Herr Kollege Nemeth, würden Sie mir zustimmen, dass Baden-Württemberg – wenn es um die Pri märenergie geht – schon längst Importland ist? Baden-Würt temberg hat weder Kohle noch Gas, noch Öl. Das heißt, im Hinblick auf die Summe der Primärenergieträger ist BadenWürttemberg längst Importland. Trotzdem sind wir Industrie land.
(Abg. Karl Zimmermann CDU: Wind haben wir auch nicht! – Abg. Volker Schebesta CDU: Und jetzt? – Abg. Friedlinde Gurr-Hirsch CDU: Man muss vom Produkt und nicht vom Input her denken!)
Finden Sie es gut und richtig, dass wir im Bereich des Stroms zum Importland werden? Finden Sie das gut und richtig?
Kollege Nemeth, es ist neu, dass dem Zwischenfrager eine Zwischenfrage gestellt wird. Aber wenn Herr Abg. Rust darauf antworten möchte, dann bitte.
Frau Präsidentin Lösch, Sie sind ja neu im Amt. Die Frage von Herrn Abg. Rust war eine rheto rische Frage und bringt uns nicht weiter.
(Oh-Rufe von Abgeordneten der Grünen und der SPD – Abg. Claus Schmiedel SPD: Keine Kritik an der Präsidentin! – Abg. Volker Schebesta CDU zur SPD: Ihr verteidigt sie?)
(Beifall bei Abgeordneten der CDU – Abg. Dr. Fried rich Bullinger FDP/DVP: So ist das! – Abg. Ingo Rust SPD: Nein!)
Ich will darauf hinweisen, dass von einem Konzept der neu en Regierung – wo ist denn Herr Minister Untersteller? – bei spielsweise für die Kraft-Wärme-Kopplung, für die sinnvol le Einbindung der Stadtwerke, für den Ausbau der Wasser kraft und der Biomassenutzung in Baden-Württemberg nichts zu sehen ist. Ich sehe nur eines: Fast jeden Tag gibt es eine Überschrift, eine Bemerkung eines Ministers, eines Vertreters der Regierungskoalition zur EnBW. Das ist Ihre Politik. Ich möchte Sie von hier aus dringend auffordern, diese öffentli chen Mitteilungen über ein landeseigenes Unternehmen zu unterlassen. Denn Sie beschädigen dieses Unternehmen. Sie diskreditieren es. Das ist unerträglich, und es ist verantwor tungslos.
Noch eines ist glasklar: Natürlich gehört die Windkraft zum Energiemix. Wer aussteigt, muss auch einsteigen. Deswegen hat die vorherige Landesregierung den Windatlas in Auftrag gegeben. Jetzt wissen wir, wo windhöffige Standorte in Ba den-Württemberg zur Verfügung stehen. Jetzt entwickeln Sie ein neues Landesplanungsgesetz, das den gesamten regional planerischen Ansatz mit einem Federstrich über den Haufen werfen will. Das bedeutet letztlich, dass dies in Zukunft Wild wuchs in Baden-Württemberg bei der Windkraft veranlassen wird. Ich glaube nicht, dass das ein besonders kluges Vorge hen ist.
Sie geben mit diesem neuen Landesplanungsgesetz die Pla nungssicherheit der Schwarz-Weiß-Liste auf. Sie geben eine Konsenslösung auf und machen ein Stück weit auch Krawall unter den Kommunen. Das werden wir alles so erleben, wenn das Landesplanungsgesetz so kommt, wie Sie es vorhaben.
Herr Minister Untersteller, Sie verletzen im Grunde auch das Subsidiaritätsprinzip an einer ganz sensiblen Stelle, nämlich beim Klimaschutz. Sie werden es in den nächsten Monaten und Jahren erleben:
Denn dieses hohe Ziel, 10 % des Stroms aus der Windenergie zu decken, bedeutet – das haben Sie auch angekündigt – 1 200 Windräder. Das entspricht einem Flächenverbrauch – ein The ma, das Ihnen auch sehr wichtig ist – von 18 000 ha, also 25 000 Fußballfeldern.
Ich meine, dass wir den Weg im Konsens mit den Regionalver bänden auf der Basis des Windatlasses, nämlich da, wo wir windhöffige Gebiete haben, jetzt gemeinsam beschreiten könn ten.
Herr Schoch hat vorhin darüber gesprochen und hat auch zu gegeben, dass in den Kommunen und anderswo bei den In vestoren Goldgräberstimmung herrscht. Meine Damen und Herren, 35 000 bis 50 000 € im Jahr werden für Pachtverträ ge geboten. Die Kommunen werden mit Geldern gekauft, die letztlich über das EEG vom kleinen Mann bezahlt werden.
Ich glaube, dass das keine gute Politik für Baden-Württem berg ist. Sie lassen die Möglichkeit eines historischen Kon senses verstreichen, wenn Sie dieses Landesplanungsgesetz so umsetzen. Deswegen bitte ich Sie, dieses Gesetz so nicht in Kraft zu setzen, sondern noch einmal mit den Regionalver bänden und mit uns gemeinsam zu beraten.
Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Zunächst einmal bin ich Herrn Nemeth sehr dankbar, zumindest für eine Aussage: Wir haben den Atomkonsens, den Ausstieg aus der Kernenergie, gemeinsam beschlossen. Wer aussteigt, muss an einer ande ren Stelle auch einsteigen. Das wollen wir gemeinsam tun. Deswegen ist das gemeinsame Ziel, eine Energiepolitik für Baden-Württemberg zu entwickeln, die unter diesen Rahmen bedingungen zu einer regenerativen Energiewirtschaft führt, die unsere Umwelt, unser Klima schützt, richtig. Ich will, auch wenn es noch ein paar kritischere Anmerkungen geben wird, noch einmal herausstellen, dass uns diese Aussage sehr wich tig ist, Herr Nemeth.
Sie haben auch recht damit, dass wir einen Strommix, in Zu kunft eher einen regenerativ geprägten Strommix, brauchen. Denn wir wollen nicht nur aus der Kernenergie aussteigen, wir wollen mittelfristig auch aus der Kohleenergie und insge samt aus der fossilen Energiewirtschaft aussteigen.
Wir wissen und haben auch gesehen – das wird bestätigt durch die Studie des Fraunhofer-Instituts in Freiburg, die etwa zur Zeit der großen Katastrophe in Fukushima veröffentlicht wur de –, dass es verschiedene regenerative Energieträger gibt. Für das Jahr 2020 wird jetzt für Baden-Württemberg von Folgen dem ausgegangen: Fotovoltaik 27 %, Windkraft 16 %, Was serkraft 9 %, Biomasse 8 %. Diese Größenordnungen bei den regenerativen Energien – letztlich kommen etwa 50 % zusam men – beziehen sich auf den Strom; Wärme und Mobilität sind noch einmal ein anderes Thema. Es sind Ziele, die erreichbar sind. In Baden-Württemberg geht es nun darum, hierfür die politischen Rahmenbedingungen zu setzen.
Deswegen ist auch das Thema „Chancen und Potenziale der Windkraft in Baden-Württemberg“ von Grünen und SPD aus guten Gründen für eine Aktuelle Debatte beantragt worden. Denn wir haben hier Nachholbedarf. Herr Kollege Schoch hat es schon angesprochen: 8,6 % des Stroms in Rheinland-Pfalz stammen aus Windkraft, in Baden-Württemberg sind es 0,7 %. Im letzten Jahr wurden in Baden-Württemberg acht Anlagen zugebaut – selbst im kleinen Saarland waren es 13 Anlagen. Das zeigt doch, wie rückständig wir hier sind. Wie man sieht, hat die damalige Landesregierung in diesem Bereich in den letzten Jahren versagt. Deutlicher als durch diese Zahlen kann es wirklich nicht werden, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Deswegen ist es auch richtig und konsequent, dass man gera de bei der regenerativen Energieform, bei der am meisten blo ckiert wird, bei der die größten Potenziale ungenutzt sind, be ginnt. Wir sind Ihnen dankbar dafür, dass Sie den Windatlas in Auftrag gegeben haben. Denn wenn man einmal genau auf die Karte schaut, dann sieht man, dass wir nicht nur in den Höhenlagen im Schwarzwald und auf der Schwäbischen Alb gute Potenziale haben, sondern dass wir insbesondere auch im Bereich Hohenlohe, im Bereich Heilbronn-Franken, im
Bereich Ostwürttemberg große Potenziale haben und dass Ba den-Württemberg ein Windland wie Rheinland-Pfalz und an dere Länder auch ist.
Das Ziel, bis 2020 10 % des Stroms aus Windenergie zu ge winnen, ist – das will ich ehrlich sagen – erreichbar. Ich bin überzeugt, dass wir dieses Ziel bis dahin übererfüllen werden.
(Abg. Karl Zimmermann CDU: Im Leben nie! Da wette ich mit Ihnen um 1 000 €! – Zuruf des Abg. Al fred Winkler SPD)
Deshalb ist es auch richtig, dass hier die politischen Rahmen bedingungen entsprechend gesetzt werden. Es macht ja kei nen Sinn, 99 % Ausschlussfläche zu haben und nur 1 % Vor rangfläche – auf der häufig kein Wind weht – für Windkraft nutzen zu können. Deswegen ist es auch richtig, diese Blo ckade zu beenden.
Ich will auch ganz klar und deutlich sagen, Herr Nemeth – Ih re Aussage dazu stimmt nicht –: Die Regionalverbände behal ten alle positiven Gestaltungsmöglichkeiten, die sie haben. Sie können weiterhin Vorranggebiete ausweisen. Wir rufen sie auch ausdrücklich dazu auf. Wir hatten letztens in einer Ver anstaltung dazu gehört, dass dies im Bereich des Regionalver bands Bodensee-Oberschwaben auch passiert. Wir rufen sie ausdrücklich dazu auf, gute Vorrangflächen auszuweisen, weil dann automatisch die Investoren in diese Vorrangflächen in vestieren.
Was wir aber nicht dulden – das will ich auch ganz klar sagen –, ist, dass die Politik der Blockade durch Regionalverbände fortgeführt werden kann und auf diesem Gebiet alles behin dert werden kann. Deswegen: Die positiven Möglichkeiten bleiben für die Regionalverbände bestehen, aber eine Blocka depolitik wird unter dieser Regierung nicht mehr möglich sein.
Deswegen werden wir auch den Kommunen weitere Möglich keiten geben. Gerade die Beispiele aus Rheinland-Pfalz zei gen eindeutig, dass es da nicht zu dem kommt, was Sie im mer an die Wand malen: zur Gefahr eines Wildwuchses. Es zeigt sich einfach: Jede Kommune, die irgendwo ein Windrad aufstellt – das Windrad muss man hinbringen; da muss eine Zuleitung gemacht werden –, wäre blöd, wenn sie nicht mit den Nachbargemeinden kooperiert.
In Rheinland-Pfalz haben wir die Situation – wir hatten hier zu eine Anhörung durchgeführt, zu der wir Sie, Herr Nemeth, eingeladen hatten; da gab es einen entsprechenden Vortrag; ich denke, diese Vorträge und diese Beispiele wird es auch im Rahmen der Regionalkonferenzen, die die Landesregierung plant, geben; Herr Untersteller wird dazu sicherlich noch et was sagen –, dass die Kommunen gemeinsam solche Wind parks entwickeln und dann die Gewerbesteuereinnahmen und die Pachteinnahmen gemeinsam haben und möglicherweise auch die Nachteile, die damit für die Landschaft verbunden sein können, letzten Endes gemeinsam tragen.
Deswegen bin ich der festen Überzeugung, dass es ein kons truktives Miteinander und an einer Stelle auch einen konst
ruktiven Wettbewerb geben wird. Denn wir wünschen uns, dass die Regionalverbände entsprechende Vorrangflächen aus weisen. Aber wir werden auch dafür sorgen, dass auch dann, wenn sie es nicht tun, der Ausbau der Windkraft vorangehen kann.