Vor diesem Hintergrund möchte ich jetzt aber auch noch eine Bitte an das Ministerium richten. Wir haben ja diesen Gesetz entwurf in der letzten Legislaturperiode eingebracht. Mir ist bewusst: Daran hängen auch viele verfassungsrechtliche Fra gen, und man muss natürlich auch entsprechende rechtliche Prüfungen sauber durchführen.
Aber wir, seitens der SPD-Fraktion, haben die eindringliche Bitte, dass wir auch in einen zeitlichen Pfad kommen – das war auch die Überlegung in der letzten Wissenschaftsaus schusssitzung –, dass wir über diese beiden Gesetzentwürfe gemeinsam diskutieren können. Das ist meine Bitte.
Bei dem anderen Thema, das Frau Kollegin Schütz angespro chen hat – dass es neben der Verfassten Studierendenschaft auch noch studentische Mitbestimmung in den Gremien ge ben wird –, glaube ich, dass es auch Veränderungsbedarf gibt. Daher greifen wir dieses Thema auch gern auf. Aber in der neuen Landesregierung geht es Step by Step, zuerst das eine und dann das andere. Aber in den fünf Jahren werden wir ins gesamt viel zustande bringen.
Für die Landesregie rung erteile ich das Wort Frau Ministerin Bauer – wenn sie sprechen möchte. Das ist erst die Erste Beratung. Der Gesetz entwurf wird an den Ausschuss überwiesen, und über ihn wird dann hier im Plenum noch einmal diskutiert. Das wollte ich nur sagen.
Herr Präsident, verehrte Kolleginnen und Kol legen! Mir ist klar, das Haus hat Hunger. Deswegen werde ich mich kurzfassen.
Der vorliegende Gesetzentwurf der FDP/DVP bezweckt zwei erlei. Zum einen soll ein Gremium für studentische Mitbe stimmung eingeführt werden. Dieses Gremium ist bewusst als Alternative konzipiert, ja, es soll vielleicht sogar der Verhin derung der weiter gehenden Lösung, wie sie eine Verfasste Studierendenschaft darstellt, dienen. Zum anderen – das fin de ich bemerkenswert – soll dieses Gremium über die Ver wendung von Studiengebühren entscheiden. Ich glaube, es ist
allseits bekannt: Die Studiengebühren werden zum Sommer semester 2012 abgeschafft. Da gibt es nichts mehr zu entschei den. Ebenso ist bekannt – das ist auch in unserem Koalitions vertrag festgehalten –, dass die neue Landesregierung die Ver fasste Studierendenschaft einführen wird.
Die Alternative, die Sie heute in Ihrem Gesetzentwurf präsen tieren, ist somit nicht wirklich ein Instrument zur Ausweitung studentischer Mitbestimmung, sondern de facto ein Instru ment zur Begrenzung weiter gehender Lösungsvorschläge. Ein solches Modell brauchen wir, meine ich, in der heutigen Zeit nicht.
Es geht Ihnen nicht um mehr Mitbestimmung, sondern es geht, wie in der Begründung des Gesetzentwurfs ausgeführt wird, um – vermeintlich – „schwerwiegende Probleme der de mokratischen Legitimation“, die Sie in einer Verfassten Stu dierendenschaft offenbar sehen. Da kommen mir schon Fra gen. 14 von 16 Bundesländern haben die Verfasste Studieren denschaft. Wollen Sie wirklich behaupten, es gebe dort Prob leme mit der demokratischen Legitimation? Diese Länder ha ben die Verfasste Studierendenschaft seit Jahrzehnten. Es gibt dort keine gewaltsamen Aufstände, es gibt keine extremisti schen Auswüchse, sondern diese Verfassten Studierenden schaften existieren unaufgeregt, sie erledigen ihre Geschäfte geradezu leise und unauffällig.
Welche Ängste vor dem Volk oder vor den Studierenden und deren Organisationsformen haben Sie eigentlich? Wir appel lieren noch einmal eindringlich an Sie: Lassen Sie die alten Geschichten und die Ängste aus den Siebzigerjahren doch ein fach einmal beiseite. Es wird Zeit – auch in Baden-Württem berg –, den Ausnahmezustand aufzuheben und zu normalen Verhältnissen zurückzukehren. Nicht mehr, aber auch nicht weniger ist die Verfasste Studierendenschaft.
Der Gesetzentwurf der FDP/DVP stammt in gewisser Weise aus einer alten Zeit, nämlich aus der Zeit der letzten Legisla turperiode. Frau Abg. Schütz hat es gerade beschrieben: CDU und FDP/DVP haben sich gegen Ende der letzten Legislatur periode einer Idee genähert. Sie haben also knapp 35 Jahre gebraucht, um in Sachen studentische Mitbestimmung neu zu denken. Wir sind jetzt gerade einmal etwas mehr als dreiein halb Monate im Amt,
(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Und den ken noch immer falsch! – Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: In den Ferien waren Sie auch im Amt, Frau Mi nisterin!)
und wir werden unseren Gesetzentwurf beizeiten vorlegen und unsere Vorstellungen zur Verfassten Studierendenschaft prä zisieren.
Seien Sie also bitte nicht so ungeduldig. Wir werden unsere Gesetzesinitiative sehr zeitnah auf den Weg bringen.
Als Sie damals in der letzten Legislaturperiode Ihr Modell vorgelegt haben, geschah dies übrigens nur mit einem vor sichtigen Antrag. Es war bemerkenswert: Die Regierungsfrak tionen haben einen Antrag eingebracht, mit dem sie sich da zu verpflichteten, in Zukunft einem Modell näherzutreten.
Man hat sich schon damals gefragt: Sind Sie eigentlich Op position, oder stellen Sie die Regierung? Sie hätten ja selbst einen Gesetzentwurf einbringen können. Das haben Sie aber nicht getan, sondern Sie haben eine Willenserklärung abgege ben.
Dies geschah, wie ich glaube, aus gutem Grund. Denn schon damals gab es vonseiten der Studierenden selbst, aber sogar auch vonseiten der Hochschulleitungen Kritik an diesem Mo dell. Es wurde bemängelt, das Korsett sei für unsere vielfäl tige Hochschullandschaft zu eng geschnürt. Es macht einen Unterschied, ob man ein Vertretungsorgan an einer großen Universität wie Freiburg einsetzt oder an einer Hochschule wie der in Biberach. Das macht einen Unterschied. So viel Freiheit muss sein. Deswegen wollen wir eben nicht ein Ein heitsmodell der Mitbestimmung über das Land verbreiten, sondern einen Rahmen schaffen, der Verlässlichkeit herstellt und der die Grenzen markiert und gleichzeitig Möglichkeiten eröffnet. Innerhalb dieses Rahmens aber sollen sich die Hoch schulen und ihre Studierenden die jeweils adäquate Lösung erarbeiten und diese dann auf den Weg bringen können. So viel Freiheit muss sein.
Deswegen bleibt heute an dieser Stelle festzuhalten: Wir wer den den Gesetzentwurf der Landesregierung auf den Weg brin gen. Wir haben das Gesetz nicht sofort eingebracht, weil wir dem Wunsch der Studierenden entgegenkommen wollten, die noch einmal in einen offenen Dialog treten wollten. Das ma chen wir mit Studierenden und mit Hochschulleitungen. Wir werden aber zu Beginn des neuen Jahres einen Gesetzentwurf vorlegen, damit dieser auch beizeiten in Kraft treten kann, weil die Hochschulen, die Studierenden vor Ort auch Zeit brauchen, um ihre Modelle zu implementieren.
Deswegen: Ein wenig Geduld brauchen Sie noch, aber es wird nicht mehr lange dauern, bis wir dann in den Diskussionspro zess eintreten können. Ich möchte Sie, das gesamte Haus, ein laden: Lassen Sie Ihr Modell und das Modell der Verfassten Studierendenschaft in die Diskussion um den richtigen Weg mit einfließen. Wir werden dazu Anhörungen veranstalten. Dann werden wir vergleichen, welches der Modelle der viel fältigen Hochschullandschaft angemessener ist, welches der Modelle mehr Verlässlichkeit, mehr Transparenz, mehr Ver antwortung und Rechenschaftspflicht abbildet. Denn wir sind hoffentlich alle miteinander daran interessiert, eine zeitgemä ße, eine verlässliche, eine mutige und in der Summe eine gu
te Studierendenvertretung in Baden-Württemberg auf den Weg zu bringen. Das haben unsere guten Hochschulen in BadenWürttemberg verdient. Ich bitte Sie alle: Wirken Sie daran mit!
Herr Präsident! So habe ich es gern: Die CDU sagt: „Die guten Ideen im Gesetzentwurf sind von uns“, die SPD sagt: „Die guten Ideen sind von uns“, und die Grünen sagen: „Die guten Ideen sind von uns.“
Ja, dann können wir uns doch auf unseren Gesetzentwurf ei nigen. Von überall, von allen Gruppierungen hier werden wir gelobt.
Dann möchte ich eine Frage stellen, denn sämtliche meiner Vorredner mit Ausnahme der Vertreterin der CDU sind nicht darauf eingegangen, was sie eigentlich gegen Parlamente ha ben. Jetzt erklären Sie diesem Hohen Haus bitte einmal: Wenn in ganz Deutschland auf sämtlichen staatlichen Ebenen – von der kleinen Ortschaft bis hin zum Bund – die politische Wil lensbildung demokratisch über Parlamente organisiert ist, wa rum wollen Sie das nicht an den Universitäten haben? Bitte erklären Sie das doch einmal.
Herr Stober hat gesagt, es sei für ihn nicht klar, warum das li beral sei. Ich kann ihm das erklären. Wir sind gegen Zwangs mitgliedschaften, und wir sind gegen Zwangsbeiträge.
Dann haben Sie noch gesagt – vielleicht dürfte ich das jetzt einmal geschwind zu Ende führen; sonst können Sie ja eine Zwischenfrage stellen –, ein Parlament hätte – –
(Glocke des Präsidenten – Abg. Dr. Markus Rösler GRÜNE: Dürfte ich einmal etwas zur Frage der IHKs sagen?)