittagessen an Ganztagsschulen als in tegralen Teil des Ganztagsangebots in die Verantwortung des Landes übernehmen?
Ansonsten werden wir im Finanzausschuss, wohin ich die Überweisung des vorliegenden Antrags beantrage, weiter fra gen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Stellungnahme der Landesregierung zu dem Antrag der Fraktion der FDP/DVP zeigt: Wir haben in BadenWürttemberg eine gute Finanzausstattung der Kommunen durch das Land.
Das liegt auch daran, dass in der Vergangenheit die CDU-ge führten Landesregierungen eine faire Partnerschaft und eine ausgewogene Finanzverteilung zwischen Land und Kommu nen gepflegt haben.
Das Land hat sich nicht zulasten der Kommunen saniert, wie das in anderen Bundesländern der Fall ist. Bayern hat z. B. ei ne deutlich geringere Verschuldung auf Ebene des Landes als Baden-Württemberg, aber die Kommunen sind dort mehr als doppelt so hoch verschuldet wie die baden-württembergischen Kommunen. Dort hat sich auch unter einer Regierung unse rer Schwesterpartei das Land zulasten der Kommunen saniert. In Baden-Württemberg war das nicht der Fall.
Wenn wir in andere Länder schauen – Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz –, ist festzustellen, dass diese Länder nicht nur quasi bankrott sind, sondern aufgrund einer falschen Lan despolitik auch die Kommunen pleite sind. In Rheinland-Pfalz muss man jetzt sogar über einen kommunalen Entschuldungs fonds nachdenken.
Ein wesentlicher Punkt für die gute Ausstattung in BadenWürttemberg ist auch, dass wir einen sehr hohen sogenann
ten Verbundsatz haben. Damit wird das bezeichnet, was an Steuereinnahmen im Rahmen des kommunalen Finanzaus gleichs pauschal an die Kommunen geht. Das sind bei uns im Land 23 %, in Niedersachsen beispielsweise sind es nur 17 %. Ich hoffe, dass dieser seit vielen Jahrzehnten geltende Ver bundsatz so bestehen bleibt.
Die Finanzverteilung ist auch deshalb so gut, weil nicht alles Wünschenswerte sofort, quasi per Gesetz, durch das Land um gesetzt worden ist.
Jetzt haben wir die Situation, dass die Steuereinnahmen im Jahr 2011 so hoch sind wie noch nie zuvor, und zwar sowohl für das Land als auch für die Kommunen. Wir haben nach der neuesten Steuerschätzung für das Land in diesem Jahr Netto steuereinnahmen in Höhe von 22 Milliarden €; im Jahr 2012 werden es 22,9 Milliarden € sein. Der höchste Stand der Steu ereinnahmen für das Land war in der Vergangenheit im Jahr 2008 mit 21 Milliarden € zu verzeichnen. Bei den Kommu nen war der höchste Stand der Nettoeinnahmen ebenfalls im Jahr 2008 mit 16 Milliarden €; für dieses Jahr und für das nächste Jahr wird von den Steuerschätzern ein Plus prognos tiziert.
Nun gibt es – Herr Dr. Rülke hat schon darauf hingewiesen – zahlreiche Versprechen der neuen Regierung: mehr Geld für die Kleinkindbetreuung, mehr Geld für Schulsozialarbeit, die Verpflichtung zur flächendeckenden Umsetzung des Orientie rungsplans im Kindergarten, zahlreiche Schulexperimente, die Geld kosten, das Mittagessen in den Schulen und andere Din ge. Für die Betreuung von Kindern unter drei Jahren wird das Geld aus der Erhöhung des Grunderwerbsteuersatzes ange sichts dessen, was Sie alles versprochen haben, nicht ausrei chen.
Nun plant das Land einen Landeshaushalt, der in diesem und auch im nächsten Jahr ohne neue Schulden auskommen soll. Das ist zunächst einmal richtig und wird von uns auch unter stützt. Unsere Fraktion hofft aber, dass der Wunschkatalog der Fachpolitiker von SPD und Grünen nicht zulasten der Kom munalfinanzen umgesetzt wird.
Meine Damen und Herren, wir haben in der letzten Wahlpe riode das Konnexitätsprinzip eingeführt. Es ist nämlich rich tig und wichtig, dass im Fall von Gesetzen, die den Kommu nen zusätzliche Aufgaben auferlegen, ein finanzieller Aus gleich erfolgt. Bei alldem sollten wir darauf achten, dass dau erhafte Mehrausgaben auch dann finanziert werden müssen, wenn die Nettosteuereinnahmen wieder sinken. Wenn man sich die Unterlagen der Steuerschätzung einmal genau an schaut, stellt man fest, dass die Fachleute – nicht die Politik – eine Steigerung des Bruttoinlandsprodukts für 2012 von nur noch 2,4 % prognostizieren. In diesem Jahr lag die Prognose noch bei 3,8 %. Die bisherige reale Steigerungsrate von 3,5 % wurde also auf 2,4 % reduziert. Die Gefahr, dass wir in den nächsten Jahren wieder weniger Einnahmen verzeichnen, ist also durchaus gegeben.
Meine vorletzte Bemerkung ist daher: Nehmen Sie keine Um setzung von zahlreichen Wünschen zulasten der kommunalen Finanzen vor. Das würde die gute Partnerschaft, die in der Ver gangenheit bestanden hat, zerstören.
Meine letzte Bemerkung richtet sich insbesondere an die Grü nen: Hätten Sie nicht so viele kostenintensive Verzögerungen bei Stuttgart 21 erwirkt, hätten wir einige Millionen Euro mehr zur Verfügung, die jetzt ausgegeben werden könnten.
(Beifall bei der CDU und der FDP/DVP – Lachen bei Abgeordneten der Grünen – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Das sagen die Schaufler des Milliarden grabs! Das sagen die Richtigen!)
Sie nehmen sogar in Kauf, dass wir Ausstiegskosten in Milli ardenhöhe haben. Dann haben weder das Land noch die Kom munen Geld; wir müssen höhere Schulden für nichts aufneh men und werden für die kommenden Generationen keinerlei Fortschritte haben.
(Beifall bei der CDU und Abgeordneten der FDP/ DVP – Abg. Thomas Blenke CDU: So ist es! – Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Wie bei Cato: „Kartha go muss zerstört werden“!)
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Der Antrag der Fraktion der FDP/ DVP zur Finanzentwicklung von Land und Kommunen vom Juni dieses Jahres passt heute wunderbar. Denn wir können heute gut aufzeigen, dass die grün-rote Landesregierung nicht nur eine kommunenfreundliche Haltung vertritt, sondern so wohl die Landesfinanzen im Griff hat
Der Antrag passt heute aber auch sehr gut, da wir heute und jetzt die FDP-Bundestagsabgeordneten und die noch unschlüs sigen Bundestagsabgeordneten der CDU auffordern können, keine Steuersenkung auf Pump und keine Steuersenkung zu lasten der Kommunen vorzunehmen.
Schließlich sind Entlastungen der Steuerzahler ohne Gegen finanzierung angesichts der Verschuldung des Bundes und an gesichts der Zuspitzung der europäischen Schuldenkrise nicht zu verantworten. Sie wären hinausgeschmissenes Geld zulas ten der öffentlichen Haushalte und zulasten der Kommunen. Steuersenkungen sind in der heutigen Zeit, in der die Kom munen mit dem Ausbau der Kinderbetreuung große Aufgaben haben, Gift. Ich kann nur appellieren: Nehmen Sie Abstand von den Steuersenkungsplänen zulasten der Kommunen.
Die Verhandlungen mit den kommunalen Landesverbänden über die Kommunalfinanzen und den Pakt für Familien befin den sich in der Schlussphase, und sie sind auf einem guten Weg.