Die CDU wird erneut Raubbau am Kultusetat betreiben, so wie Sie uns bereits 2011 Deckungslücken von über 360 Mil lionen € im Schulbudget überlassen haben.
Die SPD dagegen ist der Anwalt der Lehrerstellen und der Bil dung in diesem Land. Wir haben mit dafür gesorgt, dass im Bildungsetat dafür heute mehr als 1,4 Milliarden € zusätzlich vorhanden sind. Darum geht es übrigens im März 2016: Wird Bildung in diesem Land weiterhin prioritär behandelt, oder erhalten die schwarz-gelben Lehman Brothers der Bildungs politik wieder Zugriff auf den größten Etat des Landes? Bil dungsgerechtigkeit oder CDU-Bildung nach der Dicke des Geldbeutels?
Pädagogische Innovationen oder rückwärtsgewandte CDUIdeologie des dreigliedrigen Schulsystems? Möglichkeit des längeren gemeinsamen Lernens oder Bildung in der CDUSchublade? Erreichbarkeit aller Abschlüsse in der Fläche oder CDU-Schulsterben im ländlichen Raum? Die Sozialdemokra tie steht klar für die erstgenannten Werte.
Erstmals über 10 Milliarden € für Bildung in Baden-Württem berg im Jahr 2016 und Rekordeinstellungen bei Lehrkräften – das ist die Bilanz unserer Politik. Darauf sind wir stolz, und daran werden wir weiter arbeiten. In der Tat: Baden-Württem berg geht es gut mit einer starken SPD.
(Beifall bei der SPD und Abgeordneten der Grünen – Lachen des Abg. Helmut Walter Rüeck CDU – Abg. Dr. Friedrich Bullinger FDP/DVP: „Stark“, sagte der Zwerg! – Zuruf von der CDU: „Starke SPD“! – Wei tere Zurufe)
Herr Präsident, liebe Kol leginnen und Kollegen! Jetzt weiß ich wenigstens, nach wel chem Grundsatz sich Grüne und SPD im Bildungsbereich ver halten: Ist der Weg auch falsch und steinig, die Hauptsache ist, wir sind uns einig.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP/DVP und der CDU – Vereinzelt Heiterkeit – Abg. Volker Schebes ta CDU: Aber das sind sie auch nicht!)
Wenn ich Sie im Bildungsbereich höre, wissen Sie, an welche historische Gestalt Sie mich dann erinnern? Sie erinnern mich an den französischen König Ludwig XVI. Als der einst hör te, dass empörte Bürgerinnen und Bürger die Bastille gestürmt hätten, meinte er empört zu einem Hofbeamten, das sei ja ei ne Revolte. Die Antwort des Hofbeamten war: Das ist keine Revolte, das ist eine Revolution. Genauso wie Ludwig XVI. sich hartnäckig weigerte, die Zeichen der Zeit zu erkennen, so weigern Sie sich, die Zeichen der Zeit zu erkennen.
Sie weigern sich hartnäckig, zu erkennen und die Einsicht zu haben, dass Ihre Bildungspolitik eine Serie von Scherbenhau fen produziert hat und dass sich die Menschen im Land im mer mehr gegen Bevormundung und Besserwisserei im Bil dungsbereich zu wehren beginnen. Wo immer ich im Land Baden-Württemberg hinkomme, drücken Lehrerinnen und Lehrer, Eltern, Schülerinnen und Schüler, Schulleitungen, Schulträger, Betriebe, Vereinsvertreter, Kooperationspartner der Schulen aus den unterschiedlichsten Bereichen, besorgte Bürgerinnen und Bürger ihre tiefe Unzufriedenheit mit der grün-roten Bildungspolitik aus.
Nicht selten – das finde ich bemerkenswert – leiten diese ihr Statement ein mit: „Ich habe bei der letzten Landtagswahl auch einer jetzt regierenden Partei die Stimme gegeben. Aber wenn ich gewusst hätte, was dann kommt...“
Das Besorgniserregende ist nicht so sehr die Tatsache, dass unterschiedliche Parteien über bildungspolitische Grundsatz fragen auch unterschiedliche Auffassungen haben und dass ei ne Regierung eigene Akzente setzen will. Das Besorgniserre gende ist, wenn sich eine Landesregierung in eine Position verbohrt und für keinerlei Argumente von Fachleuten, aus der Bevölkerung oder woher auch immer mehr zugänglich ist. Be sorgniserregend ist der Tunnelblick, der entsteht, wenn stur nach dem Grundsatz verfahren wird: Unsere Bildungspolitik in ihrem Lauf halten weder Ochs noch Esel auf.
Es ist genau dieser Eigensinn, den die Bürgerinnen und Bür ger zunehmend als unproduktiv, hinderlich, ja schädlich für unser Bildungswesen erfahren. Ihre Sorge richtet sich in der Tat auf die nächste Landtagswahl. Wenn schon vorher Sachar gumente keine Rolle spielten und keine Bewegung mehr mög lich war, dann steht zu befürchten, dass auch nach der Land tagswahl die Fronten entsprechend verhärtet bleiben und ent sprechend massiv ein Pendelausschlag in die andere Richtung erfolgen könnte.
Dabei hat die CDU heute mit dem Stichwort „Freiraum und bessere Chancen für alle“ ja einen durchaus konstruktiven Vorstoß gemacht. Das sage ich jetzt nicht nur, weil uns Frei en Demokraten Freiräume und Chancen für jeden natürlich am Herzen liegen, sondern auch, weil mehr Freiheit für den Einzelnen im Bildungswesen ein Ziel ist, hinter das sich doch
Dieser Überlegung folgt auch unser Vorschlag für einen sta bilen Schulfrieden, den die FDP/DVP-Landtagsfraktion am 1. Oktober 2014 vorgelegt hat – im Übrigen bislang als ein zige Fraktion bzw. Partei in Baden-Württemberg.
Schulfrieden durch mehr Freiheit und Eigenverantwortung vor Ort ist kurzgefasst der blau-gelb-magentafarbene Faden unseres Vorschlags.
Ich möchte an dieser Stelle nicht verhehlen, dass wir uns bei der FDP/DVP gefreut hätten, wenn sich die CDU damals un serem Vorschlag geöffnet hätte, liebe Kolleginnen und Kolle gen.
Zu einer einzigen Einladung zu einem Schulfriedensgespräch hat es noch gereicht. Der Kultusminister – ich weiß nicht, ob er den Termin verschwitzt hat – war jedenfalls gar nicht da bei. Ansonsten stand es nicht gut um die Freiheit im Bildungs bereich unter Grün-Rot. Es hat in der Geschichte Baden-Würt tembergs wohl noch keine Landesregierung gegeben, die die Freiheit des Bildungswesens mehr beschnitten hat als GrünRot.
Erstens: Grün-Rot will nur noch die Zwei-Säulen-Schulland schaft in unserem Land, bestehend aus Gemeinschaftsschu len und Gymnasien. Mehr Freiheit dagegen hieße, den Ver antwortlichen vor Ort die Möglichkeit zur Ausgestaltung ih res Bildungsangebots zu geben. Sie sollten selbst entscheiden, ob sie beispielsweise eine Haupt- und Werkrealschule oder Realschule fortführen, eine Verbundschule bilden oder eine Gemeinschaftsschule anbieten wollen – bei fairer Ausstattung und ohne Privilegierung.
Zweitens: Grün-Rot will die eine Schule für alle; das wurde von der grünen Jugendorganisation erst kürzlich wieder be schlossen. Mehr Freiheit aber hieße, die passende Schule für jeden Schüler anzustreben.
Drittens: Grün-Rot wünscht sich am liebsten die verpflichten de Ganztagsschule. Mehr Freiheit dagegen hieße, auch die of fene Ganztagsschule ins Schulgesetz aufzunehmen und den Eltern die Entscheidung über Art und Umfang von Schule und Betreuung zu überlassen.
Viertens: Grün-Rot hat die Zwangseinführung der Gemein schaftsschulpädagogik an den Realschulen beschlossen. Mehr
Freiheit hieße dagegen, den Realschulen die Entscheidung zu zutrauen, ihre Schüler in Kursen auf unterschiedlichen Ni veaus oder in einer gemeinsamen Klasse auf den Haupt- und den Werkrealschulabschluss vorzubereiten.
Fünftens: Grün-Rot hat den weiterführenden Schulen verbo ten, sich die Grundschulempfehlung zeigen zu lassen.
(Abg. Dr. Stefan Fulst-Blei SPD: Das ist ein interes santer liberaler Ansatz, den Datenschutz aufzuheben! Das ist ja großartig!)
Sechstens: Grün-Rot hat ein Schulschließungsbeschleuni gungsprogramm beschlossen, das sich zwar „regionale Schul entwicklung“ nennt,
aber als Wahlalternative zum Verlust des Schulstandorts nur die Gemeinschaftsschule kennt. Mehr Freiheit dagegen hie ße, flächendeckend Bildungsregionen einzurichten und ihnen die eigenständige Ausgestaltung des Schulangebots zu über lassen.
Siebtens: Grün-Rot lässt mit dem Inklusionsgesetz befürch ten, dass die Sonderschulen ausbluten. Mehr Wahlfreiheit hät te geheißen, den Sonderschulen nicht nur ihren Namen zu las sen, sondern sie als sonderpädagogische Kompetenzzentren die Inklusion in einem Sprengel fachlich koordinieren und be treuen zu lassen.
Achtens: Grün-Rot plante eine Absenkung des Abiturniveaus, um die Schüler von den Gemeinschaftsschulen im Regelfall auf das allgemeinbildende Gymnasium übergehen zu lassen. Mehr Wahlfreiheit dagegen hieße, die beruflichen Gymnasi en zu stärken. Sie bieten mit ihrer dreijährigen Oberstufe nicht nur den idealen Anschluss an alle mittleren Bildungsabschlüs se an, sondern bilden somit auch eine bewährte neunjährige Alternative zum achtjährigen Gymnasium.
Meine Damen und Herren, die Liste der grün-roten Freiheits einschränkungen im Bildungsbereich ließe sich noch fortsetz ten. Man könnte zum Bildungsplan gehen, wo Sie ja auch den Kolleginnen und Kollegen nicht zutrauen, selbst zu entschei den, was wichtig ist; vielmehr meinen Sie, das müsse man durch die entsprechenden Leitperspektiven von vornherein kategorisieren. Man könnte noch etwas zur Pädagogik an den Gemeinschaftsschulen sagen, wo Sie – sogar per Gesetz – im mer vorschreiben, wie unterrichtet werden muss.