Protocol of the Session on December 17, 2015

Herr Abgeordneter, kommen Sie bitte zum Ende.

Auch ein Zuwarten auf ei ne bundeseinheitliche Regelung des Bauberufsrechts wäre ein Warten auf Godot, und der kam bekanntlich nicht. Für mich ist die Anerkennung ausländischer Qualifikationen bei den Kammern als einheitliche Ansprechpartner richtig verortet. Streichen Sie die Fachaufsicht.

Herr Präsident, jetzt kehrt adventlicher Frieden ein.

(Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege, Sie sol len nicht adventlichen Frieden machen, Sie sollen zum Ende kommen.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Ich wünsche Ihnen doch gerade meinen adventlichen Frieden.

Sie haben bei fünf Mi nuten Redezeit schon über eine Minute überzogen. Ich mei ne, mehr kann ich nicht zulassen.

Es hat sich doch gelohnt, Herr Präsident.

(Zurufe, u. a. des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Dann wünsche ich Ihnen und Ihren Familien frohe Weihnach ten. Ich hoffe, dass Sie nicht viele elektronische Mails bekom men, die Ihnen auch frohe Weihnachten wünschen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU)

Für die Fraktion GRÜ NE erteile ich das Wort Frau Abg. Lindlohr.

Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Architekten und Ingenieure sind gro ße und wichtige Berufsgruppen bei uns in Baden-Württem berg, die sehr viel zu unserer Wirtschaftskraft beitragen. Es sind Berufsgruppen, in denen viele Leute als Selbstständige unterwegs sind, aber sich auch in Unternehmen einbringen, Kreativität und Innovation hervorrufen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen und der SPD)

Natürlich verdienen sie, wie alle anderen auch, eine gute ge setzliche Grundlage, und für diese sind wir zuständig. Es liegt der Entwurf zu einem großen und umfangreichen Artikelge setz vor, das Änderungen im Architektengesetz, im Ingeni eurgesetz und im Ingenieurkammergesetz vornimmt. Einige dieser Änderungen möchte ich hier hervorheben.

Wir haben über die Partnerschaftsgesellschaften gesprochen, und wir finden es gut, dass wir diese jetzt umsetzen: die Part nerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung für Architekten und die für Beratende Ingenieure und für Ingeni eure. Das ist eine moderne Unternehmensform. Viele Archi tekten und Ingenieure, die derzeit selbstständig unterwegs sind, wollen sich zu Gesellschaften zusammenschließen, aber in einer ihnen gemäßen und zur heutigen Marktlage passen den Form. Das ist eine bundesrechtliche Öffnung, die wir hier nutzen. Wir sehen es als sinnvolle Innovation für unser Land an, den Architekten und Ingenieuren in Baden-Württemberg diese Rechtsform zur Verfügung zu stellen.

Das EU-Recht bringt uns deutlichen Änderungsbedarf für die Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse. Das ist gut und richtig. Unser Ziel ist es, gute Möglichkeiten für Ingenieurin nen und Ingenieure, für Architektinnen und Architekten im gesamten Europäischen Binnenmarkt zu haben. Wir brauchen die Durchlässigkeit für Fachkräfte. Das ist einer der tieferen Sinne der europäischen Integration und das, was sie uns an wirtschaftlichem Plus bringt.

Bezüglich der Ingenieurkammer gab es jetzt die Auseinander setzung über ihre Zuständigkeit. Die Kollegen haben es zi tiert. Es gibt natürlich viele verschiedene Ingenieurabschlüs se, und sie müssen jetzt tiefer gehend geprüft werden. Es sol len, wie der Kollege Staatssekretär ausgeführt hat, auch ande re, z. B. nicht akademische Qualifikationen geprüft und aner

kannt werden. Das sind hohe Anforderungen. Dies wäre für jeden, der dafür zuständig ist, eine Herausforderung. Würden dies die Regierungspräsidien tun, hätten sie sicherlich weite res Personal nötig. Auch wenn die Ingenieurkammer jetzt zu ständig wird, wird sie dafür einen Stab und Kompetenz auf bauen müssen.

Jetzt habe ich von Pros und Kontras von vielen Seiten in den letzten Wochen gehört. Ich habe von Befürwortern und Geg nern dieser Regelung unisono die Aussage gehört, dass, wenn entweder die Regierungspräsidien zuständig blieben oder die Ingenieurkammer zuständig würde, das Ingenieurland BadenWürttemberg gefährdet sei. Liebe Kolleginnen und Kollegen, da können wir ganz sicher sein: Daran hängt das Ingenieur land Baden-Württemberg nicht.

(Beifall des Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE)

Wir werden eine gute Regelung zur Anerkennung finden, und unser Ingenieurland wird mit seiner ganzen innovativen Kraft so oder so weiter vorangehen.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Man sollte solche Themen auch nicht symbolisch überhöhen. Dahinter steht ein Konflikt. Der ist angesprochen worden. Es ist der Konflikt um die Frage: Wer ist Pflichtmitglied in der Ingenieurkammer? Das ist die wahre Auseinandersetzung. Für meine Fraktion ist klar: Wir wollen keine Ausweitung der Pflichtmitgliedschaft in der Ingenieurkammer, und dazu ste hen wir.

(Beifall bei Abgeordneten der Grünen)

Das steht in diesem Gesetz ja auch gar nicht drin. Also setzen wir uns mit dem Kern, der hier geregelt wird, auseinander. Uns liegen keine Anzeichen vor, dass die Ingenieurkammer, wenn sie jetzt hier zuständig würde, diskriminierend vorge hen würde, wenn sie diesen hoheitlichen Bereich übertragen bekommen würde. Darauf vertrauen wir auch.

Eine mögliche bundesweite Stelle halten wir nicht für sinn voll. Die Zentralstelle für ausländisches Bildungswesen, die von der Kultusministerkonferenz eingerichtet wurde, ist si cherlich ein wichtiger Kompetenzpool, den jeder, der zustän dig ist, zurate ziehen muss. Das war bisher bei den Regie rungspräsidien auch schon so, und das wird sicherlich auch so sein, wenn die Ingenieurkammer künftig zuständig ist. Aber es ist eine Landesaufgabe. Wir, der Gesetzgeber, haben die Pflicht, es bei uns landesrechtlich zu regeln. Wir können auf diesen bundesweiten Pool an Wissen zurückgreifen, aber wir wollen diese Aufgabe nicht an eine Bundeskoordinierungs stelle abgeben.

Wenn eine solche hoheitliche Aufgabe aber wandert, ist eine Fachaufsicht durch das Ministerium eine gute Sitte. Wenn wir einer Körperschaft eine hoheitliche Aufgabe geben, ist das an gemessen und ist das sicherlich auch kein Problem für die In genieurkammer.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir arbeiten mit den Inge nieuren und Architekten hier im Land gut zusammen. Wir be danken uns bei den Kammern und den weiteren Verbänden sehr, dass sie so zahlreich an unseren landespolitischen Initi ativen mitarbeiten, die Ingenieurkammer beispielsweise bei

der Allianz für Fachkräfte oder die Architektenkammer ganz aktuell gemeinsam mit dem Städtetag und dem vbw beim The ma „Sozialintegriertes Wohnen von Flüchtlingen“. Wir sind in einer guten Einbindung und in einem guten Gespräch. Wir werden dieses Gesetz im Ausschuss gern beraten.

(Beifall bei den Grünen und Abgeordneten der SPD)

Für die SPD-Fraktion erteile ich das Wort Herrn Abg. Storz.

(Abg. Hans-Ulrich Sckerl GRÜNE: Nach dem Kol legen Löffler eine wohltuende Sachlichkeit!)

Genau. – Herr Präsident, mei ne sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wer Fachkräfte einstellen will, muss eine klare Vor stellung davon haben, was die künftigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wissen und was sie können. Deshalb sind Rege lungen über das Berufsrecht von hoher wirtschaftspolitischer Bedeutung. Wir legen fest, wer welche Berufsbezeichnung führen darf – auch im Bereich der Ingenieure –, und mit der Novellierung des Bauberufsrechts und anderer Gesetze sor gen wir dafür, dass Arbeitgeber tatsächlich Ingenieure bekom men, wenn auf dem Zeugnis „Ingenieur“ steht.

Gesetze wie diese sind also nicht etwa überflüssige Regulie rungen. Im Gegenteil: Wir schaffen damit für die Wirtschaft Sicherheit und sorgen seitens des Landes dafür, dass eine wichtige Dienstleistung erbracht wird.

Die Arbeitswelt verändert sich heute schnell, und rechtliche Regelungen über Berufe drohen auch schnell zu veralten. Da her beweist sich jeden Tag: Es ist sinnvoll, dass die staatliche Ebene im Bereich des Berufsrechts und der Berufsausbildung Kompetenzen an die Selbstverwaltung der Wirtschaft und der freien Berufe überträgt. In den Kammern bündelt sich der Sachverstand, den wir für die komplizierten Fragen benöti gen.

Bei der Anerkennung ausländischer Titel und Berufsabschlüs se geht es um die Frage: Entsprechen sie unseren Abschlüs sen? Darauf eine Antwort zu finden ist nicht immer einfach. Die Prüfung wird umso vielfältiger und anspruchsvoller, je mehr Menschen mit unterschiedlicher Ausbildung aus den ver schiedenen Ländern der Welt zu uns kommen. Daher ist der Weg, den wir in der Landesregierung gewählt haben, richtig. Wir setzen bei dieser Frage auf die Kompetenz der Ingenieur kammer. Dadurch entlasten wir die Regierungspräsidien, die genug Aufgaben haben. Durch eine zentrale Entscheidungs ebene wird unsere Anerkennungspraxis in Baden-Württem berg einheitlicher. Außerdem übertragen wir eine bewährte Lösung aus einem verwandten Berufszweig auf die Ingenieu re. Auch bei Architekten entscheidet die Kammer und nicht die staatliche Verwaltung, ob ein Abschluss gleichwertig ist oder nicht. Das ist auch in vielen anderen Ländern üblich.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Der Diplom-Ingenieur war einmal eine Markenbezeichnung in Deutschland, die es wegen der Bologna-Reform an den Hochschulen nicht mehr gibt. Daraus entstand der Handlungs bedarf bei der Berufsbezeichnung. Bei vielen – gerade inter disziplinär ausgerichteten – Studiengängen ist nicht auf den ersten Blick ersichtlich, dass ihre Absolventen Ingenieure

sind. Hier schafft das Gesetz Klarheit in den Berufsbezeich nungen. Die Sorge allerdings, dass mit dieser Gesetzesände rung der Wirtschaftsingenieur – eine klassisch eingeführte Be rufsbezeichnung von uns – untergehen würde, wie der Ver band der Wirtschaftsingenieure deutlich gemacht hat, ist aber unbegründet. Das sehe ich nicht so.

In der Verbändeanhörung ist richtigerweise angemahnt wor den, dass das Anerkennungsverfahren für ausländische Ab schlüsse auf Länder angewandt werden sollte, die nicht Mit glied der EU sind. Für die berufliche Integration von Zuwan derern – nicht nur von Flüchtlingen – wäre das wichtig. Eine Gleichstellung von Angehörigen von Drittstaaten muss aber vorher auf Länderebene abgestimmt werden, und es muss ei ne Musterregelung gefunden werden. In der anstehenden No velle ließ sich dieses Ziel noch nicht verankern, weil wir we gen der europäischen Zeitvorgaben bestimmte Fristen einhal ten müssen. Fest steht aber: Berufliche Aspekte der Integrati on werden von uns weiteres Handeln erfordern, und das nicht nur im Bauberufsrecht.

Zwei weitere Neuregelungen sind für die Wirtschaft hilfreich. Daher will ich sie noch einmal besonders herausstellen.

Mit der Partnergesellschaft mit begrenzter Berufshaftung ge ben wir den freien Berufen die Möglichkeit, sich besser auf neue Herausforderungen vorzubereiten. Dieses Instrument schließt eine Lücke, weil die Kapitalgesellschaft dem Wesen des freien Berufs fremd ist.

Die zweite besonders erwähnenswerte Neuregelung betrifft unsere Förderbank, die L-Bank. Sie hilft bei der fachgerech ten Umsetzung unserer Förderprogramme. Die zulässige au tomatische Bearbeitung von Förderanträgen kann den Zeit raum zwischen Antragstellung, Bewilligung und Auszahlung von Fördergeldern verkürzen. Davon werden die Bürger und auch die Unternehmen profitieren.

Ich denke, insofern macht das Gesetz Sinn. Wir brauchen die ses Gesetz und werden ihm auch zustimmen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen)

Für die Fraktion der FDP/DVP erteile ich das Wort Herrn Abg. Reith.

Herr Präsident, liebe Kollegin nen und Kollegen! Der vorliegende Gesetzentwurf erscheint zunächst harmlos. Mehrfach wird im Vorblatt des Entwurfs auf Vorgaben der europäischen Ebene verwiesen. Scheinbar beraten wir hier also eine Selbstverständlichkeit. Bei genau erer Betrachtung ist aber zu entdecken, dass insbesondere im Bereich der Ingenieure Regelungen getroffen werden sollen, die keineswegs zwingend so gelöst werden müssen, wie dies die Landesregierung suggeriert.