Protocol of the Session on February 18, 2016

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das Präsidium hat für die Allgemeine Aussprache eine Redezeit von fünf Minu ten je Fraktion festgelegt, wobei gestaffelte Redezeiten gel ten.

In der Allgemeinen Aussprache erteile ich dem Kollegen Wa cker für die CDU-Fraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, lie be Kolleginnen und Kollegen! Die Diskussionen über die Vor gänge um die Privatschulfinanzierung der letzten Monate zei gen, dass der grün-roten Landesregierung die Privatschulen in der Tat nicht am Herzen liegen. Die Landesregierung hat immer nur auf politischen Druck reagiert, und das Ergebnis ist jetzt die Vorlage eines „Privatschulreparaturgesetzes“, durch das Sie Ihr eigenes stümperhaftes politisches Vorgehen reparieren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU)

Ich möchte mit dem grundsätzlichen Hinweis auf das Brutto kostenmodell beginnen, das vor zehn Jahren in einem großen Konsens mit den Privatschulverbänden erarbeitet wurde. Die ses Bruttokostenmodell hat heute uneingeschränkt Gültigkeit. Dazu gehörte auch die Überlassung von Beamten an die Schu len in freier Trägerschaft, ohne die Bezuschussung dabei zu berücksichtigen. Das heißt, man hat akzeptiert, dass die Ver

sorgungsbezüge für die verbeamteten Lehrkräfte auch vom Land getragen werden. Das war ein Kompromiss.

Sie, meine Damen und Herren, haben gegen diesen Kompro miss verstoßen. Sie führen eine Versorgungsabgabe ein und produzieren damit in der Privatschullandschaft Verlierer und Gewinner.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP)

Es entsteht eine neue Ungerechtigkeit. Sie geben den einen Geld in die linke Tasche und nehmen es den betroffenen Pri vatschulen aus der rechten Tasche wieder heraus.

Sie haben gegenüber den Privatschulverbänden nicht einmal die geringste Wertschätzung zum Ausdruck gebracht. Und es war einmalig in der Geschichte des Bildungsausschusses, dass Sie eine Anhörung der betroffenen Verbände im Zusammen hang mit der Vorlage des Privatschulberichts nicht zugelassen haben. Dabei ging es damals um die Senkung des Kosten deckungsgrads. Das waren relevante Punkte, bei denen die Expertise der Privatschulverbände notwendig gewesen wäre.

(Beifall der Abg. Tobias Wald CDU und Dr. Timm Kern FDP/DVP)

Nur: Diese Ignoranz rächte sich, denn bei der Novellierung des Schulgesetzes zur Inklusion haben Sie die Privatschulen einfach vergessen.

Dann hat die CDU-Fraktion hier einen Antrag eingebracht, in dem sie die Landesregierung aufgefordert hat, auch Koopera tionen zwischen privaten und öffentlichen Sonderschulen zu ermöglichen. Diesen Antrag haben Sie abgelehnt. Dann ha ben Sie auf Druck reagiert. Jetzt ist dies Bestandteil des Pri vatschulgesetzes. Das hätte von Anfang an so sein können; Sie wollten einfach nicht hören.

Sie haben die Notwendigkeit gesehen, sehr kurzfristig eine Sondersitzung einzuberufen, und haben auch wieder verges sen, die Flüchtlinge mit einzubeziehen. Jetzt gab es ein Schreiben der Arbeitsgemeinschaft Freier Schulen, in dem da rauf hingewiesen wurde, dass man eine flexibilisierte Hand habung der Zuschüsse benötigt. Jetzt reagieren Sie wiederum erst auf Druck.

Das Einzige, Herr Minister, was Sie verstehen, ist es, Wahl geschenke zu verteilen. Sie haben kapiert, dass man durch die rückwirkende Wirksamkeit der Fördersätze – nämlich zum 1. Januar 2016 – natürlich ein Wahlgeschenk verteilt. Auch das ist zum ersten Mal geschehen, dass rückwirkend Zuschüs se bewilligt werden.

Deswegen, meine Damen und Herren, ist es in der Tat keine politische Großtat, dass Sie im Zuge der massiv steigenden Steuereinnahmen zwischen 2010 und 2016 endlich eine spür bare Erhöhung um 40 % vorgenommen haben – und trotzdem haben Sie damit nicht einmal den Kostendeckungsgrad von 80 % erreicht.

Ganz neu ist auch, Herr Poreski – deswegen empfehle ich Ih nen, auch einmal in die Fläche hineinzuhören –: Die Schul verwaltung – damit meine ich das Kultusministerium, nicht die durchführende Schulverwaltung vor Ort – betreibt eine

Politik der Nadelstiche gegenüber den Privatschulen. Jetzt hat man einen Bildungsnavigator eingeführt, mit dem im Grunde die Bildungsangebote transparent dargestellt werden sollen – da haben Sie die Privatschulen einfach vergessen. Erst auf grund eines massiven Drucks der betroffenen Schulen – und übrigens auch des Sozialministeriums – haben Sie ein Jahr später das Versäumte nachgeholt.

Bei den wichtigen Bildungswegekonferenzen, bei denen es darum geht, den Eltern die gesamte breite Palette der inklusi ven Angebote, aber auch der Angebote der Sonderschulen dar zulegen, haben Sie zunächst einmal auch hier die Schulen in freier Trägerschaft, die wirklich hochattraktive Angebote ha ben, einfach vergessen. Das heißt, erst auf politischen Druck hin reagieren Sie; die Mühlen mahlen langsam.

So lässt sich, meine Damen und Herren, vieles Weitere auf zählen. Sie erbringen den Schulen in freier Trägerschaft ge genüber nicht die erforderliche Wertschätzung, die sie verdie nen. Das spüren auch die Schulen vor Ort.

(Beifall der Abg. Konrad Epple und Ulrich Müller CDU sowie Dr. Timm Kern FDP/DVP)

Wir, die CDU, sagen in aller Deutlichkeit: Schulen in freier Trägerschaft sind ein Gewinn auch für das öffentliche Schul wesen. Wir wollen auch in der nächsten Legislaturperiode – das ist unser Angebot als CDU – ein neues Bruttokostenmo dell 2 in Form einer fairen Partnerschaft entwickeln, wobei wir übrigens auch, Herr Poreski, die zukünftigen Oppositions fraktionen der jetzt im Landtag vertretenen Parteien mit ein beziehen wollen.

(Lachen des Abg. Thomas Poreski GRÜNE – Zuruf des Abg. Thomas Poreski GRÜNE)

Das bedeutet im Grunde, in einem breiten Konsens und einer fairen Partnerschaft ein Bruttokostenmodell zu entwickeln, wobei wir auch über Fragen der Dynamisierung sprechen wol len. Wir wollen auch eine Clearingstelle einrichten, damit, wenn es von Schulen in freier Trägerschaft Unmut und Pro test gegenüber dem Vorgehen der Schulverwaltung gibt, auch sofort Abhilfe geleistet werden kann.

Meine Damen und Herren, das sind die Voraussetzungen, da mit die Schulen in freier Trägerschaft wieder das Vertrauen und die Wertschätzung seitens der Politik erhalten, die sie ver dient haben, und das haben Sie, meine Damen und Herren, sträflich vernachlässigt. Diese Schulen verdienen das Vertrau en und die Unterstützung.

Deswegen sagen wir: Es ist notwendig, dass die finanzielle Anpassung vollzogen wird. Daher werden wir am Ende dem Gesetz zustimmen. Aber was Sie machen, ist sträflich, indem Sie durch die Einführung einer Versorgungsabgabe eine neue Gerechtigkeitslücke entstehen lassen, die wir im Zusammen hang mit dem Gesetzentwurf natürlich ablehnen.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU und des Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich das Wort Herrn Abg. Poreski.

Frau Präsidentin, meine Da men und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Das war jetzt kurz vor Mittag Wackers Märchenstunde, die natürlich nicht verdecken kann, dass es gute Gründe gab, warum das Verhältnis zwischen den freien Schulen und der früheren Lan desregierung komplett zerrüttet war.

(Abg. Alexander Salomon GRÜNE: Das kennen wir seit fünf Jahren schon!)

Da Sie mich persönlich angesprochen haben – Sie haben ja auch Kontakte in Richtung freie Privatschulen –, werden Sie sicher auch gehört haben, dass zumindest mein Verhältnis, das Verhältnis meiner Fraktion zu den Privatschulen ein sehr ent spanntes, ein sehr freundliches ist.

Kommen wir zurück auf den Teppich dessen, was wir tatsäch lich hier beraten. Die Änderung des Schulgesetzes, die wir heute abschließend beraten, erfüllt zwei Zwecke. Sie füllt ei nerseits eine Regelungslücke bei der inklusiven Beschulung auf der Basis unseres gemeinsamen Entschließungsantrags, der am 15. Juli des vergangenen Jahres einstimmig beschlos sen wurde. Damals haben wir einmütig gefordert: Maßgebend für das Prädikat „Inklusive Beschulung“ sind der Wille der Eltern und der Schulort des Kindes, nicht der Anstellungsträ ger der beteiligten Sonderpädagogen.

Nach der alten Rechtslage war es aber so, dass ein an einer allgemeinbildenden Schule inklusiv beschultes Kind doch wieder den Status eines Sonderschülers erhielt, wenn zu sei ner Unterstützung Sonderpädagogen eingesetzt wurden, de ren Anstellungsträger eine Privatschule war. Das war ein ziemliches Durcheinander. Das war natürlich nicht der Wille des Gesetzgebers und auch schon im Juli des vergangenen Jahres bekannt. Unklar war aber die rechtssystematisch sau bere Lösung. Deshalb haben wir unseren Entschließungsan trag mit dem Auftrag an die Landesregierung eingebracht. Dieser Auftrag ist nun erfüllt. Die Zweifel über die Umset zung in der Verwaltungspraxis sind beseitigt.

Die FDP/DVP bringt nun mit einem Änderungsantrag eine Alternativlösung ein, ohne zu begründen, was deren Vorteil sein soll, und rechtssystematisch geprüft ist es auch nicht. Ich sage: So etwas braucht kein Mensch.

Der zweite Zweck des Gesetzes ist eine Überbrückungsrege lung für die Privatschulen. Darüber haben Sie ja gesprochen, Kollege Wacker. Sie stellt eine Zwischenlösung dar, bis die für das Frühjahr vereinbarten Verhandlungen zwischen den Privatschulen und der Landesregierung für eine dauerhafte Fi nanzierungssystematik abgeschlossen sind. Dabei gilt es – das ist auch der Grund dafür –, ein kompliziertes Gerichtsurteil mit einzubeziehen, das beide Seiten noch nicht abschließend bewertet haben.

Bei der Zwischenlösung, für die das Land im laufenden Jahr zusätzlich 17 Millionen € aufwendet, wird den Privatschulen ein einheitlicher Fördersatz von gut 78 % gewährt, gemessen an den Aufwendungen für staatliche Schulen. Das ist sowohl relativ als auch absolut die beste Förderung, die die privaten bzw. freigemeinnützigen Schulen jemals erhalten haben – um dies vielleicht einmal festzuhalten. Damit verhindern wir auch, dass durch die einvernehmlich – auch das war einver nehmlich – vereinbarte Versorgungsabgabe für neu beschäf

tigte Beamte an Privatschulen unnötige Härten entstehen. Das verhindern wir durch diese Regelung. Dies ist auch die Grund lage für eine nachhaltige und rechtskonforme Lösung, die wir gemeinsam mit den Privatschulen erarbeiten werden.

Dabei gilt für meine Fraktion selbstverständlich das 80-%-Ver sprechen; auch Ministerpräsident Kretschmann steht dazu. Selbstverständlich müssen in die neu zu vereinbarende Be rechnungsgrundlage auch Neuerungen einfließen, die es beim früheren Bruttokostenmodell nicht gab, beispielsweise der Ganztagsbetrieb oder die Verfügbarkeit von Schulsozialarbeit.

Den vereinbarten Verhandlungen versucht die FDP/DVP nun mit weiteren Änderungsanträgen vorzugreifen. Das ist natür lich reine Show,

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Wieso? Ihr könnt dem doch zustimmen!)

ebenso Ihre Aufforderung zu Verhandlungen, die ja längst ver einbart sind.

(Abg. Dr. Timm Kern FDP/DVP: Ihr findet es gut, aber ihr lehnt es ab!)

Es ist ja längst vereinbart. – Unser grün-roter Änderungs antrag erweitert den Verhandlungsauftrag um das Thema Flüchtlinge. Das ist hingegen sinnvoll und notwendig.

Was wir heute abschließend beraten – um es ganz sachlich auf den Punkt zu bringen –, ist somit sowohl ein pragmatisches als auch im positiven Sinn zukunftsoffenes Gesetz des gesun den Menschenverstands. Machen wir durch unsere Zustim mung einen Knopf dran.

Vielen Dank.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Für die SPD-Fraktion er teile ich das Wort Herrn Abg. Bayer.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist der aller letzte Plenartag, noch einmal gibt es ein Bildungsthema. Das ist quasi der Schlussakkord in einer langen Reihe. Diesmal wurde – trotz mancher Bedenken – im Ausschuss dem Ge setzentwurf einstimmig zugestimmt. Ich meine, das ist doch auch einmal eine schöne Sache, gerade zu diesem Thema.

Herr Kollege Kern konnte seinerzeit krankheitsbedingt nicht dabei sein, und deswegen ist es irgendwie auch verständlich, dass die Anträge der FDP/DVP-Fraktion nachgeschoben wer den. Aber die Weichen sind längst gestellt. Wir werden das mit unserem Entschließungsantrag noch einmal unterstrei chen.

Heute kommt es vorrangig auf ein zentrales Signal an, näm lich auf ein Signal an die Privatschulen, die ich persönlich üb rigens ganz besonders dann schätze, wenn sie Impuls- und Taktgeber für pädagogische Innovationen sind.