Protocol of the Session on October 13, 2011

Darüber hinaus soll die Rolle der Studierenden an den Hoch schulen bereits im Zuge der Abschaffung der Studiengebüh ren aufgewertet werden. Es wurde bereits genannt: Studieren de werden künftig im Einvernehmen – statt wie bisher ledig lich im Benehmen – an der Verteilung der Kompensationsmit tel beteiligt. Das ist ein wichtiger Schritt, und wir zeigen da mit, dass wir die Studierenden stärker beteiligen wollen.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Diese Idee einer gestärkten Beteiligung taucht im Gesetzent wurf auf. Das hat Herr Kern schon gesagt. Insbesondere ist zu begrüßen, dass die FDP/DVP eigentlich ihre Ideen von uns hat; das sind nämlich gute, grün-rote Ideen. Vielen Dank, Herr Kern.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Die Ideen hatten wir schon in den Siebzigerjahren, als es euch noch gar nicht gegeben hat! – Heiterkeit des Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU)

Gleiches kann ich Ihnen aber zum Wohle aller Studierenden in Bezug auf die Verfasste Studierendenschaft raten. Ein Pseu dostudierendenparlament bringt uns kein Stück weiter.

Vielen Dank.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für die SPD-Fraktion erteile ich Herrn Abg. Stober das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich fange einmal mit dem Positiven an. Nach der Abschaffung der Verfassten Studieren denschaft vor 34 Jahren haben FDP/DVP und, wenn ich es richtig sehe, auch CDU zumindest einmal eingesehen, dass die Mitbestimmungsmöglichkeiten der Studierenden nicht ausreichend sind. Wir finden, dass auch Ihr Gesetzentwurf nicht ausreichend ist. Ich glaube jedoch, seine Vorlage ist zu

mindest einmal ein Zeichen, dass das, was 1977 galt, heute nicht mehr gilt und wir andere Diskussionen führen müssen.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Ich finde dennoch, dass der jetzt vorgelegte Gesetzentwurf deutlich zu kurz springt. Es gibt an einer Stelle einen qualita tiven Unterschied, eine qualitative Verbesserung gegenüber bisher, und zwar insofern, als in diesem Parlament explizit auch hochschulpolitische Belange diskutiert werden dürfen. Das ist der einzige substanzielle Punkt neben den Geschich ten, die die Studiengebühren betreffen, die Herr Salomon ja auch angesprochen hat, bei denen es wirklich eine Verände rung gibt.

Allerdings finden wir trotzdem, dass Sie damit deutlich zu kurz springen. In diesen 34 Jahren haben sich auf unabhängi ger Ebene – z. B. in der Organisationsform eines Vereins – sehr unterschiedliche Modelle entwickelt. Da funktionieren Studierendenparlamente. Aus Karlsruhe weiß ich das selbst. Das funktioniert gut. Das ist auch ein gutes Modell, ein guter Vorschlag. Es ist aber an anderen Standorten anders. Da er folgt die Meinungsbildung über Vollversammlungen oder letz ten Endes aus Fachschaften heraus.

Wir sind der Auffassung, dass wir da den Studierenden eigent lich keine Vorschriften machen sollen. Es müssen klare demo kratische Spielregeln eingehalten werden. So sind die Satzun gen zu gestalten. Diese sind auch entsprechend zu überprü fen. Sie dürfen nur dann in Kraft treten, wenn diese Spielre geln eingehalten werden. Aber wir denken, wir sollten da den Studierenden die Entscheidungsmöglichkeiten geben. Alles andere ist in meinen Augen, Herr Kern, auch nicht liberal.

Genauso können wir den Studierenden, denke ich, nicht vor schreiben, zu welchen Themen sie sich äußern. Frau Bauer hat in der letzten Sitzung des Wissenschaftsausschusses, in der wir darüber diskutiert haben, angesprochen, dass an un seren Hochschulen sehr viel in puncto Energiepolitik läuft. Dürfen sich die Studierenden zu energiepolitischen Fragen jetzt nicht mehr äußern? Wir hatten am KIT auch sehr viel Kernforschung, insbesondere in der Vergangenheit. Da stel len sich letzten Endes auch militärische Fragen. Wo ist denn dann die Grenze?

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Sicherheitspolitik!)

Ich glaube, es ist schwer, diese zu ziehen.

Ich nenne jetzt noch ein Beispiel aus Karlsruhe. Wir hatten ja in einem Jahr einen Unabhängigen Studierendenausschuss aus RCDS und LHG. Ich habe mich riesig gefreut und fand es sehr gut, dass er sich auch offensiv gegen diesen Neonazi-Auf marsch, der in Karlsruhe geplant war, ausgesprochen hat. Aber nach dem Vorschlag, den Sie hier machen, dürfte er auch das nicht mehr tun.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Da gibt es andere Möglichkeiten! Sollen sie gemeinsam einer Partei beitreten!)

Ich glaube, das kann auch nicht im Sinne dieses Gesetzes sein.

Ich habe mir noch einmal den alten Gesetzentwurf von SPD und Grünen aus der letzten Legislaturperiode angeschaut und

mich gefragt: Was ist daran eigentlich so problematisch? Was sind Ihre Fragen dazu? In diesem Gesetzentwurf Drucksache 14/7307 heißt es – § 65 Abs. 3 –:

Die Aufgaben der Studierendenschaft sind

dann kommen die Punkte, bei denen sie etwas tun darf –

1. die Ermöglichung der Meinungsbildung innerhalb der

Studierendenschaft,

2. die Wahrnehmung der hochschulpolitischen, fachli

chen und fachübergreifenden sowie der sozialen und kulturellen Belange der Studierenden in Hochschule und Gesellschaft,

3. die Mitwirkung an den Aufgaben der Hochschulen

nach den §§ 2 bis 7 dieses Gesetzes,

4. auf der Grundlage der verfassungsmäßigen Ordnung

die politische Bildung, das staatsbürgerliche Verant wortungsbewusstsein und die Bereitschaft ihrer Mit glieder zur aktiven Toleranz sowie zum Eintreten für die Grund- und Menschenrechte zu fördern,

5. die Förderung der Integration und Gleichstellung der

Studierenden innerhalb der Studierendenschaft sowie in Hochschule und Gesellschaft,

6. die Förderung der sportlichen Aktivitäten der Studie

7. die Pflege der überregionalen und internationalen Stu

dierendenbeziehungen und

8. die Mitwirkung bei der Gesetzgebung des Landes und

der Strukturierung der Selbstverwaltung der Hoch schulen.

Dem schließt sich folgender Satz in Absatz 4 an:

Zur Erfüllung dieser Aufgaben nimmt die Studierenden schaft ein politisches Mandat wahr.

Genau zur Erfüllung dieser Aufgaben und nicht zur Erfül lung anderer Aufgaben. Welche Probleme haben Sie damit? Ich verstehe das nicht.

(Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Das liegt aber an Ihnen!)

Ich glaube nicht, dass das an mir liegt. Sie können ja noch einmal erklären, welche Probleme Sie da sehen.

(Abg. Martin Rivoir SPD zu Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: Nach Ihren heutigen Ausfüh rungen, Herr Bullinger, liegt das sicher an Ihnen!)

Ich denke, es ist selbstverständlich – das ist in unserem Ge setzentwurf auch klar ausgeführt –:

Die Studierendenschaft kann von ihren Mitgliedern zur Erfüllung ihrer Aufgaben angemessene Beiträge erheben. Bei der Festsetzung der Beitragshöhe sind die sozialen Verhältnisse der Studierenden zu berücksichtigen.

Natürlich braucht die Studierendenschaft etwas Geld, um ih re Arbeit zu machen. Es spricht auch gar nichts dagegen, wenn sich die Studierendenvertretungen eine Selbstbeschränkung auferlegen, indem sie sagen: „Zu diesem Thema wollen wir etwas sagen, zu den anderen Themen wollen wir uns nicht äu ßern.“

(Abg. Karl-Wilhelm Röhm CDU: Richtig! Ja!)

Auch das ist möglich.